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RdF-News
12.02.2024
RdF-News
FG Düsseldorf: Präzisierung steuerlicher Anwendungsregelungen für Bewertungseinheiten im Energiehandel

FG Düsseldorf, Urteil vom 7.9.2023 – 7 K 634/18 F, Rev. eingelegt (Az. BFH: XI R 32/23)

ECLI:DE:FGD:2023:0907.7K634.18F.00

Volltext des Urteils://RdF-ONLINE RdFL2024-75-1

Sachverhalt

Die Beteiligten streiten über die Bildung von Bewertungseinheiten und Rückstellungen nach § 5 Abs. 1a, Abs. 4a des Einkommensteuergesetzes (EStG).

Die Klägerin – eine GmbH mit Sitz in A-Stadt – ist eine Gesellschaft des Q.-Konzerns, an dessen Spitze die Q. ... steht. Geschäftsgegenstand der Klägerin sind Energie-Handelsgeschäfte „Zitat wurde entfernt“. Die Handelsgeschäfte werden sowohl an der Börse als auch außerbörslich (OTC-Geschäfte) als Termin- und Spotgeschäfte durchgeführt. Die zusammen mit der am 27.12.2007 übermittelten Steuererklärungen eingereichte Bilanz der Klägerin für das Jahr 2006 (Streitjahr) wies Rückstellungen aus Bewertungseinheiten als „Drohverluste aus schwebenden Geschäften“ mit Hinweis auf § 5 Abs. 4a Satz 2 EStG i.H.v. ... EUR aus.

Das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung A-Stadt kam in seinem Betriebsprüfungsbericht vom 17.3.2014 (BP-Bericht) zu dem Ergebnis, dass die Rückstellungen für das Streitjahr gewinnerhöhend aufzulösen seien. Zur Begründung verwies es auf Tz. 7 des Teilberichts des Bundeszentralamts für Steuern über die Mitwirkung an der Außenprüfung bei der Klägerin vom 18.9.2013. Dort heißt es, das Ziel der Geschäfte der Klägerin bestehe im Wesentlichen daraus, durch Arbitrage und Spreads Erträge zu erwirtschaften. Die Klägerin habe für Teile ihrer Geschäfte Bewertungseinheiten gebildet, indem sie diese Geschäfte mit abgeschlossenen Sicherungsgeschäften zusammengefasst habe; übersteigende Verluste seien als Rückstellung und übersteigende Gewinne nicht gebucht worden. Die Voraussetzungen für die Bildung von Bewertungseinheiten lägen nicht vor. Auf den weiteren Inhalt des BP- und des Teilberichts wird verwiesen.

Der Beklagte berücksichtigte die Prüfungsfeststellungen in den geänderten Bescheiden vom 21.8.2014 zur gesonderten Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer auf den 31.12.2006 (festgestellter Verlust: ... EUR) und zur gesonderten Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2006 (festgestellter Gewerbeverlust: ... EUR); die festgesetzte Körperschaftsteuer und der festgesetzte Gewerbesteuermessbetrag betrugen jeweils 0 EUR.

Das dagegen gerichtete Einspruchsverfahren blieb erfolglos (Einspruchsentscheidung vom 7.2.2018).

Zu den getätigten Handelsgeschäften trägt die Klägerin in ihrer am 6.3.2018 erhobenen Klage vor, dass sie – soweit die getätigten Einzelgeschäfte eine vergleichbare Risikostruktur aufwiesen – diese Einzelgeschäfte zu Micro-Bewertungseinheiten und im Übrigen zu Macro-Bewertungseinheiten zusammengefasst habe.

Bei den getätigten ...Handelsgeschäften könne zwischen den Geschäftsbereichen „S.“ (... kurzfristiger Betrachtungshorizont) und „C.“ (... langfristiger Betrachtungshorizont) unterschieden werden. Dabei gehe die Klägerin An- und Verkaufsgeschäfte im Zusammenhang mit ... (Handelswaren) ein. In der Regel würden die Geschäfte durch einen Barausgleich beendet und nur in wenigen Fällen erfolge eine physische Lieferung. Letztlich sei die Geschäftstätigkeit der Klägerin darauf ausgerichtet, sog. offene Positionen zu begründen und zu halten, wodurch die Möglichkeit zu späteren Arbitragegeschäften bestehe, andererseits aber auch erhebliche Verlustrisiken begründet würden. Schließe die Klägerin ein Termingeschäft über den Verkauf einer bestimmten ...Menge ab (Grundgeschäft), resultiere daraus eine „offene Position“, während deren Bestehens sie bestimmten finanzwirtschaftlichen Risiken ausgesetzt sei. Diese resultierten aus schwankenden Marktpreisen (Marktpreisänderungsrisiko) bei physischer Lieferung bzw. hohen Zahlungsmittelabflüssen (Cash-Flow-Risiko) bei Geschäften mit Barausgleich. Deshalb tätige sie positionsausgleichende Gegengeschäfte (Sicherungsgeschäfte), indem sie gegenläufige Terminkontrakte mit längerfristigem Vorlauf (Forwards und Futures) bzw. teilweise auch kurzfristige Gegengeschäfte (Spotgeschäfte) abschließe. Einzelne Geschäftstypen habe sie nach den Vorgaben des konzerninternen Risikomanagements zu sog. Mandaten zusammengefasst. Im Einzelnen habe die Klägerin in den Mandaten im Bereich S. die folgenden Handelsgeschäfte getätigt: „Zitat wurde entfernt“. Auf die genaue Beschreibung der Mandate im Schriftsatz vom 22.6.2018 (Bl. 63 GA, dort unter 3.) wird verwiesen.

Um die aus den Handelsgeschäften resultierenden Risiken identifizieren, begrenzen und steuern zu können, habe die Klägerin im Rahmen ihres Risikomanagementsystems eine Risikomanagementrichtlinie vom 11.12.2006 (Bl. 65ff. Beiakte), auf deren Inhalt Bezug genommen wird, aufgestellt, wobei vergleichbare Vorgaben für das gesamte Streitjahr gegolten hätten. Um die Zielsetzung der Risikobegrenzung und Risikosteuerung zu verwirklichen, sei organisatorisch eine strikte Funktionstrennung zwischen dem Handel („Front-Office“) und dem Risikomanagement und –controlling („Middle-Office“) – auch in personeller Hinsicht – implementiert worden (vgl. Organigramm Bl. 91 und 93 Beiakte). Die Funktionsfähigkeit des eingerichteten Systems werde durch die Interne Revision der Klägerin überwacht. Um die Risiken begrenzen und steuern zu können, habe die Klägerin eine mandatsbezogene Durchführung der Handelsgeschäfte angelegt. Die Leitung der Q. ... mache der Handelsabteilung der Klägerin konkrete Vorgaben für die Ausgestaltung der Handelsgeschäfte; nur diese vorab genehmigten und jährlich befristeten Mandate dürfe die Handelsabteilung tätigen. Eine Risikosteuerung erfolge durch die Vorgabe von Limitgrößen, wobei entweder der maximal mögliche Verlust (Value-at-Risk) im Rahmen von S.-Mandaten oder die Risiken bei Fälligkeit (Profit-at-Risk) bei den C.-Mandaten vorgegeben würden. Ein Abschluss von Kontrakten sei nur innerhalb der vorgegebenen Limits zulässig. Das Limitsystem diene daher der laufenden Überwachung der wirtschaftlichen Risiken – üblicherweise auf täglicher bzw. wöchentlicher Basis. Das Middle-Office führe das Risiko-Controlling für das jeweilige Mandat durch und könne im Fall von Limitüberschreitungen Weisungen zum Abschluss von Sicherungs- bzw. Gegengeschäften erteilen.

Im Bereich des Mandats N. C. habe die Klägerin die Sicherungsbeziehungen nach Maßgabe eines Micro-Hedges strukturiert, d.h. einem Grundgeschäft stehe ein konkret identifizierbares, positionsausgleichendes Sicherungsgeschäft gegenüber. Die aus dem Grundgeschäft resultierenden Risiken würden unmittelbar betrags- und zeitidentisch abgesichert. Insgesamt hätten im Streitjahr acht Micro-Hedges bestanden, von denen lediglich der Micro-Hedge „M.“ einen negativen Marktwert in Form höherer nicht realisierter Verluste als nicht realisierter Gewinne(-... EUR, vgl. Ergebnisentwicklung Anl. 4, Bl. 61ff. Beiakte) ausgewiesen habe und in die hier streitige Rückstellung eingegangen sei. Bei den übrigen Micro-Hedges hätten sich unrealisierte Gewinne ergeben (vgl. Übersicht Bl. 208 GA). Hinsichtlich der vertraglichen Beziehungen verweist die Klägerin auf den Vertrag mit der K. D. AG ... (Anl. 3, Bl. 50ff. Beiakte); der Vertrag mit D. könne nicht mehr beschafft werden. Auf die weitere Darstellung der zugrundeliegenden Geschäfte (Bl. 24f. GA) wird verwiesen.

Die übliche Sicherungsstrategie im Rahmen der sonstigen Mandate basiere auf Macro-Hedges, d.h. innerhalb der Mandate würden Geschäfte mit vergleichbaren Risikostrukturen zusammengefasst, die aufgrund der gehandelten Region, der Produkte und Commodities, des Zeithorizonts und der Handelsstrategien abgegrenzt würden. Daher bewirkten die einem Mandat zugewiesenen Einzelgeschäfte eine Risikokompensation für andere in dem Mandat enthaltene Geschäfte. Nur das netto verbleibende Risiko werde durch den Abschluss positionsausgleichender Sicherungsgeschäfte abgesichert. Abgeschlossene Geschäfte könnten daher in zwei Richtungen wirken: Sie könnten bestehende Positionen schließen oder in Höhe eines Teilbetrags eine neue Position begründen; auch könne die Funktion eines Geschäftes sich im Zeitablauf verändern (sog. dynamischer Hedge). Das Risiko werde auf einer aggregierten Ebene – also auf Ebene des jeweiligen Mandats – überwacht. Soweit Geschäfte in Fremdwährung getätigt würden, schließe die Klägerin zusätzlich auch Fremdwährungssicherungsgeschäfte ab. Alle Hedges würden laufend anhand des im Risikomanagement dargestellten Effektivitätstests überprüft und dokumentiert. Das Risikocontrolling erstelle dazu eine Hedge-Dokumentation hinsichtlich der im Rahmen der Mandate gebildeten Bewertungseinheiten (vgl. Hedge-Dokumentation zum 31.12.2006, Bl. 97ff. Beiakte, auf deren Inhalt verwiesen wird).

Aufgrund des Abschlusses von Termingeschäften halte die Klägerin ständig in großem Umfang unrealisierte Erträge und unrealisierte Verluste. Würden sämtliche Geschäfte einzeln bewertet, könnten unrealisierte Erträge bilanziell nicht abgebildet werden, während Verlustrisiken sich niederschlagen würden. In diesem Fall müssten hohe Verluste ausgewiesen werden, obwohl aufgrund der Sicherungsgeschäfte klar sei, dass diese Verluste niemals realisiert würden. Bilanziell sei das Geschäftsmodell der Klägerin nur bei Bildung von Bewertungseinheiten tragfähig, indem gegenläufige unrealisierte Erträge und Verluste verrechnet und nur auf den verbleibenden Saldo das Realisations- und Imparitätsprinzip nach dem Handelsgesetzbuch (HGB) angewendet würden. Die handelsrechtliche Zulässigkeit folge insbesondere daraus, dass ein Sicherungszusammenhang bestehe, weil Grund- und Sicherungsgeschäfte vergleichbare Risiken absicherten und das Risikomanagement und –controlling auf Ebene der Mandate ansetze. Die in den Mandaten zusammengefassten Geschäfte hätten in einem gewollten wirtschaftlichen Zusammenhang gestanden. Für jedes Mandat sei eine handelsrechtliche Bewertungseinheit gebildet worden mit Ausnahme der Mandate N. C., ..., für die mehrere Bewertungseinheiten gebildet worden seien. Auf die Übersicht (Seite 19-21 des Schriftsatzes vom 22.6.2018, Bl. 81ff. GA) der Bewertungseinheiten, denen die Klägerin die im Rahmen der Mandate getätigten Handelsgeschäfte zugeordnet hat, wird Bezug genommen. Am Abschlussstichtag habe die Klägerin die in die jeweiligen Mandate einbezogenen Geschäftsvorfälle jeweils zu Marktpreisen bewertet (sog. Market-To-Market-Bewertung). Innerhalb der jeweiligen Bewertungseinheit habe die Klägerin die positiven und negativen Marktpreise der Einzelpositionen saldiert und sich kompensierende Wertänderungen der Einzelpositionen nach der sog. Einfrierungsmethode nicht bilanziert. Positive Marktwerte habe sie nach dem Realisationsprinzip (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB) außer Ansatz gelassen und negative Marktwerte in die Rückstellung für Bewertungseinheiten einbezogen. Die gebildete Rückstellung für Bewertungseinheiten verteile sich wie folgt: „Tabelle wurde entfernt“.

