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RdF-News
20.02.2017
RdF-News
VG Frankfurt a. M.: Erlaubnispflichtiges Kreditgeschäft trotz qualifizierten Nachrangs von Darlehensforderungen

VG Frankfurt a. M., Urteil vom 22.6.2016 – 7 K 3073/15.F(1), rkr

Leitsätze

Bei der geplanten Vergabe von Nachrangdarlehen an gewerbliche Kunden zu gewerblichen Zwecken handelt es sich um ein Bankgeschäft gem. § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 KWG, da Gelddarlehen gewährt werden. Der weiter von der Klägerin geplante Erwerb von Inhaberschuldverschreibungen stellt ebenfalls ein erlaubnispflichtiges Kreditgeschäft nach § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 KWG dar, da dieser Erwerb als Vergabe von Darlehen gem. § 488 Abs. 1 BGB zu qualifizieren ist. Dabei ist die konkrete Ausgestaltung des Geschäfts und die Interessenlage der Parteien maßgeblich und nicht die Bezeichnung des Geschäfts.

Sachverhalt

Die Beteiligten streiten darüber, ob das Geschäftsvorhaben der Klägerin den Vorschriften des Kreditwesengesetzes- KWG - unterfällt.

Mit Schreiben vom 24.04.2013 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Prüfung des mit diesem Schreiben dargestellten Geschäftskonzeptes der Klägerin und den Erlass einer verbindlichen und rechtmittelfähigen Entscheidung gemäß § 4 KWG.

Das Geschäftsvorhaben der Klägerin soll aus den Elementen der Vergabe von Nachrangdarlehen an gewerbliche Kunden zu gewerblichen Zwecken (Aktivgeschäft), aus dem Ankauf von Inhaberschuldverschreibungen (Aktivgeschäft), aus der Emission solcher Inhaberschuldverschreibungen (Passivgeschäft) und aus der Ausgabe von Genussrechten mit qualifizierten Nachrangklauseln (Passivgeschäft) bestehen.

Die Klägerin beabsichtigte zunächst in der Bundesrepublik Deutschland gewerbsmäßig Nachrangdarlehen gemäß eines auf der Homepage der Klägerin einsehbaren vorgefertigten Vertragsmustertextes an eine Vielzahl von gewerblichen bzw. selbstständigen Kunden ausschließlich zur geschäftlichen Verwendung zu begeben, wobei eine Gewährung von Nachrangdarlehen an Verbraucher explizit ausgeschlossen wurde. Das Geschäftsmodell sollte derart ausgestaltet werden, dass an Nachrangdarlehen interessierte gewerbliche Kunden auf der Homepage der Klägerin alle entscheidenden Informationen zu den Nachrangdarlehen sowie den Mustervertragstext einsehen können, wobei interessierte gewerbliche Kunden einen auf der Homepage der Klägerin zum Download verfügbaren Antrag mit den jeweils firmenbezogenen Angaben der Kunden ausfüllen und zusammen mit einem Nachweis über ihre Eigenschaft als gewerblicher Kunde sowie gegebenenfalls erforderlichen Unterlagen an die Beklagte senden sollten. Erst bei einer vorläufigen Genehmigung aufgrund der von dem Antragsteller gemachten Angaben sollte eine postalische Versendung des Darlehensvertrages an den Antragsteller erfolgen. Dieser könne den Vertrag in Ruhe zur Kenntnis nehmen und, sollte er mit den Bestimmungen einverstanden sein, unterzeichnen und an die Klägerin zurücksenden.

Die Bedingungen beinhalteten in § 8 des Muster-Darlehensvertrages folgende Regelung:

"§ 8 Nachrangigkeit

1. Forderungen aus den Darlehen treten gegenüber allen anderen Ansprüchen von Gläubigern gegen den Darlehensnehmer im Rang zurück. Die Ansprüche aus dem Darlehen, insbesondere die Zahlung der Zinsen sowie die Rückzahlung, stehen unter dem Vorbehalt, dass bei dem Darlehensnehmer ein Insolvenzgrund nicht herbeigeführt wird.

2. Die Forderungen aus dem Darlehen werden im Fall des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Darlehensnehmers oder der Liquidation des Darlehensnehmers erst nach Befriedigung aller nicht nachrangigen Gläubiger bedient."

Des Weiteren beabsichtigte die Klägerin von einer Vielzahl von gewerblichen Kunden Inhaberschuldverschreibungen zu erwerben, die diese mittels eines Musterbegebungsvertrages samt Musterwertpapierurkunde und Anleihebedingungen im Rahmen ihres Geschäftsbetriebes begeben sollten. Die Volumina und die Laufzeiten der Inhaberschuldverschreibungen, die die Klägerin zu erwerben beabsichtigte, wurden zwar noch nicht konkret festgelegt, sollten sich in erster Linie aber in einem Bereich von 1.000 bis 20.000 € bei einer Laufzeit von einem bis zu sechs Monaten bewegen. Dabei beabsichtigte die Klägerin, sich mittels einer entsprechend ausgestalteten Homepage zielgerichtet an solche Kunden zu wenden, die an einer Ausgabe von Inhaberschuldverschreibungen gegen Einzahlung von Kapital interessiert seien, wobei sie ausschließlich von gewerblichen Kunden erwerben wollte, welche bereit seien, Inhaberschuldverschreibungen aufgrund der von der Klägerin bereitgestellten Musterdokumente zu begeben. Zu diesem Zweck sollten sowohl der Musterbegebungsvertrag als auch die Musterwertpapierurkunde auf der Homepage der Klägerin bereit gehalten werden, so dass interessierte Kunden auf diese Weise die Musterdokumente abrufen und in Ruhe zur Kenntnis nehmen können.

