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RdF-News
16.09.2019
RdF-News
FG Düsseldorf: Qualifizierung des Gewinns aus der Veräußerung einer Mitarbeiterbeteiligung als Kapitaleinkünfte

FG Düsseldorf, Urteil vom 9.10.201813 K 1257/17 E, Rev. eingelegt (Az. BFH VIII R 40/18)

ECLI: DE:FGD:2018:1009.13K1257.17E.00

Sachverhalt

Streitig ist, ob Zahlungen aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft zur Arbeitslohn führen.

Der Kläger war in den Veranlagungszeiträumen 2014 und 2015 (Streitjahre) angestellter Manager der Firma B GmbH (im Folgenden: B GmbH) und erzielte aus dieser Tätigkeit Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.

In den Streitjahren erhielt er Zahlungen aus der Veräußerung von Anteilen der Klasse C der C Holding 2 (im Folgenden: C2). Die C2 hielt über eine andere Kapitalgesellschaft (B mit Sitz in Belgien – B-Belgien –) alle Geschäftsanteile der B GmbH.

Die B GmbH war seit 2006 Teil der D Group (im Folgenden: DG) mit Sitz in den USA. Die DG war zunächst mehrstufig über ihre Tochtergesellschaften C Holding 1 (im Folgenden: C1) und C2, jeweils mit Sitz in Luxemburg, zu 100% an der weltweit in der Beratung von Großbanken tätigen B-Unternehmensgruppe beteiligt. Dabei gehörten der C1 sämtliche Anteile an der C2.

Lt. Wertgutachten von … vom 07.05.2010 hatte die DG in ihre Beteiligung an der B-Unternehmensgruppe in diesem Zeitpunkt    USD investiert, der Wert der Beteiligung wurde in dem Gutachten aufgrund der Überschuldung und der Ertragslage gleichwohl mit 0 USD angegeben.

Am Ende Juni 2010 wurde von der Alleingesellschafterin C1 eine Gesellschafterversammlung für die C2 abgehalten. Hierin wurde beschlossen, das Eigenkapital der Gesellschaft um    USD auf    USD aufzustocken und dieses sodann auf 400.000 Anteile (272.200 Klasse A, 40.000 Klasse B und 87.800 Klasse C) aufzuteilen. Gleichzeitig wurde der C2 eine neue Satzung gegeben, deren Inhalt dem sog. Recapitalization and Shareholders´ Agreement (im Folgenden: SHA) vom 29.06.2010 entsprach. Ziel des SHA war es, neben der DG und dem Gründer und Vorstandsvorsitzenden der B-Unternehmensgruppe, E, auch die Mitarbeiter des Managements der B-Unternehmensgruppe (Manager) im Wege des Verkaufs von Anteilen der Klasse C zu beteiligen. Lt. der Präambel des SHA diente die Beteiligung der Manager der Verbesserung der Kapitalausstattung sowie der Erreichung einer stabilen Gesellschafterstruktur der C1 und einer stabilen Managementstruktur der C1 und ihrer Tochtergesellschaften. Nach Abschluss des SHA wurde die C1 liquidiert. Insgesamt veräußerte die DG im Rahmen der Rekapitalisierung 40.000 Anteile der Klasse B und den Großteil der 87.800 Anteile der Klasse C. Weltweit unterzeichneten sowohl die bisherige Anteilseignerin DG als auch diverse Mitarbeiter der B-Unternehmensgruppe, zu denen auch der Kläger gehört, das SHA. Darin wurde geregelt, dass E sämtliche 40.000 Anteile der Klasse B erhielt. Die übrigen 87.800 Anteile der Klasse C wurden den B-Mitarbeitern ab der Karrierestufe des „Managers“ zum Stückpreis von     UDS (    USD: 400.000 Anteile) angeboten. Die Anzahl der dem jeweiligen Manager zum Kauf angebotenen Anteile wurde von DG festgelegt und war nicht verhandelbar. Der Verkaufspreis wurde dabei auf Grundlage des nominalen Stammkapitals der C2 ermittelt, da der Unternehmenswert laut des o. g. Wertgutachtens 0 USD betrug. Für den Erwerb der 87.800 Anteile der Klasse C leisteten die Manager insgesamt einen Betrag von    USD. Der Kläger erwarb 160 Anteile der Klasse C zum Kaufpreis von insgesamt    USD.

Sämtliche Mitarbeiter, denen dieses Bezugsrecht zuerkannt wurde, nahmen das Angebot durch Unterschrift des sog. Shares Purchase Agreements sowie der Letters of Adherence vom 02.07.2010 an und traten gleichzeitig als Vertragspartei in das SHA ein.

Die Rechte und Pflichten aus der Kapitalbeteiligung der Manager waren (zunächst) durch eine Reihe von Bestimmungen des SHA, die bestimmte Call-Optionen zu Gunsten der DG enthielten, eingeschränkt. Diese Call-Optionen sollten sukzessive verfallen (sog. „Vesting“) und zwar gleichwertig nebeneinander:

- gem. Abschnitt 12.1 ff. i. V. m. Anlage 5-B des SHA durch Zeitablauf (Zeitkomponente), d. h. die Call-Optionen sollten zu je einem Viertel nach Ablauf der Jahre 2010 bis 2013 erlöschen;

- gem. Abschnitt 12.4 ff. i. V. m. Anlage 6-B des SHA durch Eintritt bestimmter Erfolgsziele bei ununterbrochener Tätigkeit für die B-Unternehmensgruppe (Erfolgskomponente), d. h. die Call-Option sollte bei Erreichen vorher festgelegter regionaler und überregionaler Erlös- und Gewinnziele der Jahre 2010 bis 2012 jährlich zu je 20% erlöschen und zu weiteren 40% bei einem über einem Mindestkaufpreis von    USD liegenden Verkauf von mindestens 50% der gesamten Anteile an einen Dritten oder bei einem Mindest-EBITDA (= Gewinn vor Zinsen, Steuern, Abschreibungen auf Sachanlagen und Abschreibungen auf immaterielle Vermögensgegenstände) von mindestens    USD.