In rechtlicher Hinsicht ist die Klägerin der Ansicht, dass die Bewertungseinheiten handelsrechtlich zulässig gebildet worden seien. Dies folge schon daraus, dass der Abschlussprüfer die Bildung der Bewertungseinheiten bestätigt habe. Bis zum Inkrafttreten des mit dem Gesetz zur Modernisierung des Bilanzrechts (Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz –BilMoG–) vom 25.5.2009 (Bundesgesetzblatt –BGBl– I 2009, 1102, Bundessteuerblatt –BStBl– I 2009, 650) eingeführten § 254 HGB für nach dem 31.12.2009 beginnende Geschäftsjahre seien die handelsrechtlichen Voraussetzungen von Bewertungseinheiten gesetzlich nicht geregelt gewesen. Bereits zuvor habe aber Einigkeit über die Notwendigkeit und Zulässigkeit der Bildung solcher Bewertungseinheiten bestanden. Auch vor Einführung des § 254 HGB habe nach h.M. eine Einzelbewertung unterbleiben müssen, wenn negative Wertveränderungen einer Bilanzposition zwangsläufig mit positiven Wertänderungen einer anderen Bilanzposition verbunden seien, da die Vermögens- und Ertragslage andernfalls verfälscht würde. Die handelsrechtlichen Voraussetzungen für die Bildung von Bewertungseinheiten in den jeweiligen Mandaten lägen sowohl bei den im Mandat N. C. gebildeten Bewertungseinheiten in Form eines Micro-Hedges als auch bei den Macro-Hedges vor: Die Geschäfte unterlägen absicherungsfähigen Risiken, nämlich einem Wertänderungsrisiko bzw. einem Zahlungsstromrisiko. Zur Absicherung dieser Risiken habe die Klägerin zulässige Sicherungsinstrumente in Form von Finanzinstrumenten eingesetzt und damit mit Sicherungsabsicht gehandelt. Gewinnchancen und Verlustrisiken hätten dabei identischen Einflussfaktoren unterlegen. Schließlich habe die Klägerin auch aufgrund der Vorgaben des Risikomanagementsystems den Nachweis der Effektivität der Sicherungsbeziehungen geführt. Bei den Macro-Hedges sei auch das Kriterium der Risikohomogenität erfüllt: Die Handelsgeschäfte seien nach den Vorgaben des Risikomanagementsystems umgesetzt worden. Hiernach seien in den Mandaten ausschließlich Geschäfte mit vergleichbaren Risikostrukturen zusammengefasst worden, wodurch die einem Mandat zugewiesenen Einzelgeschäfte eine Risikokompensation für andere Geschäfte bewirkten. Die Risiken der Mandate seien gleichartig und hoch korreliert, sodass aufgrund der vergleichbaren Risikostrukturen gegenläufige Wertänderungen oder Zahlungsströme gemessen und gesteuert werden könnten. Entgegen der Ansicht des Beklagten liege kein Portfolio-Hedge vor, da keine unterschiedlichen Risiken unterliegenden Grundgeschäfte mit ihren Sicherungsgeschäften in einer Bewertungseinheit zusammengefasst worden seien, sondern die Termingeschäfte den gleichen Risiken unterlägen. Die Einrichtung eines Risikomanagements begründe eine institutionalisierte Absicherungsvermutung. Ohne die Bildung von Bewertungseinheiten hätten hohe Verluste ausgewiesen werden müssen. Zur Ermittlung des effektiven Teils der Bewertungseinheiten – also soweit sich die gegenläufigen Wertänderungen nicht ausglichen – habe die Klägerin eine Marktbewertung der Termingeschäfte durchgeführt. In dem Rückstellungsbetrag seien daher verschiedenste Aufwendungen und Erträge als Saldogröße zusammengefasst.

Die handelsrechtlich gebildeten Bewertungseinheiten seien für die steuerliche Gewinnermittlung maßgeblich, wobei § 5 Abs. 1a, Abs. 4a EStG erstmalig im Streitjahr anzuwenden sei. Laut der Gesetzesbegründung solle die Vorschrift Steuermindereinnahmen verhindern, die aus einer Einzelbewertung von Grund- und Sicherungsgeschäften resultieren könnten. Ausdrücklich sollten auch in der Praxis übliche Macro- und Portfolio-Hedges von der Vorschrift umfasst werden. Dabei sei der Begriff „finanzwirtschaftliche Risiken“ vor dem Hintergrund der Gesetzesbegründung weit auszulegen, um das Ziel des Gesetzgebers, einen Gleichlauf von Handels- und Steuerrecht herzustellen, zu erreichen. Nach dem Willen des Gesetzgebers solle daher jede handelsrechtlich zulässig gebildete Bewertungseinheit auch steuerlich maßgeblich sein und erfasse letztlich auch finanzwirtschaftliche Risiken, auch wenn die Wortlaute des § 5 Abs. 1a EStG und des § 254 HGB nicht perfekt aufeinander abgestimmt seien. Selbst wenn dies nicht der Fall sein sollte, seien vorliegend die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1a EStG erfüllt, da die gebildeten Bewertungseinheiten zur Absicherung finanzwirtschaftlicher Risiken dienten. Entgegen der Ansicht des Beklagten sei nicht das allgemeine Unternehmerrisiko und auch kein leistungswirtschaftliches Risiko im Absatzbereich bzw. Beschaffungsbereich für Waren betroffen, denn über einen solchen Bereich verfüge die Klägerin nicht. Sämtliche von der Klägerin im Rahmen der Mandate getätigten Termingeschäfte beinhalteten Risiken, die sich aus der unsicheren Entwicklung der Marktpreise ergäben. Das vom Beklagten angeführte Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 22.7.2016 sei nicht einschlägig, da dieses zu Energieversorgungsunternehmen ergangen sei. Das Geschäftsmodell der Klägerin sei aber nicht mit einem Energieversorgungsunternehmen, bei dem wenigen ...Beschaffungsverträgen eine Vielzahl von ...Versorgungsverträgen gegenüberständen, vergleichbar, sondern sei darauf ausgerichtet, positive Differenzen aus den abgeschlossenen Handelsinstrumenten zu erzielen. Dagegen wolle ein Energieversorgungsunternehmen die gegenüber den Endverbrauchern begründeten vertraglichen Lieferverpflichtungen – „Zitat wurde entfernt“ – erfüllen. Sicherungsgeschäfte dienten in diesem Fall der Absicherung der (vertraglich vereinbarten) Gewinnmarge. Die handelsrechtlich gebildete Rückstellung für Bewertungseinheiten sei nach § 5 Abs. 4a EStG auch für steuerliche Zwecke zu übernehmen, wofür schon die Gesetzesbegründung spreche, da die Gefahr des Missbrauchs oder von Steuergestaltungen nicht bestehe und anderenfalls ein enormer Aufwand für eine Einzelbewertung entstünde.

Auf Nachfrage des Gerichts hat die Klägerin mitgeteilt, dass nur bei den Micro-Hedges eine Fristenkongruenz – also identische Laufzeit und Fälligkeit des Grund- und des Sicherungsgeschäfts – bestanden hätte, bei den Macro-Hedges dagegen unterschiedliche Laufzeiten; Anschlusssicherungen seien nicht getätigt worden.

Hilfsweise – sollten die Rückstellungen nicht anzuerkennen sein – müsse eine Einzelbewertung der in die Bewertungseinheiten einbezogenen ...Handelsgeschäfte erfolgen. Dazu habe der Beklagte bislang keine Feststellungen getroffen. Insbesondere müssten geleistete und erhaltene Variation Margins einzeln bewertet werden. Im Rahmen der Mandate ... habe die Klägerin an Terminbörsen gehandelte Futures mit einer Laufzeit von mehr als einer Woche abgeschlossen. Daher verlange die Clearingstelle (...) im Rahmen des sog. Margin-Systems bei Vertragsbeginn eine Einschusszahlung (Initial Margin). Während der weiteren Vertragslaufzeit dienten Nachschusszahlungen (Variation Margin) der Angleichung des kontrahierten Preises an den aktuellen Marktpreis; der Kontraktpreis werde also börsentäglich an den aktuellen Marktpreis des Futures angeglichen und in Höhe der Wertveränderungen sei ein Barausgleich gegenüber der Clearingstelle zu leisten bzw. werde der Klägerin im Falle positiver Wertveränderungen gutgeschrieben. Der Variation Margin komme die Funktion einer Sicherheitsleistung zu, da sie sicherstellen solle, dass die beteiligten Parteien in der Lage seien, die aus dem Geschäft entstehenden wirtschaftlichen Verpflichtungen zu erfüllen. Zum letzten Handelstag des Jahres 2006 habe das für die Klägerin geführte Margin-Konto einen negativen Saldo (also einen Überschuss der gezahlten Margins von ... EUR über die erhaltenen Margins von ... EUR) i.H.v. ... EUR ausgewiesen. Dabei stellten aus bilanzieller Sicht die gezahlten Variation Margins Vorleistungen im Rahmen schwebender Geschäfte dar (Aktivierung unter „sonstigen Vermögensgegenständen), während erhaltene Variation Margins auf noch nicht realisierte Gewinne entfielen („vorläufige“ erfolgsneutrale Passivierung als Verbindlichkeit). Der Saldo von ... EUR setze sich aus den in der Anl. 12 zur Klagebegründung (Bl. 110ff. Beiakte), auf die verwiesen wird, aufgeführten Einzelgeschäfte zusammen. Die Klägerin habe anstelle einer Passivierung einer Verbindlichkeit von ... EUR und einer Aktivierung des Betrags von ... EUR den Saldo i.H.v. ... EUR in der Bilanz zum 31.12.2006 im Umlaufvermögen erfolgsneutral angesetzt (enthalten im Betrag von ... EUR auf Konto 1421).

