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RdF-News
12.01.2024
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FG Köln: Verkauf von dienstlich verbilligt bezogenen Aktien vor Ablauf der Spekulationsfrist

FG Köln, Urteil vom 24.9.2013 – 15 K 3567/11, Rev. eingelegt (Az. BFH IX R 55/13)

ECLI:DE:FGK:2013:0924.15K3567.11.00

RdF-ONLINE Volltext des Urteils: RdFL2014-169-1

Nicht Amtliche LEITSÄTZE

1. Der Veräußerungsgewinn durch den Verkauf von Aktien, die der Steuerpflichtige durch die Wandlung nicht handelbarer Schuldverschreibungen erworben hat, ist gem. § 22 Nr. 2 i. V. m. § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG a. F. steuerpflichtig, wenn die erworbenen Aktien innerhalb von einem Jahr nach Ausübung der Wandlung veräußert werden.

2. Haben nicht handelbare Schuldverschreibungen den Charakter eines verzinslichen Darlehens, liegt keine wirtschaftliche Identität zwischen den Wandelschuldverschreibungen und den durch die Wandlung erworbenen Aktien vor.

 

Sachverhalt

Die Beteiligten streiten über die Frage, ob der Kläger im Streitjahr einen Veräußerungsgewinn nach §§ 22 Nr. 2, 23 Einkommensteuergesetz (EStG) erzielte.

Der Kläger war seit spätestens 1. Januar 1999 bis zum Frühjahr des Streitjahres Prokurist der A Hypothekenbank. Er erzielte insoweit Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit im Sinne des § 19 EStG.

Am 19. Mai 1999 erhielt der Kläger von seiner damaligen Arbeitgeberin ein Angebot zur Zeichnung von „Wandelanleihen“.

Die Anleihebedingungen enthielten u.a. folgende Formulierungen:

„§ 1 Form, Nennbetrag, Übertragbarkeit

(4) Die durch die Wandelschuldverschreibungen den Gläubigern (mit Ausnahme des zur Abwicklung eingeschalteten Kreditinstituts) eingeräumten Rechte sind nicht veräußerbar und außer im Todesfall nicht übertragbar.

§ 2 Verzinsungen

Die Wandelschuldverschreibungen sind...vom 27.05.1999 an mit 3,53 % jährlich zu verzinsen...

§ 3 Rückzahlung

(1) Die Anleiheschuldnerin ist verpflichtet, die Wandelschuldverschreibungen, soweit sie nicht gewandelt sind, am 27.05.2009 zum Nennbetrag zurückzuzahlen...

§ 6 Wandlungspreis, Wandlungsrecht, Wandlungsausübung

(1) Die Inhaber der Wandelschuldverschreibungen haben vorbehaltlich Abs. 5 das unentziehbare Recht,...Wandelschuldverschreibungen...in Aktien umzutauschen...Das Wandlungsrecht kann nur zu den in Abs. 3 genannten Zeiträumen und nur ausgeübt werden, wenn der Einheitskurs der A-Aktie an der B Wertpapierbörse am Börsentag vor der Ausübung bei mindestens 115 v.H. des festgelegten Wandlungspreises amtlich notiert wurde und für das vor der Ausübung des Wandlungsrechts abgeschlossene Geschäftsjahr das von den Abschlussprüfer bestätigte DVFA-Ergebnis mindestens 115 v.H. des DVFA-Ergebnisses für das Geschäftsjahr 1998 beträgt. ei Ausübung des Wandelungsrechts ist mindestens ein Nennbetrag von gerundet 2.556,46 € Wandelschuldverschreibungen zu wandeln...

(3) Das Wandlungsrecht kann vorbehaltlich Abs. 4 vom 27.05.1999 bis zum 22.05.2009 in Zeiträumen von je drei Wochen ausgeübt werden, jeweils beginnend mit den nachfolgend genannten Tagen:

-der erste Bankarbeitstag nach der Pressekonferenz über den Jahresabschluss des vorangegangen Geschäftsjahres...

(4) Trotz Vorliegen der Voraussetzungen zur Wandelung gemäß Abs. 3 kann das Wandlungsrecht vor Hauptversammlungen der Anleiheschuldnerin und zwar jeweils zwischen dem letzten Hinterlegungstag für die Aktien und dem dritten Bankarbeitstag nach der Hauptversammlung, in einem Zeitraum von 15 Kalendertagen vor dem Ende des Geschäftsjahres der Anleiheschuldnerin...nicht ausgeübt werden.

Sofern die Wandlung zur einem Zeitpunkt erklärt wird, zu dem sie nicht ausgeübt werden kann, ist – sofern zum nächstmöglichen Zeitpunkt gewandelt werden soll –, die Wandlung erneut zu erklären.