Während der Phase des „Vestings“ der Anteile der Klasse C konnte die DG die C-Anteile zum Selbstkostenpreis zurückerhalten sowie Gewinnausschüttungen und Veräußerungserlöse bis zu einem Betrag von    USD bevorrechtigt erhalten. Über den Betrag von    USD hinausgehende Gewinnausschüttungen und Veräußerungserlöse sollten den Anteilseignern proportional zu der von ihnen gehaltenen Anzahl von Anteilen zugeteilt werden. Dabei sollten aber Gewinnausschüttungen und Veräußerungserlöse, die auf nicht unverfallbare Anteile (unvested shares) zu zahlen waren, durch die DG treuhänderisch verwaltet werden (vgl. Abschnitt 2.4, 2.5 und 24.1 des SHA). Zudem hatte die DG gem. Abschnitt 12.2 des SHA eine Call-Option im Falle der Beendigung des Anstellungsvertrags eines Managers vor Ablauf der Optionsfristen. Für den Fall einer frühzeitigen, einseitigen Beendigung des Anstellungsvertrags mit einem Manager durch die DG aus triftigem Grund hatte die DG die Option alle Klasse C Anteile dieses Managers zu erwerben, unabhängig davon, ob diese Anteile gem. Abschnitt 12 des SHA unverfallbar waren oder nicht (vgl. Abschnitt 14.1 des SHA).

Anteilsübertragungen sollten während des „Vestings“ nur an bestimmte Angehörige und eingeschränkt möglich sein (vgl. Abschnitt 5 des SHA). Für den Fall, dass ein Dritter anbot, mehr als 50% der Klasse A Anteile zu erwerben (das Übernahmeangebot), waren die Anteilseigner der Klasse A gemeinsam berechtigt, die Übertragung des gleichen Prozentsatzes aller Anteile, die von den anderen Anteilseignern gehalten wurden, dem Aussteller des Übernahmeangebots aufzuerlegen, gemäß den im Übernahmeangebot genannten Bedingungen, unter der Bedingung, dass alle Anteilseigner denselben Preis pro Anteil erhielten und zustimmten, durch die gleichen außerpreislichen Verpflichtungen gebunden zu sein (das Drag-Along-Recht (Mitnahmerecht), vgl. Abschnitt 9 des SHA). Während des „Vestings“ sollten die in Deutschland und Frankreich ansässigen Anteilseigner der Klasse C Anteile gem. Abschnitt 18.1 des SHA ihre Stimmrechte nicht selbst ausüben können, sondern eine Stiftung zur Stimmrechtsausübung bevollmächtigen.

Am 18.10.2010 veräußerte die DG ihre Anteile an der C2 auf Basis des Master Securities Purchase Agreement (im Folgenden: Master-SPA) an die F Holdings Luxemburg (im Folgenden: F), eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der G, Inc. mit Sitz in den USA (im Folgenden: G). In dem Master-SPA wurden die Anteilseigner der C2 verschiedenen Verkäufergruppen und damit verschiedenen Closings (= Stichtag der Übertragung) zugeteilt. Die Manager der B-GmbH waren der Verkäufergruppe 3 und damit dem dritten Closing zugeordnet.

In Sec. 2.1 des Annex A zum Master-SPA wurden detaillierte Regelungen zum Veräußerungspreis für die Anteile ab Klasse C aufgenommen. Der Veräußerungspreis war variabel, aber über Erlöse und das EBITDA der C2 und der B-Unternehmensgruppe der zukünftigen Jahre 2013 bis 2015 anhand einer Formel errechenbar, und auf einen Maximalbetrag von    USD begrenzt. In Sec. 2.5 des Annex A zum Master-SPA war geregelt, dass die Ansprüche der C-Verkäufer auf den entsprechenden prozentualen Anteil am bedingten Kaufpreis vollständig garantiert waren und nicht verwirkt werden konnten, unabhängig davon, ob sich ein C-Verkäufer noch im Angestelltenverhältnis bei dem Käufer bzw. einem seiner Konzernunternehmen zu dem Zeitpunkt befand, in dem der C-Verkäufer das Recht erhielt, alle zuordenbaren Anteile am bedingten Kaufpreis zu übernehmen.

Ebenfalls am 18.10.2010 schlossen die Vertragsparteien des SHA ein Waiver and Consent Agreement (Verzichts- und Zustimmungsvereinbarung, im Folgenden: Waiver Agreement), mit dem die Anteilseigner sämtlicher Anteilsklassen der C2 ausdrücklich dem Abschluss des Master-SPA und dem Verkauf der Anteile an der C2 zustimmten (Abschnitt 1.2 des Waiver Agreement). Außerdem erklärten die Anteilseigner der C2 in Abschnitt 1.3 des Waiver Agreement einen umfassenden Verzicht ihrer Rechte und Pflichten (wie zum Beispiel Rechte zur Beschränkung der Anteilsübertragung, Drag-Along-Rechte, Tag-Along-Rechte, Vorkaufsrechte, Optionsrechte). Der genannte Verzicht sollte hinsichtlich der Put- und Call-Optionen gem. Abschnitt 11 bis 15 des SHA nicht vor dem ersten Closing anwendbar sein.

Durch Unterschriftsleistung unter das sog. Securities Purchase Agreement vom 29.10.2010 wurden die Anteilseigner der Klasse C Vertragspartei des Master-SPA.