Zum 31.12.2006 seien bei der Mehrzahl der Einzelgeschäfte die Voraussetzung für eine Teilwertabschreibung aktivierter Variation Margins erfüllt. Dies folge daraus, dass der bei den Einzelgeschäften bestehende negative Marktwert, der in den zu zahlenden ... EUR zum Ausdruck komme, bis zum Zeitpunkt der Aufstellung der Bilanz (Ende des ersten Quartals 2007) überwiegend fortbestanden oder sich sogar erhöht habe. Laut Anl. 13 zur Klagebegründung (Bl. 113ff. Beiakte), auf deren Inhalt verwiesen wird (vgl. auch Übersicht auf Bl. 215 GA), lägen bei einem Betrag von ... EUR der insgesamt gezahlten Margins von ... EUR die Voraussetzungen einer Teilwertabschreibung vor, da aufgrund des fortbestehenden negativen Marktwerts von einer voraussichtlich dauernden Wertminderung auszugehen sei. Denn die Klägerin habe davon ausgehen müssen, dass die an die Clearingstelle geleisteten Marginzahlungen zur Erfüllung der eingegangenen Verpflichtungen erforderlich sei. Aus der Qualifikation gezahlter Variation Margins als Vorleistung im Rahmen eines schwebenden Geschäfts ergebe sich nach bilanzrechtlichen Grundsätzen zwingend, dass ein drohender Verlust aus einem schwebenden Geschäft zunächst als Abwertung bei der erbrachten Vorleistung zu berücksichtigen sei, wie sich auch aus der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs –BFH– (Urteile vom 25.11.2009 X R 27/05, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs –BFH/NV– 2010, 1090; vom 7.9.2005 VIII R 1/03, BStBl II 2006, 298) ergebe. Dies habe zur Folge, dass zumindest der aktivierte Saldobetrag der Margin-Zahlungen von ... EUR auf den niedrigeren Teilwert von 0 EUR abzuschreiben wäre. In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin dazu ausgeführt, dass eine Teilwertabschreibung in der Höhe beantragt werde, in der die streitige Rückstellung aus Bewertungseinheiten nicht anerkannt werde, maximal aber bis zu deren Höhe von ... EUR.

Die Klage bezüglich der Bescheide über Körperschaftsteuer 2006 und den Gewerbesteuermessbetrag 2006 hat die Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung am 7.9.2023 zurückgenommen; das Verfahren dazu wurde abgetrennt und unter gesondertem Aktenzeichen eingestellt.

Die Klägerin beantragt,

die Bescheide über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer auf den 31.12.2006 und über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2006, jeweils vom 21.8.2014 in Gestalt der der Einspruchsentscheidung vom 7.2.2018, dahin zu ändern, dass ein um ... EUR erhöhter Verlust berücksichtigt wird;

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen;

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Er ist der Ansicht, es liege schon keine Bewertungseinheit i.S. des § 254 HGB vor. Die Handelsgeschäfte dienten nicht der Risikoabsicherung, sondern der allgemeinen Gewinnrealisierung bzw. Gewinnoptimierung. Eine konkrete Zuordnung von Grund- und Sicherungsgeschäften sei aufgrund der Handelsstrategien nicht möglich. Es sei von Portfolio-Hedges bzw. Handelsportfolien wie im Bereich der Kreditwirtschaft auszugehen, bei denen nicht originär Sicherheitsüberlegungen im Vordergrund ständen, sondern die Erzielung von Zusatzerträgen (Arbitrage) das ursächliche Motiv sei; in diesem Fall handele es sich nicht um die Zusammenfassung von Grund- und Sicherungsgeschäften zur Risikoabsicherung.

Zudem würden keine finanzwirtschaftlichen Risiken, wie es § 5 Abs. 1a EStG im Gegensatz zu § 254 HGB erfordere, abgesichert. § 5 Abs. 1a EStG sei enger als die handelsrechtliche Vorschrift. Zu den finanzwirtschaftlichen Risiken gehörten u.a. Marktpreisrisiken, die sich aus Preis-, Zins- und Kursschwankungen ergeben könnten. Marktbedingte Verlustrisiken aus sich ändernden Marktpreisen seien aber dem allgemeinen Unternehmensrisiko zuzuordnen. Sowohl Absatz- als auch Beschaffungsgeschäfte seien Bestandteil der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit der Klägerin und unterlägen damit dem allgemeinen Unternehmensrisiko. Finanzwirtschaftliche Risiken seien von leistungswirtschaftlichen Risiken, welche nach der Gesetzesbegründung gerade nicht einer Bewertungseinheit zugänglich sein sollten, abzugrenzen. Hier lägen leistungswirtschaftliche Risiken vor, da die Risiken ihre Ursache nicht in Preisänderungen an sich, sondern in den noch zu beschaffenden oder noch zu verkaufenden Mengen hätten. Bei Termingeschäften mit fest vereinbarten Preisen innerhalb einer Bewertungseinheit könnten keine finanzwirtschaftlichen Risiken existieren.

Eine Drohverlustrückstellung sei nur dann auszuweisen, wenn es sich wirtschaftlich um einen sicheren Verlust nach Art einer Verbindlichkeit handele. Dies sei hier nicht der Fall, vielmehr würde ein Gewinn oder Verlust ermittelt, der gar nicht eintrete. Die so ermittelte Drohverlustrückstellung gehe an der Gesetzesbegründung – Verhinderung der imparitätischen Einzelbewertung bei finanzwirtschaftlichen Risiken – vorbei. Eine Bewertungseinheit könne grundsätzlich nie den über- oder untersicherten Teil von in einem Portfolio zusammengefassten Geschäften umfassen. Die maßgebende Bezugsgröße müsse sich immer auf die kontraktierte Menge beziehen.

Aus dem Schreiben des BMF vom 22.7.2016 unter Verweis auf die Ausführungen des Instituts der Wirtschaftsprüfer (IDW) vom 24.8.2015 folge, dass die Bildung einer Bewertungseinheit zur Abbildung von ...Beschaffungs- und –absatzgeschäften i.d.R. ausscheide und grundsätzlich jedes schwebende Geschäft einzeln zu bewerten sei. Voraussetzung für einen direkten Handel an der ...Börse sei die Einrichtung eines gesonderten Bilanzkreises, in dem ...Ankäufe und –verkäufe bilanziell verrechnet und etwaige Abweichungen ausgeglichen werden müssten. Der OTC-Handel sei dagegen deutlich unsicherer; jedenfalls bei Teilnahme am Spotmarkt (kurzfristige Erfüllung von Leistungen im Gegensatz zum Terminmarkt) müsse ebenfalls ein Bilanzkreisvertrag abgeschlossen werden, da sämtliche Geschäfte physisch abgewickelt würden. Dies zeige, dass – selbst wenn die Zielsetzung des ...Handels auf Arbitrageerträge gerichtet sei – der Steuerpflichtige sich den Regelungen für die bedarfsorientierte Verschaffung und den Vertrieb ... nicht entziehen könne. Daher sei der Verweis auf das Schreiben des BMF einschlägig.

Die Marginzahlungen reduzierten gezielt ein Marktpreisrisiko, ohne ein „Gegengeschäft“ ins Portfolio aufzunehmen; sie seien daher nicht einer Zusammenfassung zu einer Bewertungseinheit zugänglich. Eine Teilwertabschreibung komme insoweit schon dem Grunde nach nicht in Betracht. Durch eine Verrechnung der drohenden Verluste mit der Variation Margin werde die Eigenständigkeit der beiden Geschäftsvorfälle missachtet: Während es sich bei der Variation Margin um eine Sicherheitsleistung gegenüber der Clearingstelle handele, aus der eine Forderung folge, ergebe sich ein drohender Verlust aufgrund einer negativen Wertentwicklung des Future-Kontrakts. Eine Verrechnung der Verlustbeträge zu Lasten der hier in Rede stehenden Forderung verstoße zum einen gegen das Saldierungsverbot gemäß § 246 Abs. 2 HGB. Zum anderen würde dies bedeuten, dass die nachteilige Wertentwicklung des Termingeschäfts als Verbrauch der geleisteten Sicherheiten anzusehen sei. Ursächlich für den drohenden Verlust sei aber die negative Wertentwicklung; dieser sei nicht in der Forderung begründet, da diese auch bei einer negativen Wertentwicklung des Termingeschäftes nicht ihre Werthaltigkeit verliere. Die letztendliche Verrechnung der Marginzahlungen stelle lediglich eine abwicklungstechnische Vereinfachung des Clearings dar.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Aus den Gründen

Die zulässige Klage ist hinsichtlich eines Betrags der streitigen Rückstellung von ... EUR begründet. Nur in diesem Umfang sind die angefochtenen Verlustfeststellungsbescheide rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). Hinsichtlich des weiteren Betrags der Rückstellung und der geltend gemachten Teilwertabschreibung sind die angefochtenen Bescheide dagegen rechtmäßig.

I. Eine Berücksichtigung der streitigen Rückstellung kommt nur in Höhe eines Betrags von ... EUR in Betracht.

Die buchführende Klägerin hat ihren Gewinn nach § 8 Abs. 1 KStG i.V.m. §§ 4 Abs. 1, 5 Abs. 1 Satz 1 EStG zu ermitteln. Danach hat sie in ihren Bilanzen vorbehaltlich steuerlicher Sonderregelungen das Betriebsvermögen anzusetzen, das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) auszuweisen ist. Die handelsrechtlichen GoB ergeben sich u.a. aus den Bestimmungen des Ersten Abschnitts des Dritten Buchs „Vorschriften für alle Kaufleute“ der §§ 238ff. HGB und werden für Kapitalgesellschaften ergänzt durch die Bestimmungen der §§ 264ff. HGB; zudem gibt es ungeschriebene GoB (vgl. etwa Anzinger in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 5 EStG Rn. 250 m.w.N.). Die Wirtschaftsgüter und Schulden sind danach zum Abschlussstichtag in der Regel einzeln zu bewerten (§ 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB). Posten der Aktivseite dürfen nicht mit Posten der Passivseite verrechnet werden (§ 246 Abs. 2 HGB). Bis zum Stichtag entstandene unrealisierte Verluste sind nach dem Imparitätsprinzip (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB) zu berücksichtigen. Unrealisierte Gewinne dürfen dagegen nach dem Realisationsprinzip keine Berücksichtigung finden (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB). Ausnahmen von den genannten Grundsätzen sind nach § 252 Abs. 2 HGB nur in begründeten Fällen zulässig. Droht aus einem schwebenden Geschäft ein Verlust, ist dafür handelsrechtlich gem. § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB eine Rückstellung zu bilden. Steuerrechtlich besteht gem. § 5 Abs. 4a Satz 1 EStG insoweit ein Rückstellungsverbot. Nicht vom Verlustrückstellungsverbot erfasst werden die Ergebnisse der in der handelsrechtlichen Rechnungslegung zur Absicherung finanzwirtschaftlicher Risiken gebildeten Bewertungseinheiten (§ 5 Abs. 4a Satz 2 EStG i.V.m. § 5 Abs. 1a EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung). Diese durch das Gesetz zur Eindämmung missbräuchlicher Steuergestaltungen vom 28.4.2006 (BGBl I 2006, 1095; BStBl I 2006, 353) eingeführten Regelungen sind erstmals auf Wirtschaftsjahre anzuwenden, die nach dem 31.12.2005 enden (§ 52 Abs. 1 Satz 1 EStG in der im Streitjahr gültigen Fassung, vgl. auch Schiffers, Deutsche Steuerzeitung –DStZ– 2006, 400) – und damit auch im Streitjahr.

1. Bezüglich der in die streitige Rückstellung aufgenommenen Beträge liegen nur zum Teil die handelsrechtlichen Voraussetzungen zur Bildung von Bewertungseinheiten vor.

a) Ob und unter welchen Voraussetzungen Bewertungseinheiten nach der handelsrechtlichen Rechnungslegung im Streitjahr gebildet werden durften, ist umstritten.

aa) Dabei kann die Klägerin die Bildung der streitigen Bewertungseinheiten nicht auf § 254 HGB n.F. stützen.

