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RdF-News
13.10.2015
RdF-News
FG Düsseldorf: Im Steuerabzugsverfahren angeordnete Verlustverrechnungsreihenfolge kann in der Veranlagung rückgängig gemacht werden

FG Düsseldorf, Urteil vom 19.3.2015 – 16 K 4467/12 E, Rev. eingelegt (Az. BFH VIII R 23/15)

NICHT AMTLICHE LEITSÄTZE

Die den auszahlenden Stellen in § 43a Abs. 3 EStG für das Kapitalertragsteuerverfahren vorgegebene Verlustverrechnungsreihenfolge kann im Rahmen der (Antrags-)Veranlagung nach § 32d Abs. 4 EStG abgeändert werden. Vor Verrechnung der „Altverluste“ aus privaten Veräußerungsgeschäften gem. §§ 23 Abs. 3 S. 9 und 10, 20 Abs. 6 S. 1 EStG sind im Rahmen der Veranlagung in einem Depot angefallene Verluste i.S.v. § 20 Abs. 2 EStG depotübergreifend mit allen positiven Einkünften nach § 20 Abs. 1 EStG anderer Depots zu verrechnen.

Sachverhalt

Der Kläger wird vom Beklagten (dem Finanzamt) für das Streitjahr 2010 einzeln zur Einkommensteuer veranlagt. Neben Einkünften aus Gewerbebetrieb und aus Vermietung und Verpachtung erzielte der Kläger Einkünfte aus Kapitalvermögen, deren Berechnung im vorliegenden Verfahren streitig ist.

Der Kläger verfügt zum 31.12.2009 über Verlustvorträge aus privaten Veräußerungsgeschäften i. S. d. § 23 des Einkommensteuergesetzes in der bis zum 31.12.2008 geltenden Fassung (EStG a. F.) in Höhe von über 1,28 Mio. € (Bescheid über die Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer auf den 31.12.2009 vom 20.03.2012). Im Jahr 2010 erzielte er Kapitaleinkünfte aus einem Depot bei der A‑Bank AG (im Folgenden: A-Bank), aus einem Depot bei der B‑Bank AG (im Folgenden: B-Bank) und aus einem privaten Darlehen (Zinsen in Höhe von 545 €). Die (positiven und negativen) Einnahmen aus den Depots stellen sich wie folgt dar [alle Angaben gerundet auf ganze € ]:

 

 

Depot A-Bank

Depot B-Bank

Erträge nach § 20 Abs. 1 EStG (Dividenden u. a.)

137.899

30.836

Positive Erträge nach § 20 Abs. 2 EStG (Veräußerungen von Kapitalanlagen)

11.109

194.840

Verluste nach § 20 Abs. 2 EStG

--

141.466

 

Für die Berechnung der abzuführenden Kapitalertragsteuer gemäß § 43 a des Einkommensteuergesetzes in der für das Streitjahr geltenden Fassung (EStG) verrechnete die B-Bank die laufenden Verluste nach § 20 Abs. 2 EStG (sog. Verlustverrechnungstopf 2, „VVT 2“) zunächst mit den laufenden Erträgen nach § 20 Abs. 1 EStG, die verbleibenden Verlustbeträge von 110.630 € sodann mit den Veräußerungsgewinnen nach § 20 Abs. 2 EStG, sodass Veräußerungsgewinne (84.210 €) nach Anrechnung ausländischer Quellensteuern (7.801 €) schließlich in Höhe von 76.408 € der Kapitalertragsteuer unterworfen wurden. Die A-Bank berechnete die von ihr abzuführende Kapitalertragsteuer auf der Grundlage der Kapitalerträge von 149.008 € unter Berücksichtigung anzurechnender ausländischer Quellensteuern.

Im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung beantragte der Kläger für seine Kapitalerträge die Günstigerprüfung, die Überprüfung des Steuereinbehalts und die Festsetzung der Kirchensteuer. Außerdem beantragte er die Verrechnung von Verlusten nach § 23 EStG a. F.

