R&W Abo Buch Datenbank Veranstaltungen Betriebs-Berater
Logo ruw-online
Logo ruw-online
Suchmodus: genau  
RdF-News
14.01.2011
RdF-News
: Zu den Anforderungen an das Merkmal der „voraussichtlich dauernden Wertminderung“ i.S. des § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG bei im Umlaufvermögen eines Kreditinstituts bilanzierten börsennotierten Wertpapieren

FG Münster, Urteil vom 9.7.2010 - 9 K 75/09 K, Rev eingelegt (Az. BFH I R 98/10)

Sachverhalt

Streitig ist, ob eine Teilwertabschreibung auf börsennotierte festverzinsliche Wertpapiere des Umlaufvermögens zu begrenzen ist, wenn sich die Kurse bis zum Tag der Bilanzaufstellung wieder teilweise erholt haben (Auslegung des Merkmals "voraussichtlich dauernde Wertminderung" in § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes - EStG).

Die Klägerin ist ein Kreditinstitut. Sie hielt zum streitgegenständlichen Bewertungsstichtag 31. Dezember 2007 in ihrem Umlaufvermögen - als Liquiditätsreserve - verschiedene festverzinsliche Wertpapiere sowie Anteilscheine an Wertpapier-Sondervermögen (im Folgenden einheitlich als "Wertpapiere" bezeichnet). Zum Bilanzstichtag waren die Kurswerte einiger dieser Wertpapiere unter die Anschaffungskosten gesunken. Im folgenden Zeitraum bis zum Tag der Aufstellung der Steuerbilanz (11. Januar 2008) wurden teilweise wieder etwas höhere Kurswerte erreicht. Die maximalen Wertsteigerungen zwischen dem Bilanzstichtag und dem Tag der Bilanzaufstellung beliefen sich hinsichtlich der zunächst im Wert gesunkenen festverzinslichen Wertpapiere auf insgesamt 310.750,00 EUR, hinsichtlich der zunächst im Wert gesunkenen Anteilscheine auf insgesamt 65.364,42 EUR.

Die Einzelbeträge der Kurswerte im Zeitpunkt des Erwerbs, zum Bilanzstichtag und zum Tag der Bilanzaufstellung sowie die jeweils höchsten im Zeitraum zwischen Bilanzstichtag und Bilanzaufstellung erreichten Kurswerte sind in der auf der folgenden Seite wiedergegebenen Tabelle dargestellt (dort für die Fondsanteile auf volle Euro gerundet). Dabei wurden in die Tabelle nur solche Wertpapiere aufgenommen, bei denen zwischen Bilanzstichtag und Bilanzaufstellung eine Kurserholung eingetreten ist. Daneben hielt die Klägerin weitere Wertpapiere, bei denen es aber nicht zu derartigen Kurserholungen gekommen ist. Bei den festverzinslichen Wertpapieren handelt es sich jeweils um Inhaberschuldverschreibungen, bei denen im Fall vorzeitiger Verkäufe Stückzinsen gesondert ausgewiesen werden. Bei den in der Tabelle erstgenannten Fondsanteilen handelt es sich um Anteile an einem Rentenfonds; die weiteren Anteile entfallen auf einen offenen Immobilienfonds.

In ihrer Körperschaftsteuer-(KSt-)Erklärung für 2007 begrenzte die Klägerin die von ihr vorgenommenen Teilwertabschreibungen auf die Differenzbeträge zwischen den höheren bisherigen Buchwerten einerseits und den höchsten im Zeitraum zwischen dem 1. und 11. Januar 2008 jeweils erreichten Kurswerten, soweit diese höher lagen als die Kurswerte zum Bilanzstichtag. Zugleich wies sie darauf hin, dass diese - auf dem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 25. Februar 2000 (BStBl. I 2000, 372, Rn. 23 ff.) beruhende Sachbehandlung nicht ihrer eigenen Rechtsauffassung entspreche. Der Beklagte (das Finanzamt - FA -) setzte die KSt mit dem angefochtenen Bescheid vom 13. November 2008 erklärungsgemäß unter dem Vorbehalt der Nachprüfung auf 1.604.641 EUR fest. Der Einspruch blieb ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 8. Dezember 2008).

Die Klägerin vertritt unter Verweis auf die zu börsennotierten Aktien des Anlagevermögens ergangene höchstrichterliche Rechtsprechung (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 26. September 2007 I R 58/06, BStBl. II 2009, 294) die Auffassung, auch bei festverzinslichen Wertpapieren des Umlaufvermögens sei von einer voraussichtlich dauernden Wertminderung schon dann auszugehen, wenn am Bilanzstichtag keine konkreten Anhaltspunkte für eine baldige Wertsteigerung vorlägen. Auf die von der Finanzverwaltung vertretene Betrachtung der Wertentwicklung nach dem Bilanzstichtag könne daher verzichtet werden, zumal diese auch in der Handelsbilanz nicht praktiziert werde. Die Preisfindung durch "den Markt" könne immer nur wertbegründenden Charakter haben, da dieser im Regelfall alle bekannten Umstände berücksichtige ("einpreise"). Bei informationseffizienten und liquiden Märkten entspreche der Börsenkurs zum Stichtag stets dem wahren Wert zu diesem Tag. Dieser Kurs könne im Vergleich zu allen früheren Notierungen als voraussichtlich dauerhaft eingeordnet werden. Nur derjenige, der über bessere Informationen als "die Marktteilnehmer (die Börse)" verfüge, sei am Bilanzstichtag zu einer Prognose in der Lage, ob der gefundene Kurs voraussichtlich dauerhaften Charakter besitze. Vom Steuerpflichtigen könne aber nicht erwartet werden, dass er über bessere Erkenntnisse verfüge als "der Markt".

