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RdF-News
12.02.2024
RdF-News
FG München: Keine verdeckte Gewinnausschüttung beim Rückkauf eigener Wandelanleihen

FG München, Urteil vom 24.7.2023 – 7 K 1197/19, Rev. eingelegt (Az. BFH I R 48/23)

RdF Online: RdFL2024-78-1

Leitsätze

1. Aufwendungen, die einer AG dadurch entstehen, dass sie zum einen nach Ausgabe einer Wandelanleihe infolge der Ausübung des Wandungsrechts einen Barausgleich leistet und zum anderen Teile der Wandelanleihe zu Marktpreisen von den Anleihegläubigern zurückkauft, führen bei der AG nicht zu verdeckten Gewinnausschüttungen, weil die Aufwendungen für den Ankauf der Wandelanleihe den Aktionären nicht mehr als Ausschüttungsvolumen zur Verfügung stehen, der Barausgleich letztlich eine Wertminderung der bestehenden Aktien bewirkt und weil die Aufwendungen der AG für den Barausgleich und den Rückkauf der Wandelanleihe somit nicht geeignet sind, bei den Aktionären einen sonstigen Bezug im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auszulösen (vgl. Rechtsprechung zu den Voraussetzungen einer verdeckten Gewinnausschüttung).

2. Die objektive Eignung, beim Gesellschafter einen sonstigen Bezug im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auszulösen, setzt voraus, dass zwischen der Vermögensminderung der Gesellschaft und dem Vorteil des Anteilseigners eine betragliche und zeitliche Konnexität besteht.

3. Die von der AG getätigten Aufwendungen für den Barausgleich sowie für den Rückerwerb der Wandelanleihe unterliegen auch nicht dem Abzugsverbot nach § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG.

4. Bei einer doppelstöckigen Personengesellschaft entfällt der Gewerbeverlust nach § 10a GewStG der Unterpersonengesellschaft, wenn infolge des Ausscheidens eines Gesellschafters aus der zweigliedrigen Unterpersonengesellschaft das Vermögen der Unterpersonengesellschaft durch Anwachsung auf die Oberpersonengesellschaft als verbleibende Gesellschafterin übergeht und die Unterpersonengesellschaft ohne Liquidation vollbeendet wird; die Anwachsung des Unternehmens der Untergesellschaft bei der Obergesellschaft führt grundsätzlich zu einem vollständigen Unternehmerwechsel und zum Wegfall der Unternehmeridentität. Scheidet anschließend auch aus der Oberpersonengesellschaft ein Gesellschafter aus und geht ihr Vermögen durch Anwachsung auf den verbleibenden Gesellschafter über, so kann dieser den vor den Anwachsungen bei der Unterpersonengesellschaft entstandenen Gewerbeverlust mangels Unternehmeridentität nicht nutzen.

GewStG § 10a, HGB § 250 Abs. 3. KStG § 8b Abs. 2 S. 1, AktG § 71 Abs. 1 Nr. 8, EStG § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 2

Sachverhalt

Streitig ist, ob Aufwendungen im Zusammenhang mit einer im Jahr 2003 ausgegebenen Wandelanleihe, die der Klägerin dadurch entstanden sind, dass sie

- im Streitjahr 2006 infolge der Ausübung von Wandlungsrechten durch Anleihegläubiger einen Barausgleich in Höhe von Euro geleistet hat und

- im Streitjahr 2007 den Nennbetrag der Anleiheverbindlichkeit übersteigende Zahlungen in Höhe von Euro getätigt hat, um große Teile der Wandelanleihe zu Marktpreisen von den Anleihegläubigern zurück zu erwerben, als verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) zu qualifizieren sind.

Die Beteiligten streiten ferner darüber, ob bei der Klägerin im Streitjahr 2007 ein gewerbesteuerlicher Verlust in Höhe von Euro zu berücksichtigen ist.

Die Klägerin ist eine mit Satzung vom … gegründete Aktiengesellschaft (AG). Die Satzung wurde zuletzt durch Beschluss vom geändert.

Gegenstand des Unternehmens ist die …

Das Grundkapital der Klägerin beträgt … Euro.

Das Wirtschaftsjahr umfasst den Zeitraum vom .. bis zum … Vorstandsvorsitzender der Klägerin ist derzeit …

1. Wandelanleihe

Der Vorstand der Klägerin wurde durch Beschluss der Hauptversammlung vom … unter anderem ermächtigt, Fremdkapital in Form von Schuldverschreibungen im Gesamtnennbetrag von bis zu … Euro mit Wandlungsrecht auf neue, auf den Namen lautende Stückaktien der Klägerin mit einem anteiligen Betrag am Grundkapital von bis zu … Euro aufzunehmen. Die Ermächtigung bestand nach einer Neuerteilung und Erhöhung (auf Schuldverschreibungen im Wert von bis zu … Euro) durch Beschluss der Hauptversammlung der Klägerin im Jahre … bis zum … fort.

Auf Grundlage dieser Ermächtigung emittierte die F, eine 100%ige Enkelgesellschaft der Klägerin (nachfolgend: Anleiheschuldnerin), am …2003 eine Wandelanleihe zu pari mit einem Emissionsvolumen von … Euro. Die Wandelanleihe wurde mit …% (§ 3 Abs. 1 der Anleihebedingungen) p.a. verzinst und war unter bestimmten Voraussetzungen zu einem Wandlungspreis von … Euro pro Aktie wandelbar (§ 7 Abs. 5 der Anleihebedingungen).

Die Anleiheschuldnerin war jederzeit berechtigt, ohne Zustimmung der Anleihegläubiger die Anleiheschuldnerin durch die Klägerin als Hauptschuldnerin für alle Verpflichtungen aus den Schuldverschreibungen zu ersetzen (§ 17 der Anleihebedingungen).

Nach § 4 Abs. 2 der Anleihebedingungen waren die Anleihegläubigerin und die Klägerin jederzeit berechtigt, die Schuldverschreibungen am Markt zurückzukaufen. Ab dem … war die Anleiheschuldnerin unter bestimmten Voraussetzungen berechtigt, die Schuldverschreibungen insgesamt oder teilweise zum Nennbetrag zurückzuzahlen (§ 4 Abs. 3 der Anleihebedingungen).

Die Anleiheschuldnerin war ferner bei Ausübung des Wandlungsrechts durch einen Anleihegläubiger berechtigt, anstelle der Lieferung von allen oder von Teilen der dem ausgeübten Wandlungsrecht entsprechenden Aktien einen Geldbetrag für die Aktien an den Anleihegläubiger zu zahlen, welche die Anleiheschuldnerin gemäß ihrer Entscheidung nicht liefert („Barausgleichsbetrag“, § 10 Abs. 1 der Anleihebedingungen).

Die Klägerin gab für die Verpflichtungen der Anleiheschuldnerin eine unbedingte und unwiderrufliche Garantie ab.

Auf die Anleihebedingungen wird Bezug genommen.

Zur Bedienung der Wandlungsrechte wurde das Grundkapital um bis zu … Euro bedingt erhöht (sog. „Bedingtes Kapital 2003“). Im Jahr 2004 wurde das zur Verfügung stehende bedingte Kapital auf bis zu … Euro erhöht (sog. „Bedingtes Kapital 2004“).

Das gesetzliche Bezugsrecht der Aktionäre auf die Wandelanleihe wurde aufgrund der im Jahre 2003 erteilten Ermächtigung des Vorstands mit Zustimmung des Aufsichtsrats ausgeschlossen.

Wesentliche Kennzahlen der Wandelanleihe:

Bei Ausgabe der Wandelanleihe wurde unter Berücksichtigung der Unterverzinsung der Anleihe (gegenüber dem damaligen Marktzins für Anleihen ohne Wandlungsrecht) und ihrer Ausgabe ohne Agio zum Nennbetrag anhand anerkannter finanzmathematischer Grundsätze von dem die Emission begleitenden Institut ein verdecktes Aufgeld errechnet. Das verdeckte Aufgeld wurde in die Kapitalrücklage eingestellt (§ 272 Abs. 2 Nr. 2 Handelsgesetzbuch in der in den Streitjahren geltenden Fassung – HGB –) und auf der Aktivseite ein Rechnungsabgrenzungsposten in Höhe von … Euro ausgewiesen (§ 250 Abs. 3 HGB).

Der Jahreshöchststand der Aktie der Klägerin an der Börse war wie folgt:

„…

Im Streitjahr 2006 wurde das Wandlungsrecht für einen Teil der Wandelanleihen durch Anleihegläubiger ausgeübt. Hierfür leistete die Klägerin gemäß § 10 Abs. 1 der Anleihebedingungen einen Barausgleichsbetrag in Höhe von insgesamt … Euro. Damit entstanden zusätzliche (über den Nennbetrag der Schuldverschreibungen hinausgehende) Aufwendungen in Höhe von … Euro, die von der Klägerin aufwandswirksam gebucht wurden. Im dritten Quartal des Geschäftsjahrs 2006 verzichtete die Klägerin unwiderruflich auf die Option, bar statt mit Aktien zu bedienen (§ 10 der Anleihebedingungen).“

Am …2007 ermächtigte der Vorstand der Klägerin den Leiter der Zentralabteilung …, nach seinem Ermessen und im Einklang mit den Anleihebedingungen über den teilweisen oder ggf. vollständigen Kauf der noch ausstehenden Wandelanleihe sowie über die Ausübung des Rechts zur vorzeitigen Rückzahlung gemäß den Anleihebedingungen bis zu einem Wert von maximal … Euro zu entscheiden. Im … 2007 kaufte die Klägerin über ein eingeschaltetes Kreditinstitut ca. … % (Nennwert … Euro/Marktwert … Euro) der Wandelanleihe zum Marktwert am Kapitalmarkt zurück. Das Kreditinstitut erwarb die Wandelanleihe gegen Zahlung eines Geldbetrages oder gegen eine Kombination aus der Leistung einer Geldzahlung sowie der Lieferung von Aktien der Klägerin (Tauschgeschäft/Swap). Die Aktien erwarb das Kreditinstitut am Markt. Hierbei entstanden zusätzliche Kosten durch Swaps in Höhe von … Euro.

Nach diesen Käufen übte die Anleiheschuldnerin am …2007 einen „Issuer Call“ zum …2007 aus und veröffentlichte dies in der … Bis zum …2007 wurden über das eingeschaltete Institut nochmals ca. … % der Wandelanleihe zum Marktwert zurückgekauft (Nennwert …Euro/Marktwert … Euro). Infolge Swaps entstand ein Gewinn von … Euro.

... % der Wandelanleihe wurden in neue Aktien der Klägerin gewandelt. Insgesamt wurden ca. .. % der Wandelanleihe von der Klägerin erworben.

Mit Vereinbarung vom …2007 erfolgte hinsichtlich der Anleiheverbindlichkeit eine Schuldübernahme durch die Klägerin (gemäß § 17 der Anleihebedingungen), so dass die Klägerin Anleiheschuldnerin wurde. Am …2007 wurden die letzten noch ausstehenden Wandelanleihen zum Nennbetrag zurückgezahlt (ca. … Euro). Anschließend wurden sämtliche zurückgekauften Wandelanleihen entwertet und erloschen durch Konfusion.

Infolge des Erwerbs von ca. … % der Wandelanleihe entstand der Klägerin im Streitjahr 2007 ein Aufwand in Höhe von … Euro (einschließlich Stückzinsen, Disagioauflösung und Swapaufwand).

Den Aufwand berechnete die Klägerin wie folgt (in Euro):

Die dargestellten Beträge sind der Höhe nach zwischen den Beteiligten unstreitig.

Im Geschäftsbericht der Klägerin 2007 wurde ausgeführt, das übrige Finanzergebnis sei durch den Aufwand aus dem vorzeitigen Rückkauf der …emittierten Wandelanleihe in Höhe von … Euro belastet. Darüber hinaus wurde im Geschäftsbericht 2007 erläutert, die Klägerin habe … beschlossen, die Kapitalstruktur zu optimieren. Im Geschäftsjahr 2007 sei das Eigenkapital gegenüber dem Vorjahr um 15% angestiegen. …

2. Gewerbesteuerrechtliche Verlustvorträge

Die Klägerin war bis 31.05.2007 an der X KG als alleinige Kommanditistin und Mitunternehmerin beteiligt. Komplementärin ohne Kapitalbeteiligung war die X GmbH.