Nach dem mit dem BilMoG vom 25.5.2009 in das HGB eingefügten § 254 HGB n.F. sind dann, wenn Vermögensgegenstände, Schulden, schwebende Geschäfte oder mit hoher Wahrscheinlichkeit erwartete Transaktionen zum Ausgleich gegenläufiger Wertänderungen oder Zahlungsströme aus dem Eintritt vergleichbarer Risiken mit Finanzinstrumenten zusammengefasst werden (Bewertungseinheit), § 249 Abs. 1, § 252 Abs. 1 Nr. 3 und 4, § 253 Abs. 1 Satz 1 und § 256a HGB in dem Umfang und für den Zeitraum nicht anzuwenden, in dem die gegenläufigen Wertänderungen oder Zahlungsströme sich ausgleichen. Als Finanzinstrumente im Sinn des Satzes 1 der Vorschrift gelten nach § 254 Satz 2 HGB n.F. auch Termingeschäfte über den Erwerb oder die Veräußerung von Waren. Im Rahmen des BilMoG wurden in § 254 HGB erstmals die handelsrechtlichen Voraussetzungen für die Bildung von Bewertungseinheiten gesetzlich verankert (Hick in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 5 EStG Rn. 1720). Auf diese Gesetzesbestimmung kann aber im Streitfall eine Bildung der Bewertungseinheiten nicht gestützt werden. Das folgt schon daraus, dass die Vorschriften zeitlich nicht auf den Streitfall anwendbar sind, weil sie erst nach Ablauf des Veranlagungszeitraums 2006 in das Gesetz eingefügt wurde. Eine Rückwirkung für die Zeit vor dem Inkrafttreten hat der Gesetzgeber § 254 HGB n.F. nicht beigegeben (BFH–Urteil vom 2.12.2015 I R 83/13, BStBl II 2016, 831).

bb) Auch eine Geltung des § 254 HGB n.F. rückwirkend als GoB und ein daraus folgendes Abweichen vom Grundsatz der Einzelbewertung im Streitjahr kommt nicht in Betracht.

Auch vor Schaffung des § 254 HGB n.F. wurde die Möglichkeit der Bildung von Bewertungseinheiten diskutiert und wurden Bewertungseinheiten vor allem in der handelsrechtlichen Bilanzierungspraxis von Kreditinstituten tatsächlich gebildet. Insbesondere wurden häufig Preis- und Kurssicherungsgeschäfte mit den abgesicherten Grundgeschäften zu Bewertungseinheiten zusammengefasst (vgl. z.B. Meinert, Die Bildung objektübergreifender Bewertungseinheiten nach Handels- und Steuerrecht, 2010, S. 53 ff.; BFH-Urteil vom 2.12.2015 I R 83/13, BStBl II 2016, 831 m.w.N.). An diese Praxis wollte der Gesetzgeber mit Schaffung des § 254 HGB n.F. offenkundig anknüpfen. Denn in der Begründung des BilMoG heißt es, die Neufassung des § 254 HGB diene der gesetzlichen Verankerung der im Schrifttum als GoB eingestuften bilanziellen Abbildung von Bewertungseinheiten (Bundestagsdrucksache –BTDrucks– 16/10067, S. 57).

Diese Ausführungen in der Gesetzesbegründung bewirken aber nicht, dass § 254 HGB n.F. gleichsam rückwirkend für die Vergangenheit als GoB zu gelten hat (BFH-Urteil vom 2.12.2015 I R 83/13, BStBl II 2016, 831). Denn ob und unter welchen Voraussetzungen die Bildung von Bewertungseinheiten den GoB entspricht und wann gegebenenfalls eine Pflicht zu einem solchen Vorgehen bestand, war vor Geltung des BilMoG weitgehend ungeklärt (BFH-Urteil vom 2.12.2015 I R 83/13, BStBl II 2016, 831; vgl. auch Meinert, Die Bildung objektübergreifender Bewertungseinheiten nach Handels- und Steuerrecht, S. 41ff.; Krumm in Brandis/Heuermann, Ertragsteuerrecht, § 5 EStG Rn. 235, je m.w.N.). Auch in der Literatur ist anerkannt, dass für Altjahre vor Geltung des BilMoG die bisherigen Grundsätze vor Einführung des § 254 HGB n.F. (dazu unten) weiterhin zur Anwendung kommen (vgl. etwa Hick in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 5 EStG Rn. 1721f.) – und damit § 254 HGB n.F. nicht rückwirkend einen eigenen GoB geschaffen hat. § 254 HGB n.F. stellt keine rein klarstellende Regelung dar, so dass ein Rückgriff darauf – auch als GoB – für den Zeitraum vor dem 1.1.2010 nicht in Betracht kommt (vgl. Drüen in Staub, HGB, 6. Aufl. 2021, § 254 Rn. 1).

cc) Die genauen Voraussetzungen zur Bildung von Bewertungseinheiten vor Geltung des BilMoG waren ungeklärt.

Konsentiert war in der Zeit vor Einführung des § 254 HGB n.F. allenfalls, dass unter dem Gesichtspunkt des „true and fair view“ (vgl. § 264 Abs. 2 HGB) ein Abgehen vom Einzelbewertungsgrundsatz dann geboten sein kann, wenn dessen strikte Berücksichtigung in Verbindung mit dem Imparitätsprinzip des § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB dazu führen würde, dass ein den tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnissen des Unternehmens widersprechendes Bild entsteht (BFH-Urteil vom 2.12.2015 I R 83/13, BStBl II 2016, 831; vgl. auch Christiansen, Deutsches Steuerrecht –DStR– 2003, 264, je m.w.N.).

(1) Die genauen Einzelheiten und die dogmatische Herleitung eines solchen Abweichens vom Grundsatz der Einzelbewertung waren hingegen umstritten.

(a) So wurde etwa vertreten, dass die Grundsätze zur bilanziellen Abbildung von Bewertungseinheiten ausschließlich aus den GoB abzuleiten gewesen seien und eine strenge Einzelbewertung zumindest dann im Widerspruch zu der nach § 264 Abs. 2 HGB gebotenen Vermittlung eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bildes der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage stehe, wenn negative Wertveränderungen einer Bilanzposition zwangsläufig mit einer positiven Wertänderung einer anderen Bilanzposition verbunden seien. Die Vermögens- und Ertragslage würde in diesem Fall durch das Imparitätsprinzip verfälscht (vgl. Hick in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 5 EStG Rn. 1721). Zum Teil wurde dabei nach den verschiedenen Arten der Sicherungsgeschäfte unterschieden: So sei bei Micro-Hedges zwingend eine Bewertungseinheit zu bilden gewesen, während bei Macro-Hedges und Portfolio-Hedges ein Wahlrecht bestanden habe (so etwa Schiffers, DStZ 2006, 400; Überblick bei Krumm in Brandis/Heuermann, Ertragsteuerrecht, § 5 EStG Rn. 235 und Schick/Indenkämpen, Betriebs-Berater –BB– 2006, 650; zu den Begrifflichkeiten auch Meinert, Die Bildung objektübergreifender Bewertungseinheiten nach Handels- und Steuerrecht, S. 5ff.). Insbesondere die Voraussetzungen zur Bildung von Bewertungseinheiten bei Macro-Hedges und Portfolio-Hedges waren umstritten (vgl. etwa Prinz/Hick, DStR 2006, 771; Schiffers, DStZ 2006, 400 je m.w.N.). Laut Krumm (in Brandis/Heuermann, Ertragsteuerrecht, § 5 EStG Rn. 235) sei die Bildung von Bewertungseinheiten nicht nur bei „geschlossenen Positionen“ möglich gewesen, sondern auch, wenn die Laufzeiten des gesicherten Geschäfts und des Sicherungsgeschäfts sich nicht vollständig deckten – wobei Anschlusssicherungen zu berücksichtigen seien – und die verschiedenen Geschäfte nicht betragsgleich gewesen seien. Nach Schiffers (in DStZ 2006, 400) sollten der Nachweis und die laufende Überwachung der Effektivität der Sicherungsinstrumente entscheidend sein. Insbesondere habe dies ein ausreichendes internes Kontrollsystem erfordert, um (1.) die Bewertungsrisiken zu erfassen und ausreichend klar zu identifizieren, (2.) die Zuordnung von Wirtschaftsgütern zur Bewertungseinheit vorzunehmen und zu dokumentieren und (3.) die Effektivität der Sicherungsinstrumente nachzuweisen, zu überwachen und ggf. Anpassungen der Sicherungsmaßnahmen vorzunehmen. Das Risikomanagement habe sicherstellen müssen, dass die Sicherungsinstrumente ausschließlich zur Absicherung bestimmter, genau abgrenzbarer Wirtschaftsgüter eingesetzt werden und nicht zu spekulativen Zwecken.

(b) Nach anderer (restriktiverer) Ansicht, nach der sich Bewertungseinheiten nur durch eine teleologische Reduktion des in § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB bzw. § 6 Abs. 1 EStG kodifizierten Einzelbewertungsgrundsatzes sowie bei Kapitalgesellschaften ergänzend nach § 252 Abs. 2 HGB i.V.m. § 264 Abs. 2 HGB rechtlich begründen ließen, habe die Bildung von Bewertungseinheiten einen nahezu sicheren Risikoausschluss erfordert, der nur habe angenommen werden können, sofern Grund- und Sicherungsgeschäfte (ggf. unter Einbeziehung bereits abgeschlossener Anschlusssicherungsgeschäfte) laufzeitkongruent gewesen seien, sie nahezu vollständig gegenläufig auf veränderte Marktbedingungen reagiert hätten (Korrelationskoeffizient von annähernd -1), eine Durchhalteabsicht bestanden habe und die Bewertungseinheit hinreichend dokumentiert worden sei; dies sei in der Regel nur bei Micro-Hedges der Fall gewesen (so etwa Meinert, DStR 2017, 1401; vgl. zum Überblick über die unterschiedlichen Ansichten auch Meinert, Die Bildung objektübergreifender Bewertungseinheiten nach Handels- und Steuerrecht, 2010, S. 53 ff. m.w.N.).

(2) Die Rechtsprechung hat sich u.a. durch das Finanzgericht (FG) Schleswig-Holstein (Urteil vom 15.3.2000 I 714/91, Entscheidungen der Finanzgerichte –EFG– 2000, 1057) mit der Frage der Bildung von Bewertungseinheiten befasst. Klägerin dort war ein Kreditinstitut, zu dessen Geschäftstätigkeit Fremdwährungsgeschäfte gehörten. Kursänderungsrisiken bei Devisenpositionen hatte die Klägerin teilweise direkt, teilweise auch in der Weise abgesichert, dass die Gesamtpositionen der einzelnen Währungen und deren Fristigkeiten durch entsprechende Gegenpositionen weitgehend aneinander angeglichen waren. Dabei handelte es sich in der Regel um Forderungen und Verbindlichkeiten gegenüber verschiedenen Personen mit teilweise voneinander abweichenden Laufzeiten. In ihrer Handelsbilanz hatte die Klägerin Fremdwährungsgeschäfte als sog. geschlossene Positionen behandelt, soweit sich innerhalb desselben Geschäftsjahres fällige Aktiv- und Passivposten je Währung im Betrag ausglichen. Die Bewertung der Forderungen und Verbindlichkeiten erfolgte mit dem Mittelkurs am Bilanzstichtag; eingetretene Bewertungsverluste wurden insoweit mit unrealisierten Bewertungsgewinnen verrechnet. In die Steuerbilanz hatte die Klägerin die Werte aus der Handelsbilanz nur insoweit übernommen, als echte Deckungs- und Termingeschäfte vorlagen (Micro-Hedges). Diese Positionen waren im Klageverfahren nicht streitig. Im Übrigen wurden gewinnmindernde Wertkorrekturen im Rahmen der Einzelbewertung vorgenommen. Das beklagte Finanzamt setzte dagegen auch die im Rahmen von Macro-Hedges zusammengefassten Forderungen und Verbindlichkeiten mit den Werten der Handelsbilanz an. Das FG wies die Klage ab und berücksichtigte die in der Steuerbilanz zusätzlich vorgenommenen Gewinnminderungen nicht. Bei der Frage, ob und ggf. wie Wechselkursänderungsrisiken zu berücksichtigen seien, sei zwischen „offenen” und „geschlossenen” Positionen zu unterscheiden. Als offene Positionen seien solche Forderungen und Verbindlichkeiten anzusehen, die nicht durch entsprechende Gegenpositionen in derselben Fremdwährung abgesichert seien. Da in diesen Fällen ein Kursrisiko bestehe, sei eine strikte Einzelbewertung jeder einzelnen Position vorzunehmen. Wechselkursrisiken könnten aber durch das Eingehen von Kurssicherungsgeschäften ausgeschlossen werden. Dabei sei von einer geschlossenen Position auszugehen, wenn Währungsidentität, Betragsidentität und eine annähernde Kongruenz der Fälligkeiten bestehe. Hingegen komme es nicht darauf an, ob bei der Fälligkeit der jeweiligen Forderung bzw. Verbindlichkeit eine exakte Fristenkongruenz gegeben sei. Bei unterschiedlichen Fälligkeitsterminen von Forderungen und Verbindlichkeiten könne ein Wechselkursrisiko nämlich durch entsprechende Anschlussgeschäfte in der ausländischen Währung ausgeschlossen werden. Bei einer strikten Einzelbewertung würden diese wesentlichen Zusammenhänge unberücksichtigt bleiben; dies hätte letztlich falsche Bilanzansätze zur Folge. Da es nicht dem Bilanzierenden überlassen bleiben dürfe, eine richtige oder falsche Darstellung der Bilanz vorzunehmen, bestehe weder ein handelsrechtliches noch ein steuerliches Wahlrecht, im Rahmen geschlossener Positionen die Fremdwährungsforderungen und -verbindlichkeiten einzeln zu bewerten (FG Schleswig-Holstein, Urteil vom 15.3.2000 I 714/91, EFG 2000, 1057). Im Ergebnis ging das FG davon aus, dass auch für die Macro-Hedges eine kompensatorische Bewertung in Form einer Bewertungseinheit vorzunehmen sei (vgl. auch Meinert, Die Bildung objektübergreifender Bewertungseinheiten nach Handels- und Steuerrecht, 2010, S. 49f.).

