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22.02.2016
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FG Köln: Hinzurechnung von Streubesitzdividenden bei der Gewerbesteuer – Minderung des Hinzurechnungsbetrags wegen ausschüttungsbedingter Teilwertabschreibung

FG Köln, Urteil vom 10.11.2015 – 10 K 410/14

Sachverhalt

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Streubesitzdividenden im Falle der Ausschüttung aus der Vermögenssubstanz der Tochterkapitalgesellschaft um den Wert einer von der empfangenden Mutterkapitalgesellschaft vorgenommenen ausschüttungsbedingten Teilwertabschreibung zu mindern ist.

Die Klägerin ist eine vermögensverwaltende GmbH mit Sitz in G. Sie ist zu 1,923 % an der A AG (nachfolgend „A AG“) mit Sitz in E beteiligt.

In der Bilanz der A AG auf den 30.09.2008 (abweichendes Wirtschaftsjahr 01.10.2007 bis 30.09.2008) wurde auf der Aktivseite ein Anlagevermögen i.H.v. rd. 21.962.000 € ausgewiesen, welches sich auf Grundstücke und Bauten im Buchwert von rd. 3.712.000 € und Anteile an verbundenen Unternehmen im Buchwert von rd. 18.250.000 € aufteilte. Bei den von der A AG gehaltenen Anteilen an verbundenen Unternehmen handelte es sich um die Beteiligungen an der E ... GmbH sowie der H ... GmbH. In diesen und in deren Tochtergesellschaften waren die ... der A AG gebündelt.

Daneben wurden in der Bilanz der A AG sonstige Wertpapiere mit einem Buchwert von rd. 11.014.000 € und Guthaben bei Kreditinstituten i.H.v. rd. 7.075.000 € ausgewiesen. Die Bilanzsumme belief sich zum 30.09.2008 auf rd. 43.266.000 €, das ausgewiesene Eigenkapital auf rd. 41.362.000 €.

Mit Beschluss vom 09.02.2009 erteilte die ordentliche Hauptversammlung der A AG ihre Zustimmung zu einem Vertrag vom 05.12.2008 über den Verkauf der Beteiligungen an der E ... GmbH und der H ... GmbH mit wirtschaftlicher Wirkung zum 30.09./01.10.2008 zu einem Kaufpreis von rd. 72.078.000 €. Überdies hatte sich die A AG verpflichtet, mittels eines noch separat abzuschließenden Grundstückskaufvertrags das Betriebsgelände C-Straße ... in E zu einem zu diesem Zeitpunkt wegen noch vorzunehmender Grundstücksabmessungen betragsmäßig noch nicht feststehenden Kaufpreis an die Anteilskäuferin zu veräußern.

Mit der Veräußerung ihrer Beteiligungen an der E ... GmbH und der H ... GmbH sowie dem Betriebsgelände wurde durch die A AG im Ergebnis ihr gesamtes ...geschäft einschließlich des dazugehörigen Betriebsgrundstücks abgestoßen. Die Tätigkeit der A AG reduzierte sich dementsprechend in der Folge auf die bloße Verwaltung des ihr verbliebenen Immobilienvermögens.

Ausweislich der GuV der A AG für das (zwecks Umstellung des Wirtschaftsjahres auf den Zeitraum 01.04.-31.03. des Folgejahres gebildete) Rumpfwirtschaftsjahr vom 01.10.2008 bis zum 31.03.2009 wurde durch die Veräußerungsvorgänge ein außerordentlicher Ertrag i.H.v. rd. 53.910.000 € erzielt, der sich wie folgt zusammensetzte:

- ao. Ertrag aus Beteiligungsverkauf

53.815.000 €

- ao. Ertrag aus Grundstücksverkauf

740.000 €

- Zinsen auf Kaufpreis

1.759.000 €

- Veräußerungskosten

./. 2.404.000 €

Summe

53.910.000 €

Ausweislich der Bilanz der A AG zum 31.03.2009 verminderte sich der Buchwert ihres Anlagevermögens durch die dargestellten Veräußerungsvorgänge von rd. 21.962.000 € um rd. 18.591.000 € auf einen Buchwert von nur noch rd. 3.371.000 €. Die Bilanzsumme erhöhte sich infolge der Veräußerungen demgegenüber von rd. 43.266.000 € um rd. 39.401.000 € auf einen Wert von rd. 82.667.000 €.

Der Bilanzgewinn der A AG zum 31.03.2009 belief sich auf rd. 62.561.000 € und setzte sich wie folgt zusammen:

Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit

1.052.000 €

(1,68 %)

ao. Ertrag (s.o.)

53.910.000 €

(86,17 %)

Steuern vom Einkommen und vom Ertrag

./. 987.000 €

(./. 1,58 %)

sonstige Steuern

./.15.000 €

(./. 0,02 %)

Gewinnvortrag Vorjahr

2.000 €

(0,00 %)

 

Entnahmen aus den Gewinnrücklagen

8.600.000 €

(13,75 %)

Bilanzgewinn

62.561.000 €

(100,00 %)

Am 09.06.2009 beschloss die ordentliche Hauptversammlung der A AG, aus dem Bilanzgewinn eine Dividende i.H.v. 4 € je Aktie – insgesamt 62.400.000 € – an ihre Aktionäre auszuschütten. Die Ausschüttung erfolgte planmäßig am 10.06.2009. Der Ausschüttungsgesamtbetrag von 62.400.000 € entsprach 75,48 % der Bilanzsumme der A AG zum 31.03.2009 (82.667.000 €, s.o.).

Von der Ausschüttung entfiel ein Anteil von 1.200.000 € auf die Klägerin, welche 300 Aktien der A AG besaß. Zum Zeitpunkt der Ausschüttung waren die Aktien im Anlagevermögen der Klägerin mit ihrem Teilwert von 6 € je Aktie, also mit 1.800.000 € aktiviert. Da sich der Anteilswert der A AG bei der Klägerin durch die ganz wesentlich aus der Veräußerung der Vermögenssubstanz (zu einem Anteil von 86,17 % (s.o.)) und der Verwendung von Gewinnrücklagen (zu einem Anteil von 13,75 % (s.o.)) gespeiste Ausschüttung nachhaltig reduziert hatte, nahm die Klägerin in ihrer Bilanz auf den 31.12.2009 eine ausschüttungsbedingte Teilwertabschreibung ihrer Beteiligung an der A AG um den Betrag der erhaltenen Ausschüttung i.H.v. 1.200.000 € vor. Von der Teilwertabschreibung entfielen 1.034.000 € bzw. 86,17 % auf die Ausschüttung des aus dem ao. Ertrag aus der Veräußerung der Unternehmenssubstanz resultierenden Bilanzgewinns und 165.000 € bzw. 13,17 % auf die Ausschüttung der aufgelösten Gewinnrücklagen.

Zum 31.03.2011 belief sich der Bilanzgewinn der A AG auf 16.036.000 € und setzte sich wie folgt zusammen:

Jahresüberschuss

1.335.000 €

(  8,32 %)

Gewinnvortrag Vorjahr

661.000 €

(  4,12 %)

Ertrag aus Kapitalherabsetzung

14.040.000 €

(  87,56 %)

Bilanzgewinn

16.036.000 €

(100,00 %)

Am 16.06.2011 beschloss die ordentliche Hauptversammlung der A AG, eine weitere Dividendenausschüttung i.H.v. insgesamt rd. 10.920.000 € aus ihrem Bilanzgewinn zum 31.03.2011 vorzunehmen. Die Ausschüttung erfolgte planmäßig am 17.06.2011. Der Ausschüttungsgesamtbetrag von 10.920.000 € entsprach 55 % der zum 31.03.2011 festgestellten Bilanzsumme der A AG zum 31.03.2009.