Die X KG war mit einer Kapitalbeteiligung von 99,99% Gesellschafterin und Mitunternehmerin der X OHG). Weitere Gesellschafterin war die X GmbH mit einer Kapitalbeteiligung von 0,01%. Die Wirtschaftsjahre der genannten Gesellschaften liefen vom 01.10. bis zum 30.09. des Folgejahres.

Mit Wirkung zum Ablauf des 31.05.2007 schied die X GmbH als Gesellschafterin aus der X OHG ohne Abfindung aus. Mit Wirkung zum Beginn des 01.06.2007 schied die Komplementärin X GmbH aus der X KG aus.

In der Zeit vom 01.10.2005 bis zum 31.05.2007 entstanden bei der X OHG gewerbesteuerliche Verluste in Höhe von … Euro. Die Höhe des Verlusts sowie die dargestellte Struktur der doppelstöckigen Personengesellschaft und die Beteiligungsverhältnisse der genannten Gesellschaften während des Verlustentstehungszeitraums sind zwischen den Beteiligten unstreitig.

Die Steuer- bzw. Feststellungserklärungen für 2006 wurden am 08.03.2007, die Steuer- bzw. Feststellungserklärungen 2007 am 27.01.2009 beim Beklagten (dem Finanzamt – FA –) eingereicht.

Während der Zeit vom 02.02.2009 bis zum 31.12.2011 fand eine Außenprüfung bei der Klägerin statt (16. Betriebsprüfungsturnus). Die Betriebsprüfung umfasste die Veranlagungszeiträume 2006 bis 2009.

Die Betriebsprüfung vertrat die Auffassung, der Aufwand für den Barausgleich bzw. den Rückkauf der Wandelanleihe sei gemäß § 8b Abs. 3 Satz 3 Körperschaftsteuergesetz in der in den Streitjahren geltenden Fassung (KStG) i.V.m. § 8b Abs. 2 Satz 1 KStG bei der Ermittlung des Einkommens der Klägerin nicht zu berücksichtigen, da er zum Rückkauf der in den Wandelschuldverschreibungen ruhenden Bezugsrechte auf eigene Aktien geleistet wurde. Hilfsweise qualifizierte die Betriebsprüfung die getätigten Ablösebeträge als vGA, da den Altaktionären insbesondere durch die Verhinderung der Verwässerung ein durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasster Vermögensvorteil zugewandt worden sei.

Die Betriebsprüfung zog einen Teil der Gesamtaufwendungen in Höhe von … Euro (Streitjahr 2006) bzw. … Euro (Streitjahr 2007) von den Gewinnrücklagen laut Steuerbilanz der Klägerin (… Euro) ab. Laut Prüferbilanz ergaben sich Werte von … Euro (2006) bzw. … Euro (2007). Dadurch erhöhte sich der steuerliche Gewinn um … Euro (2006; Barausgleich Wandelrechte) bzw. um … Euro (2007; Rückkauf Wandelanleihe).

Der überschießend getätigte Aufwand von … Euro berechne sich wie folgt (in Euro):

Die Betriebsprüfung vertrat ferner die Ansicht, die bei der X OHG entstandenen gewerbesteuerlichen Verluste in Höhe von X Euro seien nicht auf die Klägerin übergegangen. Die Klägerin habe die Verluste der X OHG nicht selbst als deren unmittelbare Mitunternehmerin erlitten. Es fehle daher an der Unternehmeridentität.

Das FA folgte der Auffassung der Betriebsprüfung und erließ am 08.02.2013 geänderte Bescheide über Körperschaftsteuer 2006 und 2007 sowie über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer zum 31.12.2006 und zum 31.12.2007. Am 13.02.2013 erließ das FA geänderte Bescheide über den Gewerbesteuermessbetrag 2006 und 2007 sowie über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2006 und 31.12.2007. Der Bescheid über Körperschaftsteuer für 2006 vom 08.02.2013 sowie der Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag vom 13.02.2013 wurden jeweils auf 0 € festgesetzt.

Gegen die nach der Außenprüfung erlassenen Bescheide legte die Klägerin mit Schreiben vom 06.03.2013 Einspruch ein. Die Bescheide über Körperschaftsteuer 2006 und 2007, sowie über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer zum 31.12.2006 und 31.12.2007, wurden mit Bescheiden vom 02.04.2019 aufgrund des Einspruchs aus Gründen, die nicht das Klageverfahren betreffen, nochmals geändert. Die Körperschaftsteuer für 2006 wurde unverändert in Höhe von 0 Euro festgesetzt. Die Bescheide über den Gewerbesteuermessbetrag 2006 und 2007, sowie über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2006 und 31.12.2007 wurden mit Bescheiden vom 05.04.2019 aus Gründen, die nicht das Klageverfahren betreffen, nochmals geändert.

Mit Teil-Einspruchsentscheidung vom 18.04.2019 wurden die Einsprüche als unbegründet zurückgewiesen.

Hiergegen richtet sich die Klage.

1. Wandelanleihe

Das FA lasse die als Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 4 Einkommensteuergesetz in der in den Streitjahren geltenden Fassung – EStG – i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG) zu qualifizierenden Aufwendungen der Klägerin für den Ankauf der Wandelanleihe zu Unrecht steuerrechtlich nicht zum Abzug zu.

a) Die bilanzielle Handhabung des Sachverhalts durch das FA sei bereits unrichtig. Das FA verringere die Gewinnrücklagen und generiere daraus einen höheren (steuerrechtlichen) Gewinn. Daneben vertrage sich die (an sich schon unrichtige) bilanzielle Lösung des FA nicht mit den von ihm angewendeten steuerrechtlichen Abzugsverboten. Denn bei den vom FA herangezogenen Korrekturnormen §§ 8b Abs. 3 Satz 3, 8 Abs. 3 Satz 2 KStG handele es sich um außerbilanzielle Hinzurechnungen von Betriebsausgaben. Eine Veränderung von Bilanzpositionen habe daher im Anwendungsbereich dieser Vorschriften zwingend zu unterbleiben.

b) Wandelanleihen stellten keinen Anteil i.S. des § 8b Abs. 2 Satz 1 KStG dar. Aufwendungen im Zusammenhang mit Wandelanleihen unterfielen mithin auch nicht dem Abzugsverbot des § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG.

c) Darüber hinaus sei auch die Annahme einer vGA im vorliegenden Fall unzutreffend.

aa) Der Ankauf von Wandelanleihen durch die Klägerin sei nicht durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst. Der Vorstand habe eine Entscheidung zur Adjustierung der Kapitalstruktur getroffen. Die Klägerin habe ein Kapitalstrukturziel festgelegt, das durch das Verhältnis „angepasste industrielle Nettoverschuldung“ zu „EBITDA (angepasst)“ definiert wird. Dieses Ziel sei bereits teilweise im Jahr 2007 erreicht worden, da durch die Berücksichtigung der Aufwendungen für den Kauf der Wandelanleihe ein Anstieg des Verhältnisses zum „angepassten EBITDA“ von … auf … erreicht worden ist (Zielvorgabe: …). Dies belege, dass der Rückkauf der Wandelanleihe aus betrieblichen Gründen erfolgt sei und nicht durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst worden war.

Der Vorstand habe als ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter sorgfaltsgemäß im Rahmen seiner Vorstandspflichten (§ 93 Abs. 1 Satz 1 Aktiengesetz in der in den Streitjahren geltenden Fassung – AktG –) gehandelt. Fragen der Kapitalausstattung lägen im unternehmerischen Ermessen des Vorstands und seien einem steuerrechtlichen Fremdvergleich entzogen. Solche unternehmerischen Entscheidungen seien letztlich Risikoentscheidungen, die nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) keine vGA auslösten (Hinweis u.a. auf den BFH-Beschluss vom 11.02.2003 I B 159/01, BFH/NV 2003, 1093). Allen unternehmerischen Entscheidungen des Vorstands einer AG sei gerade eigen, dass sie als Reflex auch die Position der Anteilseigner berührten, ohne deshalb zu vGA zu führen.

Im Rahmen der Prüfung einer vGA bei einer nicht durch einen Aktionär beherrschten AG seien im Übrigen die zu Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH) entwickelten Tatbestandsmerkmale nur eingeschränkt anwendbar und die gesellschaftsrechtlichen Besonderheiten der AG zu beachten (Hinweis u.a. auf das BFH-Urteil vom 18.12.2002 I R 93/01, BFH/NV 2003, 946). Aufgrund den gegenüber dem Recht der GmbH strengeren aktienrechtlichen Vorgaben für ein pflichtgemäßes Vorstandshandeln könne ein Verhalten des Vorstands im Rahmen der aktienrechtlich vorgegebenen Befugnisse grundsätzlich keine vGA der AG nach sich ziehen (Hinweis auf das BFH-Urteil vom 16.02.1977 I R 163/75, Bundessteuerblatt – BStBl – II 1977, 572). Da der Ankauf von eigenen Wandelanleihen aktienrechtlich zulässig sei, folge bereits aus den Grundsätzen der aktienrechtlichen Maßgeblichkeit, dass keine vGA vorliege. Danach scheide eine gesellschaftsrechtliche Veranlassung der Aufwendungen für den Ankauf der Wandelanleihe aus (ebenso Schallmoser/Eisgruber/Janetzko, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, KStG, § 8 KStG Rz. 329, Stand: April 2019; Haisch in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 5 EStG Rz. 1089 a.E., Stand: Januar 2019; Niedling, Recht der Finanzinstrumente – RdF – 2016, 49, 56).

Die vom FA herangezogene BFH-Entscheidung vom 06.12.1995 I R 51/95, BStBl. II 1998, 781 sei nicht einschlägig. Das BFH-Urteil betreffe den Erwerb eigener Anteile. Beim Ankauf von Wandelanleihen handele es sich gerade nicht um den Erwerb eigener Anteile. Bei Wandelanleihen handle es sich bis zur Ausübung des Wandlungsrechts um Fremdkapital (§ 266 Abs. 3 C.1. HGB). Die Konstellation, die der Entscheidung vom 06.12.1995 I R 51/95, BStBl II 1998 zugrunde liegt, sei auf die vorliegende Sachverhaltskonstellation nicht übertragbar. Der BFH begründe eine vGA ausschließlich mit der Zahlung eines Überpreises. Die Klägerin erwerbe auch keine Anteile von einem (ehemaligen) Aktionär zurück. Darüber hinaus sei die BFH-Entscheidung durch spätere Gesetzesänderungen überholt. Durch Art. 1 des Gesetzes zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich vom 27.04.1998, Bundesgesetzblatt (BGBl) I 1998, 786, sei dem § 71 Abs. 1 AktG eine neue Nr. 8 angefügt worden, die den Erwerb eigener Aktien auch aufgrund einer höchstens fünf Jahre geltenden Ermächtigung der Hauptversammlung allgemein erlaubt. Die aktienrechtliche Befugnis zum Erwerb eigener Aktien sei damit massiv ausgeweitet worden. Der Erwerb eigener Aktien in Gemäßheit der Tatbestandsvoraussetzungen des § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG stelle steuerrechtlich mithin keine vGA dar (so auch Schmid/Wiese, Deutsches Steuerrecht – DStR – 1998, 993, 994).