Im Einspruchsverfahren hatte die Klägerin noch behauptet, die Kurse festverzinslicher Wertpapiere seien zum 31. Dezember 2007 stark eingebrochen; sie hätten sich erst nach Zinssenkungen der Zentralbanken, die im Januar 2008 vorgenommen worden seien, erholt. Im Klageverfahren hat sie dieses Vorbringen dahingehend korrigiert, dass erst am 22. Januar 2008 - d.h. nach dem Tag der Bilanzaufstellung - eine Zinssenkung durch die US-Notenbank vorgenommen worden sei. Dies sei für die Klägerin am Bilanzstichtag nicht vorhersehbar gewesen. Sowohl vor als auch nach dem Bilanzstichtag hätten verschiedene Quellen in der Wirtschaftspresse Spekulationen über die Höhe der erwarteten Leitzinssenkung angestellt. Dies habe Auswirkungen auf die Höhe der Wertpapierkurse gehabt. Die Erwartungen der Marktteilnehmer über den Inhalt künftiger Zinsentscheidungen der Notenbanken ließen sich objektiv anhand der Preisentwicklung der US-Drei-Monats-Futures belegen. Zwischen dem Bilanzstichtag und dem Zeitpunkt unmittelbar vor der Notenbanksitzung sei die an den Futurekursen ablesbare Erwartung für die Entwicklung der kurzfristigen Zinsen um 0,75 Prozentpunkte zurückgegangen. Gleichwohl hätten die Marktteilnehmer die tatsächliche Zinsentscheidung nicht richtig vorausgesehen. Dies zeige sich daran, dass unmittelbar nach der Notenbankentscheidung ein Abschlag von weiteren 0,45 Prozentpunkten vorgenommen worden sei. Ungeachtet ihrer Auffassung von der objektiven Belegbarkeit bestimmter Einschätzungen ist jedoch auch die Klägerin der Ansicht, dass Börsenkurse nicht objektiv begründbar seien, sondern maßgebend von subjektiven Einflüssen geprägt würden.

Die Klägerin vertritt darüber hinaus die Auffassung, für eine etwaige Begrenzung des Betrags einer Teilwertabschreibung infolge einer nicht dauerhaften Wertminderung sei nach der Ursache eines späteren Kursanstiegs zu differenzieren: Beruhe dieser beispielsweise auf einem unerwarteten Großauftrag, müsse es beim Ansatz des niedrigen Kurses zum Bilanzstichtag bleiben. Steige der Kurs hingegen wegen des Wegfalls eines zuvor vermuteten Produkthaftungsrisikos, wirke dieser Kursanstieg bis zum Tag der Bilanzaufstellung begrenzend für die Höhe der Teilwertabschreibung. Die Klägerin behauptet, spätere Kurserholungen würden "im Regelfall" auf nachträglich eingetretenen Ereignissen beruhen. Hieraus leitet sie ab, dass der Steuerpflichtige schon allein mit dem Verweis auf den aktuellen Börsenkurs zum Bilanzstichtag seiner Nachweispflicht für einen voraussichtlich dauerhaft gesunkenen Teilwert nachkomme.

Darüber hinaus seien aber sämtliche Kursveränderungen, die nach dem Bilanzstichtag eintreten, als wertbegründend anzusehen. Denn jede durch ein Verkaufsangebot ausgelöste Kursminderung und jede durch ein Nachfragegesuch ausgelöste Kurssteigerung beruhe auf einer erst nach dem Bilanzstichtag getroffenen Entscheidung eines bestimmten Marktteilnehmers, ein bestimmtes Wertpapier anzubieten oder nachzufragen.

Zudem verweist die Klägerin darauf, dass angesichts der Zuordnung der streitgegenständlichen Wertpapiere zum Umlaufvermögen nicht zwingend von einer Einlösung zur Endfälligkeit (d.h. zu einem Kurswert von 100%) auszugehen sei, sondern auch eine vorzeitige Veräußerung zu einem abweichenden - ggf. geminderten - Kurs denkbar sei.

Während des Klageverfahrens wurde bei der Klägerin eine Betriebsprüfung durchgeführt. Im Anschluss daran hat das FA mit dem geänderten KSt-Bescheid vom 5. März 2010 die KSt für 2007 auf 1.631.002 EUR erhöht und den Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben. Über die in diesem Änderungsbescheid umgesetzten Ergebnisse der Betriebsprüfung besteht zwischen den Beteiligten kein Streit.

Unabhängig davon hat die Klägerin ihr Klagebegehren während des Klageverfahrens erweitert. Sie begehrt nunmehr, auch den gemäß § 8b Abs. 5 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) infolge des Bezugs steuerfreier Dividenden als nicht abziehbare Betriebsausgaben behandelten Betrag von pauschal 5% der Einnahmen (15.021 EUR) zum Abzug zuzulassen. Durch Änderungsbescheid vom 18. Juni 2010 hat das FA die KSt-Festsetzung 2007 insoweit für vorläufig erklärt. Die Klägerin hat erklärt, damit sei diesem Teil ihres Begehrens vorerst Rechnung getragen; eine gerichtliche Entscheidung über diesen Punkt sei nicht erforderlich.