Von der zum 17.06.2011 vorgenommenen Ausschüttung entfiel ein Anteil i.H.v. 210.000 € auf die Klägerin. Da auch diese Ausschüttung aus Teilen der Vermögenssubstanz der A AG erfolgte, nahm die Klägerin auf ihre Beteiligung wiederum eine ausschüttungsbedingte Teilwertabschreibung in Höhe des erhaltenen Ausschüttungsbetrags von 210.000 € vor.

Im Rahmen der Körperschaftsteuerveranlagungen der Klägerin für die Jahre 2009 und 2011 blieben die von ihr jeweils empfangenen Dividenden der A AG (vermindert um die pauschal nicht abzugsfähigen Betriebsausgaben, § 8b Abs. 5 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG)) bei der Ermittlung des Einkommens nach § 8b Abs. 1 KStG außer Ansatz. Die ausschüttungsbedingten Teilwertabschreibungen wurde dem Einkommen der Klägerin jeweils nach § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG außerhalb der Bilanz wieder hinzugerechnet.

Bei der Gewerbesteuerveranlagung für das Jahr 2009 schätzte der Beklagte die Besteuerungsgrundlagen zunächst, da die Klägerin keine Gewerbesteuererklärung für 2009 abgegeben hatte, und erließ entsprechende Schätzungsbescheide über den Gewerbesteuermessbetrag und die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2009. Nachdem die Klägerin im daran anschließenden Einspruchsverfahren die Steuererklärung nachgereicht hatte, wurden die Schätzungsbescheide durch den Beklagten mit Gewerbesteuermessbescheid vom 13.07.2012 und Bescheid über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2009 vom 26.06.2012 geändert. Der Gewerbesteuermessbetrag für 2009 wurde dabei i.H.v. 41.422 € festgesetzt, woraus eine nachfolgende Gewerbesteuerfestsetzung i.H.v. 186.399 € resultierte. Ausweislich der Bilanz der Klägerin für 2009 belief sich ihre Bilanzsumme zum 31.12. auf 1.811.465 € und ihr Eigenkapital auf 1.616.565 €. Nach der GuV betrug das Ergebnis ihrer gewöhnlichen Geschäftstätigkeit im Jahr 2009 unter Berücksichtigung der ausschüttungsbedingten Teilwertabschreibung auf die Beteiligung an der A AG ./. 16.412 € (Verlust).

Die Gewerbesteuerveranlagung für 2011 wurde entsprechend der von der Klägerin fristgerecht eingereichten Steuererklärung durchgeführt. Der Gewerbesteuermessbetrag für 2011 wurde daraufhin mit Bescheid vom 06.05.2013 i.H.v. 8.095 € gegenüber der Klägerin festgesetzt, woraus sich eine Gewerbesteuerfestsetzung i.H.v. 33.810 € ergab. Ausweislich der Bilanz der Klägerin für 2011 belief sich ihre Bilanzsumme zum 31.12. auf 1.876.921 € und ihr Eigenkapital auf 1.634.854 €. Nach der GuV betrug das Ergebnis ihrer gewöhnlichen Geschäftstätigkeit im Jahr 2011 trotz Berücksichtigung der ausschüttungsbedingten Teilwertabschreibung auf die Beteiligung an der A AG 25.145 €.

Im Rahmen beider gewerbesteuerlichen Veranlagungen für 2009 und 2011 rechnete der Beklagte dem körperschaftsteuerlichen Einkommen der Klägerin gemäß § 8 Nr. 5 Satz 1, 1. Halbsatz des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) den nach § 8b Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 KStG steuerfrei gebliebenen Teil der jeweils empfangenen Dividende wieder hinzu, da die Voraussetzungen des gewerbesteuerlichen Schachtelprivilegs (§ 9 Nr. 2a GewStG, Beteiligung von mindestens 15 % zu Beginn des Erhebungszeitraums) nicht erfüllt waren (vgl. § 8 Nr. 5 Satz 1, 2. Halbsatz GewStG). Die körperschaftsteuerliche Hinzurechnung der ausschüttungsbedingten Teilwertabschreibung nach § 8b Abs. 3 KStG blieb demgegenüber – entsprechend der gesetzlichen Regelung in § 8 Nr. 5 Satz 1, 3. und 4. Halbsatz GewStG, welche lediglich auf § 3c Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) und § 8b Abs. 5 und 10 KStG, nicht aber auf § 8b Abs. 3 KStG verweist – gewerbesteuerlich unberücksichtigt, d.h. es erfolgte keine Minderung des gewerbesteuerlichen Hinzurechnungsbetrags um den Wert der jeweils vorgenommenen Teilwertabschreibungen.

Gegen die geänderten Bescheide über den Gewerbesteuermessbetrag für 2009 vom 13.07.2012 und die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2009 vom 26.06.2012 sowie gegen den Gewerbesteuermessbescheid für 2011 vom 06.05.2013 legte die Klägerin nachfolgend jeweils Einspruch ein und machte geltend, die Hinzurechnung der von der A AG erhaltenen Dividenden nach § 8 Nr. 5 GewStG ohne gleichzeitige Minderung um die ausschüttungsbedingten Teilwertabschreibungen führe zu einer verfassungswidrigen Verletzung des Leistungsfähigkeitsprinzips und der Eigentumsgarantie nach Art. 14 des Grundgesetzes (GG). Durch die auf einer offensichtlichen Regelungslücke beruhende fehlende Abstimmung der Besteuerung zwischen KStG und GewStG erfolge bei der Gewerbesteuer im Ergebnis eine systemwidrige Substanzbesteuerung.

Mit Einspruchsentscheidungen vom 20.01.2014 wies der Beklagte die Einsprüche der Klägerin nachfolgend jeweils als unbegründet zurück und führte aus, die von der Klägerin begehrte Berücksichtigung der ausschüttungsbedingten Teilwertabschreibung bei der Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags komme nicht in Betracht. Nach dem BFH-Urteil vom 21.08.2007 (I R 76/06, BFH/NV 2008, 247) werde der Hinzurechnungsbetrag nach § 8 Nr. 5 GewStG durch Teilwertabschreibungen einer Körperschaft auf nicht unter § 9 Nr. 2a GewStG fallende Beteiligungen, die dem Abzugsverbot des § 8b Abs. 3 KStG unterfielen, nicht gemindert. Zwar gehe der BFH in dem genannten Urteil nicht auf die von der Klägerin geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken ein; die von der Klägerin monierte Regelungslücke habe er jedoch in dem genannten Urteil nicht festgestellt. Die unterschiedliche Behandlung bei körperschaftsteuerlicher und gewerbesteuerlicher Gewinnermittlung mit dem Ergebnis der Nichtberücksichtigung der substanzbezogenen Gewinnminderung bei der Gewerbesteuermessbetragsfestsetzung habe der BFH somit zumindest indirekt bestätigt. Die von der Klägerin angeführte Substanzbesteuerung bei der Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags sei zudem Ausfluss der unterschiedlichen Ansätze bei der Berechnung der Bemessungsgrundlagen für die Körperschaftsteuerfestsetzung und die Gewerbesteuermessbetragsfestsetzung, welche aus dem Objektsteuercharakter der Gewerbesteuer resultierten und nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG und der Finanzgerichte nicht dem Prinzip der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit widersprächen. Das BVerfG habe keine grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die (Neu-)Regelung des § 8 Nr. 5 GewStG und die sich dadurch ggf. ergebenden unterschiedlichen Bemessungsgrundlagen bei der Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer geäußert, sondern die Regelung nur insoweit für verfassungswidrig gehalten, als sich durch die kurzfristigen Änderungen im Gesetzgebungsverfahren eine echte Rückwirkung bei Vorabausschüttungen ergeben habe (Hinweis auf BVerfG-Beschluss vom 10.10.2012 – 1 BvL 6/07, DStR 2012, 2322).