Erst nach der Kenntnisnahme sollte dann gegebenenfalls das Ausfüllen und Unterzeichnen der Dokumente sowie die Rücksendung an die Klägerin erfolgen. Dabei sollten die Inhaberschuldverschreibungen je nach Einzelfall verzinslich oder unverzinslich sein. Grundsätzlich wollte die Klägerin nur solche Angebote annehmen, die keiner Prospektpflicht nach dem Wertpapierprospektgesetz (WPpG) unterlägen. Ferner war je nach Umständen des Einzelfalls vorgesehen, die Inhaberschuldverschreibungen nur gegen vorherige Bereitstellung banküblicher persönlicher und dinglicher Sicherheiten zu erwerben. In Betracht kamen vor allem Sicherungsübereignungen und Globalzessionen durch die gewerblichen Kunden selbst sowie Bürgschaften und Schuldbeitritte, die von den Geschäftsleitern und Gesellschaftern der gewerblichen Kunden gestellt werden sollten. Die Klägerin wollte auf keinen Fall Zahlungen vor Abschluss des Begebungsvertrages erbringen. Erst nach Abschluss des Begebungsvertrages sollte eine Zahlung des Nennbetrags Zug um Zug gegen Übereignung der Wertpapierurkunde erfolgen. Ausweislich § 3 des Musterbegebungsvertrags sollte am Rückzahlungstermin die Rückzahlung auf das in dem Begebungsvertrag angegebene Konto der Klägerin, sofern sie am Rückzahlungstermin immer noch Anleihegläubigerin ist, erfolgen.

Zu Zwecken der Refinanzierung plante die Klägerin darüber hinaus sowohl die Aufnahme von Fremdkapital als auch die Verbreiterung der Eigenkapitalbasis durch Beteiligung von Investoren im Wege privater oder öffentlicher Kapitalbeschaffungsmaßnahmen. Die Fremdkapitalisierung sollte dabei sowohl über Bankdarlehen als auch über die Beteiligung von Investoren durch die Begebung von Anleihen gemäß der von der Klägerin bereitgestellten Anleihebedingungen erfolgen. Darüber hinaus war auch die Aufnahme weiterer Vollgesellschafter (auch durch die Publikumsemission von Aktien nach Umwandlung in eine Aktiengesellschaft) und die Begebung von Genussrechten gemäß den von der Klägerin bereitgestellten Genussrechtsbedingungen geplant.

Der Vertrieb der Inhaberschuldverschreibungen und der Genussrechte sollte im Wege der Publikumsemission sowie in Form nicht prospektpflichtiger Emissionen erfolgen. Nicht ausgeschlossen sei die Einschaltung "selbstständiger Finanzdienstleister", die über die entsprechenden Erlaubnisse verfügen.

Das Muster der Genussrechtsbedingungen enthielt unter § 5 eine Verlustbeteiligung:

"§ 5 Verlustbeteiligung

1. Würde die Emittentin während der Laufzeit (§ 6) in ihrem Jahresabschluss erstmalig einen Jahresfehlbetrag ausweisen bzw. sich ein bestehender Jahresfehlbetrag erhöhen, so nimmt das Genusskapital am Verlust der Emittentin bis zur vollen Höhe dadurch teil, dass das Genusskapital vermindert wird. Die Rückzahlungsansprüche aus den Genussrechten reduzieren sich entsprechend.

2. Werden nach einer Teilnahme des Genusskapitals am Verlust in den folgenden Geschäftsjahren Jahresüberschüsse erzielt, so ist aus diesen -nach einer gesetzlich vorgeschriebenen Wiederauffüllung der gesetzlichen Rücklagen- das Genusskapital bis zum Nennbetrag wieder zu erhöhen, bevor eine anderweitige Gewinnverwendung (einschließlich einer Ausschüttung nach § 4) vorgenommen wird. Falls die Emittentin weitere Finanzierungstitel mit Verlustbeteiligung gegeben hat, die gleichrangig mit diesen Genussrechten sind, erfolgt die Wiederauffüllung im Verhältnis der jeweiligen Nennbeträge/ Nominaleinlagen weiterer Finanzierungstitel und des Nennbetrags der verlustbeteiligten Genussrechte dieser Tranche. Die Wiederauffüllung erfolgt nur während der Laufzeit der Genussrechte (§ 6) und in der zeitlichen Reihenfolge der Verlusttragung.

3. Eine Verlustteilnahme führt nicht zu einer Herabsetzung des Nennbetrags der Genussrechte für die Zwecke der Berechnung der Gewinnanteile gemäß § 4.".

Ferner enthielten die modifizierten Genussrechtsbedingungen unter § 12 folgende Nachrangklausel:

"§ 12 Nachrangigkeit, Liquidationserlöse:

1. Die Forderungen aus den Genussrechten treten gegenüber allen anderen Ansprüchen von Gläubigern gegen die Emittentin zurück. Die Bedienung der Ansprüche aus den Genussrechten, insbesondere auf Zahlung der Zinsen sowie auf Rückzahlung der Genussrechte zum Buchwert, steht unter dem Vorbehalt, dass ein Insolvenzeröffnungsgrund bei der Emittentin nicht herbeigeführt wird. Können aufgrund des Zahlungsvorbehalts des § 12 Abs. 1 Satz 2 Zahlungen durch die Emittentin nicht geleistet werden, sind diese jeweils drei Monate nach dem Fälligkeitstermin nachzuholen, sobald der Zahlungsvorbehalt des § 12 Abs. 1 Satz 2 dem nicht entgegensteht.

2. Die Forderungen aus den Genussrechten werden im Fall des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Emittentin oder der Liquidation der Emittentin erst nach Befriedigung aller nicht nachrangigen Gläubiger zurückgezahlt.

3. Die Genussrechte begründen keinen Anspruch auf Teilnahme am Liquidationserlös im Falle der Auflösung der Emittentin."

Mit Bescheid vom 23.03.2015 stellte die Beklagte gem. § 4 S. 1 KWG fest, dass das Geschäftsvorhaben der Klägerin unter die Vorschriften des Kreditwesengesetzes falle.

