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RdF-News
14.02.2022
RdF-News
OFD Frankfurt a. M. : Wechsel der zentralen Gegenpartei bei außerbörslichen Zinsderivaten im Zuge des Brexit

OFD Frankfurt a. M., Verfügung vom 1.4.2021 – S 2133 A - 036 St 516

Volltext der Verfügung: RdFL2022-78-1

1. Notwendigkeit des Wechsels der zentralen Gegenpartei bei außerbörslichen Zinsderivaten (sog. Portierung von Bankbuchzinsderivaten)

Das zentrale Clearing von außerbörslichen Derivaten (OTC-Derivate) in der EU setzt voraus, dass die zentrale Gegenpartei in der EU zugelassen oder anerkannt ist. Im September 2020 hat die EU-Kommission drei britischen Häusern einen Zugang zum europäischen Markt bis zum 30. Juni 2022 ermöglicht. In dieser Zeit sollen Marktteilnehmer ihr Engagement mit britischen Häusern (in 2018 ca. 90% der auf Euro lautenden OTC-Zinsderivate) verringern und dieses auf Clearing-Häuser innerhalb der EU übertragen (sog. „Portierung“).

Entsprechend der rechtlichen Mechanik des Clearings im Wege der Novation bestehen die (Alt)-Portfolien aus einzelnen Vertragsverhältnissen bzw. Zinsderivaten zwischen den Handelsteilnehmern und dem zentralen Kontrahenten mit Sitz in London. Um diese Portfolien auf einen in der EU ansässigen zentralen Kontrahenten zu übertragen, besteht die Möglichkeit, für jedes Bestands-Derivat einen gegenläufigen Vertrag mit einem Handelsteilnehmer abzuschließen (Glattstellungs-Derivat) und an den zentralen Kontrahenten in London zum Clearing weiterzuleiten. Auf dessen Ebene würden dann gegenläufige Verträge des jeweiligen Clearingmitglieds im Rahmen einer sog. Portfolio Compression miteinander verrechnet. Um unerwünschte Marktpreisrisiken zu vermeiden, würde taggleich ein mit dem Bestands- Derivat identisches Vertragsverhältnis (Neu-Derivat) mit einem Handelsteilnehmer vereinbart und zu einem in der EU ansässigen zentralen Kontrahenten zum Zwecke des Clearings weitergeleitet. Dieser Übertragungsweg wird als 1:1 Portierung bezeichnet.

2. Handelsrechtliche Beurteilung der brexitbedingten Portierung von Bankbuchzinsderivaten

Handelsrechtlich kann die vorgenannte 1:1 Portierung von Bankbuchderivaten erfolgsneutral in der Handelsbilanz abgebildet werden. Hiervon erfasst werden nach dem bisherigen Verständnis der Marktteilnehmer wohl auch Zinsderivate in Bewertungseinheiten.

3. Steuerliche Beurteilung zur brexitbedingten Portierung von Bankbuchzinsderivaten

Eine erfolgsneutrale Abbildung des aufgrund des Brexit erfolgten Wechsels von einer im Vereinigten

Königreich niedergelassenen zentralen Gegenpartei zu einer zentralen Gegenpartei in der EU bei nicht zu Handelszwecken erworbenen Zinsderivaten in der Steuerbilanz ab dem 1. Januar 2021 bis zum 30. Juni 2022 (vgl. insoweit den Durchführungsbeschluss der EU 2018/2031 vom 19. Dezember 2018, verlängert durch die Beschlüsse 2019/2211 vom 19. Dezember 2019 sowie 2020/1308 vom 21. September 2020) ist nach einem Beschluss der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder dann nicht zu beanstanden, wenn kumulativ

a) eine 1:1-Übertragung der Positionen erfolgt,

b) ein enger zeitlicher Zusammenhang der erforderlichen Einzeltransaktionen besteht,

c) die tatsächliche Umsetzung der Geschäfte gesondert, einheitlich und nachvollziehbar dokumentiert

und nachgewiesen wird und

d) in der Handelsbilanz entsprechend verfahren wird

und die Entscheidung für alle in Satz 1 genannten Fälle des Wechsels der zentralen Gegenpartei einheitlich getroffen wird.

Die Erfolgsneutralität in der Steuerbilanz ist somit aufbauend auf den handelsrechtlichen Voraussetzungen nicht nur zeitlich eingeschränkt, sondern zusätzlich auch daran geknüpft, dass die Regelung nur einheitlich angewendet werden kann. Hierdurch ist ausgeschlossen, dass ein Institut aus der durch den Brexit bedingten Portierung resultierende stille Lasten berücksichtigt und gleichzeitig für die aufgedeckten stillen Reserven bei anderen betroffenen Zinsderivaten eine erfolgsneutrale Behandlung wünscht.

Zudem knüpft die erfolgsneutrale Abbildung in der Steuerbilanz zwingend an eine erfolgsneutrale Abbildung in der Handelsbilanz an. Soweit nach dem Verständnis der Marktteilnehmer auch Zinsderivate in Bewertungseinheitenbetroffen sind, folgt die steuerrechtliche Beurteilung insoweit der handelsrechtlichen.

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