R&W Abo Buch Datenbank Veranstaltungen Betriebs-Berater
Logo ruw-online
Logo ruw-online
Suchmodus: genau  
RdF-News
12.01.2024
RdF-News
Niedersächsisches FG: Rückwirkende Anwendung des § 8b Abs. 10 KStG im Jahr 2007 bei abweichendem Wirtschaftsjahr

Niedersächsisches FG, Urteil vom 21.11.2013 – 6 K 366/12, Rev. eingelegt (Az. BFH I R 88/13)

RdF-ONLINE Volltext des Urteils: RdFL2014-172-1

 

Nicht Amtliche Leitsätze

1. Die Anwendung des § 8b Abs. 10 KStG i. V. m. § 34 Abs. 7 S. 9 KStG auf Wertpapierdarlehensgeschäfte im Wirtschaftsjahr 2006/2007 ist verfassungsgemäß.

2. Ein Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot ist nicht gegeben. Es handelt sich allenfalls um eine unechte Rückwirkung, die zur wirksamen Beendigung nicht vertrauensgeschützter professioneller Steuerumgehungsgestaltungen erforderlich war.

 

Sachverhalt

Die Klägerin wendet sich gegen einen Steuerbescheid, der im Anschluss an eine Feststellung der Außenprüfung ergangen ist; streitig ist die Anwendung des § 8b Abs. 10 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) im Streitjahr 2007.

Die Klägerin betreibt in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) ein Unternehmen, dessen Gegenstand die Fabrikation und der Vertrieb von Maschinen aller Art, insbesondere von Landmaschinen sowie deren Reparatur ist. Die Gesellschaft wurde durch Gesellschaftsvertrag vom xx.xx 19xx gegründet. Alleinige Gesellschafterin ist die X Kommanditgesellschaft (KG). Zu Geschäftsführern sind bestellt: die Herren A sowie B (seit 2006), C (seit 2007), D (seit 2008, einzelvertretungsberechtigt) sowie E (seit 2013). Die Klägerin ermittelt ihren Gewinn durch Bestandsvergleich nach § 4 Abs. 1, § 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Verbindung mit § 8 Abs. 1 KStG unter Zugrundelegung eines vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahres vom 1. August bis 31. Juli des Folgejahres (§ 4a EStG in Verbindung mit § 7 Abs. 4 KStG).

Am 15. September 2006 schloss die Klägerin mit dem Finanzinstitut D W Securities Limited, London einen Rahmenvertrag für Wertpapierdarlehen. Nach der Regelung in Nr. 3 Abs. 2 des Rahmenvertrages waren die Vertragsparteien sich einig, dass mit der Lieferung das unbeschränkte Eigentum an den Darlehenspapieren auf den Darlehensnehmer übergehe. Nach Nr. 5 des Rahmenvertrags hatte der Darlehensnehmer dem Darlehensgeber für jedes Wertpapierdarlehen ein Entgelt zu zahlen. Nach Nr. 6 der Vereinbarung sollte dem Darlehensgeber die während der Laufzeit des Darlehens auf die Darlehenspapiere geleisteten Zinsen, Gewinnanteile sowie sonstigen Ausschüttungen zustehen; der Darlehensnehmer hatte in dieser Höhe Kompensationszahlung zu leisten.

Wegen der Einzelheiten der vertraglichen Vereinbarungen wird auf die zu den Akten des Beklagten gelangte Kopie des Rahmenvertrages Bezug genommen (Bl. 18 bis 20 des Auszugs aus der Betriebsprüfungsarbeitsakte zur Außendienst-Nr. 848-3/08).

In Abwicklung des Rahmenvertrags tätigte die Klägerin jeweils als Darlehensnehmerin mehrere Einzelabschlüsse am 3. Oktober 2006, 17. Oktober 2006, 31. Oktober 2006, 14. November 2006, 28. November 2006, 12. Dezember 2006, 27. Dezember 2006, 10. Januar 2007, 24. Januar 2007, 7. Februar 2007, 21. Februar 2007, 7. März 2007 und 21. März 2007. Die Wertpapiergeschäfte beliefen sich jeweils auf einen Umfang von etwa 30 Millionen € und beinhalteten im 14-tägigen Wechsel Aktien unterschiedlicher englischer Gesellschaften, bei denen jeweils in diesen Zeiträumen die Stichtage der Dividendenberechtigungen (Record date) fielen.

Wegen der Einzelheiten der Einzelabschlüsse wird auf die zu den Akten des Beklagten gelangten Kopien der Abschlüsse (Bl. 33 ff. des Auszugs aus der Betriebsprüfungsarbeitsakte) und eine Zusammenfassung der Außenprüfung Bezug genommen (Bl. 30 des Auszugs aus der Betriebsprüfungsarbeitsakte). Als Sicherheit diente eine mit einem Zinssatz von 3,693 v.H. verzinste Geldanlage der Klägerin in Höhe von 25 Millionen €, aus der die Klägerin im Wirtschaftsjahr 2006/2007 Zinserträge i.H.v. 474.447,92 € (davon 230.812,50 € im Jahr 2006 und 243.635,42 € im Jahr 2007) erzielte.

Aus den geliehenen Wertpapieren erhielt die Klägerin im Wirtschaftsjahr 2006/2007 an Dividenden insgesamt 9.836.737,99 € (davon 5.853.062,31 € im Jahr 2006 und 3.983.675,68 € im Jahr 2007). Entsprechend der Vereinbarung der Nr. 5 und 6 des Rahmenvertrags mit der D W Securities Limited leistete die Klägerin Kompensationszahlungen in Höhe der erhaltenden Dividenden (davon 5.853.062,31 € im Jahr 2006 und 3.983.675,68 € im Jahr 2007) zzgl. eines Darlehensentgelts in Höhe von jeweils 2 v.H. p.a. bezogen auf die Marktwerte der Darlehenspapiere und die Darlehenszeiträume, insgesamt 305.069,30 € (davon 150.000 € im Jahr 2006 und 155.069,30 € im Jahr 2007).

Die Klägerin reichte am 30. Juni 2008 ihre Körperschaftsteuererklärung für 2007 beim Beklagten ein. In dieser erklärte sie u.a. die Dividendengutschriften als steuerfreie Bezüge im Sinne des § 8b Abs. 1 KStG. Die Kompensationszahlungen sowie die Darlehensentgelte behandelte die Klägerin als Betriebsausgabe und berücksichtigte in Höhe von 5 v.H. der Dividenden die pauschale Kürzung von Betriebsausgaben gem. § 8b Abs. 5 KStG.