Die Beklagte begründete den Bescheid wie folgt:

Bei der von der Klägerin geplanten Vergabe von Darlehen an gewerbliche Kunden handele es sich um ein nach § 32 KWG erlaubnispflichtiges Bankgeschäft in Form des Kreditgeschäfts gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 KWG.

Das Kreditgeschäft betreibe dabei, wer Gelddarlehen oder Akzeptkredite gewährt. Für die Bestimmung, was Gelddarlehen im Sinne des Tatbestandes sei, sei grundsätzlich das Zivilrecht maßgeblich. Ein Gelddarlehen gewähre danach, wer einen privatrechtlichen Darlehensvertrag im Sinne von § 488 BGB oder einen vergleichbaren Vertrag unter ausländischem Recht als Darlehensgeber schließe. Die beabsichtigten Nachrangdarlehen seien dabei als Gelddarlehen im Sinne des § 488 BGB einzustufen.

Die Wertung als erlaubnispflichtiges Kreditgeschäft entfalle auch nicht wegen der geplanten Ausgestaltung als Darlehen mit qualifizierter Nachrangklausel. Anders als der Tatbestand des Einlagengeschäfts enthalte § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 KWG dem Wortlaut nach keine Ausnahme für nicht unbedingt rückzahlbare Gelder. Die Bundesanstalt lasse zwar in ständiger Verwaltungspraxis eine Einschränkung des Tatbestandes des Kreditgeschäftes analog dem Tatbestand des Einlagengeschäftes gelten, wenn ein Unternehmen einem anderen Unternehmen Risikokapital im Wege qualifizierter Nachrangdarlehen unter der Voraussetzung zur Verfügung stelle, dass weder der Anspruch auf Zins noch der Anspruch auf Rückzahlung bei sonst drohender Insolvenz des Darlehensnehmers geltend gemacht werden könne. Diese Einschränkung entspreche Sinn und Zweck der gesetzlichen Bestimmung.

Für die teleologische Reduktion sei indes rechtlich kein Raum, wenn sich das Unternehmen, das solche Darlehen vergeben wolle, unterdessen über die Annahme rückzahlbarer Gelder des Publikums- und sei es auch über die Ausgabe von Inhaberschuldverschreibungen- refinanziere. In einem solchen Fall, da sich das Unternehmen seinem Marktauftritt nach wie ein Kreditinstitut aufstelle, greife auf ganzer Linie der Schutzgedanke des KWG, der nicht durch eine teleologische Reduktion, für die hier methodisch jede Grundlage fehle, konterkariert werden dürfe.

Zu dem von der Klägerin ins Auge gefassten Geschäftsmodell gehöre gerade eine Hereinnahme von Anlegergeldern über Genussrechte und die Ausgabe von Inhaberschuldverschreibungen. Eine einschränkende Auslegung käme daher nicht in Betracht.

Der im Rahmen des Aktivgeschäfts geplante Erwerb der Inhaberschuldverschreibungen erfülle ebenfalls dem Tatbestand des erlaubnispflichtigen Kreditgeschäfts nach § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 KWG.

Die Zeichnung der Inhaberschuldverschreibungen sei als Vergabe von Darlehen im Sinne des § 488 Abs. 1 BGB zu qualifizieren. Der vorgelegte Entwurf eines Vertrages bezeichne das Rechtsgeschäft zwar als "Begebungsvertrag für Inhaber-Teilschuldverschreibungen", um welche Art von Rechtsgeschäft es sich tatsächlich handele, hänge jedoch nicht nur von der Bezeichnung ab, die die Parteien im Einzelfall wählen. Entscheidend sei dabei vielmehr die konkrete Ausgestaltung des Geschäftes unter Berücksichtigung der Interessenlage der Beteiligten.

Nach § 488 Abs. 1 BGB wird der Darlehensgeber durch den Darlehensvertrag verpflichtet dem Darlehensnehmer einen Geldbetrag in der vereinbarten Höhe zur Verfügung zu stellen, während der Darlehensnehmer verpflichtet ist, einen geschuldeten Zins zu zahlen und bei Fälligkeit das zur Verfügung gestellte Darlehen zurück zu erstatten.

Demgegenüber sei nach § 793 Abs. 1 Satz 1 BGB die Schuldverschreibung auf den Inhaber einer Urkunde ausgestellt, in der der Aussteller dem Inhaber eine Leistung verspreche. Das Leistungsversprechen werde durch den Begebungsvertrag begründet und solle regelmäßig ein abstraktes Schuldversprechen sein, wobei grundsätzlich jede Leistung in Betracht komme.

Ob der Aussteller der Urkunde eine Leistung verspreche und welchen Inhalt sein Leistungsversprechen habe, sei Auslegungsfrage. Bei der Auslegung sei zudem nicht nur der Wortlaut der Urkunde zu berücksichtigen, vielmehr seien auch Umstände außerhalb der Urkunde heranzuziehen, sobald diese für die Verkehrsauffassung Bedeutung haben. Das gelte namentlich für den Inhalt des Emissionsprospekts, für Erläuterungen in der Hauptversammlung einer emittierenden Gesellschaft sowie für Presseverlautbarungen. Bei der Ermittlung des Vertragsinhaltes sei zunächst vom Wortlaut der in der Schuldverschreibung niedergelegten Bedingungen auszugehen, jedoch könnten und müssten auch außerhalb der Urkunde liegende Umstände gegebenenfalls zur Auslegung mitherangezogen werden.

