„Mehr Licht!“
Dr. Achim Brötel*
Wer gleichwertige Lebensverhältnisse auch auf dem Land will, muss vor allem in die Infrastruktur investieren. Das gilt für Straßen- und Schienenwege genauso wie etwa für ein zukünftiges Wasserstoffnetz oder den gesamten Bereich der Telekommunikation.
Für die ländlichen Räume beschreibt das zugleich aber auch eine gewaltige Herausforderung. Ländlicher Raum – das sind eben nicht nur viel wunderbare Landschaft, unberührte Natur und tolle Menschen. Ländlicher Raum heißt in Bezug auf die Infrastruktur vielmehr immer zugleich auch weite Wege, eine geringere Dichte von Anschlusspunkten und nicht selten auch topographische Erschwernisse. So etwas motiviert betriebswirtschaftlich kalkulierende Unternehmen nicht zwangsläufig zu einem eigenwirtschaftlichen Ausbau.
Dabei kommt vor allem der Glasfaser aber eine überragende Bedeutung zu. Schon jetzt ist sie ein extrem wichtiger Wettbewerbs- und Standortfaktor. Und: Der Hunger nach immer mehr Bandbreite ist gewaltig und wird künftig noch weiter wachsen. Auch wenn der alte Goethe mit seinem Wunsch nach „Mehr Licht!“ sicher etwas anderes gemeint hat, markieren diese zwei Worte im Hinblick auf die Übertragung von Lichtsignalen via Glasfaser aber doch eine unverzichtbare Anforderung auf dem Weg zu gleichwertigen Lebensverhältnissen. Perspektivisch wird es für die Wirtschaft nämlich nicht mehr entscheidend sein, wo die Werkbank steht. Entscheidend ist hingegen, wo die Glasfaser liegt.
Landkreise, Städte und Gemeinden haben sich deshalb auf diesem Sektor schon lange in herausragender Weise engagiert. Dort, wo es die Rahmenbedingungen zulassen, setzen wir getreu dem Grundsatz „Markt vor Staat“ ganz bewusst auf die Koordinierung eines eigenwirtschaftlichen Ausbaus. Dort, wo das nicht möglich ist, nutzen viele Landkreise aber auch das Breitbandförderprogramm des Bundes und der Länder, um eigene, hochleistungsfähige Glasfasernetze zu errichten oder Telekommunikationsunternehmen bei der Errichtung kreisweiter Netze zu unterstützen. Nicht zuletzt mit Blick auf die Fortführung dieser Maßnahmen ist deshalb jetzt auch die neue Bundesregierung am Zug. Wir brauchen zwingend einen stabilen, möglichst unbürokratischen Förderrahmen und eine auskömmliche Finanzierung von mindestens drei Milliarden Euro pro Jahr.
Der Bund ist aber auch als Regulierer besonders gefragt. Es darf jedenfalls nicht sein, dass der Glasfaserausbau noch länger durch das taktische Festhalten an veralteten Technologien verzögert wird. Wir haben dadurch im internationalen Vergleich schon viel zu viel Zeit verloren. Deshalb gilt es jetzt, der Goethe’schen Vision von „Mehr Licht!“ endlich auch zum Durchbruch zu verhelfen – allerdings nicht wie bei ihm auf dem Totenbett, sondern gerade umgekehrt als Türöffner in eine glänzende digitale Zukunft.
* | Landrat des Neckar-Odenwald-Kreises und Präsident des Deutschen Landkreistags. |