Der Beklagte folgte zunächst den Angaben der Klägerin in ihrer Körperschaftsteuererklärung und setzte mit Bescheid vom 31. Juli 2008 die Körperschaftsteuer für 2007 in Höhe von 566.406,00 € fest. Der Bescheid erging nach § 164 Abs. 1 und der Abgabenordnung (AO) unter Vorbehalt der Nachprüfung.

In der Zeit vom 16. Juni 2008 bis 15. April 2009 führte das Finanzamt für Großbetriebsprüfung Y bei der Klägerin eine Außenprüfung durch, die die Jahre 2005 bis 2007 umfasste. Im Rahmen dieser Außenprüfung kamen die mit der Prüfung beauftragten Betriebsprüfer zu der Ansicht, dass die Regelung in § 8b Abs. 10 KStG auf die im Wirtschaftsjahr 2006/2007 durchgeführten Wertpapierdarlehen gem. § 34 Abs. 7 Satz 9 KStG Anwendung finde. Die an die D W Securities Limited gezahlten Entgelte seien somit nicht als Betriebsausgaben abzuziehen; demgegenüber sei die pauschale Kürzung von Betriebsausgaben nach § 8b Abs. 5 Satz 1 KStG nicht vorzunehmen (§ 8b Abs. 10 Satz 3 KStG) und die nicht abzugsfähigen Betriebsausgaben wie folgt zu erhöhen:

Darlehensentgelt 305.069,00 €

Kompensationszahlung     9.836.738,00 €

Summe  10.141.807,00 €

bisherige pauschale Kürzung          - 491.836,00 €

Erhöhung der nicht abzugsfähigen Betriebsausgaben 9.649.971,00 €

Wegen der Einzelheiten der Feststellung wird auf Textziffer 30 des Berichts über die Außenprüfung vom 23. April 2009 Bezug genommen (Bl. 7 ff. der Berichtsakte des Beklagten).

Der Beklagte folgte den Feststellungen der Außenprüfung und erließ am 3. August 2009 eine nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Bescheid für 2007 über Körperschaftsteuer mit einer Festsetzung von Körperschaftsteuer in Höhe von 3.071.262,00 €.

Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin form- und fristgerecht Einspruch ein und wandte sich gegen die rückwirkende Anwendung des § 8b Abs. 10 KStG gem. § 34 Abs. 7 Satz 9 KStG bereits ab dem Beginn des Veranlagungszeitraums 2007, im Streitfall somit bereits ab dem Beginn des abweichenden Wirtschaftsjahres 2006/2007 zum 1. August 2006. Dies stelle einen Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot und gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 des Grundgesetzes (GG) dar. Ergänzend nahm die Klägerin Bezug auf eine von ihr in Auftrag gegebene gutachterliche Stellungnahme von Prof. Dr. Dres. h.c. F vom November 2011 (Anlage zur Klageschrift vom 8. Oktober 2012).

Der Einspruch hatte keinen Erfolg; nachdem der Beklagte zwischenzeitlich den Körperschaftsteuerbescheid 2007 am 8. Februar 2010 gem. § 172 Abs. 1 Nr. 2 AO durch Aufnahme eines weiteren Vorläufigkeitsvermerks geändert hatte, wies er den Einspruch durch Einspruchsbescheid vom 12. September 2012 als unbegründet zurück. Zur Begründung vertrat er die Auffassung, die Anwendung des § 8b Abs. 10 KStG enthalte keine verfassungsrechtliche unzulässige Rückwirkung. Vorliegend handele es sich um den Fall einer sogenannten unechten Rückwirkung. Diese sei zulässig, da das Interesse der Allgemeinheit höher einzuschätzen sei als der Vertrauensschutz der Klägerin auf das Fortbestehen der alten Rechtslage. Im Übrigen handele es sich bei der Wertpapierleihe um eine missbräuchliche Gestaltung i.S. des § 42 AO, weil das wirtschaftliche Ergebnis der eingegangenen Verpflichtungen - abgesehen von den steuerlichen Auswirkungen - negativ sei.

Hiergegen hat die Klägerin am 9. Oktober 2012 Klage erhoben. Zur Begründung wiederholt sie ihre Ansicht, die rückwirkende Anwendung des § 8b Abs. 10 KStG gem. § 34 Abs. 7 Satz 9 KStG bereits ab dem Beginn des Veranlagungszeitraums 2007, im Streitfall somit bereits ab dem Beginn des abweichenden Wirtschaftsjahres 2006/2007 zum 1. August 2006 stelle einen verfassungswidrigen Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot und gegen Art. 3 GG dar. Wertpapierleihgeschäfte seien übliche und standardisierte Kapitalmarkttransaktionen und keine unangemessenen Rechtsgestaltungen i.S. des § 42 AO. Im Übrigen wird auf den Schriftsatz der Klägerin vom 15. November 2013 Bezug genommen (Bl. 70 - 93 der Gerichtsakte).

[...]

Aus den Gründen

Die Klage ist unbegründet.

Der angefochtene Bescheid für 2007 über Körperschaftsteuer vom 3. August 2009 in der Fassung vom 8. Februar 2010 und in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19. September 2012 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der Beklagte ist zutreffend von der Anwendbarkeit des § 8b Abs. 10 KStG ausgegangen. Ein verfassungswidriger Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot oder gegen Art. 3 GG liegt nicht vor.

1. Nach § 8b Abs. 10 Satz 1 KStG in der Fassung des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 vom 14. August 2007 (Bundesgesetzblatt I Seite 1912) dürfen die Entgelte nicht als Betriebsausgabe abgezogen werden, die eine Körperschaft einer anderen Körperschaft (überlassende Körperschaft) für die Überlassung von Anteilen gewährt, auf die bei letzterer Absatz 7 oder 8 anzuwenden ist oder auf die bei letzterer aus anderen Gründen die Steuerfreistellungen der Absätze 1 und 2 oder vergleichbare ausländische Vorschriften nicht anzuwenden sind. Weitere Voraussetzung ist, dass bei der Körperschaft auf die Anteile Absatz 7 oder 8 nicht anzuwenden ist und die Körperschaft, der die Anteile zuzurechnen sind, diese oder gleichartige Anteile zurückzugeben hat.

Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt. Der Klägerin, sind von der D W Securities Limited, London, Beteiligungsrechte an englischen Körperschaften und damit Anteile i.S. des § 8b Abs. 2 KStG im Rahmen eines Leihvertrags überlassen worden, die sie zurückzugeben hatte. Bei der Klägerin sind auf die Anteile der Absatz 7 oder 8 des § 8b KStG nicht anzuwenden, während bei der D W Securities Limited, London, auf die Anteile die Steuerfreistellungen der Absätze 1 und 2 des § 8b KStG oder vergleichbare ausländische Vorschriften nicht anzuwenden sind. Für die Überlassung der Anteile hat die Klägerin als Entgelt Kompensationszahlungen i.H.v. 9.836.737,99 € und Leihgebühren i.H.v. 305.069,30 € geleistet. Über die Höhe der Entgelte und das Vorliegen der Voraussetzungen der Regelung des § 8b Abs. 10 Satz 1 KStG besteht zwischen den Beteiligten zu Recht Einigkeit.

Gemäß § 34 Abs. 7 Satz 9 KStG ist die Neuregelung des § 8b Abs. 10 KStG erstmals ab dem Veranlagungszeitraum 2007 anzuwenden. Danach fallen die von der Klägerin im Wirtschaftsjahr 2006/2007 zwischen Oktober 2006 und März 2007 getätigten Wertpapierdarlehensgeschäfte nach der gesetzlichen Fiktion gemäß § 7 Abs. 4 Satz 2 KStG bereits in den Anwendungsbereich des § 8b Abs. 10 KStG n.F.

2. Entgegen der Ansicht der Klägerin verstößt die Anwendung des § 8b Abs. 10 KStG i.V.m. § 34 Abs. 7 Satz 9 KStG vorliegend auch nicht gegen die Verfassung.

a) Aus dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz (GG) folgt das sog. Rückwirkungsverbot. Dieses basiert auf der Verlässlichkeit der Rechtsordnung. Einerseits schafft der Gesetzgeber verbindliche Regelungen und erwartet vom Bürger, sein Verhalten danach auszurichten. Andererseits muss der Bürger im Gegenzug darauf vertrauen können, dass sein im Hinblick auf bestehende Gesetze ausgerichtetes Verhalten nicht durch rückwirkende Gesetzesänderung mit anderen Rechtsfolgen belegt wird.

aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) ist zwischen "echter" und "unechter" Rückwirkung bzw. Rückbewirkung der Rechtsfolgen und tatbestandlicher Rückanknüpfung zu unterscheiden. Erstere liegt vor, wenn der Eintritt nachteiliger Rechtsfolgen auf einen Zeitraum vor der Verkündung des Gesetzes erstreckt wird. Von einer unechten Rückwirkung bzw. einer tatbestandlichen Rückanknüpfung ist auszugehen, wenn das Gesetz auf in der Vergangenheit begründete, aber noch nicht abgeschlossene Sachverhalte einwirkt (BVerfG-Beschlüsse vom 3. Dezember 1997 2 BvR 882/97, BVerfGE 97, 67; vom 7. Juli 2010 2 BvL 14/02 u.a., BVerfGE 127, 1, BStBl II 2011, 76 [BVerfG 07.07.2010 - 2 BvL 14/02], [BVerfG 07.07.2010 - 2 BvL 14/02] DStR 2010, 1727 [BVerfG 07.07.2010 - 2 BvL 14/02]; vom 7. Juli 2010 2 BvR 748/05 u.a., BVerfGE 127, 61, BStBl II 2011, 86 [BVerfG 07.07.2010 - 2 BvR 748/05], [BVerfG 07.07.2010 - 2 BvR 748/05] DStR 2010, 1733 [BVerfG 07.07.2010 - 2 BvR 748/05]; vom 7. Juli 2010 2 BvL 1/03 u.a., BVerfGE 127, 31, DStR 2010, 1736 [BVerfG 07.07.2010 - 2 BvL 1/03]; BFH-Beschluss vom 9. Mai 2001 XI B 151/00, BStBl II 2001, 552 m.w.N.).

(1) Eine Rechtsnorm entfaltet "echte" Rückwirkung, wenn ihre Rechtsfolge mit belastender Wirkung schon vor dem Zeitpunkt ihrer Verkündung für bereits abgeschlossene Tatbestände gelten soll ("Rückbewirkung von Rechtsfolgen"). Das ist grundsätzlich verfassungsrechtlich unzulässig. Erst mit der Verkündung ist eine Norm rechtlich existent. Bis zu diesem Zeitpunkt, zumindest aber bis zum endgültigen Gesetzesbeschluss, muss der von einem Gesetz Betroffene grundsätzlich darauf vertrauen können, dass seine auf geltendes Recht gegründete Rechtsposition nicht durch eine zeitlich rückwirkende Änderung der gesetzlichen Rechtsfolgenanordnung nachteilig verändert wird (BVerfG-Beschlüsse vom 7. Juli 2010 2 BvL 14/02 u.a., BVerfGE 127, 1, BStBl II 2011, 76 [BVerfG 07.07.2010 - 2 BvL 14/02], [BVerfG 07.07.2010 - 2 BvL 14/02] DStR 2010, 1727 [BVerfG 07.07.2010 - 2 BvL 14/02]; vom 7. Juli 2010 2 BvR 748/05 u.a., BVerfGE 127, 61, BStBl II 2011, 86 [BVerfG 07.07.2010 - 2 BvR 748/05], [BVerfG 07.07.2010 - 2 BvR 748/05] DStR 2010, 1733 [BVerfG 07.07.2010 - 2 BvR 748/05]; vom 7. Juli 2010 2 BvL 1/03 u.a., BVerfGE 127, 31, DStR 2010, 1736 [BVerfG 07.07.2010 - 2 BvL 1/03] m.w.N.).