Der konkrete Inhalt des Leistungsversprechens spreche hier für die Annahme eines Darlehensvertrages. Schon die Ausgangssituation entspreche der Interessenlage eines typischen Darlehensvertrags, nämlich dass potentielle Kunden kurzfristig Geld benötigen. Da sie nicht an ein Kreditinstitut herantreten wollen, wenden sie sich an die Klägerin. Nach Unterzeichnung der von der Klägerin zur Verfügung gestellte Verträge und Rücksendung, zahle die Klägerin gegebenenfalls gegen vorherige Bereitstellung banküblicher persönlicher und dinglicher Sicherheiten, den entsprechenden Betrag an den Kunden aus, der ihn der Klägerin nach einem oder bis zu sechs Monaten zuzüglich der vereinbarten Zinsen zurückzuzahlen habe.

Daher trage nur die Auslegung, dass mit der Gewährung von Inhaberschuldverschreibungen eine eingegangene Darlehensverbindlichkeit begründet werde, den Gesamtumständen angemessen Rechnung. Das einseitige Interesse der Klägerin, eine eigenständige Forderung unabhängig von einer Darlehensforderung zu begründen, ändere hieran nichts. Dies könne schon deshalb nicht der Fall sein, weil die Gestaltung den mutmaßlichen Interessen des Kunden widerspreche. Nach § 3 des modifizierten Muster- Begebungsvertrages habe die Rückzahlung des Nennbetrags am Rückzahlungstermin unter Angabe des Namens des Anleiheschuldners auf das Konto der Klägerin zu erfolgen, sofern diese am Rückzahlungstermin noch Anleihegläubigerin sei.

Diese Regelung höhle jedoch § 797 BGB aus. Nach § 797 S.1 BGB ist der Aussteller nur gegen Aushändigung der Schuldverschreibung zur Leistung verpflichtet. Nach § 797 Satz 2 BGB erwirbt der Aussteller mit der Aushändigung das Eigentum an der Urkunde, auch wenn der Inhaber zur Verfügung über sie nicht berechtigt ist. Diese Vorschrift bezwecke den Schutz des Ausstellers, weil er nur gegen Aushändigung der Urkunde leisten müsse und somit das Risiko mehrfach in Anspruch genommen zu werden, ausschließen könne.

Weiter liege der Leistungsort des Rückzahlungsanspruches aus der Inhaberschuldverschreibung eigentlich beim Aussteller, weil es Sache des Inhabers sei, ihm die Urkunde zu präsentieren. Dies gelte abweichend von § 270 Abs. 1 BGB auch für Geldschulden, wobei eine Vereinbarung eines anderen Leistungsortes möglich sei. Zwar sei auch eine Leistung ohne Aushändigung der Urkunde möglich, jedoch aus Sicht des Schuldners wegen des Risikos einer mehrfachen Inanspruchnahme wohl unüblich, wenn keine Zahlstelle eingeschaltet sei. Nach den Verständnismöglichkeiten des Kunden handele es sich bei dem von der Klägerin entworfenen Vertrag vielmehr um einen typischen Kredit.

Hinzu komme, dass die seitens des Kunden zu verwendenden Unterlagen von der Klägerin zum Download zur Verfügung gestellt werden und nur auf dieser Basis die Auszahlung des Kapitals erfolgen solle. Die Klägerin plane gerade nicht von den Kunden eigenständig entwickelte Inhaberschuldverschreibungen am Kapitalmarkt anzukaufen. Die Verpflichtung der Klägerin und die ihrer Kunden seien auf die Hin- und Rückgabe von Geld, also die beiden konstitutiven Pflichten eines Darlehensvertrages nach § 488 BGB gerichtet. Der gesamte Ablauf des Verfahrens (Unterzeichnen, Weiterleiten der Formulare an die Gesellschaft, Auszahlung des Geldes) sei im Ergebnis identisch mit einer Darlehensvergabe. Da somit Darlehen im Sinne des § 488 Abs. 1 BGB gewährt werden, sei der Tatbestand des Kreditgeschäfts nach § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 KWG erfüllt.

Die von der Klägerin angedachte Ausgestaltung zeige deutlich, dass damit durch Kombination verschiedener Ausnahmen zentrale Erlaubnisvorbehalte des KWG umgangen werden sollen. Das geplante Geschäftsvorhaben erfülle auch die weiteren Voraussetzungen der Erlaubnispflicht aus § 32 Abs. 1 Satz 1 KWG. Danach müssen die Bankgeschäfte im Inland gewerbsmäßig oder in einem Umfang betrieben werden, die einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert. Nach der Schilderung der Klägerin sollen die Tätigkeiten gewerbsmäßig aufgenommen werden. Ausnahmevorschriften seien nicht einschlägig.

Mit Schreiben vom 10.10.2014 (Bl. 51 d. BA, Bd. II) legte die Klägerin Widerspruch gegen den Bescheid vom 23.03.2015 mit der Begründung ein, die Beklagte verknüpfe das Aktiv- und Passivgeschäft des Nachrangdarlehens in einer Weise, für die es im KWG keine Stütze gebe und somit weder geboten noch rechtlich zulässig sei.

Zudem ist die Klägerin der Auffassung, dass der Tatbestand des Einlagengeschäftes in § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 KWG und der Tatbestand des Kreditgeschäftes in § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 KWG nicht isoliert voneinander betrachtet werden könnten, was insbesondere das Wort "unbedingt" der Norm zeige. Sofern der Darlehensgeber keinen unbedingten Rückzahlungsanspruch besitze, und ein solcher sei durch die Vereinbarung eines qualifizierten Nachranges gerade ausgeschlossen, dann betreibe derjenige, der entsprechende Gelder aus Nachrangdarlehen in Empfang nehme, nicht das erlaubnispflichtige Einlagengeschäft. Derjenige, der die Nachrangdarlehen vergebe, betreibe nicht zugleich das erlaubnispflichtige Kreditgeschäft und zwar unabhängig davon, ob der Vertragspartner eine natürliche oder juristische Person sei. Eine Begrenzung der Erlaubnisfreiheit nur auf den Bereich der Unternehmensfinanzierung finde im KWG keine Stütze und wäre auch angesichts der Strafandrohung gem. § 54 KWG wegen mangelnder Bestimmtheit unzulässig. An dieser Sichtweise ändere auch nichts, wenn die Vergabe von Nachrangdarlehen durch die Aufnahme von Fremdkapital oder durch die Beteiligung von Eigenkapitalgebern im Wege privater oder öffentlicher Kapitalbeschaffungsmaßnahmen refinanziert werde. Durch entsprechende Refinanzierungsmaßnahmen werde die erlaubnisfreie Vergabe von Nachrangdarlehen nicht zum erlaubnispflichtigen Bankgeschäft.