Mit ihrer hiergegen am 19.02.2014 erhobenen Klage führt die Klägerin ihr Begehren aus dem Einspruchsverfahren fort und macht geltend: Im Falle einer im Wesentlichen aus der Vermögenssubstanz gespeisten Dividendenausschüttung einer Tochterkapitalgesellschaft an ihre zu weniger als 15 % beteiligte Mutterkapitalgesellschaft, welche zwingend oder aufgrund eines steuerlichen Wahlrechts eine korrespondierende ausschüttungsbedingte Teilwertabschreibung nach sich ziehe, komme es bei wortlautgetreuer Gesetzesanwendung aufgrund einer vom Gesetzgeber offenbar nicht erkannten und unbeabsichtigten Abstimmungslücke zwischen den ineinandergreifenden Regelungen des EStG, KStG und des GewStG zu einer nach Sinn und Zweck des GewStG systemwidrigen Besteuerung der Vermögenssubstanz und zu einer Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes, des Leistungsfähigkeitsprinzips und der Eigentumsgarantie. Diese Abstimmungslücke sei im Wege einer verfassungskonformen teleologischen Reduktion oder Extension des § 8 Nr. 5 GewStG zu schließen.

Im Streitfall habe die Klägerin durch die Dividendenausschüttungen der A AG wirtschaftlich und insbesondere hinsichtlich ihres objektivierten Gewerbeertrags keinerlei Vermögensmehrung erfahren, da dem Geldzufluss aus den Ausschüttungen die betriebswirtschaftlich, handelsrechtlich und steuerbilanziell durch eine entsprechende ausschüttungsbedingte Teilwertabschreibung zu berücksichtigende nachhaltige Minderung des Anteilswerts der Beteiligung an der A AG gegenüber gestanden habe. Im Zusammenhang mit der Ausschüttung dürfe es daher grundsätzlich nicht zur Festsetzung von Steuern kommen, die an die Leistungsfähigkeit und Ertragskraft des Unternehmens anknüpften. Bei der Körperschaftsteuer werde dies dadurch gewährleistet, dass der Dividendenertrag nach § 8b Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 KStG zu 95 % von der Besteuerung freigestellt werde und korrespondierend dazu auch die ausschüttungsbedingte Teilwertabschreibung nach § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG unberücksichtigt bleibe. Im Rahmen der Gewerbesteuer werde die körperschaftsteuerlich freigestellte Dividende dem gemäß § 7 Satz 3 GewStG als Ausgangswert für die Ermittlung des Gewerbeertrags zu übernehmenden körperschaftsteuerlichen Einkommen nach § 8 Nr. 5 Satz 1, 1. Halbsatz GewStG wieder hinzugerechnet, während jedoch die korrespondierende Teilwertabschreibung insoweit – auch im Falle einer Substanzausschüttung – nach § 8 Nr. 5 Satz 1, 3. und 4. Halbsatz GewStG nicht in Abzug gebracht werden könne. Dies sei nicht stringent, da im Rahmen der auf die Besteuerung eines objektivierten Gewerbeertrags ausgerichteten Gewerbesteuer bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage grundsätzlich sowohl ertragserhöhende als auch korrespondierende ertragsmindernde Faktoren berücksichtigt werden müssten.

Ausweislich der Entstehungsgeschichte des § 8 Nr. 5 GewStG entspreche die aus der fehlenden Abstimmung der körperschaftsteuerlichen und gewerbesteuerlichen Regelungen folgende Besteuerungskonsequenz auch keinesfalls einer bewusst verfolgten gesetzgeberischen Intention. Die Klägerin verweist insoweit auf die Gesetzgebungsmaterialien, insbesondere die Gegenäußerung der Bundesregierung zu einer Stellungnahme des Bundesrats zum Gesetzesentwurf vom 10.09.2001 (vgl. BT-Drucks. 14/7084), aus welcher ersichtlich werde, dass die Bundesregierung die ursprünglich vom Bundesrat vorgeschlagene Ergänzung des § 9 GewStG um eine mit den Hinzurechnungsvorschriften nach § 8 Nr. 5 und 6 GewStG-E korrespondierende Kürzungsvorschrift für Betriebsvermögens- und Gewinnminderungen, Betriebsausgaben und Veräußerungskosten im wirtschaftlichen Zusammenhang mit nach § 3 Nr. 40 EStG und § 8b KStG steuerfrei bzw. außer Ansatz bleibenden Bezügen, Betriebsvermögensmehrungen, Einnahmen und Gewinnen primär mit Blick auf Veräußerungsgewinne abgelehnt habe. Für sonstige Beteiligungserträge und ausdrücklich für „Nichtschachteldividenden“ habe die Bundesregierung demgegenüber gerade betont, dass deren gewerbesteuerliche Doppelbelastung, die mit dem Objektcharakter der Gewerbesteuer begründet werde, im GewStG keine Stütze finde. Dem könne entnommen werden, dass die Bundesregierung gerade nicht beabsichtigt habe, Streubesitzdividenden bei der Gewerbesteuerbemessung steuererhöhend zu berücksichtigen, eine ausschüttungsbedingte Teilwertabschreibung jedoch nicht zum Abzug zuzulassen. Aufgrund des nur sehr kurzen Gesetzgebungsprozesses, welcher den seinerzeit offenbar herrschenden Zeitdruck verdeutliche und keine hinreiche Detailprüfung und -abstimmung zugelassen habe, sei diese Intention in der endgültigen Gesetzesfassung jedoch dann willkürlich nicht umgesetzt und offensichtlich unbeabsichtigt eine systemwidrige Asymmetrie geschaffen worden. Eine Begründung für den daraus resultierenden Verstoß gegen das Prinzip der an der tatsächlichen Leistungsfähigkeit orientierten Besteuerung des objektivierten Gewerbeertrags, gegen das Gebot der folgerichtigen Umsetzung einmal getroffener Belastungsentscheidungen und gegen die Eigentumsgarantie, da die Gewerbesteuer faktisch aus der Substanz des Gewerbekapitals gezahlt werden müsse, sei nicht erkennbar.