(2) Soweit belastende Rechtsfolgen einer Norm erst nach ihrer Verkündung eintreten, tatbestandlich aber von einem bereits ins Werk gesetzten Sachverhalt ausgelöst werden ("tatbestandliche Rückanknüpfung"), liegt eine "unechte" Rückwirkung vor. Eine solche unechte Rückwirkung ist nicht grundsätzlich unzulässig, denn die Gewährung vollständigen Schutzes zu Gunsten des Fortbestehens der bisherigen Rechtslage würde den dem Gemeinwohl verpflichteten Gesetzgeber in wichtigen Bereichen lähmen und den Konflikt zwischen der Verlässlichkeit der Rechtsordnung und der Notwendigkeit ihrer Änderung im Hinblick auf einen Wandel der Lebensverhältnisse in nicht mehr vertretbarer Weise zu Lasten der Anpassungsfähigkeit der Rechtsordnung lösen. Der verfassungsrechtliche Vertrauensschutz geht insbesondere nicht so weit, den Staatsbürger vor jeder Enttäuschung zu bewahren. Soweit nicht besondere Momente der Schutzwürdigkeit hinzutreten, genießt die bloß allgemeine Erwartung, das geltende Recht werde zukünftig unverändert fortbestehen, keinen besonderen verfassungsrechtlichen Schutz (BVerfG-Beschlüsse vom 7. Juli 2010 2 BvL 14/02 u.a., BVerfGE 127, 1, BStBl II 2011, 76 [BVerfG 07.07.2010 - 2 BvL 14/02], [BVerfG 07.07.2010 - 2 BvL 14/02] DStR 2010, 1727 [BVerfG 07.07.2010 - 2 BvL 14/02]; vom 7. Juli 2010 2 BvR 748/05 u.a., BVerfGE 127, 61, BStBl II 2011, 86 [BVerfG 07.07.2010 - 2 BvR 748/05], [BVerfG 07.07.2010 - 2 BvR 748/05] DStR 2010, 1733 [BVerfG 07.07.2010 - 2 BvR 748/05]; vom 7. Juli 2010 2 BvL 1/03 u.a., BVerfGE 127, 31, DStR 2010, 1736 [BVerfG 07.07.2010 - 2 BvL 1/03] m.w.N.).

(3) Die maßgebliche Rechtsfolge steuerrechtlicher Normen ist das Entstehen der Steuerschuld. Im Sachbereich des Steuerrechts liegt eine echte Rückwirkung daher nur vor, wenn der Gesetzgeber eine bereits entstandene Steuerschuld nachträglich abändert. Für den Bereich des Einkommen- und Körperschaftsteuerrechts bedeutet dies, dass die Änderung von Normen mit Wirkung für den laufenden Veranlagungszeitraum der Kategorie der unechten Rückwirkung zuzuordnen ist; denn nach § 38 AO in Verbindung mit § 30 Nr. 3 KStG entsteht die Körperschaftsteuer erst mit dem Ablauf des Veranlagungszeitraums, das heißt des Kalenderjahres (BVerfG-Beschlüsse vom 7. Juli 2010 2 BvL 14/02 u.a., BVerfGE 127, 1, BStBl II 2011, 76 [BVerfG 07.07.2010 - 2 BvL 14/02], [BVerfG 07.07.2010 - 2 BvL 14/02] DStR 2010, 1727 [BVerfG 07.07.2010 - 2 BvL 14/02]; vom 7. Juli 2010 2 BvR 748/05 u.a., BVerfGE 127, 61, BStBl II 2011, 86 [BVerfG 07.07.2010 - 2 BvR 748/05], [BVerfG 07.07.2010 - 2 BvR 748/05] DStR 2010, 1733 [BVerfG 07.07.2010 - 2 BvR 748/05]; vom 7. Juli 2010 2 BvL 1/03 u.a., BVerfGE 127, 31, DStR 2010, 1736 [BVerfG 07.07.2010 - 2 BvL 1/03] m.w.N. jeweils zur Einkommensteuer).

bb) Nach diesen Kriterien führt die Anwendung des § 8b Abs. 10 KStG auf die von der Klägerin verwirklichten Sachverhalte im Rahmen der Wertpapierleihe zu einer unechten Rückwirkung, da das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 bereits im August 2007 und damit vor Ablauf des Jahres, für das es Geltung beansprucht, in Kraft trat.

Entgegen der Ansicht der Klägerin beinhaltet § 8b Abs. 10 KStG i.V.m. § 34 Abs. 7 Satz 9 KStG auch dann keine echte Rückwirkung, wenn Körperschaften - wie im Streitfall die Klägerin - ihren Gewinn aufgrund eines Betriebsvermögensvergleichs nach einem abweichenden Wirtschaftsjahr ermitteln. Auch in diesem Fall gilt der Gewinn (insgesamt) als in dem Kalenderjahr bezogen, in dem das Wirtschaftsjahr endet (§ 7 Abs. 4 Satz 2 KStG). Die gesetzliche Regelung in § 8b Abs. 10 KStG beeinflusst somit auch im Fall eines vor dem 1. Januar 2007 beginnenden und Jahr 2007 endenden Wirtschaftsjahres lediglich den Gewinn des Veranlagungszeitraums 2007 und damit nur die Körperschaftsteuerschuld dieses Jahres (vgl. BFH-Urteile vom 23. März 2011 X R 4-5/06, X R 43-44/07, BFH/NV 2011, 1485 [BFH 23.03.2011 - X R 4/06; X R 5/06; X R 43/07; X R 44/07]; vom 27. März 2012 I R 62/08, BFHE 236, 543, BStBl II 2012, 745 [BFH 27.03.2012 - I R 62/08]). Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass die Klägerin die Einzelabschlüsse im Rahmen der Wertpapierleihe im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Unternehmensteuerreformgesetz 2008 bereits getätigt hatte. Denn im Fall der sog. unechte Rückwirkung oder tatbestandliche Rückanknüpfung werden die Rechtsfolgen einer Norm stets von einem bereits ins Werk gesetzten Sachverhalt ausgelöst.

cc) Der Senat ist nicht der Überzeugung, dass die Anwendung des § 8b Abs. 10 KStG auf die von der Klägerin im Zeitraum Oktober 2006 bis März 2007 an die D W Securities Limited, London, gezahlten Entgelte eine verfassungsrechtlich unzulässige unechte Rückwirkung enthält.