Weiterhin führte die Klägerin aus, dass ein Wertpapier im Sinne von § 793 ff. BGB kein Darlehen im Sinne von § 488 BGB sei, da eine temporäre Geldüberlassung gegen Zahlung von Zinsen sowohl Gegenstand eines Darlehens als auch eines wertpapierrechtlich verbrieften Anspruchs im Sinne von § 793 BGB sein könne und demnach in der Natur der Sache liege. Zudem seien die Bedingungen der Inhaberschuldverschreibungen wertpapierrechtlich zulässig und in sich abschließend, weshalb Bezugnahmen auf außerhalb der Urkunde liegende Umstände weder erforderlich noch geboten seien. Auch seien die Interessen der Beteiligten nicht auf die Vergabe von Darlehen, sondern auf die Ausgabe und den Erwerb von Schuldverschreibungen gerichtet. Der Anleiheschuldner erhalte nur durch die Ausgabe von Inhaberschuldverschreibungen Kapital, das er anderweitig, insbesondere durch ein Darlehen nicht erhalten würde.

Der Wortlaut des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG sei eindeutig und beschränke die Ausgabe von Inhaber- und Orderschuldverschreibungen weder auf bestimmte Ausgabeformen noch auf bestimmte Zwecke. Unternehmen sollten ihre Geschäftstätigkeit refinanzieren können ohne die Einbindung von Kreditinstituten.

Die Gesetzesbegründung spreche daher von einer Finanzierung "direkt am Kapitalmarkt" und vermeide Begrifflichkeiten wie Emission oder Börse.

Die Klägerin sei insoweit Kapitalmarktteilnehmern und damit die Refinanzierung der Unternehmen, deren Wertpapiere die Klägerin erwerben wolle, eine solche am Kapitalmarkt. Dass die Initiative zur Begebung von Schuldverschreibungen vorliegend vom Anleiheschuldner und nicht vom Anleihegläubiger ausgehe, verbiete weder das BGB noch das KWG.

Zudem widerspreche es auch dem Gesetzeszweck, diejenigen als Kreditinstitute einzustufen, die sich über die Ausgabe von Inhaberschuldpapieren direkt am Kapitalmarkt finanzieren, da mögliche Kunden ausreichend durch das Wertpapierverkaufsprospektgesetz (WpPG) geschützt werden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 03.07.2015 wies die Beklagte den Widerspruch zurück (Bl. 26 - 40. d. GA). Zur Begründung des Widerspruchsbescheides vertieft sie ihr Vorbringen aus dem Ausgangsbescheid vom 23.03.2015. Sie trägt ergänzend vor, es sei im Hinblick auf den Tatbestand des § 1 KWG unbeachtlich, ob die Geldvergabe mit Fremdmitteln refinanziert werde oder mit eigenen Mitteln unterlegt sei.

Zudem handele es sich bei der Tätigkeit auch nicht um eine "Emission am Kapitalmarkt", da nach dem Willen des Gesetzgebers die Bereichsausnahme für Inhaber- und Orderschuldverschreibungen nur zur Refinanzierung am Kapitalmarkt genutzt werden könne und bei dem Vorhaben der Klägerin die Inhaberschuldverschreibungen der Unternehmen aber nur gegenüber der Klägerin emittiert werden sollten, so dass es auch unter Zugrundelegung eines sehr weiten Verständnisses des Begriffs "Kapitalmarkt" an dem Merkmal "Emission am Kapitalmarkt" fehle.

Mit am 04.08.2015 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz hat die Klägerin Klage erhoben.

Sie trägt vor, dass sie keine begünstigende Sachentscheidung benötige, sondern verhindern möchte, dass die streitige Entscheidung der Beklagten in Rechtskraft erwachse.

Im Übrigen wiederholt und vertieft sie ihr Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren, insbesondere aus ihrer Widerspruchsbegründung.

Der Vertreter der Klägerin beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 23.03.2015 und deren Widerspruchsbescheid vom 03.07.2015 aufzuheben,

die Zuziehung des Bevollmächtigten der Klägerin im Vorverfahren für notwendig zu erklären,

hilfsweise,

die Beklagte zu verpflichten, festzustellen, dass die Geschäftstätigkeit der Klägerin, näher beschrieben in den anwaltlichen Schreiben vom 24. April 2013, 12. August 2013 und 07. März 2014 zur Vergabe von Nachrangdarlehen an gewerbliche Unternehmen keine erlaubnispflichtige Tätigkeit nach § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 des KWG darstellt

und die Beklagte zu verpflichten, festzustellen, dass die Geschäftstätigkeit der Klägerin, näher beschrieben in den anwaltlichen Schreiben vom 24. April 2013, 12. August 2013 und 07. März 2014 zum Erwerb von Inhaberschuldverschreibungen von gewerblich tätigen Unternehmen keine erlaubnispflichtige Tätigkeit nach § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 des KWG darstellt .

Der Vertreter der Beklagten beantragt,

die Klage abzuweisen.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge (Bd. I und II) der Beklagten Bezug genommen, die vorgelegen haben und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden.

Aus den Gründen

Die Klage hat keinen Erfolg.

Sie ist statthaft und auch im Übrigen zulässig.