Zu der komplexen Verkaufstransaktion wurden diverse Informationen für Anteilseigner der Klasse C zusammengestellt und diesen ausgehändigt. In einem Information Statement vom 02.11.2010 heißt es:

„Diese Materialien werden Ihnen zur Verfügung gestellt, um Ihnen zu ermöglichen, sich am Verkauf der Anteile der C2 an die F, einer hundertprozentige Tochtergesellschaft der G zu beteiligen. Dieser Verkauf erfolgt gemäß dem Rahmenvertrag über den Wertpapierverkauf vom 18.10.2010 (Master-SPA), der zwischen G, F, C2, DG […] abgeschlossen wurde, in Bezug auf den Sie Vertragspartei werden wollen, falls Sie sich dazu entschließen, am Verkauf teilzunehmen, bzw. für Inhaber mit Wohnsitz in den USA, Deutschland und Kanada, mit dem Sie bestätigen, dass Sie an einen der beiden separaten Wertpapierkaufverträge gebunden sind, die zwischen G, F, C2 und der Stiftung abgeschlossen wurden, welche im Wesentlichen die Bedingungen des Rahmenvertrags widerspiegeln, und Bezug auf die Sie Vertragspartei werden wollen. […]

Wenn Sie Vertragspartei zum Rahmenvertrag oder rein C-Verkäufer zum Kaufvertrag werden und sich an den Transaktionen beteiligen, die darin vorgesehen sind, erhalten Sie Anspruch für Ihre Aktien Anteile an dem bedingten Kaufpreis, wie in Anlage A zum Master-SPA beschrieben. […]

Wenn Sie sich […] am Verkauf Ihrer Klasse-C-Anteile zu den für Sie geltenden Bedingungen beteiligen möchten, müssen Sie die folgenden Dokumente ausfüllen, unterzeichnen und an H senden, der befugt ist, diese Unterlagen G, F und entsprechenden weiteren Vertragsparteien auszuhändigen. […]

Die Geschäftsführung von C2 empfiehlt, dass sich jeder Inhaber von Klasse-C-Anteilen am Verkauf der Anteile dieser Person an den Käufer beteiligt und die beiliegenden Unterlagen unterzeichnet und übergibt.

Bitte beachten Sie, dass nach Abwicklung der Transaktionen gemäß Master-SPA die Beschränkungen für die Klasse-C-Anteile nach dem SHA vom 29.06.2010 zwischen C2, den Inhabern der Anteile an C2 und den anderen Vertragsparteien per erstem Closingtermin wegfallen und dass die Klasse-C-Anteile jeder Person mit sofortiger Wirkung übertragen werden. Dies hat zur Folge, dass bestimmte Zahlungen gemäß Earnout-Vereinbarung an jeden der Verkäufer der Klasse-C-Anteile, dessen Anteile verkauft werden, unabhängig davon fällig werden, ob die betreffende Person nach dem ersten Closingtermin weiter bei C2, B oder einem der Konzernunternehmen weiterbeschäftigt wird oder nicht. […] Die Bestimmungen des SHA gelten weiter bis zum ersten Closing.“

In einem weiteren Informationsblatt „Fragen und Antworten zur Transaktion“ heißt es auf die Frage „Was passiert, wenn ich den Kaufvertrag und die anderen für die Transaktion relevanten Dokumente nicht unterzeichne?“:

Eine Voraussetzung für alle Closings ist, dass alle Inhaber von Klasse-C-Anteilen (einschließlich aller begünstigten Eigentümer, die Anteile über die Stiftung halten) sämtliche sie betreffenden Dokumente unterzeichnen und der Teilnahme auf Verkauf zustimmen. Falls Sie nicht unterzeichnen, kann es dazu kommen, dass die Transaktion nicht durchgeführt wird. Der Käufer kann jedoch nach 9:00 Uhr morgens, New Yorker Zeit am 2. Dezember 2010 auf die Geltendmachung der Bedingungen gegenüber Personen verzichten, die die betreffenden Unterlagen noch nicht unterzeichnet haben, wobei im Falle der Ausübung dieser Verzichtsoption, die Möglichkeit für die betreffenden Personen zur Unterzeichnung und Abgabe ihrer Unterlagen endet. […] Wenn Sie am Verkauf nicht teilnehmen, während dieser weiter abgewickelt wird, dann werden Sie zu einem Minderheitsanteilseigner der Anteile an C2, wobei sich dann Ihre Rechte aus der neuen Satzung von C2 ergeben, die zum Zeitpunkt des ersten Closings in Kraft tritt. […] Schließlich haben Sie dann auch keinen Anspruch auf Auszahlung Ihres Anteils am bedingten Kaufpreis.“

Im Rahmen des ersten Closings am 30.11.2010 wurden die Anteile der Klasse A, der Klasse B sowie Teile der Klasse C übertragen. Der Übergang der Anteile der Klasse C der deutschen und der US-amerikanischen Manager erfolgte im Rahmen des sogenannten dritten Closings zum 01.11.2011.

Am 18.12.2013 schloss E, der von den Anteilseignern damit beauftragt worden war, im Namen aller Anteilseigner ein Amendment Agreements. In dessen Rahmen wurde ein – anhand der Steigerung der Erlöse und des EBITDA in den Jahren 2013 bis 2015 errechenbarer – Kaufpreis von    USD je Anteil vereinbart. Der Kaufpreis sollte in drei Trachen in den Jahren 2014 bis 2016 ausgezahlt werden. In Sec. 2.5 des Annex B to Group Three SPA war geregelt, dass die Rechte der veräußernden Anteilseigner auf den anteiligen Veräußerungspreis vollständig garantiert und unverfallbar waren, ungeachtet dessen, ob ein Anteilseigner in dem Moment, in dem er das Recht auf den anteiligen Veräußerungspreis erwarb, weiterhin bei dem Käufer oder einer dessen Tochtergesellschaft angestellt war.

Dem Kläger wurden zum 31.03.2014 und zum 31.03.2015 jeweils    USD ausgezahlt.

Im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung für 2014 erklärte der Kläger u. a. einen Bruttoarbeitslohn von    € und Gewinne aus der Veräußerung von Aktien, die nicht dem inländischen Steuerabzug unterlagen, von    €. Der Beklagte veranlagte den Kläger mit Einkommensteuerbescheid vom 08.04.2016, der unter Vorbehalt der Nachprüfung erging, erklärungsgemäß.