(5) Das Wandlungsrecht darf nur ausgeübt werden, solange der Inhaber der Wandelschuldverschreibung in einem ungekündigten Anstellungsverhältnis mit der A Hypothekenbank AG steht. Eine Bestellung zum Vorstand der Anleiheschuldnerin steht einem Anstellungsverhältnis im Sinne dieser Anleihebedingungen gleich. Das Recht auf Wandlung erlischt, wenn die Anleiheschuldnerin eine Kündigungserklärung zum Arbeitsvertrag abgibt, am Tag des Zugangs der Kündigungserklärung beim Anleihegläubiger, wenn eine Kündigungserklärung gegenüber der Anleihegläubigerin abgegeben wird, am Tag des Zugangs. Im Übrigen erlischt das Recht auf Wandlung am Tag der Unterzeichnung des Aufhebungsvertrages, am Tag des Ablaufs des Arbeitsvertrages oder am Tag des Ablaufs der Bestellung zum Vorstand... Für den Fall des Todes eines im ungekündigten Anstellungsverhältnisses stehenden Inhabers der Wandelschuldverschreibungen erlischt das Wandlungsrecht erst nach Ablauf eines Jahres nach dem Todesfall; im Falle seiner Pensionierung sowie die Eintritts in die Frühpensionierung erlischt das Wandlungsrecht allerdings erst nach Ablauf von zwei Jahren nach Eintritt dieses Ereignisses...

§ 7 Änderung des Wandlungspreises

(1)   Sofern die Anleiheschuldnerin zwischen dem Tag der Festlegung des Wandlungspreises 14.05.1999 und dem Ende der Laufzeit der Anleihe unter Einräumung eines unmittelbaren oder mittelbaren Bezugsrechts an ihre Aktionäre ihr Grundkapital durch die Ausgaben neuer Aktien erhöht, eigene Aktien verkauft oder neue Schuldverschreibungen mit Wandlungs- oder Optionsrechten beginnt, wird der Wandlungspreis ... ermäßigt. 

...“

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Anleihebedingungen verwiesen.

Am 27. Mai 1999 erwarb der Kläger von seiner Arbeitgeberin 12.000 Einheiten der angebotenen Papiere zum Übernahmepreis von 60.000 DM.

Im März des Jahres 2000 teilte der Kläger mit, er wolle sein Wandelungsrecht ausüben; die Wandelung wurde am 27. März 2000 durchgeführt.

In der Verdienstabrechnung für April 2000 unterwarf die Arbeitgeberin des Klägers einen Betrag von 88.247,05 DM der Lohnsteuer.

Anfang des Jahres 2001 unterbreitete die C Hypothekenbank dem Kläger ein bis Mitte Februar befristetes Ankaufsangebot. Der Kläger nahm dieses an; am 15. Februar 2001 veräußerte er die Aktien. Er erzielte hierbei einen Veräußerungserlös in Höhe von insgesamt 713.486,78 DM.

Im Rahmen der Einkommensteuererklärung erklärten die Kläger keinen Gewinn aus § 23 EStG. Bereits in den Vorjahren hatten sie dem Beklagten gegenüber erklärt, ein Gewinn aus § 23 EStG komme nicht in Betracht, weil die Spekulationsfrist abgelaufen sei.

Am 14. Juli 2003 erließ der Beklagte einen Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr. In diesem wurde der hier streitgegenständliche Vorgang nicht berücksichtigt. Der Bescheid erging gemäß § 164 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

Nach Abschluss der Rechtsbehelfsverfahren für die Vorjahre 1999 und 2000 gelangte der Beklagte zu der Auffassung, im Streitjahr 2001 sei ein Veräußerungsgewinn in Höhe von 72.627,04 € = 142.040,14 DM zu erfassen. Maßgeblicher Erwerbszeitpunkt sei nicht der 27. Mai 1999, sondern der 27. März 2000.

