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RdF-News
30.07.2014
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EY: Deutsche Banken beim Stresstest europaweit am optimistischsten

Die Banken in Deutschland sehen sich gut aufgestellt: Nur sechs Prozent von ihnen rechnen damit, im Anschluss an den Stresstest und die Prüfung der Vermögenswerte (Asset Quality Review) durch die Europäische Zentralbank (EZB) frisches Kapital beschaffen zu müssen, um eventuelle Kapitallöcher zu stopfen. Damit zeigen sie sich im europäischen Vergleich am optimistischsten. Die EZB prüft derzeit 128 Institute aus dem Euroraum, darunter 24 Banken aus Deutschland, und übernimmt ab November die Aufsicht über die wichtigsten Banken der Eurozone.

Hoher zusätzlicher Kapitalbedarf besteht hingegen offenbar in Spanien: 35 Prozent der spanischen Banken rechnen fest damit, im Anschluss an den Stresstest frisches Kapital beschaffen zu müssen, weitere 25 Prozent räumen zumindest die Möglichkeit ein. Europaweit erwarten insgesamt 26 Prozent der Banken, dass Stresstest und Asset Quality Review Kapitallöcher zum Vorschein bringen könnten.

Das sind Ergebnisse des aktuellen „Bankenbarometers“ der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY (Ernst & Young). Für die Studie wurden 294 Banken in mehreren europäischen Ländern befragt. In Deutschland nahmen 44 Banken an der Umfrage teil.

Immer mehr deutsche Banken betrachten den Stresstest allerdings als überflüssig – nur noch jedes sechste Institut (17 Prozent) hält ihn für notwendig. Zu Jahresbeginn lag die Zustimmung mit 22 Prozent noch etwas höher. „Die Methodik der EZB ist für die Banken nicht immer völlig transparent“, sagt Dirk Müller-Tronnier, Leiter Banking & Capital Markets bei EY. „Darüber hinaus haben viele Banken offenbar mittlerweile den Eindruck, dass der Stresstest keine dramatischen Mängel als Licht bringen wird.“ Immerhin 87 Prozent der deutschen Banken gehen allerdings davon aus, dass die Bilanzprüfung zumindest für einige beteiligte Institute Konsequenzen haben wird.

Verbesserung des operativen Geschäfts erwartet
Europaweit rechnen 60 Prozent der befragten Banken damit, dass ihr operatives Geschäft in den kommenden sechs Monaten anziehen wird. Nur 14 Prozent rechnen mit einer Eintrübung. Besonders optimistisch sind Institute in Spanien und den Niederlanden – die allerdings auch in den vergangenen Jahren mit zum Teil erheblichen Problemen zu kämpfen hatten. Deutsche Banken zeigen sich etwas vorsichtiger: Nur 40 Prozent rechnen mit einer Verbesserung, gut ein Viertel geht von einer leichten Eintrübung aus. Kein Grund, an der deutschen Bankenbranche zu zweifeln, so Claus-Peter Wagner, Managing Partner Financial Services Deutschland bei EY: „Flächendeckender Optimismus wäre ein Grund zur Sorge. Man müsste dann davon ausgehen, dass mehrere Banken ihre Geschäftsentwicklung völlig falsch einschätzen.“ Die Geschäftserwartungen vieler Banken könnten ohnehin einen Dämpfer bekommen: Die Banken rechnen europaweit damit, ihre internen Abläufe weiter formalisieren zu müssen, und erwarten zudem einen Anstieg der Rechtsstreitigkeiten. Das würde weitere Kosten verursachen.

Grundgehälter sollen steigen
Der Schrumpfkurs der deutschen Banken hält an: Trotz der guten Konjunkturaussichten will jede dritte deutsche Bank in den kommenden Monaten Personal abbauen – nur 21 Prozent der Unternehmen wollen zusätzliche Mitarbeiter einstellen. „Der Kostendruck in der Branche bleibt hoch, nach wie vor suchen die Institute nach Einsparpotenzialen und setzen den Rotstift an“, sagt Wagner. Auch europaweit überwiegt der Anteil der Banken, die ihren Personalbestand verkleinern wollen. Nur in Skandinavien und Großbritannien wollen die Institute unterm Strich neue Mitarbeiter einstellen. Der Stellenabbau soll dabei vor allem die Verwaltung treffen.