Ferner hat die Klägerin im Klageverfahren dargelegt, dass die nach dem Bilanzstichtag eingetretene Wertsteigerung der Anteile an dem offenen Immobilienfonds überwiegend auf Mieterträgen beruht, die wirtschaftlich der Zeit nach dem Bilanzstichtag zuzurechnen sind. Daraufhin hat das FA erklärt, aus prozessökonomischen Gründen hinsichtlich dieser Fondsanteile nicht mehr an seiner Auffassung festzuhalten, es handle sich auch insoweit nicht um eine voraussichtlich dauernde Wertminderung.

Die Klägerin beantragt,

den Körperschaftsteuerbescheid für 2007 vom 18. Juni 2010 unter gegenläufiger Minderung des Gewerbesteuer-Aufwands dahingehend zu ändern, dass auf die als Liquiditätsreserve gehaltenen Wertpapiere des Umlaufvermögens eine weitere Teilwertabschreibung in Höhe von YYYYYY,YY EUR vorgenommen wird,

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Das FA beantragt sinngemäß,

den Körperschaftsteuerbescheid für 2007 vom 18. Juni 2010 unter gegenläufiger Minderung des Gewerbesteuer-Aufwands dahingehend zu ändern, dass auf die als Liquiditätsreserve gehaltenen Anteile am offenen Immobilienfonds "FFFF" eine weitere Teilwertabschreibung in Höhe von XXXX,XX EUR vorgenommen wird,

im Übrigen, die Klage abzuweisen,

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Der Berichterstatter hat die Sache am 27. Mai 2010 mit den Beteiligten erörtert. Diese haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Aus den Gründen

Die Klage ist nur zu einem geringen Teil begründet.

Der angefochtene KSt-Bescheid 2007 ist insoweit rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -), als das FA auch bei den Anteilen an dem offenen Immobilienfonds eine Betrachtung der Kursentwicklung nach dem Bilanzstichtag vorgenommen hat und bei den anderen Wertpapieren dieser Betrachtung den höchsten im Zeitraum zwischen Bilanzstichtag und Bilanzaufstellung überhaupt erzielten Kurs zugrunde gelegt hat. Im Übrigen ist die Klage unbegründet.

1. In der Steuerbilanz sind Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens grundsätzlich mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder dem an deren Stelle tretenden Wert anzusetzen (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 EStG). Abweichend vom Handelsrecht (vgl. § 253 Abs. 3 Satz 1 des Handelsgesetzbuchs - HGB - in der im Streitjahr 2007 noch geltenden Fassung vor den Änderungen durch das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz) bestimmt § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG, dass der Teilwert angesetzt werden kann, sofern er auf Grund einer voraussichtlich dauernden Wertminderung niedriger ist als derjenige Wert, der sich bei Ansatz des in § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 EStG genannten Regelbewertungsmaßstabs ergibt. Diese Regelungen gelten auch für Körperschaften (§ 8 Abs. 1 Satz 1 KStG).

2. Es ist weder zwischen den Beteiligten umstritten noch aus anderen Gründen zweifelhaft, dass der Teilwert börsennotierter festverzinslicher Wertpapiere und Anteilscheine zu einem bestimmten Stichtag in aller Regel - von besonderen, hier weder gegebenen noch zu erörternden Ausnahmefällen abgesehen - dem jeweiligen Börsenkurswert dieser Papiere entspricht.

Zwar wird der Teilwert i.d.R. um die im Fall einer Wiederbeschaffung anfallenden Anschaffungsnebenkosten über dem Börsenwert liegen (vgl. zu Wertpapieren BFH-Urteil vom 15. Juli 1966 VI 226/64, BStBl. III 1966, 643; zustimmend BFH-Urteil vom 29. April 1999 IV R 63/97, BStBl. II 2004, 639, unter 2.b). Die Beteiligten haben die Frage der Anschaffungsnebenkosten - deren Einbeziehung eine weitere Begrenzung der Teilwertabschreibung mit sich bringen würde - jedoch trotz eines kurzen Hinweises darauf (Schreiben des Berichterstatters vom 18. November 2009) nicht problematisiert. In Übereinstimmung hiermit geht der Senat davon aus, dass der Klägerin als Kreditinstitut keine nennenswerten teilwertbeeinflussenden Anschaffungsnebenkosten beim Erwerb festverzinslicher Wertpapiere oder Anteilscheine entstehen (ebenso im Ergebnis wohl auch BFH-Urteil vom 26. September 2007 I R 58/06, BStBl. II 2009, 294, unter II.1.a, in dem die Frage der Anschaffungsnebenkosten gleichfalls nicht problematisiert worden ist).

Streitig ist in diesem Verfahren vielmehr allein, in welchen Fällen eine - zum Bilanzstichtag feststehende - Wertminderung als "voraussichtlich dauernd" im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG anzusehen ist. Soweit die Klägerin ausführlich darlegt, weshalb der Teilwert zum Bilanzstichtag dem zu diesem Stichtag notierten Börsenkurs entspricht, ist dies für das vorliegende Klageverfahren daher ohne Belang.