Statthafte Klageart ist- wie von der Klägerin im Hauptantrag beantragt- die Anfechtungsklage, gerichtet auf Aufhebung des Feststellungsbescheides vom 23.03.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.07.2015. Mit einer Kassation dieses streitgegenständlichen Feststellungsbescheides wäre dem Rechtschutzziel der Klägerin genüge getan, da dann ihr Geschäftsvorhaben nicht den Vorschriften des Kreditwesengesetzes unterliegen würde und sie dieses ohne Erlaubnis der Beklagten betreiben könnte.

Die Klage ist aber unbegründet.

Der Feststellungsbescheid der Beklagten vom 23.03.2015 in Gestalt des Widerspruchbescheides vom 03.07.2015 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO).

Die Befugnis der Beklagten, den von der Klägerin beantragten feststellenden Verwaltungsakt zu erlassen, ergibt sich aus § 4 KWG. Nach § 4 S. 1 KWG entscheidet die Beklagte in Zweifelsfällen, ob ein Unternehmen den Vorschriften dieses Gesetztes unterliegt.

Vorliegend bestehen Zweifel über die Anwendbarkeit der KWG- Vorschriften, da unklar ist, ob das von der Klägerin vorgestellte Geschäftskonzept unter die Definition für Bankgeschäfte nach § 1 Abs. 1 S. 2 KWG zu subsumieren ist (vgl. Schäfer in Boos/ Fischer/ Schulte- Mattler, KWG, Komm., 4. Aufl. 2012, § 4 KWG Rdnr. 2).

Das berechtigte Interesse der Klägerin an einer Klärung bezieht sich dabei laut ihrem Antrag vom 24.04.2013 auf die beiden Aktivgeschäfte ihres Geschäftskonzepts.

Dies hat die Klägerin in obigem Antrag wie folgt zum Ausdruck gebracht:

"Insoweit bitten wir Sie zu bestätigen, dass unsere Mandantin sowohl mit der dargestellten Begebung von gewerblichen Nachrangdarlehen als auch durch die Zeichnung von Inhaberschuldverschreibungen, die von gewerblichem Kunden emittiert werden, keine erlaubnispflichtigen Bankgeschäfte betreibt und keine erlaubnispflichtigen Finanzdienstleistungen erbringt."

Die Beklagte hat zu Recht festgestellt, dass das Geschäftsvorhaben der Klägerin den Vorschriften des KWG unterliegen würde.

Bei der geplanten Vergabe von Nachrangdarlehen an gewerbliche Kunden zu gewerblichen Zwecken handelt es sich um ein Bankgeschäft in Form des Kreditgeschäfts gem. § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 KWG.

Mit der beabsichtigten Vergabe von Nachrangdarlehen gewährt die Klägerin Gelddarlehen im Sinne dieser Vorschrift.

Für die Bestimmung, was danach Gelddarlehen sind, ist grundsätzlich das Zivilrecht, hier § 488 BGB für den privatrechtlichen Darlehensvertrag maßgeblich. Die beabsichtigten Nachrangdarlehen sind unstreitig als Gelddarlehen mit der Verpflichtung der Klägerin als Darlehensgeberin, den Kunden als Darlehensnehmer einen Geldbetrag in der vereinbarten Höhe zur Verfügung zu stellen, den diese zuzüglich eines geschuldeten Zinses zurück zu zahlen haben, einzustufen.

Die Wertung als erlaubnispflichtiges Kreditgeschäft entfällt auch nicht wegen der geplanten Ausgestaltung als Darlehen mit qualifizierter Nachrangklausel. Anders als der Tatbestand des Einlagengeschäfts enthält § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 KWG dem Wortlaut nach keine Ausnahme für nicht unbedingt rückzahlbare Gelder. Dem entgegen gestattet die Beklagte gewohnheitsrechtlich zweckorientiert eine Durchbrechung der Maßgeblichkeit des Zivilrechts und verneint ein Kreditgeschäft bei Darlehen mit Übernahme von Finanzierungsverantwortung durch Verlustteilnahme oder qualifizierte Nachrangklausel, spiegelbildlich zu der Wertung beim Einlagengeschäft (so Schäfer in Boos/ Fischer/ Schulte- Mattler, KWG, Komm., 4. Aufl., 2012, § 1 KWG Rdnr. 51 a).

Für diese teleologische Reduktion des § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 KWG durch einschränkende Auslegung des Tatbestandes des Kreditgeschäftes analog dem Tatbestand des Einlagengeschäftes ist rechtlich kein Raum, wenn sich das Unternehmen, welches solche Darlehen vergeben will, über die Annahme rückzahlbarer Gelder des Publikums- und sei es auch über die Ausgabe von Inhaberschuldverschreibungen- refinanziert. Wie die Beklagte im streitgegenständlichen Bescheid zutreffend ausgeführt hat, stellt sich das Unternehmen seinem Marktauftritt nach wie ein Kreditinstitut auf, weshalb der Schutzgedanke des KWG zu greifen hat. Die einzelnen Bestandteile des Geschäftsmodells der Klägerin können daher nicht isoliert betrachtet werden, sondern sind erst in ihrer Verknüpfung sinnhaft. So nimmt die Klägerin über die Emission von Inhaberschuldverschreibungen (Passivgeschäft) rückzahlbare Gelder des Publikums herein und refinanziert darüber u.a. die Vergabe der qualifizierten Nachrangdarlehen (Aktivgeschäft). Über das Passivgeschäft der Ausgabe von Inhaberschuldverschreibungen werden die Mittel beschafft, welche den gewerblichen Kreditnehmern als Nachrangdarlehen zur Verfügung gestellt werden. Damit wird die Klägerin wie eine Bank tätig, weshalb die Gläubiger des Passivgeschäftes, deren Rückzahlungsansprüche in Inhaberschuldverschreibungen verbrieft sind, durch eine Erlaubnispflicht solcher Geschäftsmodelle zu schützen sind. Sie wissen nicht, dass die von ihnen der Klägerin zur Verfügung gestellten Gelder als Risikokapital über qualifizierte Nachrangdarlehen an gewerbliche Kunden vergeben werden und diese Kunden möglicherweise weder Geld noch Zinsen zurückzahlen.