Trotz des hohen Kostendrucks soll die Gesamtvergütung in deutschen und europäischen Banken im Vergleich zum vergangenen Jahr weiter steigen. Nur 7 Prozent der Banken in Deutschland beziehungsweise 12 Prozent der Institute in den anderen europäischen Ländern rechnen mit einer sinkenden Gesamtvergütung. Dem stehen jeweils 30 Prozent gegenüber, die mit einer steigenden Gesamtvergütung rechnen. Was auf den ersten Blick widersprüchlich scheint, lässt sich mit den neuen Vergütungsregeln für Banken erklären, die seit 2010 greifen: Weil Bonuszahlungen seitdem strengeren Regeln unterliegen, steigen die Grundgehälter. „Die Gehaltsstruktur für Bonusempfänger ändert sich zugunsten des Festgehalts“, sagt Müller-Tronnier.

Risikovorsorge steigt langsamer
Dank der guten Konjunkturentwicklung und dem Abflauen der Schuldenkrise sind Deutschlands Banken der Ansicht, ihre Risiken im Griff zu haben. Nur noch 17 Prozent der deutschen Institute rechnen für die kommenden sechs Monate mit einer leicht steigenden Risikovorsorge im eigenen Kreditgeschäft, 16 Prozent erwarten hingegen eine leicht sinkende Risikovorsorge. „Die deutschen Banken sind überwiegend der Meinung, dass sie ihre Probleme weitgehend abgearbeitet haben“, sagt Wagner. Der Optimismus sei vor allem der wieder anziehenden Konjunktur zu verdanken. „Die deutsche Wirtschaft entwickelt sich gut, und auch aus den anderen europäischen Ländern kommen inzwischen wieder Wachstumsimpulse. Es spricht derzeit einiges für eine Normalisierung der Situation – trotz gelegentlicher Rückschläge“.

Auch in Großbritannien, Polen und den skandinavischen Ländern rechnen die Banken eher mit einer sinkenden Risikovorsorge. In den anderen europäischen Ländern gehen die Institute hingegen tendenziell von einem steigenden Bedarf aus, insbesondere spanische und österreichische Institute zeigen sich pessimistisch. Unterm Strich dürfte die Gesamtrisikovorsorge im Kreditgeschäft allerdings europaweit weniger stark steigen als in den vergangenen sechs Monaten.

Immobilienkredite legen zu
Die besten Chancen sehen Banken sowohl deutschland- als auch europaweit im Geschäft mit wohlhabenden Privatkunden und im Retail-Banking. Auch im Asset Management, im Einlagen- und im Firmenkundengeschäft schätzen sie die Aussichten positiv ein. Im Retail-Banking rechnen die Institute vor allem mit einer deutlich wachsenden Nachfrage nach Immobilienkrediten. Im Firmenkundengeschäft dürfte in erster Linie die Nachfrage nach Darlehen steigen. „Der wachsende Bedarf an Firmendarlehen ist konjunkturell bedingt“, urteilt Wagner.

Obwohl fast jede dritte deutsche Bank ihre Bilanzsumme reduzieren will, soll die Kreditvergabe steigen: Knapp die Hälfte der befragten Banken in Deutschland rechnet damit, in den kommenden sechs Monaten mehr Kredite zu vergeben – nur 12 Prozent wollen die Kreditvergabe einschränken. Europaweit gehen 51 Prozent der Institute von einer zunehmenden Kreditvergabe aus, an der Spitze stehen Institute aus Polen, Spanien und den Niederlanden. Französische, österreichische und schweizerische Unternehmen wollen sich im Vergleich eher zurückhalten. Auch diese Entwicklung dürfte in erster Linie eine Folge der Konjunkturerholung sein. „Wenn die Wirtschaft anzieht, steigt die Kreditvergabe“, sagt Müller-Tronnier. Nach Einschätzung der Banken dürfte vor allem die Kreditvergabe an mittelständische Unternehmen deutlich zunehmen; auch Unternehmen aus dem verarbeitenden Gewerbe und der Industrie könnten mit mehr Darlehen rechnen.

Kaum Innovationen geplant
Im europäischen Vergleich zeigen sich die deutschen Banken wenig innovationsfreudig. In anderen europäischen Ländern will mehr als ein Drittel der Institute in neue Vertriebskanäle und -technologien investieren, neue Produkte entwickeln, neue Auslandsmärkte oder Geschäftsfelder erschließen. Deutschlands Banken sehen indes kaum Bedarf für Innovation oder Wachstum. Das zeigte sich bereits in vergangenen Umfragen. „Die Innovationsunwilligkeit der deutschen Banken ist in ihrer Konstanz wenig ermutigend – das könnte sich noch rächen“, bilanziert Müller-Tronnier.

Die Studie kann heruntergeladen werden unter www.ey.com/Publication/vwLUAssets/EY_Bankenbarometer_Juli_2014/$FILE/EY-Bankenbarometer-Juli-2014.pdf.

(PM EY vom 22.7.2014)

 

 

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