3. Anders als die Klägerin meint, ist mit der Feststellung eines bestimmten - unter dem Buchwert liegenden - Börsenkurswertes zum Bilanzstichtag aber noch nicht zugleich über die Frage mitentschieden, ob diese Wertminderung "voraussichtlich dauernd" sein wird. Insofern stimmt der Senat dem Grunde nach der Verwaltungsauffassung zu, wonach die Frage der voraussichtlichen Dauerhaftigkeit einer Wertminderung auch bei börsennotierten Wertpapieren eigenständig zu prüfen ist. Mit gewissen Einschränkungen (dazu noch unten 4.d) stimmt der Senat auch der Verwaltungsauffassung zu, wonach diese - dem Grunde nach erforderliche - Prüfung in typisierender und verwaltungsvereinfachender Weise anhand der zwischen dem Bilanzstichtag und dem Tag der Aufstellung der Steuerbilanz eingetretenen Entwicklung der Börsenkurse vorgenommen werden kann.

a) In seiner Entscheidung zur voraussichtlichen Dauerhaftigkeit von Wertminderungen bei börsennotierten Aktien des Anlagevermögens (BFH-Urteil vom 26. September 2007 I R 58/06, BStBl. II 2009, 294, unter II.1.b; insoweit übereinstimmend auch der IV. Senat in seiner Entscheidung zu Fremdwährungsverbindlichkeiten, vgl. BFH-Urteil vom 23. April 2009 IV R 62/06, BStBl. II 2009, 778) hat der BFH ausgeführt, eine voraussichtlich dauernde Wertminderung sei gegeben, wenn der Teilwert nachhaltig unter den maßgeblichen Buchwert gesunken sei (ebenso Bericht des Finanzausschusses vom 3. März 1999 zum Entwurf des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002, Bundestags-Drucksache 14/443, 22). Davon sei auszugehen, wenn aus der Sicht des Bilanzstichtags aufgrund objektiver Anzeichen ernstlich mit einem langfristigen Anhalten der Wertminderung gerechnet werden müsse. Allein die Möglichkeit einer Wertsteigerung in der Zukunft, die regelmäßig nie ausgeschlossen werden könne, stehe einer Teilwertabschreibung nicht entgegen, weil § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG andernfalls leer liefe. Ob eine Wertminderung voraussichtlich andauern werde, richte sich vielmehr danach, ob aus Sicht des Bilanzstichtages mehr Gründe für ein Andauern der Wertminderung sprechen als dagegen. Es könne nicht generell beantwortet werden, welcher Prognosezeitraum hierbei zugrunde zu legen sei. Vielmehr richte sich dies nach den prognostischen Möglichkeiten zum Bilanzstichtag, die je nach Art des Wirtschaftsguts und des auslösenden Moments für die Wertminderung unterschiedlich sein könnten.

Diesen allgemeinen Erwägungen zur Auslegung des Merkmals der voraussichtlichen Dauerhaftigkeit der Wertminderung schließt der erkennende Senat sich an.

b) Darüber hinaus hat der BFH in der angeführten Entscheidung - speziell zu der dort zu beurteilenden Frage der dauernden Wertminderung bei börsennotierten Aktien - ausgeführt, zwar könne mit Sicherheit vorausgesagt werden, dass der Börsenkurs nicht an seinem zum Bilanzstichtag gefundenen Stand verharren werde. Offen sei aber, ob die weitere Entwicklung nach oben oder nach unten tendieren oder in der zuletzt erreichten Größenordnung bleiben werde. Jedenfalls bei informationseffizienten Märkten sei aber davon auszugehen, dass der aktuelle Börsenwert eine höhere Wahrscheinlichkeit aufweise, die künftige Kursentwicklung zu prognostizieren, als dies bei den historischen Anschaffungskosten der Fall sei (BFH-Urteil vom 26. September 2007 I R 58/06, BStBl. II 2009, 294, unter II.1.d). Diese Ausführungen hat der BFH (a.a.O., unter II.1.g) dann selbst dahingehend ausgedeutet, dass bei börsennotierten Aktien des Finanzanlagevermögens von einer voraussichtlich dauernden Wertminderung auszugehen sei, wenn deren Kurswert zum Bilanzstichtag unter die Anschaffungskosten gesunken sei und zum Zeitpunkt der Aufstellung der Bilanz keine Anhaltspunkte für ein alsbaldiges Ansteigen des Kurses vorliegen würden.

c) Die letztgenannten Erwägungen sind nach Auffassung des erkennenden Senats ebenso auf die Bewertung festverzinslicher Wertpapiere des Umlaufvermögens zu übertragen. Zum einen ist auch hier der vom BFH angeführte Erfahrungssatz zutreffend, dass der aktuelle Börsenwert eine höhere Wahrscheinlichkeit für die Prognose der künftigen Kursentwicklung aufweist als die historischen Anschaffungskosten.

Auf der anderen Seite ist dem BFH aber auch in der Einschränkung zuzustimmen, dass der aktuelle Stichtags-Börsenwert nur im Vergleich zu den historischen Anschaffungskosten der "überlegenere" Wertansatz darstellt. Demgegenüber lässt der BFH an keiner Stelle seiner Entscheidung erkennen, dass er davon ausgeht, der aktuelle Stichtags-Börsenwert werde sich nun dauerhaft - also auch für die Zukunft - als "der richtige Wert" erweisen. Eine solche Annahme wäre auch mit dem allgemeinen Erfahrungssatz unvereinbar, wonach die notierten Kurse börsengehandelter Wirtschaftsgüter stets in einem gewissen Umfang schwanken und nicht jede minimale Kursveränderung durch objektive Umstände erklärbar ist. Der BFH führt vielmehr ausdrücklich aus, die Annahme einer voraussichtlich dauernden Wertminderung setze zusätzlich das Fehlen von Anhaltspunkten für ein alsbaldiges Ansteigen des Kurses "im Zeitpunkt der Aufstellung der Bilanz" voraus.