Schließlich stelle das FA allein auf den Ankauf der Wandelanleihen an sich ab, verkenne dabei aber, dass die Klägerin bei allen Maßnahmen in Bezug auf die Wandelanleihe und ihren Ankauf im Einklang mit den Anleihebedingungen gehandelt habe. Bei einer auf einer Vereinbarung beruhenden Maßnahme sei nach der Rechtsprechung des BFH nicht diese Maßnahme selbst, sondern die zugrundeliegende Vereinbarung darauf zu untersuchen, ob sie eine vGA begründet (so BFH-Urteile vom 13.09.1967 I 99/64, BStBl II 1968, 20 und vom 22.04.1971 I R 114/70, BStBl II 1671, 600). Im Gesamtregelungskontext der Anleihebedingungen zeige sich, dass die Ankaufmöglichkeit nach § 4 Abs. 2 und der Barausgleich nach § 10 Abs. 1 Instrumente seien, die Relevanz allein zwischen Anleiheschuldner und Anleihegläubiger entfalten; eine die Aktionäre der Klägerin begünstigende Wirkung sollte diese Klausel hingegen nicht haben. Es fehle mithin am für jede vGA konstituierenden Merkmal des finalen Zuwendungswillens der Klägerin gegenüber den Aktionären im Zeitpunkt des Vertragsschlusses (vgl. BFH-Urteil vom 29.04.2008 I R 67/06, BStBl II 2011, 55).

bb) Einer vGA müsse zudem ein Ausschüttungscharakter zukommen. An einem solchen fehle es im vorliegenden Fall offensichtlich. Vielmehr erhielten die Aktionäre der Klägerin für das Geschäftsjahr 2006/2007 einen betraglich niedrigeren Gewinnanteil, weil die von der Betriebsprüfung beanstandeten Aufwendungen der Klägerin über insgesamt … Euro das Ergebnis und damit den ausschüttungsfähigen Gewinn gerade maßgeblich geschmälert haben. Der Nachteil der Aktionäre aus dem Ankauf der Wandelanleihe sei dabei klar beziffert.

Der vom FA hingegen bemühte „Verwässerungseffekt“ besitze keinen eigenständigen und messbaren wirtschaftlichen Wert, dessen Verhinderung beim Aktionär zu einem „sonstigen Bezug“ führen könnte (vgl. Finanzgericht – FG – Münster, Urteil vom 01.10.2014 9 K 4169/10 K F, Entscheidungen der Finanzgerichte – EFG – 2015, 933, bestätigt durch BFH-Urteil vom 15.03.2017 I R 11/15, BStBl II 2017, 1043). Die fehlende Eignung des „Verwässerungseffekts“, als wirtschaftlich (und steuerrechtlich) messbarer Wert herangezogen zu werden, habe der BFH im Beschluss vom 03.03.2010 I B 102/09, BFH/NV 2010, 1131 bestätigt. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH und bereits des Reichsfinanzhofs (RFH) begründe ein „verhinderter Verwässerungseffekt“ nach Erwerb eigener Anteile keinen steuerrechtlich relevanten Vorteil der Aktionäre (vgl. RFH-Urteil vom 01.02.1939 VI 743/38, RFHE 46, 227 sowie u.a. BFH-Urteile vom 28.08.1964 VI 177/62 U, BStBl III 1964, 578; vom 28.01.1966 VI 89/65, BStBl III 1966, 245 und vom 24.09.1970 IV R 138/69, BStBl II 1971, 89).

Selbst das Bundesministerium der Finanzen (BMF) würde vorliegend keine vGA annehmen. Denn das BMF führe in Bezug auf den Erwerb eigener Anteile aus, dass eine vGA beim Erwerb eigener Anteile (nur) bei „Zahlung eines überhöhten Kaufpreises“ vorliegen könne (BMF vom 27.11.2013, IV C 2 – S 2742/07/10009, BStBl I 2013, 1615, Rn. 12). Auch die Literatur sei einhellig der Auffassung, dass beim Erwerb eigener Anteile (bzw. dem nach Ansicht des FA gleichzusetzenden Ankauf einer Wandelanleihe) keine vGA an die (verbleibenden) Gesellschafter vorliegt (Hinweis u.a. auf Schallmoser/Eisgruber/Janetzko, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 8 Rn. 329 am Ende, Stand: April 2019; Geurts, RdF 2019, 148, 151; Gosch in: Gosch, KStG, 3. Auflage 2015, § 8 Rn. 578; Hamacher/Dahm, in: Korn, EStG, § 20 Rn. 171, Stand: 01.09.2017; Hohage, Der Betrieb 2009, 1033, 1035; Klingebiel, in: Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 8 Abs. 1 Rn. 105, Stand: April 2014).

Die Schlussfolgerung des FA, dass die Aufwendungen wegen des Vorliegens einer vGA nicht abziehbar seien, wäre selbst dann unzutreffend, wenn man einen konkretisierbaren Vorteil der Aktionäre tatsächlich bejahen würde. Denn dann würde noch die „betragliche und zeitliche Konnexität“, die der BFH als Voraussetzung der Vorteilsgeeignetheit der Vermögensminderung ansehe, fehlen (vgl. BFH-Urteil vom 3. Mai 2006 I R 124/04, BStBl II 2011, 547). Entscheidend sei nach der Rechtsprechung des BFH im Grundsatz, dass sich die konkreten Aufwendungen der Gesellschaft jedenfalls anteilig in einem korrespondierenden Vorteil der Gesellschafter widerspiegeln müssen. Hier sei der (ohnehin nicht gegebene) Vorteil jedoch ein bloßer Reflex ohne konkreten Bezug zu den Aufwendungen der Klägerin; er habe mithin keine eigene steuerrechtliche Relevanz. Kann sich der (vermeintliche) Vorteil erst im Falle einer offenen Gewinnausschüttung oder Veräußerung des Anteils wirtschaftlich manifestieren, fehle die betragliche und zeitliche Konnexität. Im Übrigen sei die Verhinderung eines Verwässerungseffekts nicht geeignet, einen „sonstigen Bezug“ im Sinne von § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auszulösen. Das FA wolle den vermeintlichen Vorteil des Aktionärs zweimal erfassen – einmal im Hinblick auf die Verhinderung der Verwässerung, ein anderes Mal im Falle einer offenen Gewinnausschüttung oder Anteilsveräußerung. Diese systemwidrige Doppelbelastung solle die von der Rechtsprechung des BFH entwickelte Definition der vGA jedoch verhindern.

2. Gewerbesteuerrechtliche Verlustvorträge

Die bei der X OHG aufgelaufenen gewerbesteuerrechtlichen Verlustvorträge seien der Klägerin zum 31.12.2007 in Höhe von … Euro zuzurechnen. Ein gewerbesteuerrechtlicher Verlust könne nach § 10a Gewerbesteuergesetz in der in den Streitjahren geltenden Fassung (GewStG) abgezogen werden, wenn zwischen dem Gewerbebetrieb, der den Verlust erlitten hat, und dem Gewerbebetrieb, der später den Abzug begehrt, Unternehmensidentität und Unternehmeridentität bestehen. Das Vorliegen der Unternehmensidentität sei zwischen den Beteiligten unstreitig. Zwischen den Beteiligten streitig sei allein die Unternehmeridentität. Auch diese sei aber entgegen der Ansicht des FA zu bejahen.

Dies ergebe sich bereits daraus, dass die Klägerin (vor der Wirksamkeit der Anwachsungen) nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG als Mitunternehmerin des Betriebs der X OHG anzusehen war (sog. Transparenzprinzip) und ihr damit, entgegen der Rechtsprechung des IV. Senats des BFH, auch die dort entstandenen gewerbesteuerrechtlichen Verluste zuzurechnen seien. Aus dem Transparenzprinzip gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG folge für § 10a GewStG, dass bei doppelstöckigen Personengesellschaften der Gesellschafter der Obergesellschaft der maßgebliche Mitunternehmer und Träger des Verlustabzuges der Untergesellschaft ist, vorausgesetzt der Gesellschafter der Obergesellschaft und die vermittelnden Personengesellschaften sind jeweils Mitunternehmer der Personengesellschaften, an denen sie unmittelbar beteiligt sind (Hinweis auf Wacker, in: Habersack/Hommelhoff (Hrsg.), Festschrift für Goette, 2011, S. 561, 579; Bordewin, DStR 1996, 1594, 1595; Bodden, Finanzrundschau – FR – 2002, 559, 564; Steger/Raible, DStR 2018, 287, 288; Wingler, Betriebsberater – BB – 1998, 2087, 2090; Suchanek/Trinkhaus, Die Unternehmensbesteuerung – Ubg – 2014, 495, 500 f.; Ley, Ubg 2011, 274, 280). Die Klägerin sei Mitunternehmerin der X KG, die X KG sei wiederum Mitunternehmerin der X OHG gewesen, sodass eine ununterbrochene Kette von Mitunternehmerschaften bestanden habe. Die Klägerin sei damit aufgrund der Fiktion des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG Mitunternehmerin der X OHG und in der Folge auch aus gewerbesteuerrechtlicher Sicht die Unternehmerin, bei der die gewerbesteuerrechtlichen Verluste der X OHG (zu 99,99%) angefallen sind.

Die vom IV. Senat des BFH mehrfach vertretene Ansicht, § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG müsse für gewerbesteuerrechtliche Zwecke teleologisch reduziert werden, sodass insoweit allein die Oberpersonengesellschaft (hier: zunächst die X KG) als Mitunternehmerin des Betriebs der Untergesellschaft (und damit als Trägerin des Verlustabzuges der Untergesellschaft) anzusehen sei (Hinweis u.a. auf die BFH-Urteile vom 22.01.2009 IV R 90/05, DStR 2009, 683 und vom 03.02.2020 IV R 59/07, BFH/NV 2010, 1492), sei unzutreffend. Diese teleologische Reduktion werde zu Unrecht darauf gestützt, § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG sei ausschließlich eingeführt worden, um auf den Beschluss des Großen Senats (GrS) vom 25.02.1991, GrS 7/89, BStBl II 1991, 691 zu reagieren. Dabei werde die Gesetzesbegründung (Bundestagsdrucksache – BT-Drucks. – 12/1108, S. 58) zu § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG, die ausdrücklich auf den BFH-Beschluss vom 25.02.1991 GrS 7/89, BStBl II 1991, 691 Bezug nimmt, als maßgebliche Begründung herangezogen. Hieraus folgere der IV. Senat des BFH, dass § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG nach dem Willen des Gesetzgebers nur für den Sonderbetriebsbereich der Gesellschafter der Obergesellschaft bei der Untergesellschaft gelten solle, jedoch nicht für andere (gewerbe-)steuerrechtliche Zwecke. Dem sei entgegenzuhalten, dass die Gesetzesbegründung allgemein davon spricht, bei mehrstöckigen Personengesellschaften solle der steuerrechtliche Durchgriff ermöglicht werden und formuliert (auf S. 58), als Folge der Gesetzesänderung werde „der nur mittelbar beteiligte Gesellschafter und Mitunternehmer … wie ein unmittelbar beteiligter Gesellschafter- und Mitunternehmer behandelt“. Der Gesetzesbegründung lasse sich gerade kein Anhaltspunkt für eine einschränkende Auslegung entnehmen.

Zudem sei die Ansicht des IV. Senats auch methodisch nicht nachvollziehbar. Denn wenn eine Personengesellschaft nach der Rechtsprechung des BFH selbst nicht Trägerin des Gewerbeverlusts sein kann (Hinweis auf das BFH-Urteil vom 12.05.2016 IV R 29/13, BFH/NV 2016, 1489), müsse dies auch für eine Personengesellschaft als Gesellschafterin einer anderen Personengesellschaft gelten.

Darüber hinaus stehe die vom IV. Senat des BFH postulierte Intransparenz bei doppelstöckigen Personengesellschaften auch im Widerspruch zu anderen Entscheidungen desselben Senats und anderer Senate des BFH, in denen die durchgängige Transparenz auch bei doppelstöckigen Personengesellschaften anerkannt wurde (Hinweis auf die BFH-Urteile vom 01.07. 2004 IV R 67/00, BStBl II 2010, 157; 25.02.2010, IV R 49/08, BStBl II 2010, 726; 28.10. 2008 VIII R 69/06, BStBl II 2009, 642). Zudem habe der IV. Senat in der Entscheidung vom 24.04.2014 (IV R 34/10) auch gewerbesteuerrechtlich eine weitergehende Transparenz in einer doppelstöckigen Struktur anerkannt. Dies könne man bereits als Zeichen einer Abkehr des IV. Senats von seiner bis dahin ergangenen Rechtsprechung ansehen. All dies spreche dafür, auch für Zwecke der Gewerbesteuer die gesetzliche Regelung des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG heranzuziehen und von der völligen Transparenz doppel- und mehrstöckiger Personengesellschaften auszugehen (so auch im Ergebnis FG Düsseldorf vom 02.02.2005 7 K 4746/03 F, juris).