Entsprechend erließ der Beklagte am 7. April 2005 einen auf § 164 Abs. 2 AO gestützten Änderungsbescheid. Im Rahmen der Erläuterungen findet sich die folgende Formulierung:

„Der anzusetzende Gewinn aus der Veräußerung der Aktien an der A-HB ermittelt sich wie folgt:

Veräußerungserlös

Veräußerungserlös

713.486,78 DM

abzüglich Anschaffungskosten

 

./. Wandelanleihe

60.000,00 DM

./. Zuzahlung

./.400.950,02 DM

./. geldwerter Vorteil

./. 88.247,05 DM

./. Finanzierungskosten

./. 22.249,57 DM

= Gewinn nach § 23 EStG

142.040,14 DM.“

 

Den eingelegten Einspruch der Kläger wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 2. November 2011 als unbegründet zurück. Er führte aus, mit der Wandelanleihe besitze der Inhaber das Recht, innerhalb einer bestimmten Frist die Anleihe in eine bestimmte Anzahl von Aktien umzutauschen. Er habe deswegen das unwiderrufliche Recht zum Erwerb der Aktie erlangt. Übe der Inhaber der Anleihe das Wandelungsrecht aus, so würden die Aktien im Zeitpunkt der Ausübung des Wandelungsrechts angeschafft. Zur weiteren Begründung verwies er auf das Urteil des Reichsfinanzhofs vom 24.08.1944, RFHE, 54, 128. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung vom 2. November 2011 verwiesen.

Hiergegen wenden sich die Kläger mit der vorliegenden Klage. Sie sind der Auffassung, der Tatbestand des § 23 EStG sei nicht verwirklicht, da die Jahresfrist des § 23 EStG bereits abgelaufen gewesen sei. Die Begebungen der Anleihe im Jahre 1999 und der spätere Erwerb der Aktien im Jahre 2000 seien ein einheitlicher Rechtsvorgang. Es entstehe deswegen durch die Wandelung weder ein Kapitalertrag aus der Anleihe, noch ein privater Veräußerungsgewinn durch den Tausch der Anteile in die Aktien.

Eine Parallelbetrachtung mit der klassischen Aktienoption, bei der die Frist des § 23 EStG mit der Ausübung der Option zu laufen beginne, komme nicht in Betracht. Denn die Einräumung des Optionsrechts und dessen Ausübung stelle in diesen Fällen gerade keinen einheitlichen Rechtsvorgang dar.

Auch die zwischenzeitlich ergangene Rechtsprechung zum Zuflusszeitpunkt geldwerter Vorteile bezogen auf Aktienoptionen und Wandelschuldverschreibungen sei nicht anzuwenden. Denn die Fiktion eines Zuflusszeitpunktes im Rahmen des § 19 EStG sei nicht vergleichbar mit dem Anschaffungszeitpunkt einer zivil- oder gesellschaftsrechtlichen Vereinbarung zu einem Wirtschaftsgut im Rahmen des § 23 EStG.

Schließlich tragen die Kläger vor, die Veräußerung sei unter Zwang erfolgt. Der Kläger habe die Aktien nicht länger halten können, da das Angebot der Erwerberin befristet gewesen sei; es habe die Gefahr gedroht, dass die Aktien später drastisch an Wert verloren hätten.

Sollte ein Veräußerungsgewinn gegeben sein, was ausdrücklich bestritten werde, so betrage dieser, wie vom Beklagten angenommen, 72.627,04 €.

Die Kläger beantragen,

unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung den Einkommensteuerbescheid 2001 dahingehend zu ändern, dass der Veräußerungsgewinn aus den Wandelschuldverschreibungen nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG nicht steuerpflichtig ist, mithin mit EUR 0,00 anzusetzen ist.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist er auf seine Einspruchsentscheidung vom 2. November 2011. Ergänzend führt er aus, erst bei Wandelung sei der Anspruch des Klägers auf Verschaffung der Aktien erfüllt worden. Im Jahre 1999 sei dem Kläger nur das Recht zum Erwerb der Aktien eingeräumt worden. Im Übrigen verweist er auf das BMF-Schreiben vom 25. Oktober 2004, Rn. 5, BStBl I 2004, 1034.

Aus den Gründen

I. Die Klage ist unbegründet.

Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten.

Zu Recht hat der Beklagte einen Änderungsbescheid erlassen und einen Veräußerungsgewinn i.S.d. §§ 22 Nr. 2, 23 EStG in Höhe von 142.040,14 DM (= 72.627,04 €) der Besteuerung unterworfen.

