Im Blickpunkt
Das Bundesfinanzministerium hat mit Datum vom 10.12.2019 den Referentenentwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Anti-Steuervermeidungsrichtlinie veröffentlicht. Wesentliche Änderungen sind die Reform der Wegzugs-/Entstrickungsbesteuerung und der Hinzurechnungsbesteuerung. Ferner enthält der Entwurf Anpassungen beim Fremdvergleichsgrundsatz nach § 1 AStG und Änderungen für die steuerliche Behandlung hybrider Gestaltungen. Weitere Anpassungen sind z. B. die Einführung eines beschleunigten Vorabverständigungsverfahrens. Mit den vorgesehenen Änderungen im AStG will der Gesetzgeber u. a. den Regelungen in Art. 5 (Wegzugsbesteuerung) und Art. 7 und 8 (Hinzurechnungsbesteuerung) Richtlinie (EU) 2016/1164 vom 12.7.2016 (ATAD I) geändert durch die Richtlinie (EU) 2017/952 vom 29.5.2017 (ATAD II) (zusammen: ATAD) Rechnung tragen. Die Frist zur Umsetzung in nationales Recht lief für einige der Vorschriften bereits am 31.12.2018 ab. Nach der zunächst geplanten “kleinen” Reform, mit nur punktuellen Änderungen, entschied sich der Gesetzgeber im Referentenentwurf zu einer “großen” Reform. Die Stellungnahmefrist der Verbände war datiert bis zum 13.12.2019. Die Einbringung in das Gesetzgebungsverfahren war ursprünglich am 18.12.2019 geplant. Die überaus heftige Kritik der Verbände führte dazu, dass der Referentenentwurf kurzfristig von der Tagesordnung der Kabinettssitzung genommen wurde. Es wird damit gerechnet, dass eine Befassung mit einer geänderten Fassung des Referentenentwurfes im Januar 2020 erfolgt. Dies ist deshalb bemerkenswert, weil die neuen Vorschriften nach dem Referentenentwurf für Wirtschaftsjahre von Zwischengesellschaften anwendbar sein sollten, die nach dem 31.12.2019 beginnen. Bemerkenswert auch, dass sich der Gesetzgeber bisher nicht dazu durchringen konnte, den Niedrigbesteuerungssatz des AStG auf den deutschen Körperschaftsteuersatz abzusenken. Ziel der Reform müsste eigentlich sein, dass eine unsystematische Übermaßbesteuerung vermieden wird. Ob sich der Gesetzgeber noch in diese Richtung bewegen wird bleibt abzuwarten.
Prof. Dr. Michael Stahlschmidt, Ressortleiter Steuerrecht