Im Revisionsverfahren hatte der BFH zunächst durch Gerichtsbescheid entschieden (I R 87/00); dieser erlangte jedoch keine Rechtskraft, da das Finanzamt nach Antrag auf mündliche Verhandlung dem Begehren der Klägerin stattgab und sich das Verfahren daher erledigte (vgl. BFH-Beschluss vom 17.12.2002 I R 87/00, BFH/NV 2003, 785). Der Inhalt des Gerichtsbescheids wurde vom damaligen Berichterstatter als Aufsatz veröffentlicht (vgl. Christiansen, DStR 2003, 264). Danach könne vom Grundsatz der Einzelbewertung nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden – etwa unter dem Gesichtspunkt des „true and fair view“. Dies sei bei einzeln abgesicherten Geschäften mit identischen wertbildenden Faktoren der Fall, wenn im Zuge der Einzelbewertung einzelner Positionen negative Wertveränderungen berücksichtigt würden, die systematisch im Sinne einer gegenläufigen Korrelation mit positiven Wertveränderungen bei anderen Bilanzpositionen verbunden seien (sog. „Wenn-dann“-Relationen), soweit die Geschäfte betragsgleich seien und identische Fälligkeitstermine aufwiesen – also Micro-Hedges –, sodass diese zu Bewertungseinheiten zusammenzufassen und kompensatorisch zu bewerten seien. Anders sei dies bei global abgesicherten Geschäften – also bei Macro-Hedges –, da es bei diesen insbesondere an der notwendigen Identität der Fälligkeitszeitpunkte fehle. Dies führe dazu, dass es aufgrund der zeitlichen Differenzen zu Kursrisiken kommen könne; solche Geschäfte seien daher einzeln zu bewerten. Etwaige Deckungsgeschäfte (Anschlusssicherungen) seien wertbegründend und daher nur zu berücksichtigen, wenn sie am Bilanzstichtag bereits getroffen worden seien und Bestand hätten (Christiansen, DStR 2003, 264; vgl. auch Meinert, Die Bildung objektübergreifender Bewertungseinheiten nach Handels- und Steuerrecht, 2010, S. 50f.).

Im Urteil vom 2.12.2015 I R 83/13 (BStBl II 2016, 831) hat der BFH für das Streitjahr 2000 ausgeführt, dass ein Abgehen vom Grundsatz der Einzelbewertung durch Bildung von Bewertungseinheiten unterschiedlicher Wirtschaftsgüter allenfalls in Betracht komme, wenn andernfalls ein Verstoß gegen den Grundsatz des „true and fair view“ gegeben wäre; dies sei aber im Streitfall schon deshalb nicht so gewesen, weil kein kompensatorisches Sicherungsgeschäft vorgelegen habe und die Bildung einer Bewertungseinheit folglich mangels sicheren Risikoausschlusses insoweit ausgeschieden sei.

b) Der Senat folgt der oben dargestellten (restriktiven) Ansicht, die hinsichtlich der Voraussetzungen zur Bildung einer Bewertungseinheit nach Handelsrecht jedenfalls im Zeitraum vor Einführung des BilMoG und damit des § 254 HFG n.F. den vom BFH aufgestellten Voraussetzungen (wie unter (2) beschrieben) entspricht. Danach erforderte die handelsrechtliche Bildung von Bewertungseinheiten im Streitjahr jedenfalls, dass Forderungen und Verbindlichkeiten sich in identischen Werteinheiten (als sog. „Wenn-dann“-Relationen) betragsgleich und mit identischen Fälligkeitsterminen (taggleich) gegenüberstehen.

Dies begründet sich mit der Geltung und Bedeutung des Einzelbewertungsgrundsatzes (§ 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB) sowie des Imparitäts- und Realisationsprinzips (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB), von denen nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden darf (§ 252 Abs. 2 HGB). Eine zusammenfassende, kompensatorische Bewertung ist mit diesen Prinzipien – jedenfalls vor Geltung des § 254 HGB n.F. – nicht vereinbar, wenn die genannten Voraussetzungen nicht vorliegen.

Dies gilt vor allem für das Kriterium der Fälligkeitskongruenz: Nur wenn Grund- und Sicherungsgeschäft identische Fälligkeiten haben, sich also zum selben Zeitpunkt realisieren, sind die Funktionen der genannten Prinzipien – insbesondere Objektivierung der Rechnungslegung, Kapitalerhaltung, Vermeidung einer zu optimistischen Einschätzung der Geschäftslage, Gläubigerschutz, Verlustantizipation, richtige Periodisierung von Erträgen und Aufwendungen (vgl. dazu auch Kahle/Braun in Hachmeister/Kahle/Mock/Schüppen, Bilanzrecht, § 252 HGB Rn. 90, 91, 120, 124, 131; Ballwieser in Münchener Kommentar zum HGB, 4. Aufl. 2020, § 252 Rn. 23; Störk/Büssow in Beck'scher Bilanz-Kommentar, 13. Aufl. 2022, § 252 HGB Rn. 49) gewahrt. Denn Wertverluste beim Abschluss von Grund- und Sicherungsgeschäften, die sonst einzeln anzusetzen wären, sind nur auszuschließen, wenn aufgrund des Sicherungsgeschäfts feststeht, dass insgesamt – also gar kein – Verlust droht. Das ist aber nur der Fall, wenn Grund- und Sicherungsgeschäft identische Fälligkeitszeitpunkte haben: Nur, wenn sich Gewinne und Verluste zum selben Zeitpunkt realisieren, tritt die geforderte Ertrags- und Vermögensneutralität ein, die eine Einzelbetrachtung zum Zwecke der Verlustantizipation entbehrlich macht. Bei unterschiedlichen Fälligkeitszeitpunkten dagegen fehlt diese Deckung mit der Folge von Kursrisiken. Die tatsächliche Marktentwicklung kann in einer solchen Konstellation der erwarteten und beabsichtigten Sicherungswirkung zuwiderlaufen und es fehlt an der sicheren Risikokompensation. Im Extremfall könnte es zu einem Verlust sowohl beim Grund- als auch beim Sicherungsgeschäft kommen (vgl. auch Christiansen, DStR 2003, 264; Meinert, Die Bildung objektübergreifender Bewertungseinheiten nach Handels- und Steuerrecht, 2010, S. 108f.).

Ein anderes Ergebnis ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung der §§ 252 Abs. 2, 264 Abs. 2 HGB. Zwar ist danach in (begründeten, vgl. Kahle/Braun in Hachmeister/Kahle/Mock/Schüppen, Bilanzrecht, § 252 HGB Rn. 206) Ausnahmefällen ein Abweichen von den Vorschriften des § 252 Abs. 1 HGB möglich, für Kapitalgesellschaften z.B. wenn der Jahresabschluss entgegen § 264 Abs. 2 HGB kein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Kapitalgesellschaft vermittelt. Zum einen ist allerdings schon umstritten, ob es sich bei § 264 Abs. 2 HGB überhaupt um einen GoB handelt, da die Norm nur für Kapitalgesellschaften und nicht rechtsformunabhängig gilt (vgl. Christiansen, DStR 2003, 264). Zum anderen liegt ein solches nicht den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild nicht vor, wenn keine Fristengleichheit gegeben ist, da in diesen Fällen wie erläutert kein sicherer Risikoausschluss vorliegt (vgl. auch Meinert, Die Bildung objektübergreifender Bewertungseinheiten nach Handels- und Steuerrecht, 2010, S. 143, der für ein Abstellen auf § 264 Abs. 2 HGB ebenfalls einen sicheren Risikoausschluss fordert).

Schließlich kann ein anderes Ergebnis auch nicht aus der Gesetzesbegründung zur Einführung des § 5 Abs. 1a, Abs. 4a EStG gefolgert werden. Dort heißt es unter Verweis auf das BFH-Verfahren I R 87/00, dass der dort vertretene strenge Grundsatz der Einzelbewertung bei Sicherungsgeschäften nicht den tatsächlichen Gegebenheiten in der Praxis entspreche. Er führe durch die isolierte imparitätische Bewertung (strenges Niederstwertprinzip) zur Berücksichtigung von Verlusten, die tatsächlich niemals eintreten würden. Eine Beschränkung der Bewertungseinheiten auf die steuerlich unstrittigen Micro-Hedges würde bei den in der Praxis üblichen Portfolio-Hedges und Macro-Hedges zu falschen Ergebnissen führen. Der Gesetzesvorschlag wirke daher einer weiteren Differenzierung von Handels- und Steuerrecht entgegen. Er erspare den Unternehmen zusätzlichen Verwaltungsaufwand, den die steuerliche Einzelbewertung von Grund- und Sicherungsgeschäften nach sich ziehen würde (vgl. BTDrucks 16/520, S. 8). Durch die Erläuterung der Motive zur Schaffung der Norm kommt zwar zum Ausdruck, dass der Gesetzgeber die Regelung u.a. auch auf Macro-Hedges erstrecken wollte. Es fehlt aber, da § 5 Abs. 1a EStG auf die Ergebnisse der handelsrechtlichen Rechnungslegung verweist, an einer solchen entsprechenden handelsrechtlichen Regelung; diese wurde erst durch das BilMoG und § 254 HGB n.F. eingeführt. Die in der Gesetzesbegründung erwähnten tatsächlichen Gegebenheiten in der Praxis vermag der Senat aber jedenfalls für die hier streitigen Fälle von nicht fristengleichen Grund- und Sicherungsgeschäften nicht zu erkennen. Vielmehr waren wie erläutert in der handelsrechtlichen Praxis die Voraussetzungen zur Bildung kompensatorischer Bewertungseinheiten umstritten und damit gerade nicht tatsächlich feststehend. Dies zeigt sich auch daran, dass die überwiegende Ansicht in der Literatur davon ausgeht, dass die Einführung des § 254 HGB n.F. gerade nicht nur klarstellenden Charakter einer schon feststehenden Praxis hatte, sondern es vor dessen Einführung gerade keine allgemein akzeptierten Grundsätze gab (vgl. etwa Prinz/Hick, DStR 2006, 771 unter Verweis auf das WP-Handbuch 2006: „äußerst streitige handelsbilanzielle Grundlage“; Meinert, DStR 2017, 1401; Hick in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 5 EStG Rn. 1721f.; Strahl in Korn, EStG, § 6 Rn. 46.1, wonach § 254 HGB n.F. zu einer Erweiterung der Möglichkeit, Bewertungseinheiten zu bilden, geführt habe). Die Schaffung eines quasi eigenen GoB durch die Einführung des § 5 Abs. 1a EStG oder jedenfalls eine Einflussnahme auf die handelsrechtliche Rechtslage durch die Motive des Gesetzgebers bei Einführung des § 5 Abs. 1a EStG scheidet aus. Zum einen handelt es sich eben nur um die Erwähnung in der Gesetzesbegründung und nicht eine gesetzliche Kodifizierung. Zum anderen kann der Gesetzgeber durch Änderung des EStG keinen Einfluss auf das Verständnis der handelsrechtlichen GoB nehmen (vgl. Meinert, Die Bildung objektübergreifender Bewertungseinheiten nach Handels- und Steuerrecht, 2010, S. 220ff.).