(1) Eine solche unechte Rückwirkung ist nach der oben dargestellten Rechtsprechung des BVerfG nicht grundsätzlich unzulässig. Indes bedarf es auch in diesen Fällen nach Maßgabe des Rechtsstaatsprinzips einer besonderen Rechtfertigung, wenn der Gesetzgeber die Rechtsfolgen eines der Vergangenheit zugehörigen Verhaltens nachträglich belastend ändert. Der Gesetzgeber muss auch bei der unechten Rückwirkung, soweit er für künftige Rechtsfolgen an zurückliegende Sachverhalte anknüpft, dem verfassungsrechtlich gebotenen Vertrauensschutz in hinreichendem Maß Rechnung tragen. Die Interessen der Allgemeinheit, die mit der Regelung verfolgt werden, und das Vertrauen des Einzelnen auf die Fortgeltung der Rechtslage sind abzuwägen. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit muss gewahrt werden. Eine unechte Rückwirkung ist mit den Grundsätzen grundrechtlichen und rechtsstaatlichen Vertrauensschutzes daher nur vereinbar, wenn sie zur Förderung des Gesetzeszwecks geeignet und erforderlich ist und wenn bei einer Gesamtabwägung zwischen dem Gewicht des enttäuschten Vertrauens und dem Gewicht und der Dringlichkeit der die Rechtsänderung rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt bleibt (BVerfG-Beschlüsse vom 7. Juli 2010 2 BvL 14/02 u.a., BVerfGE 127, 1, BStBl II 2011, 76 [BVerfG 07.07.2010 - 2 BvL 14/02], [BVerfG 07.07.2010 - 2 BvL 14/02] DStR 2010, 1727 [BVerfG 07.07.2010 - 2 BvL 14/02]; vom 7. Juli 2010 2 BvR 748/05 u.a., BVerfGE 127, 61, BStBl II 2011, 86 [BVerfG 07.07.2010 - 2 BvR 748/05], [BVerfG 07.07.2010 - 2 BvR 748/05] DStR 2010, 1733 [BVerfG 07.07.2010 - 2 BvR 748/05]; vom 7. Juli 2010 2 BvL 1/03 u.a., BVerfGE 127, 31, DStR 2010, 1736 [BVerfG 07.07.2010 - 2 BvL 1/03]; BFH-Urteil vom 23. März 2011 X R 4-5/06, X R 43-44/07, BFH/NV 2011, 1485 [BFH 23.03.2011 - X R 4/06; X R 5/06; X R 43/07; X R 44/07]).

Das ändert aber nichts daran, dass auch auf dem weiten und vielgestaltigen Feld unechter Rückwirkungen, auf dem ein allgemeiner Grundsatz unzulässiger Rückwirkung nicht gilt, die belastenden Wirkungen einer Enttäuschung schutzwürdigen Vertrauens stets einer hinreichenden Begründung nach den Maßstäben der Verhältnismäßigkeit bedürfen. Das gilt auch, wenn der Gesetzgeber das Körperschaftsteuerrecht während des laufenden Veranlagungszeitraums umgestaltet und die Rechtsänderungen auf dessen Beginn bezieht. Auch hier muss der Normadressat eine Enttäuschung seines Vertrauens in die alte Rechtslage nur hinnehmen, soweit dies aufgrund besonderer, gerade die Rückanknüpfung rechtfertigender öffentlicher Interessen unter Wahrung der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt ist. Wäre dies anders, so fehlte den Normen des Körperschaftsteuerrechts als Rahmenbedingung wirtschaftlichen Handelns ein Mindestmaß an grundrechtlich und rechtsstaatlich gebotener Verlässlichkeit (BVerfG-Beschluss vom 7. Juli 2010 2 BvL 14/02 u.a., BVerfGE 127, 1, BStBl II 2011, 76 [BVerfG 07.07.2010 - 2 BvL 14/02], [BVerfG 07.07.2010 - 2 BvL 14/02] DStR 2010, 1727 zur Einkommensteuer m.w.N.). Ein erhöhter Rechtfertigungsbedarf liegt dann vor, wenn der Steuerpflichtige einen konkret vorhandenen Vermögensbestand erworben hat und eine solche konkret verfestigte Vermögensposition nachträglich entwertet werden soll (BVerfG-Beschluss vom 7. Juli 2010 2 BvL 14/02 u.a., BVerfGE 127, 1, BStBl II 2011, 76 [BVerfG 07.07.2010 - 2 BvL 14/02], [BVerfG 07.07.2010 - 2 BvL 14/02] DStR 2010, 1727 [BVerfG 07.07.2010 - 2 BvL 14/02]).

(2) Bei der insoweit gebotenen Abwägung ist vorliegend das Interesse des Gesetzgebers an der Beseitigung gesetzgeberischer Fehler schutzwürdiger als das Vertrauen einzelner Steuerpflichtiger darauf, derartige Fehler auszunutzen und materiell nicht sachgerechte und vom Gesetzgeber zuvor weder gewollte noch bedachte Steuervorteile in Anspruch nehmen zu können.

Nach der Gesetzesbegründung soll die Neuregelung des § 8b Abs. 10 KStG Gestaltungen bei der Wertpapierleihe verhindern, bei denen insbesondere Kreditinstitute ihre Anteile, bei denen die Erträge nach § 8b Abs. 7 und 8 KStG steuerpflichtig sind, an einen anderen Steuerpflichtigen verleihen, bei dem die Beteiligungserträge nach § 8b Abs. 1 oder 2 KStG steuerfrei sind. Der Vorteil, der nach der Erkenntnis des Gesetzgebers darin liegt, dass die für die entliehenen Anteile geleisteten Kompensationszahlungen beim Entleiher nach § 8b Abs. 5 KStG voll abziehbar sind, wurde vom Gesetzgeber als nicht gewollt bewertet (Bundestagsdrucksache 16/4841 vom 27. März 2007, Seite 47, 75). Die zeitliche Anwendung der Neuregelung des § 8b Abs. 10 KStG rechtfertigt die Gesetzesbegründung damit, dass diese zur wirksamen Beendigung nicht vertrauensgeschützter professioneller Steuerumgehungsgestaltungen erforderlich sei (Bundestagsdrucksache 16/4841, Seite 78). Die gesetzlichen Änderungen diente damit - wie auch Prof. Dr. Dres. h.c. F in seinem Gutachten auf Seite 77 ausführt, "der steuerlichen Belastungsgleichheit, schränkt steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten im Ziel der unausweichlichen Steuerlast ein, dient der Einsichtigkeit und Ersichtlichkeit überzeugender Besteuerungsprinzipien."

Dieser Betrachtung schließt sich der erkennende Senat an. Die vom Gesetzgeber angeführten und darüber hinaus die objektiv vorliegenden sachlichen Gründe rechtfertigen es, diese bereits für den Veranlagungszeitraum 2007 geltende Regelung unter Vertrauensschutzgesichtspunkten als verhältnismäßig zu bewerten.