Die vorliegende Fallkonstellation sei zudem von der Ausschüttung eines laufenden Gewinns der Tochtergesellschaft zu unterscheiden, durch welche deren Unternehmenssubstanz und Ertragskraft nicht nachhaltig, sondern allenfalls temporär gemindert werde. Die Nichtberücksichtigung einer Teilwertabschreibung bei einer bloßen Ausschüttung laufender Gewinne erscheine zutreffend und geboten. Daher könne auch uneingeschränkt dem vom Beklagten angeführten BFH-Urteil vom 21.08.2007 (I R 76/06) beigepflichtet werden, dem vermutlich die Konstellation der Ausschüttung eines laufenden Gewinns zugrunde gelegen habe, da die Kläger des dortigen Verfahrens die Problematik einer system- und verfassungswidrigen Substanzbesteuerung im Falle der Ausschüttung wesentlicher Teile der Vermögenssubstanz der Tochtergesellschaft nicht thematisiert hätten. Die vom Beklagten ferner zitierten Entscheidungen des BVerfG und der Finanzgerichte hätten zudem allesamt Sachverhalte betroffen, bei denen aufgrund der gewerbesteuerlichen Hinzurechnungen eine Gewerbeertragssteuer trotz einkommensteuerlichem, körperschaftsteuerlichem und/oder handelsrechtlichem Verlust festzusetzen gewesen sei. In diesem Kontext hätten die Gerichte zutreffend entschieden, dass dieses Ergebnis wegen der speziellen Zielrichtung des GewStG als ertragsorientierte Objektsteuer grundsätzlich noch innerhalb des verfassungsmäßigen Rahmens zulässig sei. Die Argumentation der Klägerin im Streitfall beziehe sich allerdings nicht auf einen Vergleich der festgesetzten Gewerbesteuer mit den einkommensteuerlichen, körperschaftsteuerlichen oder handelsrechtlichen Ergebnissen, sondern einen Vergleich derjenigen Gewerbesteuer, welche bei wortgenauer Anwendung der ineinandergreifenden, aber offensichtlich nicht aufeinander abgestimmten gesetzlichen Regelungen entstehe, mit der Gewerbesteuer, die bei Orientierung am objektivierten Gewerbeertrag der Muttergesellschaft eigentlich entstehen müsse.

Bei diesem Vergleich zeige sich vorliegend, dass die Klägerin im VZ 2009 einen negativen objektivierten Gewerbeertrag vor Steuern (= Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit) i.H.v. ./. 16.412 € erwirtschaftet habe, gleichwohl aber eine (positive) Gewerbesteuer i.H.v. 186.399 € gegen sie festgesetzt worden sei, welche sie mangels wirtschaftlichem Ertrag ausschließlich aus ihrer Vermögenssubstanz leisten könne. Bezogen auf das Eigenkapital der Klägerin vor Gewerbesteueraufwand entspreche die Gewerbesteuerfestsetzung für 2009 einer Besteuerung der Unternehmenssubstanz mit einem faktischen Steuersatz von (186.399 € / (1.616.565 € + 186.399 €) = ) 10,34 % und übertreffe damit die bis 1998 bei juristischen Personen ebenfalls auf die Vermögenssubstanz erhobene Vermögenssteuer i.H.v. 0,6 % um mehr als das 17-fache sowie die Gewerbekapitalsteuer, die bis 1997 unter den vorliegend gegebenen Umständen angefallen wäre, um das knapp 11,5-fache. Im VZ 2011 sei der Klägerin zwar trotz der ausschüttungsbedingten Teilwertabschreibung noch ein positiver objektivierter Gewerbeertrag i.H.v. 25.145 € verblieben, dieser habe jedoch nicht ausgereicht, um die ohne Berücksichtigung der Teilwertabschreibung mit 33.810 € festgesetzte Gewerbesteuer abzudecken, so dass die Gewerbesteuer auch in diesem VZ nur durch einen Eingriff in die Vermögenssubstanz entrichtet werden könne.

Die Klägerin beantragt, die Gewerbesteuermessbeträge für 2009 und 2011 jeweils insoweit unter Berücksichtigung einer ausschüttungsbedingten Teilwertabschreibung auf den Anteilswert ihrer Tochtergesellschaft „A AG“ festzusetzen, als diese Teilwertabschreibungen mit der Ausschüttung wesentlicher Teile der Unternehmenssubstanz der A AG und der daraus folgenden nachhaltigen Minderung ihres Anteilswertes korrespondieren, und den Bescheid auf den 31.12.2009 über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes entsprechend anzupassen,

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Er verweist zur Begründung auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung.

Aus den Gründen

37        Die zulässige Anfechtungsklage ist begründet. Die angefochtenen Bescheide über den Gewerbesteuermessbetrag für 2009 und 2011 sowie über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin daher in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO)).

38        I. 1. Gemäß § 6 GewStG ist Besteuerungsgrundlage für die Gewerbesteuer der Gewerbeertrag. § 7 Satz 1 GewStG bestimmt, dass der Gewerbeertrag bei Körperschaftsteuerpflichtigen der nach den Vorschriften des KStG zu ermittelnde Gewinn aus dem Gewerbebetrieb ist, vermehrt und vermindert um die in den §§ 8 und 9 GewStG bezeichneten Beträge. Nach § 8 GewStG werden bestimmte Beträge dem Gewinn aus Gewerbebetrieb wieder hinzugerechnet, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind. Dies gilt gemäß § 8 Nr. 5 GewStG u.a. auch für die nach § 8b Abs. 1 Satz 1 KStG außer Ansatz bleibenden Gewinnanteile (Dividenden), soweit sie nicht die Voraussetzungen des § 9 Nr. 2a oder 7 GewStG erfüllen, nach Abzug der mit diesen Einnahmen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden Betriebsausgaben, soweit diese nach § 3c Abs. 2 EStG oder § 8b Abs. 5 und 10 KStG unberücksichtigt bleiben.

39        2. Bei den Dividenden, die die Klägerin in Höhe von 1.200.000 € im Jahr 2009 und 210.000 € im Jahr 2011 aus ihren Anteilen an der A AG bezogen hat, handelte es sich um Gewinnanteile im Sinne des § 8 Nr. 5 GewStG. Für körperschaftsteuerliche Zwecke sind diese bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens im wirtschaftlichen Ergebnis zu 95 % außer Ansatz geblieben und haben die Bemessungsgrundlage bei der Ermittlung der Körperschaftsteuer insoweit tatsächlich nicht erhöht (§ 8b Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 KStG i.V.m. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG in der für die Streitjahre jeweils geltenden Fassung). Für gewerbesteuerliche Zwecke waren diese Beträge zur Ermittlung des Gewerbeertrags der Klägerin aufgrund der Regelung des § 8 Nr. 5 Satz 1, 1. Halbsatz GewStG – mangels Vorliegen der Voraussetzungen nach § 8 Nr. 5 Satz 1, 2. Halbsatz i.V.m. § 9 Nr. 2a oder 7 GewStG – wieder hinzuzurechnen.