Zwar verkennt der Senat nicht, dass es in der Praxis auch vor Einführung des § 254 HGB n.F. sinnvolle Anwendungsbereiche für Bewertungseinheiten und das Bedürfnis nach einer kompensatorischen Bewertung auch im Bereich von etwa Macro-Hedges gab. Er vermag aber – auch angesichts der in der Literatur zum Ausdruck kommenden Meinungsvielfalt hinsichtlich der Voraussetzungen – nicht zu erkennen, dass sich eine dezidierte und gefestigte handelsrechtliche Praxis durchgesetzt hatte, ob und unter welchen Voraussetzungen Bewertungseinheiten auch bei nicht fristengleich laufenden Grund- und Sicherungsgeschäften gebildet werden konnten bzw. mussten. Auch der BFH geht davon aus, dass es vor Geltung des BilMoG weitgehend ungeklärt war, ob und unter welchen Voraussetzungen die Bildung von Bewertungseinheiten den GoB entsprach (vgl. BFH-Urteil vom 2.12.2015 I R 83/13, BStBl II 2016, 831), so dass weiterhin die im Gerichtsbescheid zum Verfahren I R 87/00 (dazu Christiansen, DStR 2003, 264) zum Ausdruck kommende restriktive Linie gelte (so Märtens, juris PraxisReport Steuerrecht 27/2016 Anm. 1). Vor diesem Hintergrund scheidet eine Anwendung von § 5 Abs. 1a EStG im Streitjahr auf Macro-Hedges aus (so auch Meinert, Die Bildung objektübergreifender Bewertungseinheiten nach Handels- und Steuerrecht, 2010, S. 222).

c) Bei Anwendung dieser Grundsätze erfüllt lediglich die im Mandat „N. C.“ gebildete Bewertungseinheit, die die Klägerin i.H.v. ... EUR in die streitige Rückstellung eingestellt hat, die Voraussetzungen für die Bildung einer Bewertungseinheit nach handelsrechtlicher Rechnungslegung.

aa) Die Klägerin hatte im Rahmen des Mandats „N. C.“ insgesamt acht Bewertungseinheiten in Form von Micro-Hedges gebildet, bei denen sich lediglich für den Micro-Hedge „M.“ ein negativer Saldo aus nicht realisierten Gewinnen und Verlusten ergab (... EUR), der in die hier streitige Rückstellung eingestellt wurde. Aus den Schilderungen der Klägerin sowie den dazu eingereichten Unterlagen ergibt sich, dass die abgeschlossenen Geschäfte sich im Sinne einer „Wenn-dann“-Relation gegenüberstanden, betragsgleich waren und identische Fälligkeitstermine auswiesen. Dem Grundgeschäft stand damit ein konkret identifizierbares positionsausgleichendes Sicherungsgeschäft gegenüber. Dem hat auch der Beklagte nicht widersprochen. Danach hat die Klägerin die Bewertungseinheit für den Micro-Hedge zu Recht gebildet und den negativen Saldo der Rückstellung zugeführt.

bb) Dies gilt nicht für die weiteren gebildeten Bewertungseinheiten. Insoweit handelt es sich nicht um nach handelsrechtlicher Rechnungslegung gebildete Bewertungseinheiten, so dass die Klägerin die sich aus diesen Bewertungseinheiten ergebenden negativen Saldi (... EUR, ... EUR und ... EUR) nicht der Rückstellung zuführen durfte und diese Beträge nicht den Regelungen des § 5 Abs. 1a, Abs. 4a EStG unterfallen.

(1) Denn wie die Klägerin selbst vorgetragen hat, handelt es sich bei den diesen Bewertungseinheiten zugrundeliegenden Geschäften nicht um solche mit konkret identifizierbaren positionsausgleichenden Sicherungsgeschäften, sondern um Geschäfte, bei denen die Sicherungsbeziehung durch Zusammenfassung von Geschäften mit vergleichbaren Risikostrukturen strukturiert wurde und die Sicherungsbeziehung auf einer aggregierten Ebene ansetzte (Macro-Hedges). Insbesondere fehlt es – wie die Klägerin auf ausdrückliche Nachfrage des Gerichts bestätigt hat – an einer konkreten Fristenkongruenz, also identischen Fälligkeitsterminen von Grund- und Sicherungsgeschäften. Anschlusssicherungen wurden nicht getätigt (zur Frage der Berücksichtigungsfähigkeit von Anschlusssicherungen vgl. etwa Meinert, Die Bildung objektübergreifender Bewertungseinheiten nach Handels- und Steuerrecht, 2010, S. 109ff.; Christiansen, DStR 2003, 264).

(2) Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass die Bewertungseinheiten in der Handelsbilanz gebildet und diese durch einen Abschlussprüfer bestätigt wurden.

(a) Ob in einer Handelsbilanz gebildete Bewertungseinheiten konkret maßgeblich für die steuerliche Gewinnermittlung sind, wird unterschiedlich beurteilt. So wird z.T. – wie es auch die Klägerin tut – u.a. unter Verweis auf den Wortlaut des § 5 Abs. 1a EStG vertreten, dass eine konkrete formelle Maßgeblichkeit der Handels- für die Steuerbilanz bestehe (so etwa Krumm in Brandis/Heuermann, Ertragsteuerrecht, § 5 EStG Rn. 236; Hick in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 5 EStG Rn. 1720, 1730; Prinz/Hick, DStR 2006, 771; Schmerkotte, DB 2018, 849). Nach anderer Ansicht soll keine formelle Maßgeblichkeit bestehen, sondern ein steuerrechtlicher Ansatz nur bei Konformität der Bewertungseinheit mit den GoB nach HGB möglich sein (vgl. etwa Schiffers/Strahl/Fuhrmann/Veit in Korn, EStG, § 5 Rn. 450; Tiedchen in Münchener Kommentar zum Bilanzrecht, 1. Aufl. 2013, § 254 HGB Rn. 91; Schiffers, DStZ 2006, 400; Glaser/Kahle, Die Unternehmensbesteuerung –Ubg– 2015, 113; Meinert, DStR 2017, 1401; Meinert, Die Bildung objektübergreifender Bewertungseinheiten nach Handels- und Steuerrecht, 2010, S. 211ff.).

(b) Der Senat folgt der zweiten Ansicht. Zwar spricht, wie die Gegenansicht zu Recht anführt, der Wortlaut des § 5 Abs. 1a EStG davon, dass die „Ergebnisse der in der handelsrechtlichen Rechnungslegung […] gebildeten Bewertungseinheiten auch für die steuerliche Gewinnermittlung maßgeblich sind“. Auch in der Gesetzesbegründung zur Einführung des § 5 Abs. 1a EStG heißt es, dass die „handelsrechtliche Praxis zur Bildung von Bewertungseinheiten auch weiterhin für die Steuerbilanz maßgeblich“ bleibe (BTDrucks 16/520, S. 8). Daraus könnte man den Schluss ziehen, dass jede in der Handelsbilanz gebildete Bewertungseinheit, auch wenn diese nicht den handelsrechtlichen Regelungen entsprach, für Zwecke des Steuerrechts zu übernehmen sei.

Es ist aber zu beachten, dass der Gesetzgeber offenbar, wie unter I. 1. b) erläutert, bei der Schaffung der Regelung davon ausging, dass die Bildung von Bewertungseinheiten auch bislang schon etwa bei fehlender Fristenkongruenz und damit z.B. für Macro- und Portfolio-Hedges den handelsrechtlichen GoB entsprach. Aus Sicht des Gesetzgebers sollte sich in solchen Fällen, wie etwa der Bildung von Bewertungseinheiten von Macro-Hedges, gar keine GoB-Widrigkeit ergeben und sich somit die Frage, ob eine entgegen der Vorschriften der handelsrechtlichen GoB gebildete Bewertungseinheit dennoch steuerrechtlich maßgeblich sein sollte, gar nicht stellen. Vor diesem Hintergrund vermag der Senat trotz des Wortlauts und der Gesetzesbegründung nicht den Schluss zu ziehen, dass der Gesetzgeber in jedem Fall der Bildung einer Bewertungseinheit – auch wenn diese unter Verstoß gegen die handelsrechtlichen Regelungen erfolgte – eine Maßgeblichkeit für das Steuerrecht vor Augen hatte. Wie erläutert gab es vor Einführung des § 254 HGB n.F. keine gefestigten Regelungen zur Bildung von Bewertungseinheiten bei fehlender Fristenkongruenz.

Vielmehr lässt sich aus dem Wortlaut „der in der handelsrechtlichen Rechnungslegung […] gebildeten Bewertungseinheiten“ auch das Verständnis ableiten, dass es eben auf die Einhaltung des Handelsrechts ankommt. Für diese Auslegung spricht unter teleologischen und systematischen Gesichtspunkten auch die Stellung der Norm im Bereich der Regelungen zur Gewinnermittlung und zur Steuerbilanz. Diese verfolgen als Ziel, eine gesetzmäßige und gleichmäßige Besteuerung herzustellen (Meinert, Die Bildung objektübergreifender Bewertungseinheiten nach Handels- und Steuerrecht, 2010, S. 212 m.w.N.). Dieses Ziel kann nur erreicht werden, wenn die Bildung von Bewertungseinheiten nicht in das Belieben des Steuerpflichtigen gestellt wird, sondern der gerichtlichen Kontrolle unterliegt, um so zu gewährleisten, dass die Bildung auch den handelsrechtlichen Regelungen entspricht. Dies gilt auch, um eine Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit zu gewährleisten; dies ist nur möglich, wenn sich die Bildung von Bewertungseinheiten an Regeln orientiert, die bei identischen Sachverhalten auch zu identischen Ergebnissen (Gewinnen) führt und nicht letztlich von der Entscheidung des Steuerpflichtigen ohne gerichtliche Kontrolle abhängt (vgl. zum Ganzen auch Meinert, Die Bildung objektübergreifender Bewertungseinheiten nach Handels- und Steuerrecht, 2010, S. 211ff.). Vor diesem Hintergrund kommt dem Testat eines Abschlussprüfers auch keine Bindungswirkung zu.

d) Im Ergebnis entspricht lediglich die durch die Klägerin im Mandat „N. C.“ gebildete Bewertungseinheit, die sie i.H.v. ... EUR in die streitige Rückstellung eingestellt hat, den Voraussetzungen für die Bildung einer Bewertungseinheit nach handelsrechtlicher Rechnungslegung.

2. Soweit die Bewertungseinheiten zulässigerweise gebildet wurden, dienten sie auch zur Absicherung finanzwirtschaftlicher Risiken.

a) Was unter „finanzwirtschaftlichen Risiken“ i.S. der Vorschrift zu verstehen ist, ist im Gesetz nicht definiert. Die Gesetzesbegründung erwähnt hierzu Sicherungsgeschäfte zur Absicherung von Kursrisiken (BTDrucks. 16/634, S. 10).