Die Vornahme dieser ergänzenden Betrachtung hält der Senat auch bei börsennotierten Wirtschaftsgütern des Umlaufvermögens für erforderlich. Es ist kein Grund dafür ersichtlich, eine solche "Nachbetrachtung" bei Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens vorzunehmen, sie bei Wirtschaftsgütern des Umlaufvermögens - soweit sie sich im Zeitpunkt der Bilanzaufstellung gleichermaßen noch im Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen befinden - aber zu unterlassen. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass der Gesetzgeber das zusätzliche Erfordernis einer "voraussichtlich dauernden Wertminderung" in § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG unterschiedslos sowohl für Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens als auch für Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens aufgestellt hat.

d) Im Streitfall kann der Senat zwar im tatsächlichen Ausgangspunkt dem Vorbringen der Klägerin folgen, wonach diejenigen - relativ geringfügigen - Kursschwankungen, die um den Bilanzstichtag herum bei den von ihr gehaltenen Inhaberschuldverschreibungen von Schuldnern mit (jedenfalls aus damaliger Sicht) bester Bonität aufgetreten sind, vor allem auf Veränderungen des Marktzinsniveaus bzw. auf der Vorwegnahme von Erwartungen über die künftige Entwicklung des Marktzinsniveaus beruhen. Insoweit mag die Kursentwicklung bei festverzinslichen Wertpapieren, die von Schuldnern bester Bonität ausgegeben werden, weniger komplex und multikausal sein als bei Aktien.

Gleichwohl zeigen gerade die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen, mit denen sie die "objektive Richtigkeit" der Börsenkurse zu einem bestimmten Zeitpunkt darlegen will, dass es sich bei diesen Börsenkursen stets um Momentaufnahmen handelt, die gerade nicht die Vermutung der Dauerhaftigkeit in sich tragen:

Im Zeitungsbericht vom 14. Dezember 2007 heißt es, ein einzelner Volkswirt rechne für Januar und März 2008 mit weiteren Zinssenkungen durch die US-Notenbank um jeweils 0,25%.

Im Zeitungsbericht vom 4. Januar 2008 wird (ohne Quellenangabe) mitgeteilt, dass "Fed-Funds-Futures" mit einer Wahrscheinlichkeit von knapp 50% eine Leitzinssenkung um 0,5 Prozentpunkte "einpreisten". Wie die ungenannt bleibende Quelle, auf die sich der Autor stützt, nicht allein den Umfang der Leitzinssenkung, sondern auch den Grad der hierfür angenommenen Wahrscheinlichkeit aus den Kursen der Futures abgeleitet haben will, wird nicht mitgeteilt. Im Gegensatz zu den anderen Zeitungsberichten wird noch nicht einmal ein einzelner Volkswirt als Quelle angegeben.

Im Zeitungsbericht vom 11. Januar 2008 heißt es einerseits unter Berufung auf einen einzigen Bankmitarbeiter, eine Leitzinssenkung um bis zu 0,75 Prozentpunkte sei "nicht mehr unrealistisch". Ein anderer Volkswirt wird damit zitiert, eine Leitzinssenkung um 0,5 Prozentpunkte sei immer wahrscheinlicher.

Damit folgt aus den von der Klägerin selbst vorgelegten Unterlagen nicht nur, dass die jeweiligen einzelnen Marktteilnehmer ihre Einschätzung - auch ohne neue "Fundamentaldaten" - im Zeitablauf ändern. Vielmehr kommt noch hinzu, dass sogar zum selben Zeitpunkt verschiedene Marktteilnehmer unterschiedliche Einschätzungen vertreten. Die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen sind daher nicht geeignet, den von der Klägerin gewünschten Rückschluss darauf zu ziehen, dass ein zu einem bestimmten Stichtag festgestellter Börsenkurs von Dauer sein werde. Vielmehr hat auch die Klägerin zwischenzeitlich eingeräumt, dass die Börsenkurse - ungeachtet wirtschaftswissenschaftlicher Lehrbuchmeinungen - jedenfalls in der Realität maßgebend auch von subjektiven Einflüssen geprägt sind.

e) Der Senat kann offen lassen, ob er der Auffassung der Klägerin folgen könnte, dass das Merkmal der "voraussichtlich dauernden Wertminderung" unter Heranziehung der von der höchstrichterlichen Rechtsprechung für die Abgrenzung zwischen wertbeeinflussenden und wertaufhellenden Umständen aufgestellten Grundsätze auszulegen sei.

aa) Nach diesen Grundsätzen muss die Schätzung eines Teilwerts eine objektive Grundlage in den am Bilanzstichtag gegebenen Verhältnissen finden, wobei auch wertaufhellende Ereignisse zu berücksichtigen sind, soweit sie bis zur Aufstellung der Bilanz bekannt geworden sind. Von diesen wertaufhellenden Tatsachen sind solche Ereignisse zu unterscheiden, die erst nach dem Bilanzstichtag eingetreten sind, ohne dass sie die Wertverhältnisse objektiv zeigen, d.h. aufzuhellen vermögen, weil sie als wertbeeinflussende Tatsachen nichts enthalten, was seinen Ursprung im abgeschlossenen Geschäftsjahr hat und einen Rückschluss auf die Wertverhältnisse am Bilanzstichtag zulässt (BFH-Urteil vom 22. Oktober 1991 VIII R 64/86, BFH/NV 1992, 449, unter II.4.a aa).

