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RdF-News
12.11.2014
RdF-News
FG Baden-Württemberg: Besteuerung von Xetra-Gold

FG Baden-Württemberg, Urteil vom 23.6.2014 – 9 K 4022/12

Sachverhalt

Streitig ist, ob Gewinne aus Lieferschuldverschreibungen auf Gold mit physischer Deckung steuerpflichtig sind.

Die Kläger sind verheiratet und werden zur Einkommensteuer zusammenveranlagt.

Der Kläger erwarb am 30. September 2008 xxx Stück Xetra - Gold Wertpapiere (ISIN DE000A0S9GB0) zum Kurs von xxx Euro zzgl. einer Provision in Höhe von xxx Euro (Anschaffungskosten: xxx Euro).

Xetra - Gold Wertpapiere sind an der Deutschen Börse emittierte, börsenfähige Inhaberschuldverschreibungen, welche jeweils einen Anspruch auf Lieferung von einem Gramm physischem Gold verbriefen (vgl. § 1 Emissionsbedingungen der Schuldverschreibungen -EB-, Bl. 67 Anlagenband). Sie bilden den Goldpreis tagesaktuell ab. Der „Umrechnungskurs“ für Zwecke der Berechnung des Rückzahlungsbetrags einer Schuldverschreibung ist der von der Federal Reserve Bank für 10 Uhr Eastern Standard Time angezeigte Betrag am Ausübungstag (§ 4 Abs. 5 EB, vgl. Bl. 70 Anlagenband). Die Wertpapiere sind zu mindestens 95% durch Gold in physischer Form in den Tresoren der Clearstream (Zentralverwahrung für Wertpapiere in Frankfurt) gesichert. Die Emittentin ist verpflichtet, mit dem Erlös aus den Inhaberschuldverschreibungen, Gold in physischer Form zu erwerben  (vgl. S. 8 Programm für die Ausgabe der Xetra-Gold Inhaberschuldverschreibung - Prospekt - , Bl. 39 Anlagenband). Der restliche Wert, die „Buchgoldobergrenze“, wird als Lieferanspruch (der Emittentin) auf Gold gegen die X AG & Co.KG, A unterhalten. Die Investoren sind weder Eigentümer des Goldes noch haben sie ein Sicherungsrecht daran. Das bedeutet, dass andere Gläubiger der Emittentin auf das Gold im Wege der Zwangsvollstreckung zugreifen können (vgl. S. 17 Prospekt, Bl. 48 Anlagenband). Die Investoren können ihren Lieferanspruch auf Gold bei ihrer depotführenden Bank geltend machen und erhalten nach Maßgabe der Emissionsbedingungen innerhalb von 10 Tagen eine Goldlieferung. Neben dem Lieferanspruch haben die Investoren zudem die Möglichkeit der Veräußerung der Wertpapiere über die Börse (Sekundärmarkt; vgl. S. 1 Prospekt, Bl. 32 Anlagenband). Nur wenn die physische Lieferung von Gold aus regulatorischen Gründen nicht zulässig ist, können die Wertpapiere an die Deutsche Bank, als emissionsbegleitendes Institut, gegen Barausgleich zurückgegeben werden (§ 4 EB, Bl. 69 Anlagenband). Diese Einschränkung trifft auf den Kläger allerdings nicht zu. Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird im Übrigen auf das Ausgabeprospekt vom 28. November 2007 Bezug genommen (vgl. Bl. 32 ff. Anlagenband).

Am 02. März 2010 veräußerte der Kläger xxx Stück der Wertpapiere zum Kurs von xxx Euro je Stück und erzielte dabei einen Gewinn von insgesamt xxx Euro (~ xxx Euro ./. xxx Euro). Den Veräußerungsgewinn unterwarf die depotführende Bank des Klägers dem Kapitalertragsteuerabzug.

In ihrer Einkommensteuererklärung 2010 (Eingang beim Beklagten: 23. Dezember 2011) beantragten die Kläger die Anrechnung der Kapitalertragsteuer auf die Einkommensteuer und erfassten die Gewinne nicht als Einkünfte aus Kapitalvermögen, da diese nach ihrer Auffassung nicht steuerpflichtig seien.

Dieser Auffassung folgte der Beklagte nicht und setzte mit Einkommensteuerbescheid 2010 vom 13. April 2012 auch auf die Gewinne aus der Veräußerung der Wertpapiere Einkommensteuer fest.

