Willkommen zur 7. Ausgabe “Geldwäsche & Recht”
Liebe Leserinnen und Leser,
seit unserem letzten Heft hat die Dynamik im Themenfeld dieser Zeitschrift sich noch einmal verstärkt. Von Bedeutung war dabei insbesondere der Ende August veröffentlichte Bericht der Financial Action Taskforce (FATF) über die Ergebnisse der Deutschland-Prüfung 2020/2021. Auf mehr als 300 Seiten wird dargestellt, welche Vorkehrungen Staat und Wirtschaft in der Bundesrepublik im Kampf gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung getroffen haben, für wie wirksam die FATF diese Vorkehrungen hält und welche Reformen aus Sicht der FATF zum Abbau der festgestellten Defizite nötig sind. Um Ihnen den Zugang zum FATF-Bericht zu erleichtern, haben wir dem Dokument in diesem Heft einen besonderen Schwerpunkt gewidmet. Dazu gehört zunächst eine Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse des Berichts, den unser Co-Schriftleiter Kilian Wegner verfasst hat. Es folgt ein Interview mit Markus Pleyer, der als Leiter der u. a. für die Bekämpfung illegaler Finanzflüsse zuständigen Unterabteilung VII A im Bundesministerium der Finanzen einer der zentralen Entscheidungsträger ist, wenn es um die Weiterentwicklung der AML/CFT-Struktur in Deutschland geht. Um die Betrachtung nicht auf die Regierungsperspektive zu verengen, haben wir außerdem insgesamt 16 Expertinnen und Experten aus den Aufsichtsbehörden, der Justiz, der Politik, aus verschiedenen Verpflichteten-Gruppen sowie aus der Zivilgesellschaft dazu befragt, wie sie die Ergebnisse des FATF-Berichts einschätzen und welchen Handlungsbedarf sie daraus ableiten.
Neben dem FATF-Bericht bleibt auch der Krieg in der Ukraine ein wesentlicher Treiber für Entwicklungen im Geldwäscherecht, krankt doch die Durchsetzung der außenpolitischen Sanktionen gegen Angehörige der Russischen Föderation im Wesentlichen an denselben Schwachstellen wie die Bekämpfung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung. Um hier für Verbesserungen zu sorgen, hat die Bundesregierung im Oktober einen Entwurf für ein Sanktionsdurchsetzungsgesetz II veröffentlicht, das auch zahlreiche Änderungen des Geldwäscherechts vorsieht. Da das kontrovers geführte Gesetzgebungsverfahren zum Redaktionsschluss dieses Hefts noch nicht beendet war, haben wir uns entschieden, Ihnen die dann voraussichtlich feststehenden Inhalte des Gesetzes im Heft 1/2023 zu präsentieren.
Gewissermaßen eine Vorschau auf das Sanktionsdurchsetzungsgesetz II bietet allerdings der in diesem Heft enthaltene Beitrag von Christoph Trautvetter. Er berichtet von einer Studie, in der er (gemeinsam mit anderen) Daten aus deutschen Grundbüchern mit Daten aus in- und ausländischen Unternehmensregistern sowie dem Transparenzregister verknüpft hat, um so Immobilien-Holdings zu identifizieren, deren wirtschaftlich Berechtigter im Dunkeln bleibt. Diese Strategie zum Aufspüren anonymer Gesellschaften scheint auch die Bundesregierung beeindruckt zu haben, denn mit dem Sanktionsdurchsetzungsgesetz II will sie die Grundbuchämter künftig ganz offiziell verpflichten, Eigentümerdaten dem Transparenzregister zur Verfügung zu stellen.
Von vielen Akteuren in der deutschen Reformdebatte immer noch sträflich vernachlässigt, schreiten in Brüssel und Straßburg die Verhandlungen über die Europäisierung des Geldwäscherechts voran. In einem Überblicksaufsatz legt Felix Wrocklage dar, welche Änderungen die EU-Kommission in ihrem umfangreichen Reformpaket aus dem letzten Sommer vorgeschlagen hat und wie jeweils der Stand der Debatte ist. Schon jetzt steht fest, dass dieses Thema die Geldwäsche & Recht im neuen Jahr verstärkt beschäftigen wird.
Unmittelbar in die europäische Gesetzgebungsdebatte greift auch Bernadette Seehafer im zweiten Teil ihres Beitrags zum Thema “Combined Data Analytics (CDA) im Transaktionsmonitoring” ein. Der Beitrag zeigt auf, welche rechtlichen Rahmenbedingungen beim Einsatz von Datenanalyse im AML/CFT-Kontext bestehen und wie das kommende EU-Geldwäscherecht beschaffen sein müsste, um CDA sinnvoll zum Einsatz bringen zu können.
Neben den zahlreichen Reformbaustellen beschäftigt sich das Heft auch mit der Auslegung des geltenden Rechts. Einen wichtigen Beitrag leistet hierzu Jürgen Krais, der nicht nur eine neue Auflage seines Compliance-Handbuchs für Güterhändler veröffentlicht hat, das Jürgen Rapp in diesem Heft rezensiert, sondern dieser Ausgabe auch einen Beitrag zu der Frage beisteuert, wann eine Geschäftsbeziehung durch Güterhändler auf Grund von ML/CFT-Risiken zu beenden ist und wann das nicht verlangt werden kann.
Die zunehmende Dynamik des Geldwäscherechts zeigt sich auch daran, dass immer mehr Gerichtsentscheidungen ergehen. In ihrer regelmäßig erscheinenden Rechtsprechungsübersicht berichten Mohamad El-Ghazi und Ron-Jo Koenen über aktuelle Judikate. Eine Entscheidung des OLG Karlsruhe hat Sönke Volkens für eine vertiefte Anmerkung herausgegriffen.
Wir wünschen eine erkenntnisreiche Lektüre und frohe Adventstage
Ihre Redaktion
Dr. Jacob Wende, Penelope Schneider, Prof. Dr. Kilian Wegner