bb) Gegen eine Heranziehung dieser Grundsätze für die Auslegung des Merkmals der "voraussichtlich dauernden Wertminderung" spricht zum einen, dass es vorliegend eben nicht um die Feststellung des Teilwerts zum Stichtag geht. Dieser Teilwert steht im Streitfall fest; es kann sich um keinen anderen Wert als den Börsenkurswert (ggf. zuzüglich der Anschaffungsnebenkosten) handeln. Die Grundsätze über wertbeeinflussende und wertaufhellende Umstände sind aber in erster Linie für die Ermittlung des Teilwerts zum Stichtag entwickelt worden, wenngleich sie mittlerweile auch auf Fragen des Bilanzansatzes dem Grunde nach angewendet werden (vgl. BFH-Urteil vom 26. April 1989 I R 147/84, BStBl. II 1991, 213). Vorliegend ist hingegen nicht der Teilwert oder der Ansatz dem Grunde nach im Streit, sondern das - von der Problematik der Feststellung des Teilwerts strikt zu unterscheidende - Tatbestandsmerkmal der "voraussichtlich dauernden Wertminderung". Hier enthält bereits der Gesetzeswortlaut ein prognostisches Element ("voraussichtlich"), das dem Teilwertbegriff als solchem hingegen fremd ist. Der Gesetzeswortlaut ermächtigt und verpflichtet den Rechtsanwender daher in deutlich größerem Umfang als bei der - viel stärker stichtagsbezogenen - Feststellung des Teilwerts zur Vornahme von Prognosen und zur Einbeziehung von Erfahrungssätzen aus dem Wirtschafts- und Geschäftsverkehr. Dies spricht dafür, Entwicklungen, die aufgrund der allgemeinen wirtschaftlichen Erfahrung am Bilanzstichtag möglich waren und bis zum Zeitpunkt der Bilanzaufstellung dann tatsächlich eingetreten sind, in stärkerem Maße zu berücksichtigen als dies bei Anwendung der Grundsätze über die Wertbeeinflussung und Wertaufhellung möglich wäre.

cc) Unabhängig davon würden aber auch die genannten Grundsätze über die Außerachtlassung wertbeeinflussender Umstände einer Einbeziehung der zwischen dem Bilanzstichtag und dem Tag der Bilanzaufstellung eingetretenen Kursentwicklung nicht entgegen stehen. So hat der BFH beispielsweise entschieden, auch der Umstand, dass eine Forderung nach dem Bilanzstichtag, aber vor dem Tag der Bilanzaufstellung (teilweise) erfüllt wird, könne den Wert zum Bilanzstichtag "aufhellen" (vgl. BFH-Urteil vom 20. August 2003 I R 49/02, BStBl. II 2003, 941, unter II.2.).

Wenn aber bereits die - auf einer freien, erst nach dem Bilanzstichtag getroffenen Entscheidung des Schuldners beruhende - Zahlung auf eine Forderung als lediglich wertaufhellend anzusehen ist, dann kann auch nicht der atomisierenden Betrachtungsweise der Klägerin zu folgen sein, wonach maßgebende Ursache einer jeglichen Kursveränderung nach dem Bilanzstichtag die Summe der erst nach diesem Stichtag getroffenen Entscheidungen der einzelnen Marktteilnehmer sei, ein bestimmtes Wertpapier anzubieten oder nachzufragen. Vielmehr zeigen Kurserholungen, soweit sie bis zum Tag der Bilanzaufstellung eintreten, nach Auffassung des Senats lediglich, dass es bereits am Bilanzstichtag an der voraussichtlichen Dauerhaftigkeit des dortigen Kurswerts fehlte.

f) Im Übrigen sprechen auch allgemeine Grundsätze der Rechtsmethodik gegen die von der Klägerin vertretene Gesetzesauslegung. Denn wenn die Meinung der Klägerin zutreffend wäre, wonach der am Bilanzstichtag notierte Börsenkurs stets als voraussichtlich dauerhaft anzusehen sei, dann liefe das Tatbestandsmerkmal "voraussichtlich dauernde Wertminderung" - und damit der Kern der vom Gesetzgeber im Jahr 1999 mit dem Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 in § 6 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG vorgenommenen Gesetzesänderung - jedenfalls in der sehr wesentlichen Fallgruppe der börsennotierten Wirtschaftsgüter leer. Nach allgemeinen rechtsmethodischen Grundsätzen ist aber eine Gesetzesauslegung, die dem Gesetz keinen Anwendungsbereich mehr belässt, nicht vorzunehmen (vgl. BFH-Beschluss vom 1. Februar 2006 X B 166/05, BStBl. II 2006, 420). Gleiches muss gelten, wenn die in Erwägung gezogene Gesetzesauslegung eine Anwendung des Gesetzes in einer sehr wesentlichen und vom Gesetzgeber bedachten Fallgruppe ausschließt.