Selbst wenn man der vorstehend dargelegten Rechtsansicht nicht folgen wollte, seien im vorliegenden Fall die Voraussetzungen für die Zurechnung der Verluste aufgrund Unternehmeridentität auch auf BaX der Rechtsprechung des IV. Senats des BFH und den Gewerbesteuerrichtlinien (GewStR 2009) gegeben. Die erste Anwachsung der X OHG auf die X KG sei ein Fall des R 10a.3 Abs. 3 Satz 9 Nr. 4, Nr. 8 Satz 6 GewStR 2009. Daher bestehe zwischen den Beteiligten Einigkeit, dass die X KG als materiell-rechtlich maßgeblicher Mitunternehmer die bei der X OHG entstandenen Verluste gemäß § 10a GewStG nutzen kann, d.h. die X KG sei Trägerin dieser Verluste, soweit diese auf sie entfallen (hier in Höhe von 99,99%). Die zum 31.05.2007 bei der X OHG aufgelaufenen Verluste seien materiell-rechtlich Verluste der Mitunternehmerin X KG, die dieser auch verfahrensrechtlich zuzurechnen seien.

Bei der zweiten Anwachsung wachse das gesamte Vermögen der X KG auf die Klägerin als verbleibende Gesellschafterin und Gesamtrechtsnachfolgerin an. Bei einer solchen Anwachsung einer Personengesellschaft auf ihren letzten verbleibenden Gesellschafter bestehe nach einhelliger Auffassung Unternehmeridentität, soweit der Verlust auf den verbleibenden Gesellschafter entfällt (Hinweis u.a. auf BFH-Beschluss vom 03.05.1993, GrS 3/92, BStBl 1993, 616 sowie auf R 10a.3 Abs. 3 Satz 9 Nr. 4 GewStR 2009).

Dementsprechend sei auf der Grundlage der unstreitigen zivilrechtlichen Zeitabfolge die zweite Anwachsung der X KG auf die Klägerin streng von der 1. Anwachsung zu trennen und beide Anwachsungen seien in ihren gewerbesteuerrechtlichen Folgen separat zu prüfen. Die zweite Anwachsung habe in der nun einstöckigen Struktur stattgefunden und sei nach allgemeiner Ansicht für den gewerbesteuerrechtlichen Verlustabzug unschädlich. Die kurze Zeitperiode zwischen der ersten und zweiten Anwachsung sei ausreichend, um die Rechtsfolgen wie dargelegt auszulösen. Die BFH-Urteile vom 03.02.2010 IV R 59/07, BFH/NV 2010, 1492 und vom 12.05.2016 IV R 29/13, BFH/NV 2016, 1489 seien nicht einschlägig, da es sich um nicht vergleichbare Fallkonstellationen handle.

Die Klägerin beantragt,

1. die Bescheide über Körperschaftsteuer für 2006 und 2007, Gewerbesteuermessbetrag für 2006 und 2007, gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer zum 31.12.2006 und zum 31.12.2007, gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2006 und den 31.12.2007, vom 02.04.2019 bzw. 29.06.2021 und die hierzu erlassene Teil-Einspruchsentscheidung vom 18.04.2019 insoweit zu ändern, dass von keinen verdeckten Gewinnausschüttungen in Höhe von 1.191.959 € in 2006 und in Höhe von 1.596.126.634 € in 2007 ausgegangen wird;

2. den Bescheid über den vortragsfähigen Gewerbeverlust auf den 31.12.2007 vom 29.06.2021 dahingehend zu ändern, dass der vortragsfähige Gewerbeverlust um weitere 63.348.614 € erhöht wird;

3. hilfsweise die Revision zuzulassen.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen, hilfsweise, die Revision zuzulassen.

1. Wandelanleihe

Strittig sei die steuerrechtliche Beurteilung von Aufwendungen, die durch den vorzeitigen Rückkauf einer im Jahr 2003 ausgegebenen Wandelanleihe im Veranlagungszeitraum

- 2006 in Höhe von … Euro (Barausgleich Wandelrechte) und

- 2007 in Höhe von … Euro (Einziehung Wandelrechte)

entstanden seien.

An der Qualifizierung dieser Aufwendungen als vGA i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG werde auch nach Prüfung der Klagebegründung vom 12.12.2019 festgehalten. Insoweit werde zunächst auf die Teil-Einspruchsentscheidung vom 18.04.2019 verwiesen.

In der Teil-Einspruchsentscheidung vom 18.04.2019 führte das FA aus, der Erwerb eigener Anteile sei im Allgemeinen nicht betrieblich, sondern gesellschaftlich bedingt (Verweis auf das BFH-Urteil vom 06.12.1995 I R 51/95, BStBl II 1998, 781). Der Grund für den Anleiherückkauf habe darin bestanden, dass die Klägerin verhindern habe wollen, dass es durch die Ausübung des Wandelrechts zu einer Kapitalerhöhung gekommen wäre und die Kapitalerhöhungskonditionen zu einem Verwässerungseffekt für die Altaktionäre geführt hätte. Nutznießer des Rückkaufs sei nicht die Klägerin, sondern seien nur die Gesellschafter.

Soweit die Klägerin die Auffassung vertritt, es fehle im Streitfall an zwei Tatbestandsvoraussetzungen für die Annahme einer vGA, nämlich

- der Veranlassung im Gesellschaftsverhältnis sowie

- der Eignung, einen sonstigen Bezug im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auszulösen,

sei dieser Auffassung nicht zu folgen.

Die Klägerin scheine der Auffassung zu sein, dass grundsätzlich jede Handlung einer Kapitalgesellschaft, die gesellschaftsrechtlich zulässig ist, steuerrechtlich nicht sanktioniert werden dürfe. Die Klägerin übersehe dabei aber, dass zwar auch das Handelsrecht den Begriff der vGA kennt, damit aber eine völlig andere Zielrichtung verfolgt werde als im Steuerrecht. Denn während die handelsrechtlichen Regelungen zum Verbot der Rückgewähr von Einlagen auf einen Schutz der Gesellschaft und deren Gläubigern und auf einen Schutz der übrigen Gesellschafter (verbotene Ungleichbehandlung der Gesellschafter) abzielten, strebe § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG eine Besteuerung der Kapitalgesellschaft und des Gesellschafters nach der Leistungsfähigkeit an. Der Umstand, dass die Handlung einer Kapitalgesellschaft bzw. derer Organe gesellschaftsrechtlich zulässig ist, könne mithin noch keinen „Schutz“ gegen den Ansatz einer steuerrechtlichen vGA bieten. Andernfalls würde eine vGA nur vorliegen, soweit die Organe einer Kapitalgesellschaft außerhalb der ihr eingeräumten gesellschaftsrechtlichen Befugnisse handelten. Dies sei jedoch gerade keine Voraussetzung für das Vorliegen einer vGA. Der Maßstab des ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters sei daher steuerrechtlich zu bestimmen.

Es möge zwar zutreffend sein, dass beispielsweise durch die Einführung des § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG die Möglichkeiten zum Erwerb eigener Aktien massiv ausgeweitet wurden und es zwischenzeitlich zu den „Standardmaßnahmen einer AG“ gehöre, eigene Aktien zu erwerben. Dass ein Typus von Geschäftsvorfällen zu „Standardmaßnahmen“ einer Kapitalgesellschaft zählt, könne nicht schon deshalb deren steuerliche Einstufung als vGA verhindern. „Standardmaßnahmen“ einer Kapitalgesellschaft stünden vielmehr regelmäßig im Fokus der steuerrechtlichen Überprüfung im Hinblick auf eine durch das Gesellschaftsverhältnis motivierte Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Gesellschaft, so beispielsweise Anstellungsverträge mit Gesellschafter-Geschäftsführern, Pensionszusagen, Darlehensverhältnissen, aber auch auf das Kapital bezogene Maßnahmen wie der Erwerb eigener Anteile. Es sei nicht ersichtlich, weshalb der Rückkauf einer Wandelanleihe nicht auch auf diesen Prüfstand der gesellschaftsrechtlichen Veranlassung gestellt werden dürfte.

Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung sei eine Mitveranlassung der Vermögensminderung im Gesellschaftsverhältnis ausreichend, um den Tatbestand der vGA zu erfüllen (Hinweis auf das BFH-Urteil vom 24.10.2018 I R 78/16, BStBl II 2019, 570). Auf das Vorliegen einer daneben möglicherweise bestehenden betrieblichen Mitveranlassung komme es nicht an. Dabei sei unerheblich, um welche Art Kapitalgesellschaft es sich handele. Eine (Mit-) Veranlassung im Gesellschaftsverhältnis sei im Streitfall offensichtlich. Die Aussagen von Seiten der Klägerin im Zusammenhang mit dem Rückkauf der Wandelanleihe und insbesondere die Aussage des damaligen Vorstandsvorsitzenden der Klägerin, dass über den Rückkauf der Wandelanleihe ein Teil des Erlöses aus dem Verkauf von … an die Aktionäre zurückgegeben werden solle, belegten unzweifelhaft, dass durch den Rückkauf der Wandelanleihe eine Vorteilszuwendung an die Aktionäre gewollt war. Der Rückkauf der Wandelanleihe sei ein gezielt eingesetztes Mittel zu dem Zweck gewesen, die Aktionäre indirekt am …Verkaufserlös zu beteiligen. Die spezifische handelsrechtliche Struktur der Klägerin als (Publikums-) AG ändere an dieser Beurteilung nichts.

Soweit die Klägerin in Randziffer 139 der Klagebegründung vorbringe, „solche unternehmerischen Entscheidungen“ wie der Ankauf einer Wandelanleihe seien „letztlich Risikoentscheidungen, die nach der ständigen Rechtsprechung des BFH keine vGA auslösen“ könnten, sei dem entgegenzuhalten, dass es sich bei dem Rückkauf der Wandelanleihe nicht um ein „Risikogeschäft“ im Sinne der BFH-Rechtsprechung gehandelt habe. Soweit die Klägerin in Rz. 170 ihrer Klageschrift eine „isolierte Prüfung der Ankaufsentscheidung“ kritisiert und hervorhebt, dass der Rückkauf der Wandelanleihe „im Einklang mit den Anleihebedingungen stand“, könne dies an der Beurteilung ihrer Handlung als gesellschaftsrechtlich (mit) veranlasst nichts ändern. Nach ständiger Rechtsprechung der BFH sei für das Bestehen einer gesellschaftsrechtlichen Veranlassung auf das „auslösende Moment“ für die Entstehung der Aufwendungen abzustellen (Hinweis auf das BFH-Urteil vom 12.03.2014 I R 45/13, BStBl II 2014, 719). Dieses auslösende Moment sei im streitgegenständlichen Fall die Entscheidung der Klägerin gewesen, die Wandelanleihen zugunsten der (Alt-)Aktionäre zurückzukaufen.

Der Rückkauf der Wandelanleihe habe ferner die Eignung gehabt, einen sonstigen Bezug im Sinne des § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG auszulösen. Durch den Rückkauf der Wandelanleihen von den Anleihegläubigern habe verhindert werden können, dass diese ihr Wandlungsrecht tatsächlich ausüben. Die Konsequenz sei eine wesentlich geringere Ausgabe junger Aktien und damit eine Reduzierung bzw. ein Ausbleiben des Verwässerungseffekts für die (Alt-)Aktionäre. Der Verwässerungseffekt durch den Umtausch der Wandelanleihen in junge Aktien sei messbar. Dies ergebe sich aus IAS 33.30 der International Financial Reporting Standards (IFRS). Danach müssten Unternehmen, deren Stammaktien oder potenzielle Stammaktien öffentlich gehandelt werden, das Ergebnis je Aktie angeben. Das Ergebnis je Aktie sei eine wichtige Kennzahl am Kapitalmarkt im Zusammenhang mit der Bewertung von Unternehmen und Rechnungslegung. Das Unternehmen müsse dabei sowohl das verwässerte, als auch das unverwässerte Ergebnis je Aktiengattung angeben. In den Geschäftsberichten der Jahre 2003 bis 2007 habe die Klägerin das unverwässerte und verwässerte Ergebnis je Aktie unter Berücksichtigung der verwässernd wirkenden Wandelanleihe berechnet (Hinweis auf die Geschäftsberichte der Klägerin). Die Klägerin nehme somit selbst eine Berechnung des Verwässerungseffekts im Fall des Umtauschs der Wandelanleihe in junge Aktien vor.