Den unter anderem deswegen am 02. Mai 2012 erhobenen Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid 2010, wies der Beklagte insoweit mit Teil-Einspruchsentscheidung vom 06. November 2012 als unbegründet zurück (§ 367 Abs. 2a S. 1 Abgabenordnung - AO -). Das Einspruchsverfahren über die darüber hinaus angegriffene Behandlung der Besteuerung von Stückzinsen ruht nach § 363 Abs. 2 S. 1 AO.

Die Kläger haben am 07. Dezember 2012 Klage erhoben.

Am 28. März 2014 erging ein nach § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO geänderter Einkommensteuerbescheid 2010, der damit Gegenstand des Klageverfahrens wurde (§ 68 Finanzgerichtsordnung - FGO -)

Die Kläger behaupten, die Auslieferung des Goldes über die Hausbank innerhalb von 10 Tagen sei gewährleistet. Die Informationen des Beklagten aus dem Internet, dass einige Banken und Broker die Auslieferung des Goldes ablehnen würden, sei unzutreffend.

Sie sind der Auffassung, die Einnahmen aus den Xetra - Gold Wertpapieren würden weder steuerpflichtige Einkünfte aus Kapitalvermögen darstellen (§ 20 Abs. 2 Nr. 7 Einkommensteuergesetz - EStG -) noch seien sie steuerbar nach § 23 EStG.

Die Inhaberschuldverschreibung von Xetra - Gold sei keine Kapitalforderung nach § 20 Abs. 2 Nr. 7 EStG, da es keine auf eine Geldzahlung gerichtete Forderung sei. Vielmehr sei der Anspruch, der dem Inhaber des Wertpapiers gegenüber der Emittentin zustehe, auf die Lieferung der verbrieften Menge physischen Goldes gerichtet.

Eine Forderung nach § 20 Abs. 2 Nr. 7 i.V.m. 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG setzte begrifflich voraus, dass sie auf Einkünfte auf Kapitalvermögen gerichtet sei. Dies sei nur dann der Fall, wenn die Einkünfte das Ergebnis einer diesbezüglichen spezifischen wirtschaftlichen Tätigkeit, also einer Nutzungsgewährung/Nutzungsüberlassung von Kapital, seien. Eine derartige Nutzungsgewährung bzw. Nutzungsüberlassung erfordere, dass der dem Kapital innewohnende Nutzungswert auf den Schuldner übergegangen sei. Hiervon könne jedoch bei Xetra - Gold nicht ausgegangen werden, da sich die Emittentin zu einer  jederzeitigen und vollständigen Deckung der Lieferansprüche in realistischer Lieferreichweite verpflichtet habe.

Es sei auch unerheblich, dass die Wertpapiere an der Börse gehandelt würden, da § 20 Abs. 2 Nr. 7 i.V.m. 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG dies nicht voraussetze.

Da Xetra - Gold eine Sachforderung darstelle, könne diese allenfalls unter den Voraussetzungen von § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG steuerpflichtig sein. Allerdings würden die Voraussetzungen beim Kläger nicht vorliegen, da zwischen Anschaffung und Veräußerung der Wertpapiere mehr als 12 Monate lägen.

Die Kläger beantragen sinngemäß,

1. den Einkommensteuerbescheid 2010 vom 28. März 2014 dahingehend abzuändern, dass die Einkünfte aus Kapitalvermögen um xxx Euro gemindert werden,

2. die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das außergerichtliche Vorverfahren für notwendig zu erklären,

hilfsweise

3. die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

1. die Klage abzuweisen,

hilfsweise

2. die Revision zuzulassen.

 Der Beklagte ist, unter Berufung auf ein Schreiben des Bundesministerium für Finanzen vom  22. Dezember 2009 (Bundessteuerblatt Teil I - BStBl I - 2010, 94), der Auffassung die Gewinne aus der Veräußerung von Xetra - Gold Wertpapieren führten zu Einkünften aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 2 Nr. 7 EStG in der Fassung des Unternehmenssteuerreformgesetztes 2008 - UnterStReform 2008 - vom 14. August 2007 (Bundesgesetzblatt Teil I - BGBl. I - I 2007, 1912, BStBl. I 2007, 630) . Erziele ein Anleger bei der Einlösung oder Veräußerung eines verbrieften Lieferanspruchs, der nicht in physischer Form gedeckt sei, einen Gewinn, so unterliege dieser der Abgeltungssteuer. Entsprechendes gelte bei verbrieften Ansprüchen, die börsenfähige Wertpapiere darstellen würden, auch wenn dieser Lieferanspruch in physischer Form gedeckt sei. Auch ein auf Gold oder Rohstoffe gerichteter Anspruch, könne daher eine Kapitalforderung darstellen. Da es sich bei Xetra - Gold Wertpapieren um börsenfähige Wertpapiere handle, lägen die Voraussetzungen für die Besteuerung des Kursgewinns selbst dann vor, wenn eine Deckung der entsprechenden Menge physischen Goldes vorliegen würde. Die Deckungshöhe betrage jedoch nur 95 %.