Im Einkommensteuerbescheid 2010 vom 26.04.2012 führte das Finanzamt für die „Einkünfte, die nach § 32 d EStG besteuert werden (Abgeltungsteuer)“ eine Neuberechnung durch, indem es in Anknüpfung an die Verlustverrechnung der B-Bank von Erträgen nach § 20 Abs. 1 EStG in Höhe von 138.444 € (Depot A-Bank + Privatdarlehenszinsen) ausging und von Erträgen nach § 20 Abs. 2 EStG in Höhe von 95.318 € (Depot A-Bank + verbleibender Betrag nach Verlustverrechnung Depot B-Bank). Die Erträge nach § 20 Abs. 2 EStG verrechnete es sodann in vollem Umfang mit dem Verlustvortrag aus privaten Veräußerungsgeschäften, sodass sich nach Abzug des Sparerfreibetrags (801 €) verbleibende Kapitalerträge von 137.643 € ergaben, die das Finanzamt dem Abgeltungsteuersatz (§ 32 d Abs. 1 Satz 1 EStG) unterwarf; nach Abzug eines Viertels der auf die Kapitalerträge entfallenden Kirchensteuer und unter Anrechnung ausländischer Quellensteuern (8.608,88 €) verblieb eine Abgeltungsteuer von 25.234 €. Hierzu wurde erläutert: „Sie haben einen Antrag auf Günstigerprüfung für sämtliche Kapitalerträge gestellt. Die Prüfung hat ergeben, dass die Besteuerung nach dem allgemeinen Tarif nicht günstiger ist.“

Hiergegen erhob der Kläger Einspruch. Er trug vor, bei Berücksichtigung der gesamten erzielten Kapitaleinkünfte (ohne depotbezogene Verrechnung) seien die im Jahr 2010 erzielten Verluste von 141.466 € (VVT 2) mit laufenden Kapitalerträgen nach § 20 Abs. 1 EStG (169.280 €) verrechenbar, so dass letztlich noch 27.814 € an positiven Kapitalerträgen verblieben. Die laufenden Kapitaleinkünfte nach § 20 Abs. 2 EStG seien in vollem Umfang mit dem Verlustvortrag nach § 23 EStG verrechenbar. Dieser Verlustvortrag müsse also statt mit 95.318 € mit 205.948 € berücksichtigt werden. Der Abgeltungsteuer seien danach nur 27.814 € zu unterwerfen. Die Regelung des § 43 a Abs. 3 Satz 2 EStG, wonach auf Ebene der Bank für die Einbehaltung der Kapitalertragsteuer ein Verlustausgleich durchzuführen sei, stehe dem nicht entgegen. Diese Verrechnung könne im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung anders vorgenommen werden. Aus den Vorschriften des EStG ergebe sich nichts anderes: § 20 Abs. 6 EStG sehe für die Ermittlung der Kapitaleinkünfte vor, dass verbleibende positive Einkünfte aus Kapitalvermögen nach der Verrechnung im Sinne des § 43 a Abs. 3 EStG zunächst mit Verlusten aus privaten Veräußerungsgeschäften nach Maßgabe des § 23 Abs. 3 Sätze 9 und 10 EStG zu verrechnen seien. Bei dieser Verrechnung „im Sinne des § 43 a Abs. 3 EStG“ handele es sich nicht um die von der jeweiligen Depotbank vorgenommene Verrechnung; diese sei für die endgültige Besteuerung nicht unumstößlich, sondern gelte nur für die Abführung der Kapitalertragsteuer. Das Finanzamt müsse im Rahmen der Veranlagung die gesamten Kapitalerträge (unabhängig, welchem Depot sie zugehörig seien) zunächst nach den Grundsätzen des § 43 a Abs. 3 EStG berechnen und sodann die Verrechnung mit dem Verlustvortrag nach § 23 EStG vornehmen. Alles andere wäre auch ein Verstoß gegen die Gleichmäßigkeit der Besteuerung und gegen Europäisches Recht, weil von ausländischen Depotbanken keine Kapitalertragsteuer einbehalten werde, das Finanzamt also in diesen Fällen notwendigerweise die Einkommensteuer eigenständig ermittle, ohne eine depotbezogene Beurteilung vorzunehmen.