Hiergegen legte der Kläger Einspruch ein und teilte mit, dass gegen ihn von dem Steuerstrafsachenfinanzamt Zstadt für die Veranlagungszeiträume 2008 bis 2012 ein Steuerstrafverfahren eingeleitet worden sei. Im Rahmen dieses Verfahrens sei auch die Frage aufgeworfen worden, ob die in der Einkommensteuererklärung für 2014 enthaltenen Einkünfte im Zusammenhang mit den Anteilen der C2 als Einkünfte aus Kapitalvermögen oder als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit zu qualifizieren seien. Zudem machte er geltend, dass ein Teilbetrag der von ihm erklärten Gewinne aus der Veräußerung von Aktien, die nicht dem inländischen Steuerabzug unterlagen, von    € bereits als Arbeitslohn behandelt und der Lohnsteuer unterworfen worden sei. Die Einnahmen aus Kapitalvermögen seien entsprechend zu mindern.

Mit der Einkommensteuererklärung für 2015 erklärte der Kläger u. a. einen Bruttoarbeitslohn von    € und Gewinne aus der Veräußerung von Aktien, die nicht dem inländischen Steuerabzug unterlagen, von    €. Mit Einkommensteuerbescheid für 2015 vom 15.12.2016 behandelte der Beklagte auch den Betrag von     € als Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit. Hiergegen legte der Kläger ebenfalls Einspruch ein.

Der Beklagte erließ am 30.01.2017 einen geänderten Einkommensteuerbescheid für 2014, mit dem er einen Gewinn aus der Veräußerung von Aktien von 0 € ansetzte und die Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit um    € erhöhte.

Der Beklagte wies die Einsprüche mit Einspruchsentscheidungen vom 12.04.2017 als unbegründet zurück.

Mit der Klage macht der Kläger Folgendes geltend:

Bei den Erlösen aus den Anteilsverkäufen handele es sich nicht um Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, sondern um Einkünfte aus Kapitalvermögen i. S. des § 20 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Zwischen ihm und der C2 habe eine Sonderrechtsbeziehung bestanden. Durch den Erwerb der Anteile von der C2 habe er keine Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erzielt. Aufgrund des Wertgutachtens von … vom 07.05.2010, wonach die B-Unternehmensgruppe wertlos gewesen sei, und mangels gegenteiliger Feststellungen der Steuerfahndung, sei davon auszugehen, dass der von den Managern gezahlte Kaufpreis für die Anteile der Klasse C der C2 angemessen gewesen sei. Auch durch die Veräußerung der Anteile sei ihm kein Arbeitslohn zugeflossen. Der Kaufpreis für die Anteile der Klasse C sei nicht „für“ eine Beschäftigung als Manager geleistet worden, sondern basiere allein auf dem durch das SPA begründete Sonderrechtsverhältnis „Kaufvertrag“. Aufgrund der Regelungen in Sec. 2.5 des Annex A zum Master-SPA habe der Kaufpreis für die Anteile der C2 auch dann ausgezahlt werden müssen und sei unverfallbar gewesen, wenn das Arbeitsverhältnis eines Anteilseigners gekündigt worden wäre. Er sei im Zeitpunkt der dinglichen Übertragung beim dritten Closing am 01.11.2011 wirtschaftlicher Eigentümer der Anteile gewesen. Selbst wenn man der Auffassung folgten wollte, dass das SHA zunächst den Übergang des wirtschaftlichen Eigentums verhindert habe, hätten diese Restriktionen aufgrund der Vereinbarung im Waiver Agreement am Tag des ersten Closings nicht mehr bestanden. Der Veräußerungspreis von     USD je Anteil habe marktüblichen Konditionen entsprochen. Der Erwerber sei ein fremder Dritter gewesen. Zudem habe für ihn – den Kläger – ein Verlustrisiko bestanden. Zwar sei seine Investition beim Erwerb der Anteile im Vergleich zum später erzielten Veräußerungserlös gering gewesen, dies sei jedoch nur dem Umstand geschuldet gewesen, dass die Beteiligung zum Zeitpunkt des Erwerbs quasi wertlos gewesen sei. Dies ändere aber nichts am Bestehen eines Verlustrisikos. Nicht jeder markterfolgreiche Aktienverkauf mit einem hohen Veräußerungserlös habe zwangsläufig in der Vergangenheit erhebliche Investitionskosten verursacht.

Der Kläger beantragt,

den Einkommensteuerbescheid für 2014 vom 30.01.2017 und den Einkommensteuerbescheid für 2015 vom 15.12.2016 jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 12.04.2017 dahingehend zu ändern, dass die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit um    € (2014) und    € (2015) gemindert und die Einkünfte aus Kapitalvermögen in gleicher Höhe erhöht werden,

hilfsweise den Arbeitslohn nach § 34 Abs. 1 EStG zu versteuern,

hilfsweise im Unterliegensfalle die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

              die Klage abzuweisen.

Der Beklagte macht geltend, der Kläger habe durch die Veräußerung der Anteile Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erzielt. Eine eigenständige vom Arbeitsverhältnis losgelöste Sonderrechtsbeziehung liege im Streitfall nicht vor. Das Entgelt für die Veräußerung der Anteile stelle eine Gegenleistung für die Zurverfügungstellung der individuellen Arbeitskraft des Klägers dar. Die Übertragung der Anteile auf die Manager habe nicht der Kapitalausstockung gedient. Zwar sei in der Präambel des SHA als Ziel auch die Verbesserung der Kapitalausstattung des Unternehmens genannt worden, dieses sei aber durch eine Kapitalerhöhung im Hinblick auf die Anteile der Klasse C von    USD nicht erreicht worden. Diese Kapitalerhöhung könne im Vergleich zu den bisherigen Investitionen von     USD vernachlässigt werden. Vielmehr habe die Übertragung der Anteile auf die Manager dazu gedient, die Manager langfristig zu binden und von deren Know-How zu profitieren. Durch die Kapitalbeteiligung seien die Manager mindestens vier Jahre an das Unternehmen gebunden worden. Der zu erzielende Veräußerungspreis der Anteile sei von bestimmten Umsatz- und Gewinnkennzahlen abhängig gewesen. Auch der später tatsächlich im Amendment Agreement vom 18.12.2013 festgelegte Veräußerungspreis habe sich anhand des Unternehmenserfolgs bestimmt.