Im Verfahren hat am 25. April 2013 ein Erörterungstermin stattgefunden. Auf die Niederschrift wird Bezug genommen (Bl. 77ff Gerichtsakte).

Der Sachverhalt ergibt sich aus den im Verfahren ausgetauschten Schriftsätzen und der vom Beklagten vorgelegten Einkommensteuerakte und Rechtsbehelfsakte 2010 (§ 71 Abs. 2 FGO).

Aus den Gründen

22 1. Der Senat entscheidet ohne mündliche Verhandlung, da die Beteiligten auf ein mündliche Verhandlung verzichtet haben (§ 90 Abs. 2 FGO).

23 2. Der Senat war nicht gehalten, eine Aussetzung oder ein Ruhen des Verfahrens anzuordnen, sondern konnte in der Sache entscheiden.

24 Der Antrag des Beklagten auf Ruhen des Verfahrens vom 16. Mai 2014  nach § 155 FGO i.V.m. § 251 Zivilprozessordnung (ZPO) steht einer Entscheidung des Verfahrens nicht entgegen, da die Kläger dem Antrag nicht zugestimmt haben.

25 Das Verfahren war auch nicht im Hinblick auf das beim Bundesfinanzhof (BFH) anhängigen Verfahren VIII R 19/14 (vorgehend Sächsisches Finanzgericht, Urteil vom 27. März 2014 – 1 K 1406/13 –, juris) bzw. die vom Finanzgericht Münster mit Urteil vom 14. März 2014 zugelassene Revision im Verfahren 12 K 3284/13 E, juris.de  auszusetzen, da die von § 74 FGO geforderte Vorgreiflichkeit nicht gegeben ist.

26 3. Die Klage ist begründet.

27 Der Einkommensteuerbescheid vom 28. März 2014 verletzt die Kläger in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 FGO).

28 Der Überschuss, den der Kläger aus der Veräußerung der Xetra - Gold Wertpapiere erzielt hat, ist weder gemäß § 20 Abs. 2 Nr. 7 i.V.m. Abs. 1 Nr. 7 EStG, nach § 20 Abs. 2 Nr. 3 lit. b EStG jeweils in der Fassung des Unternehmenssteuerreformgesetzes 2008 noch nach § 23 EStG  steuerpflichtig.

29 a) Die Vorschrift § 20 Abs. Abs. 2 Nr. 7 i.V.m. Abs. 1 Nr. 7 EStG in der Fassung des UntStReformG 2008 gilt für alle Kapitalforderungen, die nicht vor dem 15. März 2007 angeschafft wurden (§ 52a Abs. 10 S. 6 und S. 8 EStG), demnach grundsätzlich auch für die am 30. September 2008 vom Kläger angeschafften Xetra - Gold Wertpapiere.

30 b) Allerdings erfüllen die Xetra - Gold Wertpapiere nicht die Voraussetzungen von § 20 Abs. 2 Nr. 7 i.V.m. Abs. 1 Nr. 7 EStG i.d.F des UnterStReformG 2008. Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen zählen danach die Gewinne aus der Veräußerung von sonstigen Kapitalforderungen jeder Art, wenn die Rückzahlung des Kapitalvermögens oder ein Entgelt für die Überlassung des Kapitalvermögens zur Nutzung zugesagt oder geleistet worden ist, auch wenn die Höhe der Rückzahlung oder des Entgelts von einem ungewissen Ereignis abhängt.