Das Finanzamt wies den Einspruch unter Bezugnahme auf ein Erläuterungsschreiben als unbegründet zurück (Einspruchsentscheidung vom 6.11.2012). Es führte aus, die Verlustverrechnung werde bereits beim Steuerabzug auf Ebene der inländischen Bank berücksichtigt. Die Bank bilde zwei Verlustverrechnungstöpfe (für Aktien- und sonstige Verluste) und habe einen laufenden Verlustausgleich negativer Kapitalerträge mit positiven Kapitalerträgen durchzuführen (§ 43 a Abs. 3 Satz 2 EStG). Dieser Verlustausgleich im Rahmen des Steuerabzugsverfahrens durch die Kreditinstitute sei vorrangig und könne auch im Rahmen der Veranlagung nicht mehr rückgängig gemacht werden (BMF-Schreiben vom 22.12.2009, BStBl I 2010, 94, 110, Rz. 118). Ein verbleibender Verlust am Jahresende werde von der Bank ins nächste Jahr vorgetragen, wenn der Steuerpflichtige nicht bis zum 15.12. des laufenden Jahres bei seiner Bank eine Bescheinigung hierüber beantrage (§ 43 a Abs. 3 Satz 5 EStG); nur in letzterem Falle könnten Verluste bei der Veranlagung berücksichtigt werden (§ 43 a Abs. 3 Satz 4 EStG). Werde der Antrag hingegen nicht (rechtzeitig) bei der Bank gestellt, scheide eine Verlustberücksichtigung bei der Einkommensteuerveranlagung aus, weil es ansonsten zu einer Doppelberücksichtigung des Verlustes (im Rahmen des Verrechnungstopfs bei der Bank und im Rahmen der Veranlagung) komme.

Hiergegen richtet sich die Klage. Der Kläger weist darauf hin, dass im vorliegenden Fall keine Möglichkeit bestanden habe, bei der B-Bank eine Verlustbescheinigung i.S.d. § 43 a Abs. 3 Satz 5 EStG zu erwirken, weil kein nicht ausgeglichener laufender Verlust am Ende des Jahres 2010 vorgelegen habe. Die unterjährige Verlustverrechnung auf Ebene der jeweiligen Bank sei im Wege der Veranlagung durch das Finanzamt unter Berücksichtigung der gesamten erzielten Kapitaleinkünfte (auch aus weiteren Depots bei anderen Banken) nach § 20 Abs. 6 EStG ggf. zu korrigieren, wenn nach den Kriterien einer zunächst gebotenen Verrechnung laufender Erträge und laufender Verluste des Veranlagungszeitraums nach den Vorgaben des § 43 a Abs. 3 EStG (Verrechnung laufender Verluste zunächst mit laufenden Erträgen nach § 20 Abs. 1 EStG, dann erst nach § 20 Abs. 2 EStG; Berücksichtigung ausländischer Steuern auf Kapitalerträge) und der sodann vorzunehmenden Verrechnung verbliebener Erträge nach § 20 Abs. 2 EStG mit Altverlusten gemäß § 23 Abs. 3 Sätze 9 und 10 EStG sich ein für den Steuerpflichtigen günstigeres Ergebnis ergebe.

Der Kläger beantragt,

              den Einkommensteuerbescheid vom 26.04.2012 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 6.11.2012 in der Weise zu ändern, dass die nach § 32 d Abs. 1 EStG zu besteuernden Einkünfte aus Kapitalvermögen (vor Berücksichtigung anrechenbarer ausländischer Steuern und vor der Kirchensteuerermäßigung) mit 27.013 € angesetzt werden;

              hilfsweise: die Revision zuzulassen.

Das Finanzamt beantragt,

              die Klage abzuweisen;

              hilfsweise: die Revision zuzulassen.

Es hält an seiner Auffassung fest, die Verlustverrechnung durch die jeweiligen Kreditinstitute im Rahmen des Steuerabzugsverfahrens sei vorrangig und auch bindend für ein späteres Veranlagungsverfahren.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und die dem Gericht übersandte Steuerakte des Finanzamts Bezug genommen.

Aus den Gründen

Die Klage ist begründet.