Für den Kläger sei ersichtlich gewesen, dass der zu erzielende Veräußerungspreis von der weiteren wirtschaftlichen Entwicklung des Unternehmens und damit auch von seiner eigenen Arbeitsleistung beeinflusst werde. Die Beteiligung des Klägers sei nicht mit der eines klassischen Kapitalanlegers vergleichbar. Eine solche klassische Kapitalanlage umfasse neben marktübliche Renditechancen und der Liquiditätsbeschaffung, auch eine feste Verzinsung oder Mindestverzinsung, Gewinnbezugsrechte und das Tragen eines Verlustrisikos. Zudem besäßen solche Anteilseigner eigene Stimm- und Kontrollrechte, die sie ausüben könnten. Diese Voraussetzungen lägen im Streitfall nicht vor. Im Streitfall seien die Ansprüche auf Ausschüttung erst nach Ablauf der zeitlichen als auch nach Erreichen der erfolgsabhängigen Call-Optionen entstanden. Der Kläger habe bei Anschaffungskosten von    USD faktisch auch kein Verlustrisiko getragen. Stimm- und Kontrollrechte hätten ihm nicht zugestanden, weil diese auf einen Bevollmächtigten der Stiftung übertragen worden seien. Auch die nachträglich vereinbarten Änderungen der Kaufpreisformel ohne die Beteiligung der Manager und die eingeschränkte Möglichkeit der Anteilsübertragung belegten den Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis. Gleiches gelte auch für die vom Kläger erzielte Wertsteigerung von 2.803.360 % innerhalb von 57 Monaten, die am freien Kapitalmarkt üblicherweise nicht erzielbar sei.

Zudem habe der Kläger aufgrund der umfangreichen Call-Optionen, Beschränkungen der Stimm- und Gewinnbezugsrechte sowie der eingeschränkten Übertragungsrechte keine geschützte Rechtsposition erhalten, die ihm gegen seinen Willen nicht mehr hätte entzogen werden können. Er sei im Zeitpunkt des dritten Closings am 01.11.2011 nicht wirtschaftlicher Eigentümer der Anteile gewesen.

Aus den Gründen

1. Die Klage ist begründet.

Der Beklagte ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Kläger durch die Veräußerung der Anteile der Klasse C an der C2 Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit erzielt hat. Es handelt sich vielmehr um einen Veräußerungsgewinn i. S. des § 20 Abs. 2 Nr. 1 EStG.

a) Zu den Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit gehören nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i. V. m. § 8 Abs. 1 EStG alle Güter, die in Geld oder Geldeswert bestehen und die dem Arbeitnehmer aus dem Dienstverhältnis für das Zurverfügungstellen seiner individuellen Arbeitskraft zufließen. Vorteile werden „für“ eine Beschäftigung gewährt, wenn sie durch das individuelle Dienstverhältnis des Arbeitnehmers veranlasst sind. Das ist der Fall, wenn der Vorteil mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis eingeräumt wird und sich die Leistung im weitesten Sinne als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweist. Kein Arbeitslohn liegt vor, wenn die Zuwendung wegen anderer Rechtsverhältnisse oder aufgrund sonstiger, nicht auf dem Dienstverhältnis beruhender Beziehungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber gewährt wird (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 21.10.2014 VIII R 44/11, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH --BFH/NV-- 2015, 268, unter II.1.; BFH-Urteil vom 11.02.2015 VIII R 4/12, BFH/NV 2015, 1033, unter II.1.).

Diese allgemeinen Grundsätze gelten auch für die Kapitalbeteiligung eines Mitarbeiters an dem Unternehmen seines Arbeitgebers. Auch hier kann die Kapitalbeteiligung eigenständige Erwerbsgrundlage sein, so dass damit in Zusammenhang stehende Erwerbseinnahmen und Erwerbsaufwendungen in keinem einkommensteuerrechtlich erheblichen Veranlassungszusammenhang zum Arbeitsverhältnis stehen. Der Arbeitnehmer nutzt in diesem Fall sein Kapital als eine vom Arbeitsverhältnis unabhängige und eigenständige Erwerbsgrundlage zur Einkünfteerzielung. Die daraus erzielten Erträge sind dann keine Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, sondern solche aus Kapitalvermögen (BFH-Urteil vom 17.06.2009 VI R 69/06, BStBl II 2010, 69, unter 1.b). Erforderlich ist jedoch, dass auch bei einer solchen Form der Mitarbeiterbeteiligung ein Sonderrechtsverhältnis begründet wird, das unabhängig vom Arbeitsverhältnis besteht und den gesamten Leistungsaustausch der Vertragspartner abbildet, ohne dass daneben noch dem Arbeitsverhältnis zuzuordnende, lohnsteuerrechtlich erhebliche Leistungen vorliegen (BFH-Urteil vom 21.10.2014 VIII R 44/11, BFH/NV 2015, 268, unter II.2.; BFH-Urteil vom 17.06.2009 VI R 69/06, BStBl II 2010, 69, unter II.1.). Der Umstand, dass eine bestimmte Form der Kapitalbeteiligung nur Mitarbeitern des Unternehmens angeboten wird, hat dabei nicht zwingend zur Folge, dass die hieraus resultierenden Erträge dem Arbeitsverhältnis zuzuordnen sind. Denn jede Form der Mitarbeiterbeteiligung ist naturgemäß auf den Arbeitnehmer bezogen, und zwar auch dann, wenn der Arbeitgeber nur einen Teil seiner Arbeitnehmer an seinem Unternehmen beteiligen möchte (BFH-Urteil vom 21.10.2014 VIII R 44/11, BFH/NV 2015, 268, unter II.2.). Auch bestehende Ausschlussrechte und Verfallklauseln im Falle einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses sind letztlich Ausdruck und Folge der Mitarbeiterbeteiligung und lediglich als Indiz für die die enge wirtschaftliche Verknüpfung zwischen dem Dienstverhältnis und den Erträgen aus der Beteiligung heranzuziehen (BFH-Urteil vom 21.10.2014 VIII R 44/11, BFH/NV 2015, 268, unter II.2.; BFH-Urteil vom 04.10.2016 IX R 43/15, BStBl II 2017, 790, unter II.2.a).