Das von der Klägerin gebildete Beispiel zum Insiderhandel, mit dem sie einen verbleibenden Anwendungsbereich der Neuregelung auch bei börsennotierten Wirtschaftsgütern belegen will, dürfte - gerade bei den hier allein streitgegenständlichen Inhaberschuldverschreibungen, die von Schuldnern bester Bonität ausgegeben wurden - als so untypisch anzusehen sein, dass nicht davon auszugehen ist, der Gesetzgeber habe die seinerzeitige Neuregelung gerade auf einen derart außergewöhnlichen Fall zuschneiden und beschränken wollen.

g) Soweit die Klägerin diese Gesetzesauslegung nicht für sachgerecht hält, weil damit dem Steuerpflichtigen die Nachweislast dafür aufgebürdet werde, dass nach dem Bilanzstichtag eingetretene Veränderungen der Börsenkurse auf "wertbegründende Faktoren" zurückzuführen seien, ist darauf zu verweisen, dass bereits nach dem klaren Wortlaut des § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG die Feststellungslast nicht allein für das Sinken des Teilwerts, sondern auch für die voraussichtliche Dauerhaftigkeit dieses Absinkens beim Steuerpflichtigen liegt.

h) Mit der von der Klägerin vertretenen Auffassung, im Handelsrecht liege dem Begriff der "voraussichtlich dauernden Wertminderung" ein anderes Regelungsverständnis zugrunde, hat sich der BFH bereits im Urteil vom 26. September 2007 I R 58/06 (BStBl. II 2009, 294, unter II.1.e) befasst. Danach handelt es sich bei § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG um eine eigenständige steuerrechtliche Regelung, die losgelöst vom Handelsrecht auszulegen ist.

4. Hinsichtlich der Kriterien, die heranzuziehen sind, um - notwendigerweise in lediglich typisierender Form - eine voraussichtlich dauernde Wertminderung von einer voraussichtlich nicht dauernden Wertminderung abzugrenzen, folgt der Senat zwar weitgehend, aber nicht in vollem Umfang der von der Finanzverwaltung vertretenen Auffassung.

a) Bereits im BFH-Urteil vom 26. September 2007 I R 58/06 (BStBl. II 2009, 294, unter II.1.e) ist - nach Ansicht des Senats zutreffend - ausgeführt, jede typisierende Auslegung des Merkmals der "voraussichtlich dauernden Wertminderung" müsse berücksichtigen, dass das Steuerverfahren als Massenverfahren konzipiert ist. Die Notwendigkeit einer Einzelfallprüfung und -analyse der Gründe für Kursveränderungen, die bis zur Bilanzaufstellung eintreten, würde sowohl die Finanzverwaltung als auch die Steuerpflichtigen und ihre Berater überfordern. Ob eine Minderung des Teilwerts eines Wirtschaftsguts voraussichtlich dauernd sei, sei daher anhand einfacher und leicht nachprüfbarer Kriterien zu beurteilen. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass vorgenommene Teilwertabschreibungen bei einem späteren Ansteigen des Teilwerts zu nachfolgenden Bilanzstichtagen im Wege der Wertaufholung rückgängig zu machen seien (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG). Dem schließt der erkennende Senat sich an.

b) Vor diesem Hintergrund scheidet die von der Klägerin vertretene Einzelfallbetrachtung aus. Die Klägerin will beispielsweise eine voraussichtlich dauernde Wertminderung annehmen, wenn die bis zur Bilanzaufstellung eingetretene Kurserholung auf einem unerwarteten Großauftrag beruht; nicht jedoch, wenn eine solche Kurserholung auf den Wegfall eines vermuteten Produkthaftungsrisikos zurückzuführen ist. Abgesehen davon, dass nicht ersichtlich ist, inwiefern sich diese von der Klägerin angeführten Beispiele auf die vorliegend allein streitgegenständlichen festverzinslichen Wertpapiere beziehen sollen - offenbar hat sich die Klägerin insoweit mit der Bewertung von Aktien befasst -, wären die Vorstellungen der Klägerin zur Durchführung der hier gegebenen Massenverfahren unpraktikabel. Dies gilt um so mehr, als derartige Einzelfallprüfungen nicht nur zu jedem Bilanzstichtag erneut vorzunehmen wären, sondern ggf. - so auch im Falle der Klägerin, bei der es sich sogar noch um ein eher kleines Kreditinstitut handelt - schon an einem einzigen Stichtag für eine Vielzahl einzelner Wertpapiere gesondert vorgenommen werden müssten.

c) Danach stellt sich die Auffassung der Finanzverwaltung, von der tatsächlichen Entwicklung der Börsenkurse im Zeitraum zwischen Bilanzstichtag und Bilanzaufstellung in typisierender Weise auf die - gegebene oder zu verneinende - voraussichtliche Dauerhaftigkeit einer zum Bilanzstichtag eingetretenen Wertminderung zu schließen, im Ausgangspunkt als sachgerecht dar.

Hierfür spricht vor allem die Einfachheit dieses Kriteriums, insbesondere der Umstand, dass der aktuelle Börsenkurs zum Zeitpunkt der Bilanzaufstellung für den Steuerpflichtigen leicht feststellbar ist und jegliche Einzelfallbetrachtung und -ermittlung überflüssig ist.