Das Finanzamt hat zu Unrecht die Verlustverrechnung gemäß § 20 Abs. 6 EStG in der Weise vorgenommen, dass es zunächst die von den verschiedenen Banken („auszuzahlenden Stellen“ i. S. d. § 43 a Abs. 3 EStG) vorgenommenen unterjährigen Verlustverrechnungen als unabänderlich der Veranlagung zugrunde gelegt und hierauf die Verlustverrechnung der „Altverluste“ aus privaten Veräußerungsgeschäften nach Maßgabe des § 23 Abs. 3 Sätze 9 und 10 EStG bezogen hat. Der Senat hält es für geboten, im Rahmen der Veranlagung eine depotübergreifende Verrechnung der laufenden Verluste nach den Regeln des § 43 a Abs. 3 EStG zu ermöglichen und hieran mit der Verlustverrechnung der „Altverluste“ anzuknüpfen.

1. § 32 d Abs. 4 EStG („Antragsveranlagung“) ermöglicht es dem Steuerpflichtigen, auf Antrag die der Kapitalertragsteuer unterworfenen Kapitaleinkünfte im Rahmen der Einkommensteuerfestsetzung durch das Finanzamt nach dem Berechnungsmodus und mit dem besonderen Steuersatz des § 32 d Abs. 1 EStG besteuern zu lassen. Umstände, die beim Kapitalertragsteuerabzug durch die Kreditinstitute nicht berücksichtigt worden sind bzw. berücksichtigt werden konnten (insbesondere Verlustverrechnungen gemäß § 43 a Abs. 3 EStG und § 20 Abs. 6 EStG), können so einbezogen werden. Auf diese Weise lassen sich sowohl Beurteilungen und Berechnungen des Kreditinstitutes überprüfen („ ... zur Überprüfung des Steuereinbehalts dem Grund oder der Höhe nach ... “) als auch Umstände einbeziehen, die die Bank beim Kapitalertragsteuerabzug nicht berücksichtigen konnte, wie im Streitfall die vorhandenen Verlustvorträge aus privaten Veräußerungsgeschäften i. S. d. § 23 EStG a. F.. Hiernach war im Streitfall eine entsprechende Veranlagung durchzuführen.

2. Die Verlustverrechnung erfolgt nach den Regeln des § 20 Abs. 6 EStG. Auf der ersten Stufe steht die Verrechnung laufender Erträge und Verluste des Veranlagungszeitraums: Eine „Verrechnung im Sinne des § 43 a Abs. 3 EStG“ ist durchzuführen. Die Finanzverwaltung interpretiert das, als seien die von den inländischen Kreditinstituten jeweils vorgenommenen depotbezogenen Verlustverrechnungen vorrangig und als bindend zu akzeptieren; sie könnten im Rahmen der Veranlagung durch das Finanzamt nicht mehr (im Wege einer depotübergreifenden Berechnung) rückgängig gemacht werden (BMF-Schreiben vom 22.12.2009 IV C 1 – S 2252/08/10004  2009/0860687, BStBl I 2010, 94, 110, Rz. 118; vgl. auch Seitz, StB 2009, 426; Geurts in Bordewin/ Brandt, § 43 a EStG Rz. 68). Der Steuerpflichtige kann dem nicht durch die Wahl der „großen Veranlagungsoption“ (§ 32 d Abs. 6 EStG) entgehen; denn auch hier werden die nach § 20 ermittelten Kapitaleinkünfte (und damit die Verlustverrechnung nach den Regeln des § 20 Abs. 6 EStG) zugrunde gelegt.

Für diese Gesetzesinterpretation spricht die amtliche Begründung des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 (vom 30. 3. 2007 BR-Drucks. 220/07, BT-Drucks. 16/4841, zu Art. 1 Nr. 16 Buchst. i; vgl. Philipowski, DStR 2014, 2051, 2052 unter 5.), wonach die weitere Verlustverrechnung anknüpfen solle an „die nach der Verrechnung gemäß § 43 a Abs. 3 EStG verbleibenden positiven Einkünfte aus Kapitalvermögen“. Aus Vereinfachungsgründen war offenbar eine Anknüpfung an die von den Kreditinstituten vorgenommene depotbezogene Verrechnung gemäß § 43 a Abs. 3 EStG gewollt.