Soweit die Klägerin mit dem Verweis auf den BFH-Beschluss vom 03.03.2010 (I B 102/09, BFH/NV 2010, 1131) behaupte, der „vermeintliche Vorteil aus einer verhinderten Verwässerung der Anteile eines Gesellschafters sei dermaßen unbestimmt und in seinen Wirkungen zufällig, dass er als eigenständiger Vorteil im Sinne von § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG schon auf abstrakter Ebene ausscheidet“ (Rz 193 der Klagebegründung), so sei dieser Schluss nicht nachvollziehbar. Der BFH führe zu Recht aus, dass „mit dem Erwerb der eigenen Anteile in jedem Fall ein zur Auslösung eines sonstigen Bezugs im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG geeigneter Vorteil des jeweiligen Gesellschafters“ bleibt. Entgegen der Auffassung der Klägerin seien diese Beträge nicht zufällig, sie seien nicht lediglich abstrakt, sondern sie seien plan- und berechenbar und wirtschaftlich zu bemessen. Hinsichtlich des vom FA dargestellten Beispiels wird auf die Klageerwiderung vom 22.06.2020 verwiesen.

Ebenso wie sich Verwässerungseffekte beim Kauf eigener Anteile durch die Gesellschafter beziffern ließen, sei dies für den Rückkauf einer Wandelanleihe durch die Gesellschaft möglich. Dass Verwässerungseffekte exakt beziffer- und messbar seien, werde letztlich durch die Gesellschaft selbst anschaulich bestätigt. Beispielsweise zeige sie im Konzernabschluss 2007 eine Gegenüberstellung, in der die verwässernden Auswirkungen der Wandelanleihe sowie das Ergebnis je Aktie „mit und ohne Verwässerung“ ausdrücklich ausgewiesen werde.

Die Verwässerung sei auf Betreiben der Klägerin zugunsten der Aktionäre verhindert worden. Die Aktionäre hätten sonst einen geringeren Gewinn je Aktie hinnehmen müssen oder in Summe denselben Betrag in Höhe von … Euro und … Euro aufwenden müssen, um eine Verwässerung durch den Kauf der Wandelanleihen zu verhindern und einen ungeschmälerten Gewinnanspruch zu behalten. Der Rückkauf sei damit kausal dafür, dass die Aktionäre einen höheren Gewinnanteil erhalten haben und künftig erhalten werden. Diesem Beschaffen eines höheren Gewinnanteils durch eine konkrete Maßnahme der Gesellschaft sei zweifellos die Eignung zuzusprechen, einen Bezug im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auszulösen (Hinweis auf den BFH-Beschluss vom 03.03.2010 I B 102/09, BFH/NV 2010, 1131). Die vom BFH zur Annahme einer vGA geforderte Eignung, beim Gesellschafter einen Bezug im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auszulösen, erfordere nicht, dass es tatsächlich zu einem konkreten Vorteilszufluss kommt; ausreichend sei vielmehr, dass der Vorgang objektiv geeignet ist, zu einem sachlich korrespondierenden Kapitalertrag zu führen.

Soweit sich die Klägerin auf das BFH-Urteil vom 03.05.2006 (I R 124/04, BStBl II 2011, 547) beruft und auch für den vorliegenden Fall folgert, dass es an einer für die Annahme einer vGA notwendigen betraglichen und zeitlichen Konnexität fehle, halte diese behauptete Parallelität der Fälle einer Prüfung nicht stand. In dem Urteilsfall sei deshalb keine Konnexität gegeben, weil es an einer Freiwilligkeit seitens der Gesellschaft gefehlt habe und die Gesellschaft aufgrund der autonomen Entscheidung der irischen Finanzverwaltung keinen Einfluss auf die irische Besteuerung nehmen konnte. Im Gegensatz dazu habe die Klägerin den gesamten Sachverhalt auf der BaX freiwilliger Entscheidungen verwirklicht.

Soweit die Klägerin anführt, bei der Klägerin sei durch den Rückkauf ein bilanzieller Verlust entstanden und dadurch ein verringerter ausschüttungsfähiger Gewinn entstanden, der nicht zu einem Vorteil seitens der Aktionäre führen könne, übersehe die Klägerin zwei maßgebliche Aspekte. Es gehöre zum Wesen einer vGA, dass sich durch den verdeckten Vermögenstransfer das Vermögen der Gesellschaft verringert. Zudem müsse der Vorteil beim Aktionär nicht betragsmäßig identisch sein mit der bei der Gesellschaft eingetretenen Vermögensminderung.

An dem Ansatz der vGA sei nach alledem festzuhalten.

2. Gewerbesteuerrechtliche Verlustvorträge

Entgegen den Ausführungen der Klägerin fehle es im streitgegenständlichen Fall an der Unternehmeridentität. Ein Verlustabzug nach § 10a GewStG scheide insofern aus.

Unternehmeridentität bedeute, dass der Steuerpflichtige, der den Verlustabzug in Anspruch nimmt, den Gewerbeverlust zuvor in eigener Person erlitten haben muss. Der Steuerpflichtige müsse danach sowohl zur Zeit der Verlustentstehung als auch im Jahre der Entstehung des positiven Gewerbeertrags Unternehmensinhaber gewesen sein (Hinweis auf das BFH-Urteil vom 24.04.2014 IV R 34/10, BStBl II 2017, 233). Danach hätte die Klägerin im Zeitpunkt der Verlustentstehung bei der X OHG Unternehmensinhaberin genau dieser Gesellschaft gewesen sein müssen. Dies sei jedoch nicht der Fall. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH zurückgehend auf den Beschluss des Großen Senats vom 03.05.1993 GrS 3/92, BStBl II 1993, 616 sei bei doppelstöckigen Personengesellschaften die an der Mitunternehmerschaft beteiligte Personengesellschaft selbst Mitunternehmerin und konsequenterweise Trägerin des Verlustabzugs der Unter-Personengesellschaft. Danach sei zum Zeitpunkt der Verlustentstehung allein die X KG Mitunternehmerin der X OHG für Zwecke der Unternehmeridentität und damit auch nur diese berechtigt, als Trägerin der Verluste diese zu einem späteren Zeitpunkt geltend zu machen.

Die Ausführungen der Klägerin, weshalb an der ständigen Rechtsprechung des BFH nicht festgehalten werden solle und eine vollständige Transparenz angenommen werden müsse, mit der Folge, dass die Klägerin als Mitunternehmerin im Zeitpunkt der Verlustentstehung anzusehen sei, überzeugten nicht. Insoweit ergebe sich schon aus der unterschiedlichen Besteuerungssystematik des EStG und GewStG, dass das Transparenzgebot aus § 15 EStG nicht für § 10a GewStG herangezogen werden kann. Die von der Klägerin zitierten Urteile, die darauf hindeuten sollen, auch für die Gewerbesteuer eine vollständige Transparenz anzunehmen, beträfen spezielle Einzelfälle, stellten aber die grundsätzliche Systematik, dass das GewStG eine vollständige Transparenz gerade nicht kennt, nicht in Frage. Eine Abkehr von der ständigen Rechtsprechung des BFH könne den Urteilen nicht entnommen werden.

Auch durch die erfolgten Anwachsungen sei die Klägerin nicht Trägerin der bei der X OHG entstandenen Verluste im Sinne des § 10a GewStG geworden. Die erste Anwachsung der X OHG auf die X KG führe nur insoweit anteilig zu einem Verlustuntergang, wie die X GmbH beteiligt war. Die zweite Anwachsung führe dann zum vollständigen Untergang der bei der X OHG entstandenen und bei der X KG nach § 10a GewStG abziehbaren Verluste. Es komme im streitgegenständlichen Fall nicht auf die zeitliche Abfolge der Anwachsungen an. Es sei unerheblich, ob zum Zeitpunkt des Gesellschafterwechsels die Verlustgesellschaft, hier die X OHG, noch existiert oder wie vorliegend bereits auf die beteiligte Gesellschafterin, hier die X KG, verschmolzen wurde. In beiden Fällen fehle es an der erforderlichen Voraussetzung, dass die neue Gesellschafterin, die die Verluste geltend machen möchte, hier die Klägerin, im Zeitpunkt der Verlustentstehung Gesellschafterin der Verlustgesellschaft, hier der X OHG, war. Insofern seien die BFH-Urteile (vom 03.02.2010 IV R 59/07, BFH/NV 2010, 1492 und vom 12.05.2016 IV R 29/13, BFH/NV 2016, 1489) entgegen den Ausführungen der Klägerin auch im vorliegenden Fall anwendbar.

Am 29.06.2021 änderte das FA aus Gründen, die nicht das Klageverfahren betreffen, noch-mals den Bescheid über Körperschaftsteuer für 2007, den Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer zum 31.12.2006 und 31.12.2007, die Bescheide über den Gewerbesteuermessbetrag 2006 und 2007 sowie die Bescheide über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2006 und den 31.12.2007. Der Gewerbesteuermessbetrag für 2006 wurde unverändert in Höhe von 0 Euro festgesetzt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Finanzamts-Akten, den Bericht über die Außenprüfung bei der Klägerin vom 03.12.2012 einschließlich der nachfolgenden vier Änderungen, die im Verfahren gewechselten Schriftsätze einschließlich Anlagen sowie das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 24.07.2023 Bezug genommen.

Aus den Gründen

II. Die Klage ist teilweise unzulässig (unten 1.). Im Übrigen ist die Klage teilweise begründet. Das FA hat zu Unrecht bezüglich der Aufwendungen in Höhe von 1.191.959 Euro für den Barausgleich im Streitjahr 2006 sowie in Höhe von 1.596.126.634 Euro für den Rückerwerb der Wandelanleihe im Streitjahr 2007 eine vGA angesetzt (unten 2.). Die bei der X OHG entstandenen Gewerbeverluste in Höhe von 63.348.614 Euro hat das FA bei der gesonderten Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes der Klägerin auf den 31.12. 2007 gemäß § 10a GewStG zu Recht nicht zu berücksichtigt (unten 3.)