40        Hingegen sind die Beträge der seitens der Klägerin in den Jahren 2009 und 2011 jeweils vorgenommenen ausschüttungsbedingten Teilwertabschreibungen auf den Anteilswert ihrer Beteiligung an der A AG in Höhe 1.200.000 € bzw. 210.000 €, die im Rahmen der Ermittlung des körperschaftsteuerlichen Gewinns der Klägerin ebenfalls unberücksichtigt geblieben sind, bei der Ermittlung ihres Gewerbeertrags nicht nach § 8 Nr. 5 Satz 1, 3. und 4. Halbsatz GewStG von dem nach § 8 Nr. 5 Satz 1, 1. Halbsatz GewStG hinzuzurechnenden Betrag in Abzug gebracht worden, da die gesetzliche Regelung in § 8 Nr. 5 Satz 1, 4. Halbsatz GewStG lediglich auf § 3c Abs. 2 EStG und § 8b Abs. 5 und 10 KStG, nicht jedoch auf § 8b Abs. 3 KStG verweist. Bei den ausschüttungsbedingten Abschreibungen, welche die Klägerin gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG auf den niedrigeren Teilwert der von ihr gehaltenen Beteiligung an der A AG vorgenommen hat, handelt es sich jedoch nicht um Betriebsausgaben, die nach § 3c EStG oder § 8b Abs. 5 oder 10 KStG unberücksichtigt geblieben sind, sondern um substanzbezogene Gewinnminderungen, die von dem Abzugsverbot des § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG erfasst werden. Danach sind Gewinnminderungen, die im Zusammenhang mit dem in § 8b Abs. 2 KStG genannten Anteil entstehen, bei der Ermittlung des Einkommens nicht zu berücksichtigen. Anteil i.S.v. § 8b Abs. 2 KStG ist wiederum – soweit hier von Interesse – der Anteil an einer Körperschaft, deren Leistungen beim Empfänger zu Einnahmen i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1, 2, 9 und 10 Buchst. a EStG gehören. Eine Beschränkung auf Veräußerungsvorgänge und daraus erzielte Gewinne lässt sich dem Abzugsverbot in § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG ebenso wenig entnehmen (vgl. Gosch in: Gosch, KStG, 3. Aufl., § 8b Rz. 267) wie eine daneben (fort-)bestehende Anwendung von § 3c EStG. Die Regelung des § 3c EStG wird vielmehr für ihren Anwendungsbereich (vgl. insoweit abgrenzend zwischen substanzbezogenen und laufenden Aufwendungen Gosch, a.a.O., Rz 280) von der spezielleren Regelung des § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG verdrängt, die ihrerseits in § 8 Nr. 5 Satz 1, 4. Halbsatz GewStG nicht erwähnt wird und die deswegen – bei wortlautgetreuer Gesetzesanwendung – keine Minderung der danach vorzunehmenden Hinzurechnung bewirken kann. Dies ist vom BFH in seinem Urteil vom 21.08.2007 (I R 76/06, BFH/NV 2008, 247) zutreffend klargestellt worden.

41        3. Zu Recht weist die Klägerin aus Sicht des erkennenden Senats insoweit jedoch auf eine bestehende systemwidrige Asymmetrie zwischen den unvollständig ineinandergreifenden Vorschriften der § 8b Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1, Abs. 3 Satz 3 KStG einerseits und § 8 Nr. 5 Satz 1, 1. , 3. und 4. Halbsatz GewStG andererseits hin, die im Falle der Ausschüttung von Streubesitzdividenden, welche aus der Vermögenssubstanz der ausschüttenden Tochtergesellschaft gespeist wird und bei der empfangenden Muttergesellschaft aufgrund der eintretenden nachhaltigen Wertminderung ihrer Anteile an der Tochtergesellschaft eine ausschüttungsbedingte Teilwertabschreibung nach sich zieht, zu einer Besteuerung der Vermögenssubstanz und somit zu einer Verletzung des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes nach Art. 3 Abs. 1 GG in dessen steuerlicher Ausprägung des Leistungsfähigkeitsprinzips führt.

42        a) Der allgemeine Gleichheitssatz im Sinne des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet es, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Er gilt für ungleiche Belastungen wie auch für ungleiche Begünstigungen. Aus ihm ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen. Der Grundsatz der gleichen Zuteilung steuerlicher Lasten verlangt eine gesetzliche Ausgestaltung der Steuer, die den Steuergegenstand in den Blick nimmt und mit Rücksicht darauf eine gleichheitsgerechte Besteuerung des Steuerschuldners sicherstellt. Ausnahmen von dem jedenfalls für die Ertragsteuern und damit auch für die Gewerbesteuer geltenden Gebot gleicher Besteuerung bei gleicher Ertragskraft bedürfen eines besonderen sachlichen Grundes. Art. 3 Abs. 1 GG ist jedenfalls dann verletzt, wenn sich ein vernünftiger, sich aus der Natur der Sache ergebender oder sonst wie einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung oder Gleichbehandlung nicht finden lässt (vgl. BFH-Beschluss vom 10.08.2011 – I R 39/10, BStBl II 2012, 603 m.w.N.).

43        b) Im Bereich des Steuerrechts hat der Gesetzgeber nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bei der Auswahl des Steuergegenstandes und bei der Bestimmung des Steuersatzes einen weitreichenden Entscheidungsspielraum. Die grundsätzliche Freiheit des Gesetzgebers, diejenigen Sachverhalte zu bestimmen, an die das Gesetz dieselben Rechtsfolgen knüpft und die es so als rechtlich gleich qualifiziert, wird hier, insbesondere im Bereich des Ertragsteuerrechts, vor allem durch zwei eng miteinander verbundene Leitlinien begrenzt: durch das Gebot der Ausrichtung der Steuerlast am Prinzip der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und durch das Gebot der Folgerichtigkeit. Danach muss im Interesse verfassungsrechtlich gebotener steuerlicher Lastengleichheit darauf abgezielt werden, Steuerpflichtige bei gleicher wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit auch gleich hoch zu besteuern (horizontale Steuergerechtigkeit), während (in vertikaler Richtung) die Besteuerung höherer Einkommen im Vergleich mit der Steuerbelastung niedriger Einkommen angemessen sein muss. Bei der Ausgestaltung des steuerrechtlichen Ausgangstatbestands muss die einmal getroffene Belastungsentscheidung folgerichtig im Sinne der Belastungsgleichheit umgesetzt werden. Ausnahmen von einer solchen folgerichtigen Umsetzung bedürfen eines besonderen sachlichen Grundes (vgl. BVerfG-Urteil vom 09.12.2008 – 2 BvL 1/07, 2 BvL 2/07, 2 BvL 1/08, 2 BvL 2/08, BVerfGE 122, 210).

44        c) Bei Zugrundelegung dieser Grundsätze wird nach Auffassung des Senats durch die in § 8 Nr. 5 Satz 1, 3. und 4. Halbsatz GewStG gesetzlich nicht vorgesehene Minderung des gewerbesteuerlichen Hinzurechnungsbetrags nach § 8 Nr. 5 Satz 1, 1. Halbsatz GewStG um eine ausschüttungsbedingte Teilwertabschreibung nach § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG im Falle der Ausschüttung einer Streubesitzdividende aus der Vermögenssubstanz der ausschüttenden Tochtergesellschaft das Prinzip der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit verletzt, da die bei der Muttergesellschaft aufgrund der ausschüttungsbedingten Teilwertabschreibung auf den Anteilswert ihrer Tochtergesellschaft eingetretene substanzbezogene Minderung ihres Gewinns bzw. ihres objektivierten Gewerbeertrags bei der Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags unberücksichtigt bleibt.

45        Während für körperschaftsteuerliche Zwecke das Ziel der Bereinigung des steuerpflichtigen Gewinns um erhaltene Dividendenausschüttungen und damit korrespondierende Gewinnminderungen nach § 8b Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1, Abs. 3 Satz 3 KStG durch außerbilanzielle Freistellung der Dividende und Nichtabziehbarkeit des Betrags der Teilwertabschreibungen erreicht wird, fehlt es gewerbesteuerlich an einer entsprechenden Regelungssymmetrie, da zur Ermittlung des Gewerbeertrags zwar gemäß § 8 Nr. 5 Satz 1, 1. Halbsatz GewStG die nach § 8b Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 KStG von der Körperschaftsteuer freigestellte Dividende wieder hinzugerechnet wird, der nach § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG im körperschaftsteuerlichen Gewinn bereits enthaltene (unverständlich insoweit Schnitter in: Frotscher/Maas, KStG/GewStG/UmwStG, § 8 GewStG Rz. 355, der davon spricht, dass die Teilwertabschreibung den Gewinn i.S.d. § 7 Abs. 1 GewStG gemindert habe) Betrag der Teilwertabschreibungen mangels einer entsprechenden gesetzlichen Regelung jedoch weder im Wege einer gewerbesteuerlichen Kürzung noch durch Minderung des Hinzurechnungsbetrags in Abzug gebracht werden kann.