Im wirtschaftswissenschaftlichen Sprachgebrauch bezeichnet man mit „Risiko“ vorwiegend die Gefahr des Eintretens „ungünstiger“ Ereignisse, d.h. das negative Abweichen vom erwarteten Wert oder von einem anderen Vergleichswert (Meinert, Die Bildung objektübergreifender Bewertungseinheiten nach Handels- und Steuerrecht, 2010, S. 188 m.w.N.) bzw. die Möglichkeit eines (bilanziellen) Verlustes (Hahne, Steuern und Bilanzen –StuB– 2007, 18). Nach allgemeinem Begriffsverständnis werden die Risiken eines Unternehmens in allgemeine interne und externe Risiken (allgemeines Unternehmerrisiko), leistungswirtschaftliche (oder realwirtschaftliche, vgl. Hahne, StuB 2007, 18) und finanzwirtschaftliche Risiken unterteilt (Hick in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 5 EStG Rn. 1732).

Das allgemeine Unternehmerrisiko betrifft dabei nicht betriebsbedingte Einzelwagnisse, sondern die Unternehmung als Ganzes (z.B. Rückschläge in der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Inflation, technischer Fortschritt, plötzliche Nachfrageverschiebungen). Es handelt sich damit um allgemeine Verlustrisiken, die sich nicht einzelnen Geschäften oder betrieblichen Leistungen spezifisch zuordnen lassen, sondern Ausfluss der Unternehmerstellung sind (vgl. Hick in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 5 EStG Rn. 1732). Ein leistungswirtschaftliches Risiko liegt vor, wenn die Unsicherheit, die das Unternehmensergebnis negativ beeinflusst, im leistungswirtschaftlichen Bereich zu verorten ist. Dazu zählen Risiken in den Bereichen Beschaffung, Produktion, Absatz/Vertrieb sowie Forschung und Entwicklung (vgl. Hick in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 5 EStG Rn. 1732; Meinert, Die Bildung objektübergreifender Bewertungseinheiten nach Handels- und Steuerrecht, 2010, S. 188f.). Finanzwirtschaftliche Risiken beziehen sich auf die im Finanzbereich liegenden Ursachen von Gefahren. Zu ihnen gehören neben den finanzwirtschaftlichen Marktpreisrisiken, die sich aus Zins- und Kursschwankungen ergeben können (Finanzwertrisiken), auch Ausfall- und Liquiditätsrisiken (Zahlungsstromrisiken, vgl. Meinert, Die Bildung objektübergreifender Bewertungseinheiten nach Handels- und Steuerrecht, 2010, S. 189).

aa) Allgemein anerkannt ist, dass Bewertungseinheiten nicht zur Absicherung des allgemeinen Unternehmensrisikos gebildet werden dürfen, um zu vermeiden, dass allgemeine Verlustrisiken, die sich nicht einzelnen Geschäften oder betrieblichen Leistungen spezifisch zuordnen lassen, sondern aus dem allgemeinen Unternehmerrisiko resultieren, abweichend vom Imparitätsprinzip mit unrealisierten Gewinnen saldiert werden (vgl. Hick in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 5 EStG Rn. 1732). Dies wird auch anhand der Gesetzesbegründung zur Einführung des § 254 HGB n.F. durch BilMoG deutlich, in der eine Bildung von Bewertungseinheiten zur Absicherung des allgemeinen Unternehmerrisikos ausdrücklich ausgeschlossen wird (vgl. BTDrucks. 16/12407, S. 86).

Entgegen der Ansicht des Beklagten ist bei den Geschäften der Klägerin nicht das allgemeine Unternehmensrisiko betroffen. Denn es handelt sich nicht um eine Absicherung des Unternehmens als Ganzes gegen z.B. Rückschläge in der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Inflation, technischen Fortschritt oder plötzliche Nachfrageverschiebungen, sondern es sind einzelne Geschäfte der Klägerin betroffen, die gegen Marktpreisänderungsrisiken abgesichert wurden.

bb) Wie leistungswirtschaftliche Risiken von finanzwirtschaftlichen Risiken abgegrenzt werden und ob insbesondere Preisänderungsrisiken von Waren und Rohstoffen in den Anwendungsbereich des § 5 Abs. 1a EStG fallen, wird unterschiedlich beurteilt:

Nach einer Ansicht fallen Preisänderungsrisiken von Waren und Rohstoffen nicht unter § 5 Abs. 1a EStG, da es sich dabei um leistungswirtschaftliche Risiken handele (vgl. etwa Hahne, StuB 2007, 18; Meinert, Die Bildung objektübergreifender Bewertungseinheiten nach Handels- und Steuerrecht, 2010, S. 189; Hörhammer in Hennrichs/Hörhammer, Steuerberater-Jahrbuch –StbJb– 2016/2017, 327 [339f.]). Nach anderer Ansicht soll in diesen Fällen auch der Finanzbereich des Unternehmens betroffen und die Anwendung von § 5 Abs. 1a EStG möglich sein (vgl. etwa Hick in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 5 EStG Rn. 1732; Schiffers, DStZ 2006, 400; Herzig/Briesemeister, Ubg 2009, 157; Hennrichs in Hennrichs/Hörhammer, StbJb 2016/2017, 327 [340f.]; Schmerkotte, DB 2018, 849). Dies gelte insbesondere auch beim Handel mit Energie (vgl. Hick in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 5 EStG Rn. 1732; Hennrichs in Hennrichs/Hörhammer, StbJb 2016/2017, 327 [340f.]; Schmerkotte, DB 2018, 849). Das FG München definiert finanzwirtschaftliche Risiken unter Verweis auf die überwiegende Literaturmeinung als Risiken, „die sich vor allem aus börsenmäßig ermittelten Preisänderungen für Währungen, Waren, Zinssätze, Optionen, Aktien, Obligationen ergeben und die durch Finanzinstrumente abgesichert werden können“ (FG München, Urteil vom 25.7.2022 7 K 361/21, EFG 2022, 1700, Rev. anh. unter III R 32/22).

b) Der Senat folgt jedenfalls für das hier vorliegende Geschäftsmodell der Klägerin als Händlerin mit Energie der zweiten Ansicht.

aa) Der Wortlaut der Norm lässt bei der dabei erforderlichen Auslegung keinen eindeutigen Rückschluss zu, wie genau der Begriff der finanzwirtschaftlichen Risiken zu verstehen ist. Mangels entgegenstehender Anhaltspunkte in den Gesetzgebungsmaterialien ist aber davon auszugehen, dass sich der Gesetzgeber mit dem Begriff der finanzwirtschaftlichen Risiken an die oben dargestellte übliche Abgrenzung anlehnen wollte (so auch Hick in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 5 EStG Rn. 1732 unter Verweis auf BTDrucks. 16/634, S. 10; Meinert, Die Bildung objektübergreifender Bewertungseinheiten nach Handels- und Steuerrecht, 2010, S. 189). Allerdings führen die Gesetzesmaterialien zur Begründung der Norm wie folgt aus: „Unternehmen sichern Geschäfte (Grundgeschäfte), die einem Kursrisiko unterliegen, in der Regel durch andere Geschäfte (Sicherungsgeschäfte) ab, die einem gegenläufigen Risiko unterliegen, um Verluste zu vermeiden (Hedge)“ (BTDrucks. 16/634, S. 10). Aus dieser Formulierung lässt sich, da lediglich auf Kursrisiken Bezug genommen wird, keine Ausgrenzung von Geschäften mit Waren und Rohstoffen entnehmen, da auch Waren und Rohstoffe Kursrisiken unterliegen können.

bb) Als Sinn und Zweck der Regelung nennt die Gesetzesbegründung insbesondere das Ziel, einen Gleichlauf von Handels- und Steuerrecht zu erreichen. Dass in der handelsrechtlichen Praxis aber Bewertungseinheiten beim Abschluss von Sicherungsgeschäften zur Absicherung von Preisänderungsrisiken bei Waren und Rohstoffen generell nicht gebildet werden durften, vermag der Senat nicht zu erkennen. Vielmehr war (wie unter I. 1. a) cc) erläutert) umstritten, unter welchen Voraussetzungen Bewertungseinheiten gebildet werden durften, nicht aber für welche Art von Risiken.

cc) Vor diesem Hintergrund geht der Senat davon aus, dass jedenfalls für Geschäftsmodelle wie demjenigen der Klägerin als Händlerin mit Energie auch Preisänderungsrisiken von Waren und Rohstoffen in den Anwendungsbereich des § 5 Abs. 1a EStG fallen können.

Zwar ist der Gegenansicht zuzustimmen, dass in diesen Fällen der Beschaffungsbereich eines Unternehmens betroffen ist – und damit grundsätzlich leistungswirtschaftliche Risiken. Allerdings können solche Geschäfte daneben je nach ihrer Ausgestaltung auch zugleich in den Bereich der finanzwirtschaftlichen Risiken fallen, wenn das abgeschlossene Termingeschäft zugleich auf die Absicherung eines finanzwirtschaftlichen Risikos in Form eines Marktpreisänderungsrisikos ausgerichtet und somit auch der Finanzbereich des Unternehmens betroffen ist. Solche Geschäfte dienen typischerweise der Risikoabsicherung, nämlich der Absicherung des Wertänderungsrisikos im Hinblick auf die unsichere Entwicklung von Preisen der Waren oder Rohstoffe. Mögliche Verluste aus diesen Geschäften sind dann auf den schwankenden Marktpreis und damit auf ein finanzwirtschaftliches Risiko zurückzuführen. Dabei ist unerheblich, ob die abgeschlossenen Geschäfte zur physischen Lieferung des Basiswerts verpflichten bzw. berechtigen oder auf einen finanziellen Ausgleich gerichtet sind. Denn in beiden Fällen bestehen finanzwirtschaftliche Risiken in Form von Zahlungsstromänderungsrisiken (Cash-Flow-Risiken) und Wertänderungsrisiken (fair-value-Risiken). Die zur Absicherung von Beschaffungs- und Absatzgeschäften getätigten Termingeschäfte unterliegen potentiell beiden Risiken. Insbesondere soweit Termingeschäfte auf einen Barausgleich (Cash-Settlement) gerichtet sind, besteht primär ein Risiko unsicherer Zahlungsströme (Cash-Flow-Risiko, vgl. dazu auch Hick in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 5 EStG Rn. 1732; Hennrichs in Hennrichs/Hörhammer, StbJb 2016/2017, 327 [340f.]).

So liegt der Fall hier beim Geschäftsmodell der Klägerin, die typischerweise ihre Geschäfte nicht durch physische Lieferung abschließt, über die gehandelten Waren also gar nicht verfügt und als „Leerverkäuferin“ handelt: Zwar lagen den von der Klägerin abgeschlossenen Termingeschäften als Basiswerte realwirtschaftliche Güter (z.B. ..., N. etc.) zugrunde; das aus dem Termingeschäft resultierende Marktpreisrisiko ist aber dennoch ein finanzwirtschaftliches (so für den Bereich des Handels mit Energie auch Hennrichs in Hennrichs/Hörhammer, StbJb 2016/2017, 327 [341]). Denn die abgeschlossenen Termingeschäfte unterlagen einem Marktpreisrisiko aufgrund des Abschlusses von Geschäften, nach denen die Klägerin verpflichtet war, die gehandelten Waren bzw. Rohstoffe zu einem bestimmten Zeitpunkt zu einem bestimmten Preis abzunehmen bzw. zu liefern, so dass ein Risiko zwischenzeitlich steigender bzw. sinkender Preise bestand. Daraus resultierten Marktpreispreisrisiken sowie Cash-Flow-Risiken aufgrund möglicher hoher Zahlungsabflüsse. Diese Risiken hat die Klägerin durch den Abschluss von Sicherungsgeschäften abgesichert. Die Geschäfte beinhalteten also Risiken, die sich aus der unsicheren Entwicklung der Marktpreise der gehandelten ... Waren ergeben und waren damit finanzwirtschaftlicher Natur (so zum Handel mit Energie auch Hick in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 5 EStG Rn. 1732; Schmerkotte, DB 2018, 849).

dd) Soweit der Beklagte anführt, dass § 5 Abs. 1a EStG auf Handelsportfolien, die ausschließlich Handelszwecken dienen und zur Erzielung von Arbitragegewinnen eingerichtet werden, nicht anwendbar sei, da solche Portfolien nicht zum Zweck der Risikoabsicherung gebildet würden, braucht diese Frage hier nicht entschieden zu werden. Zwar wird z.T. vertreten, dass die Regelung des § 5 Abs. 1a EStG Handelsportfolien nicht erfasse (vgl. etwa Weber-Grellet in Schmidt, EStG, 42. Aufl. 2023, § 5 Rn. 70; Hahne, StuB 2007, 18; a.A. u.a. mit Verweis auf die Gesetzesbegründung Meinert, Die Bildung objektübergreifender Bewertungseinheiten nach Handels- und Steuerrecht, 2010, S. 194ff.). Der hier einzig zu prüfenden Bewertungseinheit (da die weiteren Bewertungseinheiten wie oben erläutert nicht den handelsrechtlichen Voraussetzungen entsprachen) liegt aber ein Micro-Hedge und kein Portfolio-Hedge im Rahmen eines Handelsportfolios zugrunde.

c) Im Ergebnis diente die im Mandat „N. C.“ gebildete Bewertungseinheit, die die Klägerin i.H.v. ... EUR in die streitige Rückstellung eingestellt hat, der Absicherung finanzwirtschaftlicher Risiken.