1. Der Kläger hat bei Verkauf der Aktien im Streitjahr einen Veräußerungsgewinn erzielt. Er hat durch Wandelung der Schuldverschreibungen in Aktien einerseits und Veräußerung der Aktien andererseits ein Veräußerungsgeschäft i.S.d. § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG getätigt. Private Veräußerungsgeschäfte (§ 22 Nr.2) sind Veräußerungsgeschäfte bei anderen Wirtschaftsgütern, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als ein Jahr beträgt (§ 23 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 EStG). Diese Voraussetzungen sind im Streitfall gegeben. Der Kläger hat innerhalb eines Jahres andere Wirtschaftsgüter i.S.d. § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG, nämlich Aktien, angeschafft und veräußert.

a) Der Kläger hat am 27. März 2000 Aktien angeschafft. Unter Anschaffung i.S.d. § 23 EStG ist nach der Rechtsprechung des BFH die entgeltliche Übertragung eines Wirtschaftsguts auf einen Dritten zu verstehen (BFH-Urteil vom 8. April 2003 IX R 1/01, juris). Mit Ausübung der Wandelung hat der Kläger Aktien angeschafft; denn mit der Wandelung ist das Eigentum an den Aktien von der Arbeitgeberin des Klägers auf den Kläger übergegangen; der Kläger hat sich im Gegenzug seines verzinslichen Darlehensanspruchs gegenüber seiner Arbeitgeberin begeben.

Entgegen der Auffassung der Kläger erfolgte die Anschaffung der veräußerten Wirtschaftsgüter nicht bereits im Jahr 1999, denn in diesem Zeitpunkt erfolgte keine Anschaffung der Aktien, sondern lediglich der Wandelschuldverschreibungen.

Die Vorschrift des § 23 Abs. 1 EStG erfasst nur Veräußerungsgeschäfte über Wirtschaftsgüter. Das veräußerte Wirtschaftsgut muss mit dem erworbenen zumindest wirtschaftlich identisch sein. Denn Zweck des § 23 EStG ist es, innerhalb der Spekulationsfrist realisierte Werterhöhungen eines bestimmten Wirtschaftguts im Privatvermögen der Einkommensteuer zu unterwerfen (BFH-Urteil vom 27. August 1997 X R 26/95, BFHE 184, 385, BStBl II 1998,135). Hieraus ergibt sich das Erfordernis der Nämlichkeit von angeschafftem und veräußertem Wirtschaftsgut (BFH-Urteil vom 29. März 1989 X R 4/84, BFHE 156, 465, BStBl II 1989, m.w.N.). "Nämlichkeit" in diesem Sinne bedeutet Identität im wirtschaftlichen Sinn. Die Frage, ob ein anderes Wirtschaftsgut ("aliud") vorliegt oder nicht, erfordert einen wertenden Vergleich von angeschafftem und veräußertem Wirtschaftsgut unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls (BFH-Urteil vom 27. August 1997 X R 26/95, BFHE 184, 385, BStBl II 1998, 135).

Bei wertendem Vergleich unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls stellen die Aktien andere Wirtschaftsgüter als die zuvor erworbenen Wandelschuldverschreibungen dar.

Typische Wandelschuldverschreibungen als verbriefte und handelbare Wertpapiere (vgl. dazu Merkt in: Schmidt/Lutter Aktiengesetz Kommentar 2008, § 221 Rz.105, 106 und Lutter in: Kölner Kommentar zum Aktiengesetz, 2. Auflage 1994, § 221, Rz. 116) können bei wirtschaftlicher Betrachtung mit den später erworbenen Aktien identisch sein. Denn der Schuldverschreibungsgläubiger erlangt in diesen Fällen bereits mit dem Erwerb der Schuldverschreibung ein festes wertpapiermäßig verbrieftes Recht auf den Erwerb der Aktien mit der Folge, dass es sich bei der Begebung von Schuldverschreibungen und der späteren Lieferung der Aktien um einen einheitlichen Rechtsvorgang handelt und die Ausübung des Rechts weder zu einem Tausch führt noch eine Aufrechnung darstellt (Vgl. BFH-Urteil vom 23. Juni 2005 VI R 124/99, BFHE 209, 549; BStBl II 2005, 766), Urteile des Reichsfinanzhofs zur Gesellschaftssteuer vom 5. Juli 1929 II A 9/29 RFHE 25, 264 und vom 24. August 1944 I 21/44 RFHE 54, 128).

Die Annahme einer Identität kommt jedoch nur im Falle handelbarer und börsenfähiger Wertpapiere, die kraft Gesetzes das Recht auf den Umtausch in Aktien enthalten, in Betracht. Der Wert dieser Papiere verändert sich nämlich laufend mit dem Wert des Wandlungsrechts, welcher von Anfang an durch die Kursentwicklung der eintauschbaren Aktien mitbestimmt wird. Allein diese wirtschaftliche Verknüpfung rechtfertigt es, von der Anschaffung identischer Wertpapiere zu einen einheitlichen Anschaffungszeitpunkt bereits bei der Anschaffung der Wandelschuldverschreibung auszugehen (BFH-Urteil VI R 124/99 a.a.O.)