46        Im Falle der Dividendenausschüttung einer Tochterkapitalgesellschaft, welche 1.) nicht aus laufenden oder thesaurierten Gewinnen gespeist wird, sondern aus Gewinnen aus der Veräußerung wesentlicher Teile der Vermögenssubstanz der Tochtergesellschaft, und 2.) bei der empfangenden, zu weniger als 15 % beteiligten Mutterkapitalgesellschaft aufgrund einer daraus resultierenden nachhaltigen Wertminderung der Anteile an der Tochtergesellschaft durch Ausübung des steuerlichen Wahlrechts nach § 8 Abs. 1 KStG i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG eine ausschüttungsbedingte Teilwertabschreibung nach sich zieht, hat diese fehlende Regelungssymmetrie zur Folge, dass der Gewerbesteuer der Muttergesellschaft – wie vorliegend der Klägerin – ein Gewerbeertrag zugrunde gelegt wird, der nicht ihrer tatsächlichen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit entspricht. Der nach den §§ 7 ff. GewStG ermittelte Gewerbeertrag lässt unberücksichtigt, dass der durch den Zufluss der Dividende bei der Muttergesellschaft eingetretenen Vermögensmehrung in diesem Fall eine entsprechende, durch die Ausschüttung der Vermögenssubstanz der Tochtergesellschaft bedingte Minderung des Wertes ihrer von der Muttergesellschaft gehaltenen Anteile gegenübersteht, so dass die Muttergesellschaft per Saldo keine Vermögensmehrung erfahren hat. Dies stellt einen Verstoß gegen das im Bereich der direkten Steuern aus Art. 3 Abs. 1 GG folgende Prinzip der Leistungsgerechtigkeit dar, welches – bezogen auf das gesetzesimmanente Ziel der Besteuerung des „objektivierten Gewerbeertrags“ – grundsätzlich auch für die Gewerbesteuer gilt. Die betroffene Muttergesellschaft (vorliegend die Klägerin) unterliegt in der beschriebenen Konstellation gemessen an ihrer tatsächlichen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit im Ergebnis eine erheblich höhere Steuerbelastung als ein Steuerpflichtiger mit ansonsten vergleichbarer tatsächlicher wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit, der nicht von der vorstehend aufgeworfenen Problematik betroffen sind.

47        d) Eine verfassungsrechtliche Rechtfertigung des in der gewerbesteuerlichen Nichtberücksichtigung einer durch eine Dividendenausschüttung aus der Substanz einer Tochtergesellschaft bedingten Teilwertabschreibung liegenden Eingriffs in das Leistungsfähigkeitsprinzip ist für den erkennenden Senat nicht ersichtlich. Insbesondere lässt sich die hierdurch letztlich eintretende Substanzbesteuerung nach Auffassung des Senats nicht mit dem vom Beklagten angeführten „Objektsteuercharakter“ der Gewerbesteuer begründen. Dieser gebietet es lediglich, den Gewerbeertrag als „objektive Ertragskraft“ des Gewerbebetriebs ohne Rücksicht auf die persönlichen Verhältnisse und Beziehungen des Inhabers zum Gegenstand der Besteuerung zu erfassen. Weshalb hieraus aber folgen sollte, dass ausschüttungsbedingte Teilwertabschreibungen im Zusammenhang mit Dividendenzahlungen aus der Unternehmenssubstanz der ausschüttenden Gesellschaft den Hinzurechnungsbetrag nach § 8 Nr. 5 GewStG nicht mindern dürfen, ist nicht erkennbar. Im Gegenteil ist der Klägerin insoweit darin beizupflichten, dass der Sinn und Zweck des Gewerbesteuergesetzes, welcher darin besteht, den „objektiven“ Ertrag des Gewerbebetriebs zu besteuern, gerade gegen die Besteuerung einer Dividendenausschüttung aus der Vermögenssubstanz einer Tochtergesellschaft ohne gleichzeitige Berücksichtigung einer korrespondierenden ausschüttungsbedingten Teilwertabschreibung spricht. Die Gewerbesteuer zielt als Realsteuer auf die steuerliche Leistungsfähigkeit des Gewerbebetriebs als solchem, ohne Rücksicht auf die Beziehungen zu dem Gewerbetreibenden und damit persönlich Steuerpflichtigen (vgl. Lenski/Steinberg, GewStG Rz. 2 Rz. 7). Objektive Merkmale dienen demnach als Grundlagen für die Bemessung der betrieblichen Leistungsfähigkeit. Sie sind Maßstab für die Ertrags- und Kapitalkraft des gewerblichen Unternehmens. Ausgangsgröße des Gewerbeertrags ist zwar der gewerbliche Gewinn des Betriebsinhabers (§ 7 GewStG); durch die Hinzurechnung bestimmter Aufwendungen (§ 8 GewStG) und die Kürzung um bestimmte Beträge (§ 9 GewStG) wird aber der Gewinn in den „objektiven Ertrag des Gewerbebetriebs“ – d.h. eines Ertrags, der die unabhängig von der Finanzierungsweise des Betriebs ermittelte tatsächliche Leistungsfähigkeit des Gewerbebetriebs erfasst – umgerechnet (vgl. Lenski/Steinberg, GewStG Rz. 2 Rz. 7). Die Besteuerung eines Dividendenertrags, welcher aus der Ausschüttung der Vermögenssubstanz einer Tochtergesellschaft gespeist wird, ohne korrespondierende Berücksichtigung einer zugleich vorgenommenen ausschüttungsbedingten Teilwertabschreibung liefe dieser Zielsetzung des GewStG gerade zuwider und erschiene aus Sicht des erkennenden Senats systemwidrig, da die Dividendenausschüttung wegen der gegenläufigen dauernden Anteilswertminderung zu keinerlei Erhöhung der tatsächlichen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit geführt hat.

48        Als weiteres Argument für eine den Hinzurechnungsbetrag mindernde Berücksichtigung der Teilwertabschreibung in den vorgenannten Fällen lässt sich zudem auch ein Umkehrschluss aus den für Schachtelbeteiligungen geltenden Regelungen nach § 9 Nr. 2a GewStG und § 8 Nr. 10 Buchst. a) GewStG anführen: Wenn im Bereich des gewerbesteuerlichen Schachtelprivilegs eine Doppelbegünstigung ausgeschütteter Gewinne dadurch ausgeschlossen wird, dass der Gewinn bei Ermittlung des Gewerbeertrags einerseits um die in ihm enthaltenen Schachteldividenden zu kürzen ist (§ 9 Nr. 2a GewStG), andererseits aber als Folgewirkung dieser Dividendenausschüttung eintretende, nicht unter § 8b Abs. 3 KStG fallende Gewinnminderungen wieder hinzuzurechnen sind (§ 8 Nr. 10 GewStG), so erscheint es nur konsequent, außerhalb des gewerbesteuerlichen Schachtelprivilegs eine andernfalls eintretende Doppelbelastung dadurch zu vermeiden, dass einerseits die Streubesitzdividenden nach § 8 Nr. 5 Satz 1, 1. Halbsatz GewStG dem Gewinn für Zwecke der Ermittlung des Gewerbeertrags wieder hinzuzurechnen sind, dabei aber nach § 8 Nr. 5 Satz 1, 3. und 4. Halbsatz GewStG durch Ausschüttung eines wesentlichen Teils der Vermögenssubstanz der Tochtergesellschaft bedingte Teilwertabschreibungen bei der Bemessung des Hinzurechnungsbetrags mindernd berücksichtigt werden.