Der von der Klägerin weiter im Rahmen des Aktivgeschäfts geplante Erwerb von Inhaberschuldverschreibungen erfüllt ebenfalls den Tatbestand des erlaubnispflichtigen Kreditgeschäfts nach § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 KWG.

Der Kauf von Inhaberschuldverschreibungen ist als Vergabe von Darlehen im Sinne des § 488 Abs. 1 BGB zu qualifizieren.

Für die Frage, worauf die Rechtsbeziehungen der Beteiligten von Anfang an gerichtet sind, ist nicht die Bezeichnung, die die Parteien im Einzelfall wählen, sondern die konkrete Ausgestaltung des Geschäftes und die Interessenlage der Parteien maßgebend. Insoweit ist es unschädlich, dass der vorgelegte Entwurf eines Vertrages das Rechtsgeschäft als "Begebungsvertrag für Inhaber- Teilschuldverschreibungen" bezeichnet.

Die Ausgangssituation bei Anbahnung des Vertragsverhältnisses sowie der konkrete Inhalt des Leistungsversprechens sprechen für die Annahme eines Darlehensvertrages. Wie die Beklagte zutreffend ausgeführt hat, benötigen potenzielle Kunden kurzfristig Geld. Da diese nicht an ein Kreditinstitut herantreten wollen, wenden sie sich an die Klägerin. Nach Unterzeichnung der von der Klägerin zur Verfügung gestellten Verträge und Rücksendung zahlt die Klägerin- gegebenenfalls gegen vorherige Bereitstellung banküblicher persönlicher und dinglicher Sicherheiten- den entsprechenden Betrag an die Kunden aus, die ihn nach einem oder bis zu 6 Monaten zuzüglich der vereinbarten Zinsen zurück zu zahlen haben.

Dafür, dass mit der Gewährung von Inhaberschuldverschreibungen kein abstraktes Schuldversprechen gem. § 793 BGB (Schuldverschreibung auf den Inhaber), sondern eine Darlehensverbindlichkeit begründet wird, spricht auch die Ausgestaltung von § 3 des Musterbegebungsvertrages. Darin legt die Klägerin fest, dass am Fälligkeitstag die Rückzahlung des Geldes auf das Konto der Klägerin, jedoch unter der Bedingung erfolgen soll, dass sie zu diesem Zeitpunkt noch Anleihegläubigerin ist. Diese Ausgestaltung des Vertrages impliziert, dass der Leistungsort der des Anleiheschuldners (Kunde und Aussteller der Urkunde) und der Erfolgsort der des jeweiligen Anleihegläubigers sein soll. Dabei handelt es sich um eine Schuld in Form einer Schickschuld. § 797 BGB, welcher durch § 3 des Musterbegebungsvertrages ausgehöhlt wird, sieht dem entgegen eine Holschuld vor. Gem. § 797 S. 1 BGB ist der Aussteller nur gegen Aushändigung der Schuldverschreibung zur Leistung verpflichtet, wobei nach § 797 S. 2 BGB der Aussteller mit der Aushändigung das Eigentum an der Urkunde erwirbt. Damit wird der Schutz des Ausstellers bewirkt, der nur gegen Aushändigung der Urkunde leisten muss um damit das Risiko mehrfacher Inanspruchnahme auszuschließen. Auch wenn diese Regelung disponibel ist, zeigt sie doch, dass die Rückzahlungsmodalitäten eher einem Darlehensvertrag durch Rückzahlung des geschuldeten Betrages auf ein Konto der Klägerin als Darlehensgeberin entsprechen, als einer Schuldverschreibung auf den Inhaber, da der Aussteller, der die Urkunde bei Rückzahlung von der Klägerin als Inhaberin nicht zurückerhält, keinen Schutz erfährt.

Der Erwerb von Inhaberschuldverschreibungen ist jedenfalls deshalb erlaubnispflichtig, weil es sich dabei nicht um eine "Emission am Kapitalmarkt" handelt.

Die geplante Tätigkeit der Klägerin (Erwerb von Inhaberschuldverschreibungen) erfüllt insoweit diese weitere Voraussetzung an die Bereichsausnahme für Inhaber- und Orderschuldverschreibungen nicht.

Die zivilrechtlichen Bestimmungen werden insoweit durch § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 KWG überlagert, wonach ein Einlagengeschäft dann nicht erlaubnispflichtig ist, wenn der Rückzahlungsanspruch in Inhaber- oder Orderschuldverschreibungen verbrieft ist, wobei diese Bereichsausnahme auch für den Rückzahlungsanspruch im Rahmen eines Aktivgeschäftes nach § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 KWG gilt.

Nach dem Willen des Gesetzgebers soll die Bereichsausnahme für Inhaber- und Orderschuldverschreibungen, welche eine Emission am Kapitalmarkt voraussetzt, von Unternehmen nur zur Refinanzierung am Kapitalmarkt genutzt werden können (Regierungsbegründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung von EG- Richtlinien zur Harmonisierung bank- und wertpapieraufsichtsrechtlicher Vorschriften, Bundestagsdrucksache 13/7142, Seite 63). Dort heißt es:

"Die Ausgabe von Inhaber- oder Orderschuldverschreibungen ist auch künftig nicht als Einlagengeschäft anzusehen. Industrieunternehmen sollen sich auch künftig über die Ausgabe von Inhaber- oder Orderschuldverschreibungen direkt am Kapitalmarkt finanzieren können, ohne dadurch zu Kreditinstituten zu werden. Dem Kundenschutz wird durch das Wertpapierverkaufsprospektgesetz ausreichend Rechnung getragen. Den EG- rechtlichen Anforderungen, die bei der Definition des Einlagenkreditinstituts diese Einschränkung auf der Finanzierungsseite nicht vorsehen, wird dadurch Rechnung getragen, dass das gewerbsmäßige Betreiben des Kreditgeschäftes für sich genommen bereits ein Unternehmen als Kreditinstitut qualifiziert."