Die Anwendung der Neuregelung des § 8b Abs. 10 KStG ab dem Veranlagungszeitraum 2007 ist zur Förderung des Gesetzeszwecks geeignet und erforderlich. Denn die frühzeitige Anwendung der Neuregelung war geeignet und mangels milderer, gleich wirksamer Mittel auch erforderlich, um eine Fortführung der vom Gesetzgeber erkannten professionellen Steuerumgehungsgestaltungen zu verhindern und um Belastungsgleichheit zu gewähren, indem bereits ins Werk gesetzten professionellen Steuerumgehungsgestaltungen der Eintritt des erhofften Steuerumgehungserfolgs verwehrt wird.

Der Senat ist der Auffassung, dass bei einer Gesamtabwägung zwischen dem Gewicht des enttäuschten Vertrauens und dem Gewicht und der Dringlichkeit der die Rechtsänderung rechtfertigenden Gründe auch die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt bleibt. Dabei war zu berücksichtigen, dass durch die tatbestandliche Rückanknüpfung der zeitlichen Anwendungsregel zur Neuregelung des § 8b Abs. 10 KStG der Gesetzgeber keinen konkret vorhandenen Vermögensbestand des Steuerpflichtigen nachträglich entwertet hat, den der Steuerpflichtige zuvor erlangt hatte. Denn im Rahmen der Wertpapierleihe hat der Steuerpflichtige keine konkret verfestigte Vermögensposition erlangt, soweit er im Gegenzug für die erhaltenen Dividenden Kompensationszahlungen und zusätzlich ein Entgelt für jedes Wertpapierdarlehen leisten muss. Dies ist auch im Streitfall so, da die Klägerin aus jedem Einzelgeschäft zur Wertpapierleihe keinen Vermögensvorteil erlangt, sondern lediglich einen wirtschaftlichen Verlust i.H.v. des Darlehensentgelts erlitten hat. Der wirtschaftliche Vorteil liegt bei Wertpapierdarlehensgeschäften wie im Streitfall allein in der zukünftigen steuerlichen Entlastung im Rahmen der Entstehung der Steuerschuld. Diese Hoffnung auf einen steuerlichen Vorteil ist aber weder verfestigt noch schutzwürdig.

Im Streitfall sind zudem keine außersteuerlichen Gründe vorgetragen oder sonst erkennbar, die die vorgenommenen Wertpapiergeschäfte für die Klägerin wirtschaftlich vernünftig erscheinen lassen. Vielmehr übersteigen - wie bereits bei Vertragsabschluss offenkundig gewesen ist - die an die D W Securities Limited, London, als Entleiher zu zahlenden Entgelte und Kompensationszahlungen die jeweils von der Klägerin vereinnahmten Dividenden. Lukrativ werden diese Geschäfte für die Klägerin allein durch die unterschiedliche steuerliche Behandlung der Einnahmen (Dividenden) und Ausgaben (Kompensationszahlungen und Darlehensentgelte). Eine derartige Gestaltung ist nicht schützenswert. Soweit in der Literatur auch außersteuerliche Gründe für Wertpapierleihgeschäfte genannt werden (z.B. die Absicherung von Termingeschäften), mag dies im Einzelfall zutreffen (vgl. Eckl in Jahrbuch der Fachanwälte für Steuerrecht 2007/2008, Seite 278 f.; Füllbier, BB 2012, 1769); vorliegend sind derartige Gründe jedoch nicht ersichtlich und nicht vorgetragen.

Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang auf die erzielten Zinserträge aus der Geldanlage von 25 Millionen € Bezug nimmt, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Denn entsprechende Zinserträge hätte die Klägerin auch durch eine Geldanlage ohne Wertpapierdarlehensgeschäfte erzielen können. Gerade bei Gesetzesänderungen, bei denen nicht die bloße Abschöpfung von Besteuerungspotentialen im Vordergrund steht, sondern die der typisierten Missbrauchsabwehr dienen, muss mit einem einschränkenden Eingreifen des Gesetzgebers gerechnet werden, so dass das Vertrauen des Steuerbürgers auf den Bestand der missbrauchsanfälligen Norm als gering zu bewerten ist (vgl. auch BFH-Urteil vom 27. August 2008 I R 78/01, BFH/NV 2009, 497).

Weiterhin ist bei der Abwägung zu berücksichtigen, dass der Vertrauensschutz des Steuerbürgers auch bereits durch entsprechende Ankündigungen des Gesetzgebers erschüttert werden kann. So hat vorliegend die Bundesregierung bereits bei der Benennung der Eckpunkte der Unternehmenssteuerreform 2008 im sogenannten "Koch-Steinbrück-Papier" im November 2006 angekündigt, gesetzliche Änderungen im Zusammenhang mit der Wertpapierleihe vornehmen zu wollen. Da diese Ankündigung bereits hinreichend konkret war, kommt es auf die nachfolgenden Veröffentlichungen des Referentenentwurfs zum Unternehmensteuerreformgesetz 2008 (5. Februar 2007) und dem Kabinettsbeschluss des Gesetzesentwurfes vom 14. März 2007 und die Verabschiedung des Gesetzes im Bundestag am 25. Mai 2007 nicht mehr entscheidend an (a. A. Hahne, FR 2007, 819; derselbe in BB 2007, 2055; Obermann/Brill, BB 2007, 1647 und ausführlich Schlotter in Schaumburg/Rödder, Unternehmenssteuerreform 2008, Seite 610 ff.). Dies gilt insbesondere auch im Hinblick darauf, dass die die Unternehmenssteuerreform 2008 betreibenden Parteien CDU und SPD im Rahmen einer großen Koalition sowohl im Bundestag als auch im Bundesrat über ausreichende Mehrheiten verfügten.

(3) Entgegen der Ansicht der Klägerin sieht der erkennende Senat auch keine Notwendigkeit für eine verfassungskonforme Auslegung im Hinblick auf das im Streitjahr vorliegende abweichende Wirtschaftsjahr.

Der BFH hat in seinen Urteilen vom 23. März 2011 (X R 4-5/06, X R 43-44/07, BFH/NV 2011, 1485 [BFH 23.03.2011 - X R 4/06; X R 5/06; X R 43/07; X R 44/07]) und vom 27. März 2012 (I R 62/08, BFHE 236, 543, BStBl II 2012, 745) entsprechende verfassungskonforme Auslegungen zeitlicher Anwendungsnormen vorgenommen, um im Rahmen der Gesamtabwägung zwischen dem Gewicht des enttäuschten Vertrauens und dem Gewicht und der Dringlichkeit der die Rechtsänderung rechtfertigenden Gründe auch die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt zu sehen.