49        4. Bei Zugrundelegung eines dem Gebot der verfassungs- und systemkonformen Gesetzesanwendung folgenden Verständnisses des § 8 Nr. 5 Satz 1, 3. und 4. Halbsatz GewStG ist die Regelung nach Ansicht des erkennenden Senats daher im Falle einer aus der Veräußerung wesentlicher Teile der Vermögenssubstanz gespeisten Dividendenausschüttung einer im Streubesitz gehaltenen Tochterkapitalgesellschaft, welche bei der empfangenden Mutterkapitalgesellschaft aufgrund einer daraus resultierenden nachhaltigen Wertminderung ihrer Anteile an der Tochtergesellschaft zu einer ausschüttungsbedingten Teilwertabschreibung geführt hat, über ihren zu eng geratenen Wortlaut hinaus im Wege der richterlichen Rechtsfortbildung teleologisch dahingehend zu erweitern, dass der gewerbesteuerliche Hinzurechnungsbetrag nicht nur um die in um die in § 8 Nr. 5 Satz 1, 3. und 4. Halbsatz GewStG ausdrücklich genannten, nach § 3c Abs. 2 EStG, § 8b Abs. 5 und 10 KStG unberücksichtigt bleibenden Betriebsausgaben, sondern auch um den Betrag der nach § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG bei der körperschaftsteuerlichen Gewinnermittlung der Muttergesellschaft nicht abziehbaren ausschüttungsbedingten Teilwertabschreibung zu mindern ist.

50        a) Nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG und der Fachgerichte (vgl. die Rechtsprechungsnachweise bei Drüen in: Tipke/Kruse, AO/FGO, § 4 AO Rz. 355) und nach der ganz herrschenden Lehre sind die Gerichte zur (ergänzenden) Rechtsfortbildung berechtigt und verpflichtet. Führt die wortgetreue Auslegung des Gesetzes ausnahmsweise zu einem sinnwidrigen Ergebnis, besteht also eine Divergenz zwischen dem Gesetzeswortlaut und dem Gesetzeszweck, sind die Gerichte nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung (vgl. die Nachweise bei Drüen in: Tipke/Kruse, AO/FGO, § 4 AO Rz. 380) sogar zu einer (gesetzeswortlaut-)abändernden Rechtsfortbildung berufen. Als Instrumente werden hierbei die teleologische Reduktion und die teleologische Extension verwendet. Eine teleologische Extension zielt darauf ab, den zu engen Wortlaut eines Gesetzes auf dessen weitergehenden Zweck auszudehnen (vgl. die Nachweise bei Drüen in: Tipke/Kruse, AO/FGO, § 4 AO Rz. 382; ebenso BFH-Urteil vom 18.04.2012 – X R 7/10, BStBl II 2013, 791). Allerdings ist sie ist nicht bereits dann gerechtfertigt, wenn die vom Gesetzgeber getroffene Entscheidung rechtspolitisch fehlerhaft erscheint. Vielmehr muss die auf den Wortlaut abstellende Auslegung zu einem sinnwidrigen Ergebnis (vgl. BFH-Urteil vom 26.06.2007 – IV R 9/05, BStBl II 2007, 893), zu einem der wirtschaftlichen Vernunft widersprechenden Ergebnis (vgl. BFH-Urteil vom 12.08.1997 – VII R 107/96, BStBl II 1998, 131) oder zu einem so unsinnigen Ergebnis führen, dass es vom Gesetzgeber nicht gewollt sein kann (vgl. BFH-Urteil vom 17.01.1995 – IX R 37/91, BStBl II 1995, 410). Ebenso kann eine abändernde Rechtsfortbildung geboten sein, wenn eine wortgetreue Auslegung zu einem Verstoß gegen Verfassungsrecht oder gegen das Unionsrecht führen würde (vgl. die Rechtsprechungsnachweise bei Drüen in: Tipke/Kruse, AO/FGO, § 4 AO Rz. 380).

51        c) Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe erscheint nach dem vorstehend beschriebenen Sinn und Zweck des Gesetzes aus den bereits dargelegten verfassungsrechtlichen Gründen eine teleologische Extension des § 8 Nr. 5 Satz 1, 3. und 4. Halbsatz GewStG geboten. Aus den Gesetzesmaterialien lassen sich keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass das aufgezeigte, bei wortlautgetreuer Gesetzesanwendung des § 8 Nr. 5 GewStG eintretende Ergebnis einer nicht leistungsgerechten Substanzbesteuerung der Muttergesellschaft auf einer bewussten Entscheidung des Gesetzgebers beruht. Im Gegenteil deuten die Gesetzesmaterialien und die Entstehungsgeschichte des § 8 Nr. 5 GewStG vielmehr darauf hin, dass die aufgezeigte systemwidrige Asymmetrie zwischen den unvollständig ineinandergreifenden Vorschriften der § 8b Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1, Abs. 3 Satz 3 KStG einerseits und § 8 Nr. 5 Satz 1, 1. , 3. und 4. Halbsatz GewStG andererseits weder von der Bundesregierung noch vom Bundesrat beabsichtigt war und es sich eher um eine im Rahmen des Gesetzgebungsprozesses versehentlich übersehene Abstimmungslücke handelt.

52        aa) Die Norm des § 8 Nr. 5 GewStG wurde im Zuge des Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes (UntStFG) vom 20.12.2001, welches am 24.12.2001 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht wurde (vgl. BGBl. I 2001, 3858), eingeführt. In dem vom 10.09.2001 datierenden ursprünglichen Gesetzesentwurf der Bundesregierung zum UntStFG war eine § 8 Nr. 5 GewStG entsprechende Regelung überhaupt noch nicht vorgesehen, so dass sich der dem Entwurf beigefügten Gesetzesbegründung denknotwendig auch keine Hinweise zu den Hintergründen der Norm und dem mit dieser verfolgten gesetzgeberischen Willen entnehmen ließen.

53        bb) In seiner anschließenden Stellungnahme vom 10.10.2001 (vgl. BT-Drucks. 14/6882) zum Regierungsentwurf des UntStFG empfahl der Bundesrat unter der laufenden Nr. 9, den Hinzurechnungskatalog nach § 8 GewStG wie folgt um die Nrn. 5 und 6 zu ergänzen:

54        „5.              nach § 3 Nr. 40 EStG des Einkommensteuergesetzes steuerfreie Bezüge, Betriebsvermögensmehrungen und Einnahmen;

55        6.              nach § 8b des Körperschaftsteuergesetzes außer Ansatz bleibende Bezüge und Gewinne;“

56        Des Weiteren enthielt die Empfehlung des Bundesrates den Vorschlag, die Kürzungsvorschrift nach § 9 GewStG korrespondierend wie folgt um die Nrn. 6 und 6a zu ergänzen:

57        „6.              Betriebsvermögensminderungen, Betriebsausgaben oder Veräußerungskosten, die mit den in § 8 Nr. 5 genannten Bezügen, Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, wenn und soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns nicht abgezogen worden sind;

58        6a.              Betriebsausgaben und Gewinnminderungen, die bei der Gewinnermittlung nicht berücksichtigt worden sind, weil sie mit den in § 8 Nr. 6 genannten Bezügen und Gewinnen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen.“

59        Nach dem Vorschlag des Bundesrates wären daher im vorliegenden Streitfall zwar die Dividendenerträge aus der Ausschüttung der A AG zur Ermittlung des Gewerbesteuermessbetrags der Klägerin wieder hinzuzurechnen gewesen, korrespondierend damit wäre es aber auch zu einer gewerbesteuerlichen Kürzung um die von der Klägerin vorgenommenen ausschüttungsbedingten Teilwertabschreibungen gekommen, was ein sinnvolles Ergebnis dargestellt hätte. Festzuhalten bleibt, dass weder der Regierungsentwurf des UntStFG noch der Vorschlag des Bundesrates im vorliegenden Streitfall zu einer Gewerbesteuerbelastung der Substanzausschüttung aus der A AG geführt hätten.