1. Soweit sich die Klage gegen die Bescheide über Körperschaftsteuer für 2006 und Gewerbesteuermessbetrag für 2006 richtet, ist die Klage unzulässig. Die Klägerin ist durch die Festsetzung des Körperschaftsteuerbescheids 2006 und des Gewerbesteuermessbetrags 2006 auf jeweils 0 Euro nicht i.S. des § 40 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) beschwert.

a) Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH fehlt für die Anfechtung eines auf 0 Euro lautenden Körperschaftssteuerbescheids regelmäßig die Beschwer; von diesem Grundsatz sind Ausnahmen zu machen, wenn sich die Steuerfestsetzung nicht in der Konkretisierung des Steuerschuldverhältnisses erschöpft (vgl. BFH-Urteil vom 09.09.2010 IV R 38/08, BFH/NV 2011, 423 m.w.N.). Ebenso gilt der Grundsatz, dass ein auf 0 Euro lautender Steuerbescheid keine Beschwer enthält, für einen Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag. Nur ausnahmsweise ist ein Rechtsschutzbedürfnis für die Anfechtung eines solchen Bescheids zu bejahen, z.B. wenn der Steuerpflichtige seine Gewerbesteuerpflicht schlechthin bestreitet und deshalb die ersatzlose Aufhebung des angegriffenen Bescheids erstrebt (vgl. BFH-Urteil vom 25.09.2008 IV R 80/05, BStBl II 2009, 266, m.w.N.)

b) Im Streitfall ist eine solche Ausnahme indes nicht ersichtlich.

aa) Über die Höhe des abziehbaren Verlusts (§ 10d EStG) wird – jedenfalls im Streitjahr 2006 – nicht im Jahr der Entstehung des Verlusts, sondern im (ersten) Abzugsjahr, in dem unter Berücksichtigung des Verlustabzugs eine Steuer festgesetzt wird, entschieden (z.B. BFH-Beschluss vom 20.12.2006 VIII B 111/05, BFH/NV 2007, 699, m.w.N.). Im Verlustentstehungsjahr fehlt es für die Anfechtung einer Steuerfestsetzung an einer Beschwer („Null-Festsetzung“), da die Besteuerungsgrundlagen lediglich unselbständiger Teil des Steuerbescheids (§ 157 Abs. 2 Halbsatz 1 AO) sind und nicht selbständig angefochten werden können, solange sie sich nicht auf die Höhe der festzusetzenden Steuer auswirken (BFH-Urteil vom 11.11.2014 I R 51/13, BFH/NV 2015, 305).

bb) Zwar kann nach der Neukonzeption des Verhältnisses zwischen Steuerfestsetzung und Verlustfeststellung durch das Jahressteuergesetz (JStG) 2010 vom 8. Dezember 2010 (BGBl I 2010, 1768) der Steuerpflichtige gegebenenfalls auch gegen die Festsetzung der Körperschaftsteuer auf 0 Euro klagen, wenn der Festsetzung ein aus seiner Sicht zu hoher Gesamtbetrag der Einkünfte zugrunde liegt, der zur Feststellung eines zu niedrigen Verlustvortrags führt. Diese mit dem JStG 2010 geschaffenen Regeln gelten jedoch gemäß § 52 Abs. 25 Satz 5 EStG erstmals für Verluste, für die nach dem 13.12.2010 eine Erklärung zur Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags abgegeben wird. Vorliegend wurden die entsprechenden Feststellungserklärungen der Klägerin unstreitig vor diesem Zeitpunkt beim FA eingereicht.

cc) Die Klägerin macht vorliegend auch nicht geltend, dass die Steuerfestsetzung auf 0 Euro auf einem Verlustrücktrag beruht und dass durch den Ansatz weiterer Betriebsausgaben das Verlustrücktragsvolumen geringer sei (vgl. BFH-Urteil vom 11.11.2014 I R 51/13, BFH/NV 2015, 305).

dd) Entsprechendes gilt für die Anfechtung des Bescheids über den Gewerbesteuermessbetrag für 2006. Selbst wenn der Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags auf 0 Euro im Streitfall ein nach Ansicht der Klägerin zu hoher Gewinn aus Gewerbebetrieb zugrunde liegt, so ergeben sich hieraus für die Klägerin keine negativen Folgen. Der dort angesetzte Gewinn bildet keine verbindliche Entscheidungsgrundlage für andere Steuerbescheide und führt deshalb zu keiner gesonderten Beeinträchtigung der Klägerin.

2. Die von der Klägerin getätigten Aufwendungen in Höhe von … Euro für den Barausgleich im Streitjahr 2006 sowie in Höhe von … Euro für den Rückerwerb der Wandelanleihe (den Nominalbetrag der Wandelanleihe übersteigender Aufwand für den Rückkauf und die Swap-Aufwendungen) im Streitjahr 2007 stellen keine vGA dar (unten a) und unterliegen nicht dem Abzugsverbot nach § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG (unten b).

a) Der Tatbestand einer vGA ist vorliegend nicht erfüllt, da die Anteilseigner durch den Vorgang keinen sonstigen Bezug i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG erlangt haben.

aa) Nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG mindern vGA das Einkommen nicht.

aaa) Unter einer vGA i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) zu verstehen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrags gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 des EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG (für die Gewerbesteuer i.V.m. § 7 GewStG) auswirkt und in keinem Zusammenhang zu einer offenen Ausschüttung steht. Für den größten Teil der entschiedenen Fälle hat der BFH die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis angenommen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte (ständige BFHRechtsprechung seit dem Urteil vom 16. März 1967 I 261/63, BStBl III 1967, 626). Für den Tatbestand der vGA ist bereits eine Mitveranlassung der Vermögensminderung durch das Gesellschaftsverhältnis ausreichend (BFH-Urteil vom 24.10.2018 I R 78/16, BStBl II 2019, 570). Außerdem muss der Vorgang geeignet sein, bei dem begünstigten Gesellschafter einen Bezug i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auszulösen (ebenfalls ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteile vom 07.08.2002 I R 2/02, BStBl II 2004, 131; vom 08.09.2010 I R 6/09, BStBl II 2013, 186; vom 11.11.2015 I R 5/14, BStBl II 2016, 491; vom 24.10.2018 I R 78/16, BStBl II 2019, 570 und vom 22.02.2023 I R 27/20, juris).

bbb) Wandelschuldverschreibungen sind nach § 221 Abs. 1 AktG Schuldverschreibungen, bei denen den Gläubigern ein Umtausch- oder Bezugsrecht auf Aktien eingeräumt wird. Nach § 221 Abs. 1 Satz 1 AktG dürfen Wandelschuldverschreibungen nur aufgrund eines Beschlusses der Hauptversammlung ausgegeben werden. Das Wandelungsrecht berechtigt den Gläubiger, gegen Hingabe der Schuldverschreibung und unter Aufgabe der darin verbrieften Rechte Aktien der emittierenden AG zu beziehen. Das Wandelungsrecht wird dementsprechend als ein Wahl- bzw. Gestaltungsrecht angesehen, dessen Ausübung eine unmittelbare rechtsgestaltende Umwidmung ex nunc des dem Anleiheverhältnis entstammenden Zahlungsanspruchs des Gläubigers in eine Aktionärseinlage zur Folge hat (BFH-Urteil vom 01.10.2014 IX R 55/13, BStBl II 2015, 265).

Aus der Sicht der Gesellschaft beschafft ihr die Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen mit Umtauschrecht auf Aktien betriebswirtschaftlich und rechtlich Fremdkapital (§ 266 Abs. 3 C Nr. 1 Alt. 2 HGB). Erst mit der Geltendmachung des Umtauschrechts durch den Gläubiger (Aufgabe seiner Rechte aus der Schuldverschreibung) und mit der Ausgabe der Aktien wird das für die Schuldverschreibung erhaltene Fremdkapital bei ihr zu Eigenkapital (BFH-Urteil vom 21.02.1973 I R 106/71, BStBl II 1973, 460).

bb) Es kann vorliegend offen bleiben, ob die streitigen Aufwendungen durch das Gesellschaftsverhältnis oder betrieblich veranlasst waren. Selbst wenn man entsprechend der Auffassung des FA davon ausginge, dass die infolge des Barausgleichs und des Rückkaufs der Wandelanleihe eingetretene Vermögensminderung durch das Gesellschaftsverhältnis zumindest mitveranlasst war, wäre der Tatbestand einer vGA vorliegend nicht erfüllt. Die Aufwendungen der Klägerin für den Barausgleich und den Rückkauf der Wandelanleihe sind jedenfalls nicht geeignet, bei den Aktionären einen sonstigen Bezug i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auszulösen.

aaa) Nicht jede durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasste Unterschiedsbetragsminderung ist eine vGA. Die Annahme einer vGA setzt nach ständiger Rechtsprechung des BFH zusätzlich voraus, dass die Unterschiedsbetragsminderung bei der Körperschaft die Eignung hat, beim Gesellschafter einen sonstigen Bezug i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auszulösen (BFH-Urteile vom 07.08.2002 I R 2/02, BStBl II 2004, 131; vom 08.09.2010 I R 6/09, BStBl II 2013, 186 und vom 24.10.2018 I R 78/16, BStBl II 2019, 570). Die im Streitfall in Rede stehenden Aufwendungen der Klägerin stellen hiernach keine vGA dar.

Die Altaktionäre haben durch den Vorgang keinen Vorteil i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG erlangt. Die Klägerin weist insoweit zutreffend darauf hin, dass die Aktionäre der Klägerin für das Geschäftsjahr 2006/2007 einen niedrigeren Gewinnanteil erhielten, da die Aufwendungen der Klägerin in Höhe von … Euro das Ergebnis und damit den ausschüttungsfähigen Gewinn maßgeblich geschmälert haben. Die Aufwendungen für den Ankauf der Wandelanleihe standen den Aktionären nicht als Ausschüttungsvolumen zur Verfügung (vgl. Niedling, RdF 2016, 49, 56). Ebenso bewirkt der Barausgleich im Streitjahr 2006 letztlich eine Wertminderung der bestehenden Aktien (vgl. Urteil des FG Münster vom 01.10.2014 9 K 4169/10 K F, EFG 2015, 933). Die Behauptung des FA, wonach die Altaktionäre infolge des Rückkaufs der Wandelanleihe einen höheren Gewinnanteil erhalten haben, trifft damit in den Streitjahren 2006 und 2007 nicht zu.

Zwar erlangten die Altaktionäre infolge des Barausgleichs und der Rückkäufe der Wandelanleihe mittelbar auch einen Vorteil, indem eine Verwässerung der von ihnen gehaltenen Anteile vermieden und hierdurch ihre Position wirtschaftlich gestärkt wurde. Entgegen der Auffassung des FA handelt es sich hierbei jedoch nicht um einen Vorteil i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG. Die Altaktionäre haben durch diesen Vorgang noch keinen greifbaren Vorteil erlangt, es fehlt an der notwendigen Konkretisierung eines Vermögenszuwachses (vgl. BFH-Urteile vom 28.08.1964 VI 177/62 U, BStBl III 1964, 578 und vom 14.05.1969 VI R 174/68, BStBl II 1969, 501, jeweils zum Erwerb eines eigenen Anteils durch eine GmbH). Der „Entwässerungsvorteil“ des einzelnen Altaktionärs ist lediglich ein Reflex, der als solcher keinen sonstigen Bezug i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG bewirkt (Gosch in: Gosch, Körperschaftsteuergesetz, 4. Auflage, § 8 Rn. 523). Der den Altaktionären mittelbar entstandene Vorteil tritt steuerlich erst zu einem späteren Zeitpunkt ein, etwa bei der Veräußerung von Anteilen (vgl. BFH-Urteile vom 28.08.1964 VI 177/62 U, BStBl III 1964, 578, Rn. 11 zum Erwerb eines eigenen Anteils durch eine GmbH). Dabei ist zudem zu beachten, dass die Anteilseigner durch die verhinderte Verwässerung ihrer Anteile nur im Falle einer positiven Ertragslage von einer erhöhten Gewinnbeteiligung profitieren (Herzig/Joisten, DB 2013, 954, 956). Entgegen der Auffassung des FA kommt es deshalb nicht darauf an, dass Verwässerungseffekte berechnet werden können und die Klägerin in ihrem Konzernabschluss 2007 die Effekte aus der „verwässernd wirkenden Wandelanleihe“ dargestellt hat. Soweit das FA vorbringt, die Altaktionäre hätten sich Aufwendungen erspart, da sie exakt denselben Betrag aufwenden hätten müssen, der bei der Klägerin die Vermögensminderung darstellt, so weist die Klägerin zutreffend darauf hin, dass das FA insoweit von einem hypothetischen Sachverhalt ausgeht, der vorliegend nicht zu beurteilen ist.

bbb) Die objektive Eignung, beim Gesellschafter einen sonstigen Bezug i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auszulösen, setzt zudem – anders als das FA meint – voraus, dass zwischen der Vermögensminderung der Gesellschaft und dem Vorteil des Anteilseigners eine betragliche und zeitliche Konnexität besteht (BFH-Urteil vom 03.05.2006 I R 124/04, BStBl II 2011, 547, Rn. 31). Hieran fehlt es im Streitfall. Bei dem vom FA angenommenen „Entwässerungsvorteil“ handelt es sich nicht um einen Vorteil, der mit dem Aufwand bei der Gesellschaft und dem dadurch hingenommenen Nachteil in der gebotenen Weise korrespondiert. Zwischen der Inkaufnahme des Aufwands und dem dadurch ausgelösten Reflex besteht weder eine betragliche noch eine zeitliche Konnexität (Gosch in: Gosch, Körperschaftsteuergesetz, 4. Auflage, § 8 Rn. 523).