Der seinerzeitige Gesetzgeber wollte mit der Schaffung der Bereichsausnahme die direkte Finanzierung der deutschen Industrieunternehmen am Kapitalmarkt, ohne die Notwendigkeit der Intermediation durch staatlich lizensierte Banken, privilegieren. Voraussetzung für die Anwendbarkeit der Bereichsausnahme für Inhaber- und Orderschuldverschreibungen ist, dass die Instrumente Teil einer Emission von Schuldverschreibungen am Kapitalmarkt sind (Inhaber- oder Orderteilschuldverschreibungen). Im Gesetzestext klingt diese Anforderung durch die Verwendung der Mehrzahl der Inhaber- oder Orderschuldverschreibungen in Kombination mit der Einzahl für den Rückzahlungsanspruch an. Individuell ausgestellte Inhaberschuldverschreibungen, die ihrer Art nach nicht gegen andere Instrumente derselben Gattung austauschbar sind, fallen nicht unter die Bereichsausnahme. (vgl. hierzu Reschke in Beck/ Samm/ Kokemoor, KWG, Komm.,155. Erg.l., Dezember 2011, § 1 Rdnr. 107 ff.).

Als "Kapitalmarkt" bezeichnet man den Markt für lang- und mittelfristige Kapitalanlagen und Unternehmensbeteiligungen (Creifelds, Rechtswörterbuch, 20. Auflage 2011). Der Kapitalmarkt wird dabei in den nicht organisierten Kapitalmarkt, der außerhalb von Banken und Börsen abgewickelt wird und den von Kreditinstituten und Kapitalsammelstellen getragenen organisierten Markt für langfristiges Kapital unterteilt (Gabler, Banklexikon, 13. Auflage 2002). Der Begriff des Kapitalmarktes ist damit in einem möglichst weiten Sinne zu verstehen, als er sowohl den regulierten als auch den nicht regulierten Kapitalmarkt erfasst (siehe oben).

Vorliegend sollen die Inhaberschuldverschreibungen der Unternehmen nur gegenüber der Klägerin emittiert werden. Eine Platzierung bei einer Vielzahl gegebenenfalls noch unbekannter Personen oder Unternehmen ist gerade nicht vorgesehen. Eine derart beschränkte Ausgabe von Inhaberschuldverschreibungen stellt auch unter Zugrundelegung eines weiten Verständnisses des Begriffs "Kapitalmarkt" keine "Emission am Kapitalmarkt" dar.

Zwar ist der Klägerin dahingehend Recht zu geben, dass es für die Einordnung nicht darauf ankommen könne, von wem die Initiative für die Begebung von Inhaberschuldverschreibungen ausgehe; jedoch widerspricht dieses Vorgehen dem Grundsatz, dass die Begebung von Schuldverschreibungen für alle Stücke einheitlich und ohne Rücksicht auf die Besonderheiten in der Person des einzelnen Inhabers erfolgen muss und somit der Ausgestaltung, die der Gesetzgeber für die Verkehrsfähigkeit von Inhaberschuldverschreibungen im Sinn hatte, entsprechen müsse. Dem Bedürfnis des Kapitalmarktes nach einem einheitlichen, standardisierten Inhalt der Wertpapiere widerspräche es, wenn Wertpapiere derselben Emission unterschiedlichen Anforderungen an die Einbeziehung der Anleihebedingungen unterliegen und infolge dessen unter Umständen unterschiedlich ausgestaltete Rechte verbriefen würden (vgl. BGH, Urteil vom 28.06.2005- XI ZR 363/04, Rdnr. 19 in juris). Individuell ausgestellte Inhaberschuldverschreibungen, die ihrer Art nach nicht gegen andere Instrumente derselben Gattung austauschbar sind, fallen aus der Bereichsausnahme (so Beck/ Samm/ Kokemoor, KWG, Komm., 172. Erg.l., Stand Juni 2014, § 1 Rdnr. 144).

Demnach handelt es sich bei dem geplanten Erwerb von Inhaberschuldverschreibungen letztlich um individuell ausgestellte Inhaberschuldverschreibungen, welche nicht von den Kunden als emittierende Unternehmen eigenständig entwickelt wurden, sondern welche von der Klägerin den Austellern der Inhaberschuldverschreibungen zur Verfügung gestellt werden und welche nicht am Kapitalmarkt emittiert werden, sondern ausschließlich für die Klägerin als Empfängerin bestimmt sind.

Das geplante Geschäftsvorhaben erfüllt auch die weiteren Voraussetzung der Erlaubnispflicht aus § 32 Abs. 1 S. 1 KWG. Die Kammer bezieht sich hierzu auf die Begründung des streitgegenständlichen Bescheides und folgt ihr (§ 117 Abs. 5 VwGO).

Über den Antrag, die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren nach § 162 Abs. 2 S. 2 VwGO für notwendig zu erklären, bedurfte es angesichts der zu Lasten der Klägerin ergangenen Kostengrundentscheidung keiner Entscheidung.

Die Hilfsanträge wurden nur für den Fall gestellt, dass die Kammer dem Hauptantrag für unzulässig erklärt; dies ist jedoch, wie dargelegt, nicht der Fall. Sie wären der in der Sache aus den gleichen Gründen wie der Hauptantrag abzuweisen.

Da die Klägerin unterliegt, hat sie gem. § 154 Abs. 1 VwGO die Verfahrenskosten zu tragen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO, § 708 Nr. 11 ZPO, § 711 ZPO.

Gründe für eine Zulassung der Berufung sind nicht ersichtlich (§ 124 a Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3, 4 VwGO).

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