Die vom Kläger erworbenen Wandelschuldverschreibung hatten dagegen den Charakter eines verzinslichen Darlehens des Arbeitnehmers an den Arbeitgeber, das –bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen- die bloße Möglichkeit des Erwerbs von Aktien enthält. Der Kläger erlangte mit der von ihm erworbenen „atypischen“ Wandelschuldverschreibung lediglich das -zunächst für ihn unverwertbare- Versprechen seines Arbeitgebers, ihm später (und auch dann nur bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen) einen Aktienerwerb zu ermöglichen. Die Wandelschuldverschreibungen waren nicht handelbar. Sie waren außer im Todesfall nicht übertragbar. Die Ausübung des Wandlungsrechts war an enge Voraussetzungen (Betriebszugehörigkeit, bestimmte Zeitpunkte sowie bestimmte Werte der Aktien) gekoppelt.

Eine Aktie enthält im Gegensatz dazu ein Bündel von Mitgliedschaftsrechten, insbesondere das Recht auf einen Anteil am Gewinn und das Stimmrecht; sie verkörpert auch einen Anteil an den stillen Reserven. Aktien sind frei handelbar.

Schließlich spricht gegen die Annahme eines Anschaffungsvorgangs im Jahr 1999, dass im Jahr 2000 eine weitere aktive Erwerbshandlung des Klägers erforderlich war. Der Kläger musste – und zwar innerhalb von der Arbeitgeberin vorbeschriebenen Fristen – eine Wandlungserklärung abgeben. Auch musste im Zeitpunkt der Erwerbshandlung noch eine Betriebszugehörigkeit des Klägers gegeben sein.

Aus welchem Grund die Wertungen, die die Rechtsprechung (auch) bei der Frage des Zuflusses des geldwerten Vorteils beim Erwerb von Wandelschuldverschreibungen zu-grundelegt hat, im Streitfall nicht zur Anwendung gelangen können, erschließt sich dem Senat nicht.

Ein abweichendes, für die Kläger günstigeres Ergebnis ergibt sich nicht aus den Urteilen des BFH zur Frage des Vorliegens eines Veräußerungsgewinns beim Erwerb und Veräußerung von Bezugsrechten bei Kapitalerhöhungen (z.B. BFH-Urteil vom 22. Mai 2003 IX R 9/00, BFHE 202, 309, BStBl II 2003, 712). Denn in diesen Fällen ist das Bezugsrecht in den ursprünglich erworbenen Aktien enthalten; durch vom Inhaber unabhängigen Beschluss wird es von der Aktie abgespalten. Damit ist die Veräußerung des Bezugsrechts nicht steuerbar; eine dahingehende Wertung, dass der Erwerb von Aktien aufgrund eines Bezugsrechts kein Anschaffungsvorgang i.S.d. § 23 EStG ist, ergibt sich aus der Rechtsprechung nicht.

b) Die Aktien wurden innerhalb der Frist des § 23 EStG, nämlich im Februar 2001, veräußert.

c) Gegen die Besteuerung spricht auch nicht, dass der Kläger die Aktien im Februar des Streitjahres verkaufen „musste“, wollte er nicht das Risiko eines Wertverfalls eingehen. Der Kläger war weder rechtlich noch faktisch gehindert, die Aktien weiter zu halten. Die Veräußerung erfolgte ausschließlich aus wirtschaftlichen Überlegungen.

2. Der Veräußerungsgewinn ist auch der Höhe nach nicht zu beanstanden. Gemäß § 23 Abs. 4 Satz 1 EStG ist Gewinn aus Spekulationsgeschäften der Unterschied zwischen dem Veräußerungspreis einerseits und den Anschaffungs- oder Herstellungskosten und den Werbungskosten andererseits. Die Ermittlung des Veräußerungsgewinns lässt keine Fehler erkennen; die Höhe des Veräußerungsgewinns ist zwischen den Beteiligten zu Recht unstreitig.

3. Der Änderungsbescheid durfte auf § 164 Abs. 2 AO gestützt werden. Die ursprüngliche Festsetzung war unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen. Die Festsetzungsfrist war noch nicht abgelaufen.

II. Die Revision wird zugelassen (§ 115 Nr. 2 FGO). Soweit ersichtlich, ist zu der maßgeblichen Rechtsfrage noch keine Entscheidung des Bundesfinanzhofs ergangen (vgl. jedoch BFH-Urteil vom 20.06.2001 VI R 105/99, BB 2001, 1616-1617, in welchem der BFH wohl auch von einer Versteuerung nach § 23 EStG ausgeht, wenn die im Rahmen eines Dienstverhältnisses verbilligt bezogenen Aktien vor Ablauf der Spekulationsfrist veräußert werden).

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

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