ccc) Sofern man die Aufwendungen der Klägerin für den Barausgleich und den Rückkauf der Wandelanleihe als vGA einstufen würde, hätte dies zudem eine unzulässige doppelte Besteuerung des gleichen Sachverhaltes zur Folge. Zunächst würde das FA die vermeintliche Wertsteigerung der Anteile wegen der verhinderten Verwässerung als vGA erfassen. Diese Wertsteigerung müsste der Anteilseigner jedoch bei einem späteren Verkauf der Anteile erneut versteuern (Fischer/Lackus, DStR 2013, 623, 626). Entsprechendes würde gelten, wenn ihm infolge des Anleihenrückkaufs zu einem späteren Zeitpunkt erhöhte Dividenden zufließen (Herzig/Joisten, DB 2013, 954, 958). Beim Rückkauf von Wandelanleihen ist daher nach wohl herrschender Auffassung im steuerrechtlichen Schrifttum die Annahme einer vGA i.d.R. ausgeschlossen ist (Fischer/Lackus, DStR 2013, 623; Gosch in: Gosch, Körperschaftsteuergesetz, 4. Auflage, § 8 Rn. 523; Herzig/Joisten, DB 2013, 954; Hey/Isler/Janetzko/Meier/Pfirrmann/Schallmoser/Semelka/Wilk in: Herr-mann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, Dokumentstand: 7/2022, § 8 KStG Rn. 329, wonach der Rückkauf von Wandelanleihen i.d.R. betrieblich veranlasst ist; Lehmann in: Frotscher/Drüen, KStG, GewStG, UmwStG, Dokumentstand: 7/2022, § 8 Rn. 188; a.A. Altenburg, DStR 2013, 5, aufgegeben in Altenburg, Die Besteuerung von Wandelschuldverschreibungen im deutschen und niederländischen Steuerrecht, 2017, S. 108 ff.).

b) Die von der Klägerin getätigten Aufwendungen in Höhe von .. Euro für den Barausgleich im Streitjahr 2006 sowie in Höhe von … Euro für den Rückerwerb der Wandelanleihe im Streitjahr 2007 unterliegen ferner nicht dem Abzugsverbot nach § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG.

aa) Nach § 8b Abs. 2 KStG bleiben bei der Ermittlung des Einkommens Gewinne aus der Veräußerung u.a. eines Anteils an einer Körperschaft oder Personenvereinigung, deren Leistungen beim Empfänger zu Einnahmen i.S. des § 20 Abs. 1 Nrn. 1, 2, 9 und 10 Buchst. a EStG führen, außer Ansatz. Gewinnminderungen, die im Zusammenhang mit dem in § 8b Absatz 2 KStG genannten Anteil entstehen, sind bei der Ermittlung des Einkommens gemäß § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG nicht zu berücksichtigen.

Der Verweis in § 8b Abs. 3 Satz 3 auf Abs. 2 führt dazu, dass die Abzugsbeschränkung in § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG den gleichen persönlichen und sachlichen Voraussetzungen wie § 8b Abs. 2 KStG unterliegt (Herlinghaus in: Rödder/Herlinghaus/Neumann, Körperschaftsteuergesetz, 2. Auflage 2023, § 8b Rn. 304). Rechte zum Bezug von in § 8b Abs. 2 KStG genannten Anteilen werden nicht von der Steuerfreistellung des § 8b Abs. 2 KStG erfasst (BFH-Urteile vom 23.01.2008 I R 101/06, BStBl II 2008, 719 und vom 06.03.2013 I R 18/12, BStBl II 2013, 588 hinsichtlich Optionsrechten). Nur Gewinnminderungen, die im Zusammenhang mit einem konkret vorhandenen Anteil i.S. von § 8b Abs. 2 KStG („dem“ Anteil) entstehen, sind dem Abzugsverbot des § 8b Abs. 3 KStG unterworfen (BFH-Urteil vom 9. Januar 2013 I R 72/11, BStBl II 2013, 343). Finanzierungskosten vor Umwandlung von Wandelschuldverschreibungen in Anteile sind voll abzugsfähig (Gosch in: Gosch, Körperschaftsteuergesetz 4. Auflage, § 8b Rn. 162).

bb) Bei den Aufwendungen, die die Klägerin für den Barausgleich bzw. den Rückkauf der Wandelanleihe geleistet hat, handelt es sich nicht um Gewinnminderungen, die ihr im Zusammenhang mit einem konkret vorhandenen Anteil i.S. von § 8b Abs. 2 KStG entstanden sind. Das Abzugsverbot nach § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG scheidet folglich aus.

3. Das FA hat den bei der X OHG zum 31.05.2007 vorhandenen gewerbesteuerrechtlichen Verlustvortrag bei der gesonderten Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes der Klägerin auf den 31.12.2007 zu Recht nicht zu berücksichtigt.

a) Gemäß § 10a Satz 1 GewStG wird der maßgebende Gewerbeertrag um die Fehlbeträge gekürzt, die sich bei der Ermittlung des maßgebenden Gewerbeertrags für die vorangegangenen Erhebungszeiträume nach den Vorschriften der §§ 7 bis 10 GewStG ergeben haben, soweit die Fehlbeträge nicht bei der Ermittlung des Gewerbeertrags für die vorangegangenen Erhebungszeiträume berücksichtigt worden sind. Bei einer Mitunternehmerschaft ist nach § 10a Satz 4 GewStG der sich für die Mitunternehmerschaft insgesamt ergebende Fehlbetrag den Mitunternehmern entsprechend dem sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergebenden allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel zuzurechnen; Vorabgewinnanteile sind nicht zu berücksichtigen. Für den Abzug der den Mitunternehmern zugerechneten Fehlbeträge nach Maßgabe der Sätze 1 und 2 ist der sich für die Mitunternehmerschaft insgesamt ergebende maßgebende Gewerbeertrag sowie der Höchstbetrag nach Satz 1 den Mitunternehmern entsprechend dem sich aus dem Gesellschaftsvertrag für das Abzugsjahr ergebenden allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel zuzurechnen; Vorabgewinnanteile sind nicht zu berücksichtigen (§ 10a Satz 5 GewStG). Nach § 10a Satz 6 GewStG ist die Höhe der vortragsfähigen Fehlbeträge gesondert festzustellen. Das setzt voraus, dass zu diesem Zeitpunkt ein entsprechender vortragsfähiger Gewerbeverlust noch besteht. Bei einer Personengesellschaft ist das u.a. dann nicht mehr der Fall, wenn der vortragsfähige Gewerbeverlust entfallen ist, weil der Träger des Verlustabzugs aus der Gesellschaft ausgeschieden oder erloschen ist (BFH-Urteil vom 12.05.2016 IV R 29/13, BFH/NV 2016, 1489, Rn. 10).

aa) Die Kürzung des Gewerbeertrags setzt nach ständiger Rechtsprechung des BFH sowohl Unternehmensidentität als auch Unternehmeridentität voraus (z.B. BFH-Beschluss vom 03.05.1993 GrS 3/92, BStBl II 1993, 616, Rn. 45; BFH-Urteil vom 06.09.2000 IV R 69/99, BStBl II 2001, 731, Rn. 9).

Unternehmeridentität bedeutet, dass der Steuerpflichtige, der den Verlustabzug in Anspruch nimmt, den Gewerbeverlust zuvor in eigener Person erlitten haben muss. Der Steuerpflichtige muss danach sowohl zur Zeit der Verlustentstehung als auch im Jahre der Entstehung des positiven Gewerbeertrags Unternehmensinhaber gewesen sein (BFH-Beschluss vom 03.05.1993 GrS 3/92, BStBl II 1993, 616, Rn. 45 und BFH-Urteil vom 24.04.2014 IV R 34/10, BStBl II 2017, 233, Rn. 26).

bb) Bei einer Personengesellschaft sind die Gesellschafter, die unternehmerisches Risiko tragen und unternehmerische Initiative ausüben können, die (Mit-)Unternehmer des Betriebs (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG). Als Mitunternehmer einer gewerblichen Personengesellschaft erzielen sie auf der Grundlage ihrer gesellschaftsrechtlichen Verbindung nicht nur – strukturell gleich einem Einzelunternehmer – in eigener Person gewerbliche Einkünfte; vielmehr sind sie auch gewerbesteuerrechtlich Träger des Verlustabzugs und deshalb sachlich gewerbesteuerpflichtig (vgl. BFH-Beschluss vom 03.05.1993 GrS 3/92, BStBl II 1993, 616, Rn. 65 ff.). Die zunächst von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur mitunternehmerbezogenen Verlustverrechnung hat der Gesetzgeber mit den durch das Jahressteuergesetz 2007 vom 13.12.2006 (BGBl I 2006, 2878) in § 10a GewStG eingefügten Sätzen 4 und 5 bestätigt (BFH-Urteil vom 24.04.2014 IV R 34/10, BStBl II 2017, 233, Rn. 27).

Folge der mitunternehmerbezogenen Verlustverrechnung ist, dass beim Ausscheiden eines Mitunternehmers der Verlustabzug gemäß § 10a GewStG verlorengeht, soweit der Fehlbetrag anteilig auf den ausgeschiedenen Mitunternehmer entfällt (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteile vom 16.06.2011 IV R 11/08, Rn. 13, und vom 11.10.2012 IV R 3/09, BStBl II 2013, 176, Rn. 15). Der Verlustabzug entfällt selbst dann, wenn die Beteiligung eines Gesellschafters nur kurzfristig dadurch unterbrochen wird, dass er seinen Gesellschaftsanteil auf eine Schwestergesellschaft überträgt, der eine „logische Sekunde“ später das Vermögen der Ursprungsgesellschaft anwächst (BFH-Urteil vom 11.10.2012 IV R 3/09, BStBl II 2013, 176).

cc) Im Falle sog. doppelstöckiger Personengesellschaften (Oberpersonengesellschaft hält Anteil an Unterpersonengesellschaft) ist die Oberpersonengesellschaft nicht nur Gesellschafterin, sondern unter der Voraussetzung auch Mitunternehmerin der Unterpersonengesellschaft und damit Trägerin des Verlustabzugs, dass sie an letzterer Gesellschaft mitunternehmerisch beteiligt ist, also selbst die allgemeinen Merkmale des Mitunternehmerbegriffs erfüllt (vgl. BFH-Beschluss vom 03.05.1993 GrS 3/92, BStBl II 1993, 616). Dies hat einerseits zur Folge, dass ein Wechsel im Kreis der Gesellschafter der Oberpersonengesellschaft die Unternehmeridentität bezüglich der Unterpersonengesellschaft unberührt lässt (BFH-Urteil vom 06.09.2000 IV R 69/99, BStBl II 2001, 731, Rn. 11). Andererseits ergibt sich daraus, dass der Verlustabzug nach § 10a GewStG selbst dann (anteilig) entfällt, wenn der aus der Unterpersonengesellschaft ausscheidende Gesellschafter über die Oberpersonengesellschaft weiterhin mittelbar an der Unterpersonengesellschaft beteiligt bleibt (BFH-Urteil vom 22.01.2009 IV R 90/05, BFH/NV 2009, 843, Rn. 26) oder der Gesellschafter der Oberpersonengesellschaft infolge Untergangs der Oberpersonengesellschaft durch Anteilsvereinigung zum unmittelbaren Gesellschafter der bisherigen Unterpersonengesellschaft wird (BFH-Urteil vom 03.02.2010 IV R 59/07, BFH/NV 2010, 1492).

b) Entgegen der Einschätzung der Klägerin haben die vorstehenden Grundsätze im Streitfall die Kürzung des Fehlbetrags zur Folge. Die Klägerin war zum Zeitpunkt der Verlustentstehung (im Zeitraum vom 01.10.2005 bis zum 31.05.2007) gewerbesteuerrechtlich nicht Unternehmensinhaberin der X OHG, so dass es an der für die Kürzung des Gewerbeertrags nach § 10a Satz 1 GewStG erforderlichen Unternehmeridentität fehlt. Trägerin des Verlustabzugs zum Zeitpunkt der Verlustentstehung waren vielmehr die X GmbH sowie die X KG als Obergesellschaft in einer doppelstöckigen Personengesellschaft.

aa) Nach ständiger Rechtsprechung des BFH ist dann, wenn eine Personengesellschaft Gesellschafterin einer anderen Personengesellschaft ist, nach Gewerbesteuerrecht allein die Gesellschaft (Obergesellschaft) Mitunternehmer mit der Folge, dass die Gesellschafter der Obergesellschaft nicht auch Mitunternehmer der Untergesellschaft sind (BFH-Beschluss vom 03.05.1993 GrS 3/92, BStBl II 1993, 616, Rn. 64 und BFH-Urteil vom 22.01.2009 IV R 90/05, BFH/NV 2009, 843, Rn. 21). An dieser Rechtsprechung hat der BFH auch nach der Einfügung des Satzes 2 in § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG festgehalten (BFH-Urteil vom 22.01.2009 IV R 90/05, BFH/NV 2009, 843, Rn. 22).

Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG steht der mittelbar über eine oder mehrere Personengesellschaften beteiligte Gesellschafter dem unmittelbar beteiligten Gesellschafter gleich; er ist als Mitunternehmer des Betriebs der Gesellschaft anzusehen, an der er mittelbar beteiligt ist, wenn er und die Personengesellschaften, die seine Beteiligung vermitteln, jeweils als Mitunternehmer der Betriebe der Personengesellschaft anzusehen sind, an denen sie unmittelbar beteiligt sind.

Die Vorschrift ist zwar auch gewerbesteuerrechtlich zu beachten; sie lässt aber die mitunternehmerschaftliche Beteiligung der Oberpersonengesellschaft an der Unterpersonengesellschaft unberührt und hat deshalb lediglich zur Folge, dass der Verlustabzug nur im Rahmen des Sonderbetriebsvermögensbereichs des Obergesellschafters zulässig ist (BFH-Beschluss vom 31.08.1999 VIII B 74/99, BStBl II 1999, 794, Rn. 14 und BFH-Urteil vom 03.02.2010 IV R 59/07, BFH/NV 2010, 1492, Rn. 11; offengelassen im BFH-Urteil vom 12.10.2016 I R 92/12, BStBl II 2022,123, Rn. 18; a.A. Bordewin DStR 1996, 1594, 1596; Suchanek/Rüsch, FR 2021, 576, 582; Wacker in: Schmidt, Einkommensteuergesetz, 42. Auflage 2023, § 15 Rn. 253, 610). Der Verlust, der nach dem Gesellschaftsrecht auf den zivilrechtlichen Gesellschafter entfällt, kann auch steuerlich nicht doppelt zugerechnet werden. Bei der sich somit aus der neu eingefügten Vorschrift selbst ergebenden Notwendigkeit, ihren sachlichen Anwendungsbereich zu bestimmen, ist mangels anderer Gesichtspunkte dem Gesetzeszweck eine ausschlaggebende Bedeutung beizumessen. Dieser Zweck beschränkt sich darauf, den nur mittelbar beteiligten Gesellschafter lediglich wegen der Tätigkeits- und Nutzungsvergütungen und des Sonderbetriebsvermögens wie einen unmittelbar beteiligten Gesellschafter zu behandeln. Das ergibt sich aus den Gesetzgebungsmaterialien (vgl. BFH-Beschluss vom 31.08.1999 VIII B 74/99, BStBl II 1999, 794, Rn. 12 ff. und BFH-Urteil vom 06.09.2000 IV R 69/99, BStBl II 2001, 731, Rn. 16).

Denn der in § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG eingefügte Satz 2 ist entgegen der Auffassung der Klägerin die gesetzgeberische Reaktion auf die BFH-Rechtsprechung zur doppelstöckigen Personengesellschaft in dem Beschluss des Großen Senats des BFH vom 25.02.1991 GrS 7/89, BStBl II 1991, 691. Es sollte in Korrektur dieser Rechtsprechung der steuerliche Durchgriff auch bei mehrstöckigen Personengesellschaften zugelassen und der „nur mittelbar beteiligte Gesellschafter und Mitunternehmer wie ein unmittelbar beteiligter Gesellschafter und Mitunternehmer behandelt“ werden; es sollten die „nachteiligen Folgen für die Gewerbe- und Einkommensteuer, die sich aufgrund des BFH-Beschlusses ergeben, vermieden werden“ (vgl. BT-Drucks. 12/1108, S. 58 f.). Als nicht hinnehmbare nachteilige Folgen hatte der Gesetzgeber angesehen, dass die Sondervergütungen der Untergesellschaft an die Obergesellschafter als Betriebsausgaben abziehbar und so der Gewerbesteuer entzogen seien; außerdem seien Wirtschaftsgüter, die der Gesellschafter der Obergesellschaft der Untergesellschaft überlassen habe, kein Sonderbetriebsvermögen mehr, so dass die stillen Reserven bei der Veräußerung oder Entnahme nicht mehr erfasst seien (BT-Drucks. 11/1108, S. 58; BFH-Beschluss vom 31.08.1999 VIII B 74/99, BStBl II 1999, 794, Rn. 13).

bb) Anders als die Klägerin meint, kann dem BFH-Urteil vom 24.04.2014 (IV R 34/10, BStBl II) nicht entnommen werden, dass der BFH seine bisherige Rechtsprechung im Sinne einer weitergehenden Transparenz ändert (so auch Nöcker, FR 2014, 863, 866; Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, GewStG, Dokumentstand: 138. Lieferung 9/2021, § 10a Rn. 51; Krauß, DStR 2022, 1289, 1291). Vielmehr hat der BFH in diesem Urteil (Rn. 28) sowie mit dem zeitlich nachfolgenden Urteil vom 12.05.2016 (IV R 29/13, BFH/NV 2016, 1489, Rn. 13) unverändert an seiner bisherigen Rechtsprechung zum Verlustabzug nach § 10a GewStG im Falle sog. doppelstöckiger Personengesellschaften festgehalten. Daher bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der BFH seine jahrzehntelang praktizierte Rechtsprechung aufgeben oder auch nur punktuell ändern möchte (Krauß, DStR 2022, 1289, 1291).

cc) Im vorliegenden Fall lag zum Zeitpunkt der Verlustentstehung (im Zeitraum vom 01.10.2005 bis zum 31.05.2007) unstreitig eine doppelstöckige Personengesellschaft vor, wobei die X KG als Oberpersonengesellschaft 99,99% der Anteile an der X OHG als Unterpersonengesellschaft hielt. Die X KG war zudem unstreitig an der X OHG mitunternehmerisch beteiligt und damit gewerbesteuerrechtlich Trägerin des Verlustabzugs in Höhe von 63.348.614 Euro.

dd) Entgegen der Auffassung der Klägerin führte das Ausscheiden der X GmbH aus der X OHG zum 31.05.2007 sowie aus der X KG zum 01.06.2007 nicht dazu, dass diese Verluste bei der gesonderten Feststellung der vortragsfähigen Fehlbeträge der Klägerin zum 31.12.2007 zu berücksichtigen sind.

aaa) Mit Wirkung zum Ablauf des 31.05.2007 schied die X GmbH als Gesellschafterin aus der X OHG aus. Das Vermögen der zweigliedrigen X OHG ging durch Anwachsung (§ 738 Abs. 1 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs – BGB –) auf die verbleibende Gesellschafterin (X KG), über, und die X OHG wurde ohne Liquidation vollbeendet (vgl. BFH-Urteil vom 13.10.2016 IV R 20/14, BFH/NV 2017, 475, Rn. 46; Haas in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, HGB, 5. Auflage 2019, § 131 HGB Rn. 23a m.w.N.).

Bei einer doppelstöckigen Personengesellschaft führt die Anwachsung des Unternehmens der Unterbei der Obergesellschaft unter Zugrundelegung der Rechtsprechungsgrundsätze des BFH grundsätzlich zu einem vollständigen Unternehmerwechsel (Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, GewStG, Dokumentstand: 138. Lieferung 9/2021, § 10a Rn. 61; Krauß, DStR 2022, 1289, 1291; a.A. R 10a. 3 Abs. 3 Satz 9 Nr. 8 Satz 6 GewStR 2009; Suchanek/Rüsch, FR 2021, 576, 579). Demnach hatte im Streitfall bereits die Anwachsung des Vermögens der X OHG bei der verbleibenden Gesellschafterin X KG den Wegfall der Unternehmeridentität zur Folge. Denn Trägerin des gewerbesteuerlichen Verlustabzugs war zum Zeitpunkt der Verlustentstehung zu 99,99% die X KG und nach der ersten Anwachsung zum 31.05.2007 wären Träger des gewerbesteuerlichen Verlustabzugs die Gesellschafter der X KG.

bbb) Selbst wenn man entsprechend der Auffassung der Klägerin und des FA davon ausginge, dass die gewerbesteuerlichen Verluste nach der ersten Anwachsung zum 31.05.2007 noch erhalten blieben, würde auch das Ausscheiden der X GmbH aus der X KG zu Beginn des 01.06.2007 zu einem Unternehmerwechsel führen. Das Vermögen der zweigliedrigen X KG ging durch Anwachsung (§ 738 Abs. 1 Satz 1 BGB) auf den verbleibenden Gesellschafter, hier die Klägerin, über, und die X KG wurde ohne Liquidation vollbeendet (vgl. BFH-Urteil vom 13.10.2016 IV R 20/14, BFH/NV 2017, 475, Rn. 46; Haas in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, HGB, 5. Auflage 2019, § 131 HGB Rn. 23a m.w.N.). Das Erlöschen der X KG (bisherige Obergesellschaft in der ursprünglich doppelstöckigen Struktur) als Trägerin des bei der X OHG entstandenen Verlusts (in Höhe von 99,99%) hat den Wegfall des gewerbesteuerrechtlichen Verlustabzugs gemäß § 10a GewStG zur Folge (vgl. BFH-Urteile vom 12.05.2016 IV R 29/13, BFH/NV 2016, 1489, Rn. 10 ff. für den Fall der Verschmelzung der Oberauf die Unterpersonengesellschaft und vom 03.02.2010 IV R 59/07, BFH/NV 2010/1492 bezüglich des Vermögensübergangs einer Oberpersonengesellschaft im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf einen ihrer Gesellschafter; a.A. Suchanek/Rüsch, FR 2021, 576, 580; Suchanek/Hesse in Wendt/Suchanek/Möllmann/Heinemann, GewStG, Dokumentstand: 2. Lieferung, 2/2022, § 10a Rn. 107a).

Soweit die Klägerin ausführt, zum Zeitpunkt der zweiten Anwachsung am 01.06.2007 handele es sich um eine Anwachsung in einer einstöckigen Struktur, lässt sie unberücksichtigt, dass zum Zeitpunkt der Verlustentstehung (im Zeitraum vom 01.10.2005 bis zum 31.05.2007) bei der X OHG unstreitig eine doppelstöckige Personengesellschaft vorlag. Dies bedingt, dass die Klägerin die bei der X OHG entstandenen Verluste nicht in eigener Person erlitten hat, da Träger des Verlustabzugs die X KG als bisherige Oberpersonengesellschaft und die X GmbH waren. Folglich können die bei der X OHG entstandenen Verluste bei dem bei der Klägerin festzustellenden gewerbesteuerrechtlichen Verlustvortrag zum 31.05.2007 nicht berücksichtigt werden.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO. Die Klägerin ist nicht i.S. des § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO „nur zu einem geringen Teil“ unterlegen. Dieses Tatbestandsmerkmal kann zwar gegeben sein, wenn der unterliegende Beteiligte – wie im Streitfall die Klägerin – bei einer Kostenteilung nach § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO weniger als 5% der Kosten des Verfahrens zu tragen hat (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 08.12.1994 V R 33/93, BFH/NV 1995, 666). Angesichts des erfolglosen Antrags auf Erhöhung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2007 um weitere Euro kann ein Unterliegen „zu einem geringen Teil“ jedoch nicht angenommen werden (vgl. BFH-Urteil vom 21.04. 2005 V R 11/03, BStBl II 2007, 63 m.w.N.).

5. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten und des Vollstreckungsschutzes folgt aus den §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i.V.m. den §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung.

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