Diese Notwendigkeit sieht der erkennende Senat im Streitfall nicht. Der Gesetzgeber hat zur "wirksamen Beendigung nicht vertrauensgeschützter professioneller Steuerumgehungsgestaltungen" die rückwirkende Anwendung für den Veranlagungszeitraum 2007 angeordnet. Entweder hat er dabei bewusst auch die Anwendung auf die vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahre angeordnet, die im Kalenderjahr 2007 enden oder er hätte dies mit Blick auf eine wirksame Beendigung nicht vertrauensgeschützter professioneller Steuerumgehungsgestaltungen genau so geregelt. Die Grenze der Zumutbarkeit ist auch bei abweichenden Wirtschaftsjahren aufgrund des fehlenden schutzwürdigen Vertrauens des Steuerpflichtigen und aufgrund der Dringlichkeit des die Rechtsänderung rechtfertigenden Zwecks der Belastungsgleichheit gewahrt.

b) Es liegt auch kein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG vor.

aa) Im Bereich des Steuerrechts hat der Gesetzgeber bei der Auswahl des Steuergegenstandes und bei der Bestimmung des Steuersatzes einen weitreichenden Entscheidungsspielraum. Die grundsätzliche Freiheit des Gesetzgebers, diejenigen Sachverhalte zu bestimmen, an die das Gesetz dieselben Rechtsfolgen knüpft und die es so als rechtlich gleich qualifiziert, wird vor allem durch zwei eng miteinander verbundene Leitlinien begrenzt: durch das Gebot der Ausrichtung der Steuerlast am Prinzip der finanziellen Leistungsfähigkeit und durch das Gebot der Folgerichtigkeit. Danach muss im Interesse verfassungsrechtlich gebotener steuerlicher Lastengleichheit darauf abgezielt werden, Steuerpflichtige bei gleicher Leistungsfähigkeit auch gleich hoch zu besteuern (horizontale Steuergerechtigkeit), während (in vertikaler Richtung) die Besteuerung höherer Einkommen im Vergleich mit der Steuerbelastung niedrigerer Einkommen angemessen sein muss. Bei der Ausgestaltung des steuerlichen Ausgangstatbestands muss die einmal getroffene Belastungsentscheidung folgerichtig im Sinne der Belastungsgleichheit umgesetzt werden. Ausnahmen von einer solchen folgerichtigen Umsetzung bedürfen eines besonderen sachlichen Grundes (BVerfG-Beschluss vom 7. Juli 2010 2 BvL 14/02, BVerfGE 127, 1, BStBl II 2011, 76 [BVerfG 07.07.2010 - 2 BvL 14/02], [BVerfG 07.07.2010 - 2 BvL 14/02] DStR 2010, 1727 [BVerfG 07.07.2010 - 2 BvL 14/02] m.w.N.).

bb) Davon ausgehend ist die Entscheidung des Gesetzgebers für die rückwirkende Anwendung von § 8b Abs. 10 KStG verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

Der Gesetzgeber hat mit Einführung der Regelung in § 8b Abs. 10 KStG einen von ihm erkannten Missbrauch steuerlicher Regelungen durch professionelle Steuerumgehungsgestaltungen entgegengewirkt. Dies an sich und auch die Normierung der tatbestandlichen Rückanknüpfung verletzt nicht Art. 3 Abs. 1 GG. Vielmehr war der Gesetzgeber aufgrund des verfassungsrechtlichen Gebots der steuerlichen Lastengleichheit nach Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip nach Art. 20 GG verpflichtet, solchem Verhalten Einhalt zu gebieten. Denn - wie der Streitfall zeigt - führten die Steuerumgehungsgestaltungen im Rahmen der Wertpapierleihe dazu, dass eine Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit nicht mehr gewährleistet war und ungerechtfertigte Steuervorteile durch die Gemeinschaft der Steuerzahler aufgefangen werden mussten. Durch die rückwirkende Anwendung des § 8b Abs. 10 KStG hat der Gesetzgeber auch insoweit Belastungsgleichheit hergestellt mit denjenigen Steuerpflichtigen, die sich keiner Steuerumgehungsgestaltung bedient und ihre Steuern nach ihrer tatsächlichen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit erbracht haben.

Art. 3 Abs. 1 GG ist - entgegen der Ansicht der Klägerin - nicht dadurch verletzt, dass sie im Vergleich mit anderen Steuerpflichtigen, deren Wirtschaftsjahr dem Kalenderjahr entspricht, in größerem Umfang der Körperschaftsteuer unterliegt.

Die unterschiedliche einkommen- und körperschaftsteuerrechtliche Erfassung von Wertsteigerungen im Vermögen des Steuerpflichtigen nach § 4a EStG, § 7 Abs. 4 KStG ist mit dem Gleichheitssatz vereinbar. Sie ist die systematische und insofern folgerichtige Konsequenz aus dem Maßgeblichkeitsgrundsatz der Handelsbilanz nach § 5 EStG. Die Grundentscheidung des Gesetzgebers zur Anknüpfung an den Inhalt und den Zeitraum der Handelsbilanz liegt innerhalb des Gestaltungsspielraums, der dem Gesetzgeber bei der Erschließung von Steuerquellen zukommt.

c) Aber selbst wenn der erkennende Senat die Überzeugung gewonnen hätte, dass die zeitliche Anwendungsregel zu § 8b Abs. 10 KStG gegen die Verfassung verstoße, wäre er nicht zu einem anderen steuerlichen Ergebnis gekommen. Denn die konkrete Ausgestaltung der Wertpapierleihgeschäfte durch die Klägerin beurteilt der Senat als Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten i.S. des Art. 42 AO.

