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RIW 2008, 1
Detzer 

Als Jurist mit dem MBA in die Wirtschaft

Abbildung 1

Die klassischen Berufsfelder für junge Juristen – Justiz, Verwaltung, Anwaltschaft – sind gesättigt. Dies gilt auch für die klassischen Beschäftigungen in der Wirtschaft, d. h. für Tätigkeiten in den Rechtsabteilungen der Unternehmen, Kammern und Verbände. Die meisten Jura-Absolventen gehen daher notgedrungen in die Anwaltschaft, wo viele von ihnen zu sehr mageren Gehältern arbeiten. Junge Juristinnen und Juristen sollten sich daher gut überlegen, ob sie wirklich die klassischen Berufspfade anvisieren wollen – in Konkurrenz zu Tausenden anderer Bewerber. Dies gilt vor allem für diejenigen, die mit der “reinen Juristerei” ohnehin nicht ganz so glücklich sind.

Es gibt viele wirtschaftsnahe Berufsfelder, für die juristische Kenntnisse sehr wertvoll sind. Diese Berufsfelder erfordern aber zusätzliche betriebswirtschaftliche Kenntnisse. Man denke an Tätigkeiten im Projektmanagement, im Einkauf und Vertrieb, in den Bereichen Kredit und Finanzierung, an das Risk Management inklusive Versicherungen und an die Compliance-Abteilungen der Unternehmen. Auch die Kammern und Verbände bieten interessante Tätigkeiten jenseits der Rechtsabteilung, z. B. im Bereich der Außenwirtschaft.

Wo holt man sich für diese Berufsfelder das notwendige betriebswirtschaftliche Rüstzeug? Und zwar in relativ kurzer Zeit und mit einer Ausbildung, die bei den einschlägigen Arbeitgebern anerkannt ist? Dafür eignet sich ein Studium, das mit dem Master of Business Administration (MBA) abschließt. Es ist für Personen konzipiert, die bereits ein erstes Studium abgeschlossen haben. Das zweite juristische Staatsexamen ist dafür nicht erforderlich.

Einen solchen Studiengang bietet die Hochschule Reutlingen an: den MBA-Studiengang der Fakultät ESB. Er ist international ausgerichtet und kann als Präsenzstudium in drei Semestern oder als berufsbegleitendes Teilzeit-Studium in drei Jahren absolviert werden. Der Studiengang umfasst zunächst die klassischen Fächer der Betriebswirtschaftslehre, die durch anwendungsorientierte Themen und Blöcke zur Entwicklung der soft skills (z. B. internationale Verhandlungsführung) ergänzt werden.

Die Teilnehmer dieses Studiengangs stammen aus sehr unterschiedlichen Bereichen. Ein junger Jurist studiert hier zusammen mit Ingenieuren, Naturwissenschaftlern, Informatikern, Dolmetschern, Psychologen, Politologen usw. Dadurch kommt es immer wieder zu interessanten Diskussionen im Studium, weil jede dieser Fachrichtungen einen spezifischen Blickwinkel für die Studienfächer mitbringt. Der MBA-Studiengang existiert seit 1984 und hat viele erfolgreiche Absolventen, die in einem sehr aktiven Alumni-Netzwerk organisiert sind.

Die Studierenden lernen in zwei Gruppen zu je 25 Teilnehmern. Wenn geübt wird, werden bei Bedarf noch kleinere Lerngruppen gebildet. Ca. 50 % der Studierenden sind Ausländer, und zwar von allen fünf Kontinenten. Die interkulturelle Komponente wird daher nicht nur gelehrt, sondern wirklich gelebt. Geschäftliche Situationen werden in Planspielen und Fallstudien simuliert. Hier lernt man schnell, wie Chinesen, Russen oder Latinos planen bzw. wie sie unter Stress agieren.

Die ersten zwei Semester werden in deutscher Sprache durchgeführt. Das dritte Semester wird in englischer Sprache veranstaltet; hier werden die Wahlfächer unterrichtet. Wer will, kann einen Teil des Programms bei Partner-Universitäten im Ausland studieren; die dortigen Studienleistungen werden anerkannt.

Nicht jedes MBA-Programm ist gleich gut. Erstes Indiz für die Qualität eines Programms ist seine Akkreditierung durch eine Akkreditierungs-Agentur. Die bekannteste Agentur in Deutschland ist die FIBAA, hinter der der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) steht. Die führenden deutschen MBA-Anbieter (dazu zählt die Hochschule Reutlingen) sind derzeit dabei, auch internationale Akkreditierungen zu erwerben.

Träger des MBA-Programms sollte eine renommierte Business School sein, die dem Programm eine exzellente akademische Basis, Dauerhaftigkeit und eine hervorragende Vernetzung mit der Wirtschaft sichert. Der Schwerpunkt des Programms sollte im General Management liegen, d. h. das Programm sollte nicht zu spezialisiert sein und Raum geben für die Entwicklung der soft skills der Teilnehmer. Die Qualität des Programms hängt nicht zuletzt davon ab, wer die anderen Studierenden sind. Vorteilhaft ist es in jedem Fall, wenn die Teilnehmer Berufspraxis mitbringen und heterogen zusammengesetzt sind (Fachrichtungen, Nationalitäten und Kenntnisse aus unterschiedlichen Branchen).

Professor Dr. Klaus Detzer, Reutlingen

 
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