Die Beantwortung der Frage, ob eine Zuwendung durch das Dienstverhältnis veranlasst ist, obliegt in erster Linie der tatrichterlichen Würdigung durch das Finanzgericht. Denn ob ein Leistungsaustausch zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit oder aufgrund einer Sonderrechtsbeziehung einer anderen Einkunftsart oder dem nicht steuerbaren Bereich zuzurechnen ist, kann nur aufgrund einer Würdigung aller wesentlichen Umstände des Einzelfalls entschieden werden. Das Finanzgericht hat insoweit im Einzelfall alle den Streitfall prägenden Gesamtumstände zu berücksichtigen (BFH Urteile vom 05.11.2013 VIII R 20/11, BStBl II 2014, 275, unter II.1.b; BFH-Urteil vom 04.10.2016 IX R 43/15, BStBl II 2017, 790, unter II.1.a).

b) Ausgehend von diesen Grundsätzen ist das Gericht unter Berücksichtigung aller Umstände des vorliegenden Streitfalls im Rahmen einer Gesamtschau davon überzeugt, dass der vom Kläger erzielte Veräußerungsgewinn aus dem Verkauf der Anteile der Klasse C nicht durch sein Arbeitsverhältnis bei der B GmbH veranlasst ist. Der Veräußerungsgewinn hat seine Ursache vielmehr in der Kapitalbeteiligung des Klägers, die als Sonderrechtsverhältnis unabhängig vom Arbeitsverhältnis des Klägers bestanden hat.

Soweit daneben auch durchaus erhebliche Gesichtspunkte gegeben sind, die für einen Veranlassungszusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis des Klägers bei der B GmbH sprechen, treten diese hinter die letztlich ausschlaggebende Kapitalbeteiligung des Klägers an der C2 zurück und werden von diesem Sonderrechtsverhältnis überlagert, das die Grundlage für den vom Kläger erzielten Veräußerungserlös bildet.

aa) Für ein unabhängig vom Arbeitsverhältnis bestehendes Sonderrechtsverhältnisse spricht, dass der Kläger die Anteile an der C2 durch Unterzeichnung des Share Purchase Agreements sowie der Letters of Adherence vom 02.07.2010 zu einem – wovon beide Beteiligten ausgehen – angemessenen Preis erworben hat. Insoweit kann dahinstehen, ob – wie der Beklagte geltend macht – durch die Kapitalerhöhung im Hinblick auf die Anteile der Klasse C von insgesamt     USD keine Verbesserung der Kapitalausstattung der C2 erreicht werden konnte. Dies hat auf die Frage, ob die Anteilseigner der Klasse C ihre Anteile zu einem angemessen Preis erworben haben, keine Auswirkung.

bb) Besondere indizielle Bedeutung hat nach Auffassung des Gerichts auch der Umstand, dass der Kläger seine Anteile der Klasse C zu einem angemessen Preis veräußert hat. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der von F, einer für die B-Unternehmensgruppe fremden Dritten, gezahlte Kaufpreis von    USD je Anteil der Klasse C unangemessen war und damit eine vom Kläger erbrachte Arbeitsleistung entlohnt werden sollte.

cc) Ein weiteres Indiz für das Bestehen eines Sonderrechtsverhältnisses ist, dass der Erwerb der Beteiligung separat vom Anstellungsvertrag, den der Kläger und die B GmbH mit Wirkung vom 01.09.2007 abgeschlossen hatten, vereinbart wurde. Es bestand kein zeitlicher Zusammenhang zwischen der Anstellung des Klägers bei der B GmbH und dem Erwerb der Beteiligung im Juli 2010.

dd) Es liegen – wovon ebenfalls beide Beteiligten ausgehen – keine Anhaltspunkte dafür vor, dass mit der Beteiligung des Klägers an der C2 und dem ihm zugeflossenen Veräußerungsgewinn eine Entlohnung für seine Tätigkeit als Angestellter der B GmbH für die Zeit bis zum Erwerb der Anteile an der C2 bezweckt war. Denn der Kläger erhielt nach einer Beförderung zum 01.01.2009 ein jährliches Grundgehalt von     € und einen maximalen Bonus von 50% des Grundgehalts. Eine weitergehende Bonifizierung durch den Arbeitgeber war nicht vorgesehen.

ee) Entgegen der Ansicht des Beklagten haben die im SHA geregelten Call-Optionen keine maßgebliche indizielle Wirkung dafür, dass der Veräußerungsgewinn eine Entlohnung für die nichtselbständige Tätigkeit des Klägers für den Zeitraum nach Abschluss des SHA bezweckt.

Nach der Rechtsprechung des BFH, der das Gericht folgt, ist eine Verfallklausel neben anderen Gesichtspunkten als Indiz für die enge wirtschaftliche Verknüpfung zwischen Dienstverhältnis und den Erträgen aus der Beteiligung heranzuziehen, das für sich allein jedoch noch nicht die Annahme von Lohnzufluss rechtfertigt (BFH-Urteil vom 04.10.2016 IX R 43/15, BStBl II 2017, 790, unter II.2.a; BFH-Urteil vom 05.11.2013 VIII R 20/11, BStBl II 2014, 275, unter II.2.a). Im Streitfall ist ein solches Indiz aber nicht gegeben. Zwar gab es vorliegend – wie der Beklagte zutreffend geltend macht – in dem SHA verschiedene Bestimmungen, durch die die Manager in den Jahren 2010 bis 2013 an die Unternehmensgruppe gebunden werden sollten. Dazu gehörten insbesondere die zeitliche und die erfolgsabhängige Call-Option (Abschnitt 12 des SHA) sowie die Call-Option im Falle der vorzeitigen Beendigung des Anstellungsvertrags (Abschnitt 14 des SHA). Durch diese im SHA geregelten Call-Optionen wurde aber kein Veranlassungszusammenhang des vom Kläger erzielten Veräußerungsgewinns mit seiner Tätigkeit für die B GmbH in den Jahren 2010 bis 2013 begründet. Denn die im SHA geregelten Call-Optionen waren durch Abschluss des Waiver Agreements vom 18.10.2010 zum Zeitpunkt des ersten Closings entfallen und bestanden im Zeitpunkt der Anteilsübertragung durch den Kläger zum 01.11.2011 nicht mehr.

ff) Keine besondere indizielle Bedeutung hat nach Auffassung des Gerichts der Umstand, dass der Veräußerungspreis der Anteile vom Erreichen bestimmter Umsatz- und Gewinnkennzahlen abhängig war.

