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BB 2017, I
Byok 

Wettbewerbsregister gegen Wirtschaftskriminalität

Abbildung 1

Die öffentliche Auftragsvergabe ist besonders anfällig für Wirtschaftskriminalität. Nach der großen Vergaberechtsform 2016 hat die Bundesregierung daher nun am 24.4.2017 ihren Entwurf eines Gesetzes zur Einführung eines Wettbewerbsregisters in das Parlament eingebracht (BT-Drs. 18/12051). Am 24.5.2017 hat der Bundesrat dazu eine Stellungnahme und die Bundesregierung eine Gegenäußerung abgegeben (BT-Drs. 18/12497). Die vom Wirtschaftsausschuss geänderte Fassung des Gesetzes (BT-Drs. 18/12583) hat der Bundestag am 1.6.2017 in zweiter und dritter Lesung beschlossen. Die Einrichtung eines bundeseinheitlichen Vergaberegisters stand seit mehr als 20 Jahren auf der politischen Agenda, ist bislang aber aus den verschiedensten Gründen immer wieder gescheitert.

Öffentliche Aufträge und Konzessionen dürfen nur an solche Unternehmen vergeben werden, die keine erheblichen Rechtsverstöße begangen haben und die sich im Wettbewerb fair verhalten. Es soll sichergestellt werden, dass öffentliche Auftraggeber und Konzessionsgeber vor der Vergabe öffentlicher Aufträge oder Konzessionen ermitteln, ob ein Unternehmen wegen begangener Wirtschaftsdelikte von dem Vergabeverfahren auszuschließen ist oder ausgeschlossen werden kann. Durch die zentrale Bereitstellung von umfassenden Informationen wird die Prüfung erleichtert, ob bei einem Bieter Ausschlussgründe erfüllt sind. Zudem soll eine konzentrierte Prüfung von durch Unternehmen durchgeführten Maßnahmen der Selbstreinigung ermöglicht werden.

Dazu wird auf Ebene des Bundes bei dem Bundeskartellamt ein Register in Form einer elektronischen Datenbank eingerichtet. In das Register werden Unternehmen eingetragen, zu denen Erkenntnisse über ihnen zuzurechnende Straftaten oder andere schwerwiegende Rechtsverstöße vorliegen, die Gründe für einen Ausschluss von der Teilnahme an Vergabeverfahren darstellen. Die Strafverfolgungsbehörden sowie diejenigen Behörden des Bundes und der Länder, die für die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten zuständig sind, übermitteln Erkenntnisse über diese Ausschlussgründe an die Registerbehörde. Die Auftraggeber im Sinne von § 98 GWB prüfen vor der Zuschlagerteilung oder im Rahmen des Teilnahmewettbewerbs bei zweistufigen Verfahren, ob im Register Eintragungen vorliegen im Hinblick auf den oder die Bieter, welche den Zuschlag erhalten sollen, bzw. im Hinblick auf die Bewerber, die im Rahmen des Teilnahmewettbewerbs zur Abgabe eines Angebots aufgefordert werden sollen. Abfragepflichten öffentlicher Auftraggeber gelten bereits ab einer Wertgrenze von 30.000 Euro. Die bisher bestehenden Abfragepflichten und Abfragemöglichkeiten der Auftraggeber nach dem Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz, dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz und dem Mindestlohngesetz im Hinblick auf das Gewerbezentralregister werden durch die Abfrage des Wettbewerbsregisters ersetzt. Durch die Führung des Registers als elektronische Datenbank und die Nutzung elektronischer Kommunikationsmittel sollen effiziente Melde- und Abfrageverfahren eingerichtet und der Bürokratieaufwand reduziert werden. Die Auskunft aus dem Wettbewerbsregister an die Auftraggeber erfolgt elektronisch im Wege eines automatisierten Abrufverfahrens anstelle des bisherigen papiergebundenen Auszugs aus dem Gewerbezentralregister. Die in dem Wettbewerbsregister gespeicherten Daten sind vertraulich. Eintragungen in das Wettbewerbsregister setzen die Gewährung rechtlichen Gehörs des betroffenen Unternehmens voraus, dem überdies ein Auskunftsanspruch zusteht.

Eintragungsfähig sind rechtskräftig verurteilte Katalogtaten. Im Kern handelt es sich dabei um die in § 123 Abs. 1 GWB aufgeführte Straftaten, ferner Betrug nach § 263 StGB und Subventionsbetrug nach § 264 StGB, soweit sich die Straftat gegen öffentliche Haushalte richtet, das Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt nach § 266a StGB, Steuerhinterziehung nach § 370 AO oder wettbewerbsbeschränkende Absprachen bei Ausschreibungen nach § 298 StGB. Weitere eintragungspflichtige Katalogtatbestände leiten sich ab aus der Verhängung bestandskräftiger Bußgeldbescheide, z. B. §§ 30, 130 OWiG. Unternehmen sind Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten natürlicher Personen zuzurechnen, wenn die natürliche Person als für die Leitung des Unternehmens Verantwortliche gehandelt hat, wozu auch die Überwachung der Geschäftsführung oder die sonstige Ausübung von Kontrollbefugnissen in leitender Stellung gehört. Eintragungen in das Register werden entweder aufgrund von Selbstreinigung gemäß § 125 GWB oder spätestens nach fünf Jahren gelöscht. Rechtsschutz gegen Registerentscheidungen besteht nach Maßgabe der §§ 63 ff. GWB.

Das neue Wettbewerbsregister stellt einen Fortschritt für die Anwendungspraxis dar. Neben der Rechtsklarheit sorgt es mittelfristig für eine Rechtsvereinheitlichung und macht Landesvergaberegister entbehrlich. Auch das materielle Anliegen des Gesetzgebers ist richtig, in bestimmten Fällen Unternehmen von öffentlichen Aufträgen fernzuhalten. Diese können durch Selbstreinigung den Zugang zu öffentlichen Aufträgen schnell wieder zurückgewinnen. Das stellt ein ausgewogenes und verhältnismäßiges Sanktionssystem dar. Ein Defizit verbleibt: Ausländische Unternehmen im Wettbewerb um öffentliche Aufträge sind von dem Gesetz nicht erfasst. Inländische Unternehmen werden dadurch benachteiligt.

Dr. Jan Byok, LL.M., RA, ist Partner von Bird & Bird LLP, Düsseldorf. Er ist als Fachanwalt für Informationstechnologierecht und Fachanwalt für Vergaberecht qualifiziert sowie Mitherausgeber und Autor des in der dfv Mediengruppe, Fachbereich Recht und Wirtschaft, erscheinenden Kommentars zum Vergaberecht (Byok/Jaeger, Vergaberecht, 4. Aufl. erscheint im Juli 2017).

 
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