31 aa) Xetra - Gold Wertpapiere verbriefen bereits keine Kapitalforderung. Kapitalforderungen sind auf Geldleistungen gerichtete Forderungen ohne Rücksicht auf die Dauer der Kapitalüberlassung oder den Rechtsgrund des Anspruchs (BFH, Urteil vom 04. Dezember 2007 – VIII R 53/05 –, Sammlung amtlich veröffentlichter Entscheidung des BFH - BFHE - 219, 339, BStBl II 2008, 563). Dies hat sich auch nach der Erweiterung des Tatbestandes durch das UntStReformG 2008 nicht geändert. Zwar hat der Gesetzgeber durch die Änderung des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG im UntStReformG 2008 den Anwendungsbereich der Norm auf Kapitalforderungen aus Spekulationsanlagen, bei den sowohl die Höhe des Entgelt als auch die Kapitalrückzahlung von ungewissen Ereignis abhängen, erweitert (BT-Drucksache 16/4841 Bl. 54). Die damit erfassten Spekulationsanlagen mit hohem wirtschaftlichem Risiko haben jedoch auf die Definition der Kapitalforderung keine Auswirkung. Die Erweiterung hat rechtlich nur zur Folge, dass der Anspruch auf die Rückzahlung des Kapitals und damit die auf eine Geldleistung gerichtete Forderung zwar der Höhe nach unsicher sein kann, dem Grunde nach jedoch bestehen muss (Jochum in Kirchhof/Söhn Kommentar zum Einkommensteuergesetz 224. Aktualisierung - KSM - § 20 Rz. C/ 7 12).

32 (a) Im vorliegenden Verfahren hat der Kläger gegen die Emittentin ausschließlich einen Anspruch auf die Lieferung von Gold und nicht auf die Rückzahlung von Kapital. Dem Kläger war es unstreitig nicht verwehrt aufgrund seiner rechtlichen Stellung in den Besitz von Gold zu gelangen. Die Inhaberschuldverschreibung verbriefte daher für den Kläger ausschließlich einen Lieferanspruch. Daher hatte er auch kein Wahlrecht im Sinne einer Wahlschuld (§ 262 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB -) gegenüber der Emittentin und konnte bei vertragsgemäßer Ausübung seine Rechte nicht die Möglichkeit eines Rückzahlungsanspruch gegenüber der Klägerin geltend machen.

33 (b) Der Anspruch des Klägers auf die Lieferung von Gold wird auch nicht dadurch zu einem Anspruch auf Geld, dass der Kläger die Möglichkeit hat die Wertpapiere am Sekundärmarkt zu veräußern. Für den Begriff der Kapitalforderung im Sinne von § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG ist es unerheblich, ob die Kapitalforderung durch ein handelbares Wertpapier verkörpert oder eine Schuldverschreibung verbrieft wird. Die Verwertung des Lieferanspruchs am Sekundärmarkt und damit die Handelbarkeit führt nicht zu einer Veränderung des Anspruchs gegenüber der Emittentin.

34 (c) Die Behauptungen des Beklagten, es gebe Hinweise im Internet, dass einige Broker und Banken eine Auslieferung verweigern würden, konnte nicht nachvollzogen werden und ist unsubstantiiert geblieben. Im Übrigen wäre auch dieser Umstand unerheblich. Die rechtliche Einordnung der Forderung als Anspruch auf Lieferung von Gold würde sich durch vertragswidriges Verhalten Dritter nicht ändern.

35 bb) Der Kläger überlässt zudem der Emittentin kein Entgelt zur Nutzung, was jedoch nach ständiger Rechtsprechung des BFH den Einkünften aus Kapitalvermögen immanent ist. Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehören daher alle Vermögensmehrungen, die bei wirtschaftlicher Betrachtung Entgelt für eine Kapitalnutzung sind (BFH, Urteil vom 13. November 2007 VIII R 36/05, BFHE 220, 35, BStBl II 2008, 292). Diese Voraussetzung ist für Einkünfte aus Kapitalforderungen durch die UntSteuerReform 2008 nicht entfallen. Zwar ist § 20 Abs. 2 EStG auf Kapitalanlagen erweitert worden, die zuvor nach § 23 EStG steuerpflichtig waren. In diesen Fällen, mag es auch nicht darauf ankommen, dass die Einkünfte aus der Kapitalnutzung stammen. Für die Kapitalforderung, die jedoch bereits vor der UntSteuerReform § 20 EStG unterfielen, sieht der Senat jedoch keinen Anlass für eine Änderung der Gesetzesauslegung. Mit der Aufnahme der Kapitalforderung in § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 7 EStG UnterSteuerReformG 2008 wollte der Gesetzgeber nur erreichen, dass auch der Vermögenszufluss besteuert wird. In der Gesetzesbegründung wird überdies ausdrücklich erwähnt, dass § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG zum Ziel hat, Erträge aus der Nutzungsüberlassung zu erfassen (BT-Drucksache 16/4841 Bl. 56).