Der Beklagte weist zutreffend darauf hin, dass der vom Kläger erzielte Veräußerungspreis vom Erreichen bestimmter Umsatz und Gewinnkennzahlen durch die C2 und die B-Unternehmensgruppe in den Jahren 2013 bis 2015 abhängig war. Dies hat aber keine besondere indizielle Bedeutung dafür, dass der vom Kläger erzielten Veräußerungsgewinn durch seine nichtselbständige Tätigkeit für die B GmbH in den Jahren 2013 bis 2015 veranlasst war. Entgegen der Ansicht des Beklagten ergibt sich daraus nicht, dass der Kläger und die anderen Manager über mehrere Jahre an die B- Unternehmensgruppe gebunden werden sollten. Denn der Veräußerungspreis hätte dem Kläger auch zugestanden, wenn er in den Veranlagungszeiträumen 2013 bis 2015 nicht mehr als Angestellter für die B GmbH tätig gewesen wäre. Dies ergibt sich aus der Regelung in Sec. 2.5 des Annex A zum Master-SPA und Sec. 2.5 des Annex B zum Group Three SPA. Zudem wurden die Anteilseigner im Information Statement vom 02.11.2010 darauf hingewiesen, dass „bestimmte Zahlungen gemäß Earnout-Vereinbarung an jeden der Verkäufer der Klasse-C-Anteile, dessen Anteile verkauft werden, unabhängig davon fällig werden, ob die betreffende Person nach dem ersten Closingtermin weiter bei C2, B oder einem der Konzernunternehmen weiterbeschäftigt wird oder nicht.“

gg) Nicht ausschlaggebend ist im Streitfall, dass der Erwerb der Anteile der Klasse C allein den Managern der B-Unternehmensgruppe offenstand.

Nach der Rechtsprechung des BFH, der das Gericht folgt, entspricht es der charakteristischen Wesensart einer Managementbeteiligung, dass diese ausschließlich den Arbeitnehmern angeboten wird (BFH-Urteil vom 21.10.2014 VIII R 44/11, BFH/NV 2015, 268, unter II.2.). Diesem Umstand kann daher keine erhebliche indizielle Bedeutung bei der Beantwortung der Frage, ob entsprechende Vorteile den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zuzuordnen sind, beigemessen werden.

hh) Gleiches gilt auch für die Tatsache, dass dem Kläger und den übrigen Anteilseignern der Klasse C aufgrund der Regelung in Abschnitt 18.1 des SHA keine Stimmrechte zustanden.

Im Gesellschaftsrecht sind stimmrechtslose Gesellschaftsanteile anerkannt. § 140 des Aktiengesetztes regelt die Rechte der Vorzugsaktionäre, denen kein Stimmrecht eingeräumt wird. Auch GmbH-Anteile können aufgrund der das GmbH-Recht beherrschenden Satzungsautonomie ohne Stimmrecht gebildet werden (Urteil des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 14.07.1954 II ZR 342/53, Entscheidungssammlung des BGH in Zivilsachen 14, 264). Daher kann das fehlende Stimmrecht kein Indiz für einen Zusammenhang des Veräußerungsgewinns mit dem Arbeitsverhältnis des Klägers sein.

ii) Der Umstand, dass die Anteilseigner der Klasse A und B gem. Abschnitt 2.4 und 2.5 des SHA ein vorrangiges Ausschüttungsbezugsrecht von     USD hatten, ist kein Indiz dafür, dass der Veräußerungsgewinn durch die nichtselbständige Tätigkeit des Klägers veranlasst ist.

Diese Ausschüttungsbevorzugung ergibt sich daraus, dass die Anteilseigner der Klasse A und B bis Mai 2010 einen Betrag von     USD in die B-Unternehmensgruppe investiert hatten. Sie lässt keinen Schluss auf einen Zusammenhang zwischen Veräußerungserlös und dem Arbeitsverhältnis zu. Dass den investierenden Mehrheitsgesellschaftern eine Ausschüttungsbevorzugung eingeräumt wurde, die in etwa den getätigten Investitionen entspricht, erscheint dem Gericht nicht unüblich.

jj) Aus dem in Abschnitt 9 des SHA geregelten Drag-Along-Recht ergibt sich ebenfalls keine vorrangige Veranlassung durch das Arbeitsverhältnis.

Hierbei handelt es sich um eine bei Gesellschaften mit Mehrheitsgesellschaftern übliche gesellschaftsvertragliche Regelung. Denn potentielle Erwerber haben häufig ein Interesse sämtliche Anteile zu erwerben, um die mit Minderheitsbeteiligungen verbundenen Komplikationen zu vermeiden (Finanzgericht Baden-Württemberg Urteil vom 09.05.2017 5 K 3825/14, Entscheidungen der Finanzgerichte 2017, 1880 unter I.). Zudem beinhaltet die Regelung in Abschnitt 9 des SHA im Streitfall keine Mitveräußerungspflicht durch den Kläger. Sie gewährte ihm lediglich ein Recht zur Mitveräußerung seiner Anteile zu denselben Bedingungen wie die Mehrheitsgesellschafter.

kk) Das Gericht teilt nicht die Ansicht des Beklagten, der Umstand, dass der Veräußerungspreis im Amendment Agreement vom 18.12.2013 ohne Einflussnahme durch den Kläger und die anderen Anteilseigner der Klasse C festgelegt worden sei, sei ein Indiz für einen Zusammenhang mit der nichtselbständigen Tätigkeit des Klägers.