3. Soweit der Beklagte anführt, aufgrund des Schreibens des BMF vom 22.7.2016 unter Verweis auf die Ausführungen des IDW vom 24.8.2015 (IDW-Fachnachrichten –FN-IDW– 10/2015, 553) ergebe sich, dass Bewertungseinheiten bei Energiehändlern steuerlich nicht anzuerkennen seien, so ist dem für die hier streitige Bewertungseinheit, die auf einem Micro-Hedge beruht, nicht zu folgen. Zum einen sind derartige Verlautbarungen für den Senat schon nicht bindend und zeitlich auch erst für die Aufstellung von Abschlüssen für Zeiträume, die nach dem oder am 1.1.2017 beginnen, anwendbar (FN-IDW 10/2015, 553 Rn. 4). Zum anderen befasst sich die Stellungnahme u.a. mit § 254 HGB n.F. – also einer Norm, die im Streitjahr noch gar nicht anwendbar war – und mit Energieversorgungsunternehmen – also solchen, bei denen wenigen ...Beschaffungsverträgen eine Vielzahl von ...Absatzverträgen gegenüberstehen (vgl. FN-IDW 10/2015, 553 Rn. 8) – und nicht mit Händlern mit Energie, wie es die Klägerin, die kein Endkundengeschäft betreibt, ist.

4. Auf den Antrag der Klägerin bezüglich der Rückstellung hin hat eine Berücksichtigung der streitigen Rückstellung gem. § 5 Abs. 4a Satz 2 i.V.m. Abs. 1a EStG i.H.v. ... EUR zu erfolgen.

II. Auf die hilfsweise geltend gemachte Minderung des Einkommens bzw. Erhöhung des Verlustes aufgrund einer Teilwertabschreibung der aktivierten Variation Margins hat keine weitere Änderung der Bescheide zu erfolgen. Die Bescheide sind insoweit rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Denn die Voraussetzungen für eine Teilwertabschreibung sind nicht erfüllt.

1. Gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG sind nicht abnutzbare Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens im Grundsatz mit ihren Anschaffungs- oder Herstellungskosten anzusetzen. Jedoch kann für solche Wirtschaftsgüter gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG der Teilwert angesetzt werden, wenn dieser aufgrund einer voraussichtlich dauernden Wertminderung niedriger ist. Teilwert ist nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG der Betrag, den ein Erwerber des ganzen Betriebs im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut ansetzen würde; dabei ist davon auszugehen, dass der Erwerber den Betrieb fortführt. Eine voraussichtlich dauernde Wertminderung liegt bei aktiven Wirtschaftsgütern vor, wenn der Teilwert nachhaltig unter den maßgeblichen Buchwert gesunken ist. Von einem „nachhaltigen“ Sinken des Teilwerts unter die Anschaffungskosten ist auszugehen, wenn aus der Sicht des Bilanzstichtags aufgrund objektiver Anzeichen ernstlich mit einem langfristigen Anhalten der Wertminderung gerechnet werden muss. Hierfür bedarf es einer an der Eigenart des Wirtschaftsgutes ausgerichteten Prognose (BFH-Urteil vom 23.4.2009 IV R 62/06, BStBl II 2009, 778). Nach Ansicht der Finanzverwaltung ist eine Wertminderung voraussichtlich von Dauer, wenn sie bis zum Zeitpunkt der Aufstellung der Bilanz anhält (vgl. BMF-Schreiben vom 2.9.2016 IV C 6-S 2171-b/09/10002:002, BStBl I 2016, 995 Rn. 16).

2. Nach diesen Grundsätzen kommt eine Teilwertabschreibung auf die Variation Margins nicht in Betracht.

a) Wie es der h.M. entspricht, hat die Klägerin die geleisteten Variation Margins erfolgsneutral im Umlaufvermögen im Bereich der „sonstigen Vermögensgegenstände“ aktiviert (vgl. dazu etwa Neumann-Tomm in Lademann, EStG, § 5 Rn. 934; Haisch in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 5 EStG Rn. 1078; Schiffers/Strahl/Fuhrmann/Veit in Korn, EStG, § 5 Rn. 249; Justenhoven/Usinger in Beck'scher Bilanz-Kommentar, 13. Aufl. 2022, § 254 HGB Rn. 101; Menninger, BB 1994, 175; Bieg, Der Steuerberater –StB– 2003, 92).

b) Ob bei einer negativen Wertentwicklung eines Futures – also einem drohenden Verlust, der daraus resultiert, dass bei gekauften Futures der Kurs am Bilanzstichtag unter dem Einstandskurs bzw. bei verkauften Futures über dem Einstandskurs liegt – auf die für den Future geleisteten Variation Margins eine Teilwertabschreibung vorgenommen werden kann, ist umstritten.

aa) Nach einer Ansicht komme in dieser Konstellation eine Teilwertabschreibung in Betracht, wobei z.T. unterschiedlich beurteilt wird, ob ein Wahlrecht zwischen einer Teilwertabschreibung und der Bildung einer Rückstellung für drohende Verluste besteht, oder ob der Teilwertabschreibung Vorrang gegenüber einer Drohverlustrückstellung zukommt (vgl. etwa Haisch in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 5 EStG Rn. 1078; Hick in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 5 EStG Rn. 1733; Schiffers/Strahl/Fuhrmann/Veit in Korn, EStG, § 5 Rn. 250; Justenhoven/Usinger in Beck'scher Bilanz-Kommentar, 13. Aufl. 2022, § 254 HGB Rn. 101).

bb) Nach anderer Ansicht seien die Verlustbeträge nicht durch eine Teilwertabschreibung, sondern durch die Bildung einer Drohverlustrückstellung zu berücksichtigen, die sich wegen § 5 Abs. 4a Satz 1 EStG allerdings steuerrechtlich nicht auswirke (vgl. etwa Neumann-Tomm in Lademann, EStG, § 5 Rn. 934; Menninger, BB 1994, 175; Bieg, StB 2003, 92).

cc) Der Senat folgt der zweiten Ansicht.

Begründet liegt dies insbesondere darin, dass anderenfalls die Eigenständigkeit der jeweiligen Geschäftsvorfälle unbeachtet bliebe. Denn es sind die Variation Margins auf der einen und die Verpflichtung aus dem zugrundeliegenden Geschäft – nämlich dem Future – auf der anderen Seite voneinander zu trennen. Während es sich bei dem Future um ein abgeschlossenes Rechtsgeschäft handelt, dessen Wertentwicklung negativ sein kann, handelt es sich bei den Variation Margins um eine Sicherheitsleistung gegenüber der Terminbörse bzw. der Clearingstelle EEX (vgl. etwa Justenhoven/Usinger in Beck'scher Bilanz-Kommentar, 13. Aufl. 2022, § 254 HGB Rn. 101; Menninger, BB 1994, 175; Bieg, StB 2003, 92). Auch die Klägerin selbst geht davon aus, dass der Variation Margin in den hier zu prüfenden Geschäften über die EEX die Funktion einer Sicherheitsleistung zukommt (vgl. Schriftsatz vom 22.6.2018, S. 15, Bl. 63 GA). Die geleistete Variation Margin stellt keine Erfüllungsleistung dar (vgl. Justenhoven/Usinger in Beck'scher Bilanz-Kommentar, 13. Aufl. 2022, § 254 HGB Rn. 101; Bieg, StB 2003, 92), sondern ist als „Zeichen der Erfüllungsbereitschaft und Erfüllungsfähigkeit“ zu werten (so Bieg, StB 2003, 92). Der drohende Verlust resultiert dagegen aus der negativen Wertentwicklung des von der Marginzahlung zu trennenden Futures; ursächlich für den drohenden Verlust ist also die Wertentwicklung des Futures, er ist nicht in der sich aus der Leistung der Variation Margin ergebenden Forderung begründet. Vor diesem Hintergrund würde eine Verrechnung des sich aus dieser negativen Wertentwicklung des Futures ergebenden Verlustes mit der sich aus den geleisteten Variation Margins ergebenden Forderung bedeuten, dass die nachteilige Wertentwicklung des Futures als Verbrauch der geleisteten Sicherheiten interpretiert werden müsste (so auch Menninger, BB 1994, 175; Bieg, StB 2003, 92); dies würde eine unzulässige Vermengung der beiden voneinander zu trennenden Positionen zur Folge haben.

Daneben würde der Ansatz einer Teilwertabschreibung zu einer Ungleichbehandlung und einem uneinheitlichen Bilanzausweis von Futures im Vergleich zu anderen Termingeschäften, die nicht börsentäglich abgerechnet werden und damit keine Variation-Margin-Forderung begründen, führen, da bei diesen drohende Verluste nur durch Bildung einer Drohverlustrückstellung und nicht durch Forderungsabschreibungen antizipiert werden könnten. Weitere Mängel einer Teilwertabschreibung und damit letztlich eines Nettoausweises, d.h. einer Verrechnung drohender Verluste mit der bilanzierten Forderung, sind zudem der Verstoß gegen das Saldierungsverbot gemäß § 246 Abs. 2 HGB und der Informationsverlust durch den saldierten Ausweis (vgl. auch Menninger, BB 1994, 175; Bieg, StB 2003, 92).

Etwas anderes ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung der von der Klägerin angeführten Urteile des BFH vom 25.11.2009 X R 27/05 (BFH/NV 2010, 1090) und vom 7.9.2005 VIII R 1/03 (BStBl II 2006, 298). Diese behandeln die Frage einer Teilwertabschreibung auf teilfertige Gebäude bei gewerblichen Grundstückshändlern und das Verhältnis zwischen Teilwertabschreibungen und der Bildung von Drohverlustrückstellungen, wobei laut BFH der Teilwertabschreibung Vorrang zu geben sei. Die dort entschiedene Konstellation ist mit der hier vorliegenden aber nicht vergleichbar: Während der gewerbliche Grundstückshändler bei halbfertigen Bauleistungen unstreitig Vorleistungen (etwa in Form von Material- und Personalaufwand) auf die in Auftrag gegebene Immobilie aufwendet, dienen die Variation Margins wie erläutert nicht der Erfüllung des abgeschlossenen Geschäfts (also des Futures), sondern haben eine Sicherungsfunktion.

3. Im Ergebnis kommt eine Berücksichtigung des drohenden Verlustes durch eine Teilwertabschreibung nicht in Betracht; eine etwaige Rückstellung für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften darf steuerrechtlich nicht gebildet werden (§ 5 Abs. 4a Satz 1 EStG).

III. Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO.

IV. Die Übertragung der Berechnung der festgestellten Verluste auf den Beklagten ergibt sich aus § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO.

V. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.

VI. Die Zulassung der Revision erfolgt nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.

 

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