Nach § 42 Abs. 1 AO kann durch Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts das Steuergesetz nicht umgangen werden. Liegt ein Missbrauch vor, so entsteht der Steueranspruch so, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen angemessenen rechtlichen Gestaltung entsteht.

aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes liegt ein Missbrauch dann vor, wenn eine (zivilrechtliche und/oder steuerrechtliche) Gestaltung gewählt wird, die - gemessen an dem erstrebten Ziel - unangemessen ist, der Steuervermeidung dienen soll und durch wirtschaftliche oder sonst beachtliche nichtsteuerliche Gründe nicht zu rechtfertigen ist (z.B. BFH-Urteile vom 29. Mai 2008 IX R 77/06, BFHE 221, 231, BStBl II 2008, 789; vom 15. Juli 2004 III R 66/98, BFH/NV 2005, 186 [BFH 15.07.2004 - III R 66/98]). § 42 AO setzt letztlich voraus, dass die gewählte Gestaltung nach den der jeweiligen steuerrechtlichen Vorschrift zugrunde liegenden gesetzgeberischen Wertungen der Steuerumgehung dienen soll. Hingegen ist für § 42 AO grundsätzlich kein Raum, wenn der Steuerpflichtige einen vom Steuergesetz vorgezeichneten Weg wählt (vgl. BFH-Urteil vom 19. Mai 2004 III R 18/02, BFHE 206, 201, BStBl II 2004, 980 m.w.N.). Allein das Motiv, Steuern zu sparen, macht eine steuerliche Gestaltung noch nicht unangemessen. Eine rechtliche Gestaltung ist erst dann unangemessen, wenn der Steuerpflichtige die vom Gesetzgeber vorausgesetzte Gestaltung zum Erreichen eines bestimmten wirtschaftlichen Ziels nicht gebraucht, sondern dafür einen ungewöhnlichen Weg wählt, auf dem nach den Wertungen des Gesetzgebers das Ziel nicht erreichbar sein soll (st. Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteil vom 29. Mai 2008 IX R 77/06, BFHE 221, 231, BStBl II 2008, 789). Der Steuerpflichtige kann sich auf die von ihm gewählte Gestaltung nicht berufen, wenn verständige Parteien in Anbetracht des wirtschaftlichen Sachverhaltes und der wirtschaftlichen Zielsetzung nicht in dieser Weise verfahren wären (BFH-Urteil vom 7. Juli 1998 VIII R 10/96, BFHE 186, 534, BStBl II 1999, 729 m.w.N.). Eine Gestaltung, die überhaupt keinen erkennbaren wirtschaftlichen Zweck hat, kann der Besteuerung nicht zugrunde gelegt werden; sie ist per se unangemessen (BFH-Urteil vom 21. August 2012 VIII R 32/09, BFHFE 239, 31, BStBl II 2013, 16 [BFH 21.08.2012 - VIII R 32/09] m.w.N.; Ratschow in Klein, AO, 11. Auflage 2012, § 42 Rz. 52).

bb) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze liegt zur Überzeugung des erkennenden Senats ein Gestaltungsmissbrauch vor. Die gewählte Gestaltung im Streitfall ist wirtschaftlich ausschließlich unter dem Gesichtspunkt der Steuerersparnis nachvollziehbar.

Aus wirtschaftlicher Sicht machen die von der Klägerin getätigten Wertpapierdarlehensgeschäfte keinen Sinn; die Klägerin erleidet bei jedem Geschäft in Höhe des Darlehensentgelts einen Verlust. Lediglich aufgrund des eintretenden steuerlichen Vorteils wird die Wertpapierleihe für die Klägerin wirtschaftlich interessant. Die Ausgestaltung der Einzelgeschäfte zeigt, dass es der Klägerin allein auf diesen steuerlichen Vorteil ankam. Das wird deutlich durch die Auswahl der englischen Gesellschaften, an denen sich die Klägerin über die Wertpapierleihe beteiligte und bei denen jeweils die Stichtage der Dividendenberechtigungen in den 14-tägigen Leihzeitraum fielen. Außerdem wird dies deutlich an dem häufigen und regelmäßigen Austausch der Beteiligungen, die darauf angelegt waren, besonders viele Stichtage der Dividendenberechtigungen abzudecken, um den steuerlichen Vorteil zu maximieren. Weder für die Wertpapierleihe an sich noch für den häufigen Wechsel der Beteiligungen hat die Klägerin wirtschaftliche oder sonst beachtliche nichtsteuerliche Gründe benannt; solche liegen ersichtlich auch nicht vor. Soweit die Klägerin auf die verzinste Geldanlage von 25 Millionen € verweist, ist festzuhalten, dass sie auch ohne Abschluss von Wertpapierdarlehensgeschäften eine Verzinsung in entsprechender Höhe hätte erzielen können.

Die Klägerin hat steuerfreie Dividenden durch eine unangemessene Gestaltung erlangt. Würde die Steuer unter gewinnmindernder Berücksichtigung der Aufwendungen aus der Wertpapierleihe festgesetzt, so würde dies im Vergleich zu einer angemessenen Gestaltung zu einem gesetzlich nicht vorgesehenen Steuervorteil führen. Mit der in § 8b Abs. 1 KStG geregelten Steuerbefreiung für Dividenden hatte der Gesetzgeber nicht die Absicht, Unternehmen eine Möglichkeit zu schaffen, durch kombinierte Anlagemodelle nicht nur die Dividenden steuerfrei zu belassen, sondern durch einen "generierten" Betriebsausgabenabzug in gleicher Höhe auch anderweitig erzielte Erträge aus dem operativen Geschäft der Besteuerung zu entziehen.

Da ein Missbrauch im Sinne des § 42 AO gegeben ist, entsteht der Steueranspruch so, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen angemessenen rechtlichen Gestaltung entstanden wäre (§ 42 Abs. 1 AO). Dies bedeutet im konkreten Fall, dass die steuerlich vorteilhaften, aber ansonsten sinnlosen Wertpapiergeschäfte ohne steuerliche Folgen bleiben. Die Klägerin hätte entsprechende Dividendenberechtigungen schließlich auch durch eine direkte Beteiligung an den englischen Unternehmen erlangt, die nicht zu Kompensationszahlungen und Darlehensgebühren geführt hätte. Dies ist die vom Gesetzgeber vorausgesetzte Gestaltung zum Erreichen der Steuerbefreiung nach § 8b Abs. 1 KStG.

3. Der Beklagte war auch berechtigt, den ursprünglichen Bescheid für 2007 über Körperschaftsteuer nach § 164 Abs. 2 AO zu ändern, da dieser unter Vorbehalt der Nachprüfung ergangen war.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

5. Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Streitsache zur Frage der zeitlichen Anwendung des § 8b Abs. 10 KStG und zur Fortbildung des Rechts im Zusammenhang mit § 42 AO zugelassen.

stats