Eine solche Nachbetrachtung ist aber auch in der Sache geeignet, um das gesetzliche Merkmal der "voraussichtlich dauernden Wertminderung" in zutreffender Weise auszulegen. Denn die tatsächliche Entwicklung des Börsenkurses nach dem Stichtag darf - ebenso wie die spätere Zahlung eines Schuldners auf eine wertgeminderte Forderung - schon aufgrund des im Gesetzeswortlauts enthaltenen prognostischen Elements durchaus zur Feststellung der voraussichtlichen Dauerhaftigkeit einer Wertminderung herangezogen werden. Zudem hat auch die Klägerin nicht darlegen können, welche anderen, besser geeigneten, aber ebenso praktikablen Kriterien für die typisierende Anwendung dieses gesetzlichen Tatbestandsmerkmals zur Verfügung stehen könnten.

d) Allerdings ist nach Auffassung des Senats - im Gegensatz zu den Erwägungen im BMF-Schreiben vom 25. Februar 2000 (BStBl. I 2000, 372, Rn. 23 ff.) - nicht auf die Kursentwicklung während des gesamten Zeitraums zwischen Bilanzstichtag und Bilanzaufstellung, sondern allein auf den Stichtagskurs zum Tag der Bilanzaufstellung abzustellen.

Nach der Verwaltungsauffassung wäre hier der höchste Einzel-Börsenkurs maßgebend, der während des gesamten Betrachtungszeitraums jemals erreicht worden wäre. Dieser Typisierungsversuch erfüllt jedoch zum einen die Anforderungen an die Praktikabilität und Einfachheit des zu wählenden Verfahrens nicht in vollem Umfang. Denn die Betrachtung nur eines einzigen (weiteren) Kurses nach dem Bilanzstichtag ist erheblich einfacher als ein Vergleich des Kurses zum Bilanzstichtag mit - je nach dem Zeitpunkt der Bilanzaufstellung - möglicherweise Dutzenden oder sogar Hunderten von Einzelkursen. Eine solche Fülle von - aus Sicht des Tages der Bilanzaufstellung zudem nicht mehr aktuellen - Einzelkursen kann sich der Steuerpflichtige zudem nicht so problemlos beschaffen wie den aktuellen Stichtagskurs des Tages der Bilanzaufstellung. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Steuerpflichtige nicht selbst als Kreditinstitut tätig ist.

Zum anderen wird die Verwaltungsauffassung aber auch in der Sache dem hier zu beurteilenden Bewertungsgegenstand nicht in vollem Umfang gerecht. Wäre der vorzunehmenden Prognose der Dauerhaftigkeit der Wertminderung der höchste Kurs zugrunde zu legen, der innerhalb eines ggf. längeren Zeitraums auch nur ein einziges Mal kurzfristig erreicht worden ist, würde dies faktisch bedeuten, dass die Finanzverwaltung sich über diesen längeren Zeitraum den günstigsten Kurs aussuchen könnte. Gerade vor dem Hintergrund der vom Senat anhand der Erfahrungen des Wirtschaftsverkehrs vertretenen Auffassung, dass Börsenkurse in einem gewissen Umfang schwanken, ohne dass hierfür stets objektiv nachvollziehbare Ursachen feststellbar sind, wäre es nicht sachgerecht, wenn die Finanzverwaltung sich für Zwecke der Dauerhaftigkeitsprognose auf einen - ggf. nur einmalig und kurzfristig erreichten - "Zufalls-Kurs" stützen könnte.

Zwar ist auch die ausschließliche Heranziehung des Kurses zum Tag der Bilanzaufstellung nicht frei von Zufälligkeiten. Diese sind aber eher hinzunehmen als das Abstellen auf den höchsten innerhalb eines ggf. längeren Zeitraums jemals erreichten Kurses. Ein derartiges Abstellen auf Maximalwerte ist der Bewertung schwankungsanfälliger Wertpapiere generell fremd. Zudem erfüllt das vom Senat als vorzugswürdig erachtete Kriterium der Stichtagsbetrachtung die Erfordernisse der Praktikablität und des vereinfachten Gesetzesvollzugs in deutlich besserer Weise als die Zeitraumbetrachtung.

e) Im Streitfall führt das alleinige Abstellen auf den Börsenkurs zum Tag der Bilanzaufstellung angesichts der Kürze des Zeitraums zwischen Bilanzstichtag und Bilanzaufstellung indes nur zu einer - der Höhe nach zwischen den Beteiligten unstreitigen - Vornahme einer zusätzlichen Teilwertabschreibung im Umfang von XXXX EUR.

5. Die Berechtigung zur vollen Teilwertabschreibung auf die Anteile an dem offenen Immobilienfonds ohne Berücksichtigung der nach dem Bilanzstichtag eingetretenen teilweisen Kurserholung (XXXX EUR) ist zwischen den Beteiligten zwischenzeitlich unstreitig geworden.

6. Die Entscheidung des Senats führt zu einer Minderung des Gewerbesteueraufwands der Klägerin. Dies ist bei der Ermittlung der geänderten KSt-Festsetzung gegenläufig zu berücksichtigen. Die Berechnung der Höhe der Steuerfestsetzung wird dem FA übertragen (§ 100 Abs. 2 Satz 2 FGO).

7. Die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung beruht auf § 90 Abs. 2 FGO, die Kostenentscheidung auf § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO. Das Unterliegen des FA hinsichtlich des typisierenden Kriteriums für die Prognose der Dauerhaftigkeit der Wertminderung war mit 5.000 EUR - von insgesamt 376.002 EUR streitiger Bemessungsgrundlage - nur geringfügig. Das Unterliegen des FA hinsichtlich des offenen Immobilienfonds beruht auf Darlegungen der Klägerin, die sie erstmals im Klageverfahren unterbreitet hat, und die daher kostenrechtlich nicht zum Nachteil des FA gehen (§ 137 Satz 1 FGO).

Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) zuzulassen.

 

stats