Diese Interpretation des § 20 Abs. 6 Satz 1 EStG führt im Ergebnis zu einer nicht nur einkunftsbezogenen, sondern sogar depotbezogenen Schedulenbesteuerung, wodurch im Rahmen der Einkunftsart des § 20 EStG je nach Anzahl und Art der Depots (inländische bzw. ausländische Kreditinstitute) bei in der Höhe gleichen Kapitaleinkünften sich völlig unterschiedliche Besteuerungsergebnisse ergeben können. Die Besteuerung erfolgt letztlich durch das Kreditinstitut; dessen depotbezogene Verrechnungen bleiben im Veranlagungsverfahren bindend. Das Ziel des § 23 Abs. 10 EStG, Altverluste aus privaten Veräußerungsgeschäften wenigstens für eine Übergangszeit bis 2013 mit Veräußerungsgewinnen nach § 20 Abs. 2 EStG ausgleichen zu können (§ 52 a Abs. 11 Satz 11 EStG), wird unter Umständen erheblich erschwert, was die verfassungsrechtlichen Bedenken an dieser beschränkten Verlustausgleichsmöglichkeit (vgl. Philipowski, DStR 2014, 2051; Hey, FR 2014, 349) noch verstärkt (zu verfassungsrechtlichen Bedenken an der Regelung des § 20 Abs. 6 EStG vgl. auch Jochum in Kirchhof/ Söhn/ Mellinghoff, § 20 EStG  Rn. H 31 ff. und Geurts in Bordewin/ Brandt, § 20 EStG Rn. 771).

Dieses Ergebnis hält der Senat nicht für hinnehmbar, zumal der Wortlaut des § 20 Abs. 6 Satz 1 EStG diese Interpretation nicht erfordert. Die Vorschrift spricht von der „Verrechnung im Sinne des § 43 a Absatz 3“. Anzuwenden ist die Vorschrift vom Finanzamt, nämlich im Rahmen der Antragsveranlagung des § 32 d Abs. 4 EStG. Damit ist das Finanzamt nicht gehindert, nach den Regeln des § 43 a Abs. 3 EStG eine Verrechnung laufender Verluste mit positiven Einkünften vorzunehmen, ohne an Depotgrenzen gebunden zu sein.

3. Entgegen den Ausführungen des Finanzamts in der Einspruchsentscheidung besteht die Gefahr einer Doppelberücksichtigung von Verlusten nicht. Der Streitfall betrifft nicht einen nach Verrechnung verbleibenden laufenden Verlust des Veranlagungszeitraums, der entweder im Rahmen der Veranlagung zu berücksichtigen (vgl. § 43 a Abs. 3 Sätze 4 und 5 EStG) oder von dem Kreditinstitut auf das nächste Kalenderjahr vorzutragen ist (vgl. § 43 a Abs. 3 Satz 3 EStG). Vielmehr geht es um die zutreffende Art und Weise der vollständigen Verrechnung eines laufenden Verlustes im Veranlagungszeitraum unter Berücksichtigung bestehender „Altverluste“.

4. Nach alledem sind im Streitfall die laufenden Verluste nach § 20 Abs. 2 EStG (141.466 €) ohne Depotbegrenzung mit den laufenden Erträgen nach § 20 Abs. 1 EStG (169.280 €) verrechenbar, so dass letztlich noch 27.814 € an positiven Kapitalerträgen i. S. d. § 20 Abs. 1 EStG verbleiben. Die laufenden Erträge nach § 20 Abs. 2 EStG (205.949 €) sind mit „Altverlusten“ (Bescheid über die Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer auf den 31.12.2009 vom 20.03.2012) vollständig verrechenbar. Nach Abzug des Sparer-Pauschbetrags (801 €) ergeben sich Kapitalerträge i. S. d. § 32 Abs. 1 EStG von 27.013 €. Die Berechnung der hierauf entfallenden Einkommensteuer (unter Berücksichtigung der Kirchensteuerermäßigung sowie ausländischer Quellensteuern) wird gemäß § 102 Abs. 2 Satz 2 FGO dem Finanzamt übertragen.

5. Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen, § 115 Abs. 2 Nr.1 FGO.

6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs.1 FGO.

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