Zunächst geht das Gericht nicht davon aus, dass der Kaufpreis ohne Einflussnahme durch die Anteilseigner der Klasse C festgelegt wurde. Denn der Kläger und die übrigen Anteilseigner der Klasse C hatten sich bereits durch Unterzeichnung des Waiver Agreements vom 18.10.2010, durch Unterschriftleistung unter das Securities Purchase Agreement vom 29.10.2010 und durch Übersendung der ausgefüllten Unterlagen an H im November 2010 mit einem Verkaufspreis von bis zu    USD pro Anteil der Klasse C einverstanden erklärt. Wären sie mit diesem maximalen Verkaufspreis nicht einverstanden gewesen, hätten sie auf eine Veräußerung ihrer Anteile verzichten können. Dadurch, dass der von den Anteilseignern bevollmächtigte E im Rahmen des Amendment Agreements einen Verkaufspreis von    USD aushandelte, bewegte er sich im Rahmen seiner Beauftragung. Denn der festgesetzte Verkaufspreis lag nur   USD unter dem ursprünglichen Maximalbetrag.

ll) Auch die vom Beklagten genannte fehlende feste Verzinsung oder Mindestverzinsung ist kein Indiz für das Vorliegen von Arbeitslohn. Denn Gesellschaftsanteile sehen regelmäßig keine feste Verzinsung oder Mindestverzinsung vor. Die Höhe der Ausschüttungen ist abhängig von dem durch die Gesellschaft erzielten Gewinn.

mm) Soweit der Beklagte geltend macht, der Kläger habe aufgrund der Anschaffungskosten von     USD faktisch kein Verlustrisiko getragen, vermag dies kein anderes Ergebnis zu begründen.

Das vom Kläger getragene Verlustrisiko von    USD korrespondiert mit den von ihm getragenen – von beiden Beteiligten als angemessen angesehenen – Anschaffungskosten von     USD. Ein diese Anschaffungskosten übersteigendes Verlustrisiko ist denknotwendig nicht möglich.

nn) Das Gleiche gilt auch für den Einwand des Beklagten, die im Streitfall erzielte Wertsteigerung sei am freien Kapitalmarkt üblicherweise nicht erzielbar.

Die vom Kläger erzielte Wertsteigerung hängt ab von den durch den Kläger getragenen Anschaffungskosten und dem von ihm erzielten Veräußerungserlös. Da sowohl Anschaffungskosten als auch Veräußerungserlös angemessen waren, vermag allein der Umstand, dass die Rendite im Streitfall eine üblicherweise am freien Kapitalmarkt erzielbare Rendite überstieg, keine vorrangige Veranlassung mit dem Arbeitsverhältnis begründen. Dieser Gesichtspunkt tritt im Rahmen der Gesamtschau hinter die letztlich ausschlaggebende Kapitalbeteiligung des Klägers an der C2 zurück und wird von diesem Sonderrechtsverhältnis überlagert.

c) Die Einordnung des Veräußerungsgewinns als Einkünfte aus Kapitalvermögen i. S. des § 20 Abs. 2 Nr. 1 EStG scheitert nicht am fehlenden wirtschaftlichen Eigentum des Klägers. Der Kläger war im Zeitpunkt der Anteilsübertragung zum dritten Closing am 01.11.2011 wirtschaftlicher Eigentümer der Kapitalbeteiligung an der C2.

Im Streitfall kann dahinstehen, ob das wirtschaftliche Eigentum bereits am 02.07.2010 auf den Kläger übergegangen ist oder ob – wie der Beklagte geltend macht – die Call-Optionen mit Zeit- und Erfolgskomponente (Abschnitt 12.1 und Art. 12.4 des SHA), die Call-Option im Falle der Beendigung des Anstellungsvertrags (Abschnitt 14.1 des SHA), die beschränkte Übertragbarkeit der Kapitalbeteiligung (Abschnitt 5 des SHA), die Stimmrechtsausübung durch die Stiftung (Abschnitt 18.1 des SHA) und die treuhänderische Verwaltung von Gewinnausschüttungen und Veräußerungserlösen durch die DG (Abschnitt 2.4, 2.5, 24.1 des SHA) den Übergang des wirtschaftlichen Eigentums auf den Kläger (zunächst) verhindert haben. Denn aufgrund des Waiver Agreements vom 18.10.2010 sind diese Beschränkungen spätestens zum ersten Closing am 30.11.2010 entfallen und das wirtschaftliche Eigentum ist auf den Kläger übergegangen.

Soweit das Finanzgericht München im Beschluss vom 03.08.2017 (2 V 814/17, juris, unter II.1.1.d) entschieden hat, die Manager hätten zu keinem Zeitpunkt das wirtschaftliche Eigentum an der Kapitalbeteiligung erlangt, weil sie im Zeitpunkt der Zeichnung des Waiver Agreements bereits vollinhaltlich an die von DG ausgehandelte Veräußerung im Master-SPA gebunden gewesen seien, teilt das Gericht diese Ansicht nicht. Der Kläger verpflichtete sich erst durch Unterzeichnung des Waiver Agreements vom 18.10.2010, durch Unterschriftleistung unter das Securities Purchase Agreement vom 29.10.2010 und durch Übersendung der ausgefüllten Unterlagen an H im November 2010 zur Übertragung seiner Anteile. Er hatte aufgrund der Regelung in Abschnitt 9 des SHA ein Recht (aber nicht die Pflicht) zur Mitveräußerung seiner Anteile zu denselben Bedingungen wie die Mehrheitsgesellschafter. Das Mitveräußerungsrecht galt aber nur unter der Bedingung, dass alle Gesellschafter denselben Preis pro Anteil erhielten und zustimmten, durch die gleichen außerpreislichen Verpflichtungen gebunden zu sein. Hätte ein Manager nicht zugestimmt, wäre – wie sich aus dem Informationsblatt „Fragen und Antworten zur Transaktion“ ergibt – entweder die gesamte Veräußerung gescheitert oder der nicht veräußerndende Manager wäre Minderheitsanteilseigner der C2 geworden.

2. Die Übertragung der Berechnung der festzusetzenden Einkommensteuer auf den Beklagten beruht auf § 100 Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO).

3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 135 Abs. 1 FGO.

4. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.

5. Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).

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