36 (a) Die Kläger wenden daher zurecht ein, dass sie das Kapital der Xetra - Gold nicht zur Nutzung überlassen haben. Xetra - Gold ist verpflichtet, von dem überlassenen Kapital Gold zu erwerben, was den entscheidenden Unterschied zu Inhaberschuldverschreibungen ohne physische Deckung ausmacht. Bis auf die vom Gericht als unerheblich erachtete Spanne von ca. 5%, die durch einen Lieferanspruch gegen die X AG & Co.KG, A gedeckt wird, steht der Emittentin kein Kapital zur freien Verfügung.  Wirtschaftlich betrachtet ist die maximal 5 % Unterdeckung allein dem An- und Verkauf der Lieferschuldverschreibungen geschuldet und damit als übliche Handelsspanne zu betrachten. Ein verwertbares Kapitalnutzungsrecht erhält die Emittentin hierdurch nicht. Die Clearstream hat sich ferner gegenüber der Emittentin verpflichtet, zu überwachen und sicherzustellen, dass die Schuldverschreibungen zu jedem Zeitpunkt durch Gold in physischer Form gedeckt sind. Zudem darf die Emittentin das Geld nicht verleihen. Auch hierdurch wird eine mögliche Kapitalnutzung eingeschränkt.

37 (b) Nach Auffassung des Senats ist es auch unerheblich, dass der Kläger nicht Eigentümer des Goldes war, sondern nur einen schuldrechtlichen Lieferanspruch hatte. Der Unterschied zwischen einer Forderung auf Lieferung eines Gegenstandes und einer Kapitalforderung ergibt sich bereits aus der unterschiedlichen steuerlichen Behandlung. Gewinne aus der Veräußerung von anderen als den in § 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG genannten Wirtschaftsgütern sind in § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG erfasst. Ein derartiger anderer Gegenstand kann auch ein Sachlieferanspruch selbst sein (BFH-Urteil vom 24. Januar 2012 IX R 62/10, BFHE 236, 362, BStBl II 2012, 564).

38 cc) Es ist auch unerheblich, dass die Mehrzahl der Anleger die Xetra - Gold Wertpapiere und damit den Lieferanspruch am Sekundärmarkt veräußern, um die ggf. anfallenden hohen Kosten für die Auslieferung des physischen Goldes nicht tragen zu müssen. Eine derartige Betrachtung verkennt, dass die Veräußerung des Wertpapiers am Sekundärmarkt ein weiteres Rechtsverhältnis begründet und unabhängig vom schuldrechtlichen Lieferungsanspruch zur beurteilen ist.

39 b) Es kann offen bleiben, ob die Veräußerung von Xetra - Gold Wertpapieren steuerpflichtig nach § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 3b EStG in der Fassung des UntStReformG 2008 wäre.  Nach § 52a Abs. 10 S. 3 EStG gilt die Norm erstmals für Gewinne, bei denen der Rechtserwerb nach dem 31. Dezember 2008 erfolgte. Der Kläger hatte die Wertpapiere  jedoch bereits am 30. September 2008 erworben.

40 c) Es kann auch offen bleiben, ob ein privates Veräußerungsgeschäft nach § 22 Nr. 2 i.V.m. § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG a.F. oder ein Termingeschäft nach § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 EStG a.F. vorliegt, da jedenfalls der Zeitraum zwischen Erwerb (30. September 2008) und Veräußerung (02. März 2010) der Wertpapiere mehr als ein Jahr betragen hat und daher im Veräußerungszeitpunkt die Spekulationsfrist abgelaufen war.

41 3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

42 4. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, 711 Satz 1 Zivilprozessordnung i.V.m. § 151 Abs. 1 FGO (BFH-Beschluss vom 15. April 1981, VI S 3/81, BStBl II 1981, 402).

43 5. Die Revision war aufgrund grundsätzlicher Bedeutung der Sache zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).

44 6. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das außergerichtliche Vorverfahren wird für notwendig erklärt (§ 139 Abs. 3 FGO).

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