60        cc) In ihrer Gegenäußerung zur Stellungnahme des Bundesrates unter Nr. 9 des BT-Drucks. 14/6882 hat sich die Bundesregierung dem Vorschlag des Bundesrates nicht angeschlossen und insoweit ausgeführt (vgl. BT-Drucks. 14/6882, S. 8):

61        „(…) Die Umsetzung des Vorschlags würde die Wiedereinführung der mit dem Steuersenkungsgesetz gerade abgeschafften Doppelbelastung von Streubesitz (nicht strategische Beteiligungen) mit Gewerbesteuer bedeuten. Die gewerbesteuerliche Doppelbelastung von Erträgen aus Streubesitz (Nichtschachteldividenden) wird mit dem Objektsteuercharakter der Gewerbesteuer begründet. Im Gewerbesteuergesetz findet dieser Standpunkt jedoch keine Stütze, da die Kürzungsvorschriften und die Ausnahmen von den Hinzurechnungsvorschriften grundsätzlich gerade darauf gerichtet sind, gewerbesteuerliche Doppelbelastungen zu vermeiden. Die Belastung von Beteiligungsveräußerungen mit Gewerbesteuer wäre die Rücknahme einer wesentlichen Änderung des Steuersenkungsgesetzes und würde die mit der Veräußerungsgewinnbefreiung angestrebte Erleichterung von Umstrukturierungen konterkarieren.“

62        Wie sich aus Satz 4 der vorstehend zitierten Passage entnehmen lässt, hatte die Bundesregierung bei ihrer Gegenäußerung offenbar primär die Gewerbesteuerbefreiung von Veräußerungsgewinnen – auch aus Streubesitzbeteiligungen – im Blick, auch wenn die vorangehenden Sätze 2 und 3 allgemein gehalten sind und sich auf sämtliche Beteiligungserträge beziehen. Wörtlich ist jedoch davon die Rede, dass sich die Doppelbelastung speziell von „Nichtschachteldividenden“ mit Gewerbesteuer nicht mit dem Objektsteuercharakter der Gewerbesteuer rechtfertigen lasse. Dem kann nach Auffassung des erkennenden Senat gerade nicht entnommen werden, dass die Bundesregierung beabsichtigte, einerseits Streubesitzdividenden bei der empfangenden Muttergesellschaft gewerbesteuerlich steuererhöhend zu berücksichtigen, andererseits jedoch eine ausschüttungsbedingte Teilwertabschreibung, welche aufgrund der zu einer nachhaltigen Anteilswertminderung führenden Dividendenausschüttung aus der Vermögenssubstanz der Tochtergesellschaft vorgenommen wurde, gewerbesteuerlich nicht zum Abzug zuzulassen. Vielmehr spricht aus den Äußerungen der Bundesregierung, dass sie eine gewerbesteuerliche Doppelbelastung von Streubesitzdividenden gerade vermeiden wollte.

63        dd) In der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses vom 07.11.2001 (vgl. BT-Drucks. 14/7343) und im Bericht des Finanzausschusses vom 08.11.2001 (vgl. BT-Drucks. 14/7344) war § 8 Nr. 5 GewStG sodann ebenso wie im ursprünglichen Gesetzesentwurf der Bundesregierung vom 10.09.2001 wiederum nicht enthalten. In der Stellungnahme des Haushaltsausschusses vom 08.11.2001 (vgl. BT-Drucks. 14/7343) zum Regierungsentwurf und zur Stellungnahme des Bundesrates mit Gegenäußerung der Bundesregierung wurde ferner keine inhaltliche Erörterung vorgenommen, sondern lediglich festgestellt, dass der Regierungsentwurf mit der Haushaltslage vereinbar sei. Mit nachfolgender BT-Drucksache 14/7742 vom 06.12.2001 wurde allein die Anrufung des Vermittlungsausschusses durch den Bundesrat verkündet.

64        ee) Bereits fünf Tage später, am 11.12.2001, legte der Vermittlungsausschuss seine Beschlussempfehlung zum UntStFG vor (vgl. BT-Drucks. 14/7780), in welcher die Regelung des § 8 Nr. 5 GewStG in ihrer letztlich verabschiedeten Fassung erstmalig auftaucht. Allerdings fehlte der Beschlussempfehlung insoweit jegliche Begründung.

65        Vermutlich unter dem intensiven Zeitdruck, die beabsichtigten gesetzlichen Änderungen noch vor Beginn der parlamentarischen Weihnachtsferien und insbesondere vor Jahresende im Bundesgesetzblatt zu veröffentlichen, um sie bereits für 2001 zur Anwendung bringen zu können, wurde die Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschuss sodann gemäß BR-Drucks. 1061/01 nur drei Tage später, am 14.12.2001, durch den Bundestag angenommen. Nachdem der Bundesrat ebenfalls seine Zustimmung erteilt hatte, wurde die Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses – soweit diese § 8 Nr. 5 GewStG betraf – in der Folge Grundlage des Gesetzesbeschlusses, welcher ausweislich der Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt am 24.12.2001 kurz vor der Weihnachtspause am 20.12.2001 erfolgte. § 8 Nr. 5 GewStG wurde damit letztlich in einer Fassung beschlossen, die – ohne jegliche Begründung und entgegen den zuvor sowohl von der Bundesregierung als auch vom Bundesrat bekundeten Absichten – zu einer gewerbesteuerlichen Hinzurechnung von Streubesitzdividenden aus der Vermögenssubstanz führt, jedoch keine mindernde Berücksichtigung einer damit korrespondierenden ausschüttungsbedingten Teilwertabschreibung zulässt.

66        ff) Der vorstehend geschilderte Ablauf des Gesetzgebungsverfahrens deutet darauf hin, dass nicht alle im Zuge des UnStFG vorgenommenen komplexen und umfangreichen Gesetzesänderungen hinreichend im Detail geprüft worden sind, was insbesondere bei Normen, die sich – wie § 8 Nr. 5 GewStG und § 8b KStG – gesetzesübergreifend aufeinander beziehen, die Gefahr gesetzgeberischer Lücken und Abstimmungsfehler birgt. Den parlamentarischen Materialien zur Gesetzesentstehung kann jedenfalls an keiner Stelle entnommen werden, dass der Gesetzgeber beabsichtigt hätte, im Falle der Substanzausschüttung einer Tochterkapitalgesellschaft an deren geringfügig beteiligte Muttergesellschaft die Dividende bei der Ermittlung des Gewerbeertrags erhöhend zu berücksichtigen und eine damit korrespondierende ausschüttungsbedingte Teilwertabschreibung gänzlich außer Acht zu lassen. Im Gegenteil indizieren die Einlassungen der Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung zur Stellungnahme des Bundesrates zum Regierungsentwurf des UntStFG (vgl. BT-Drucks. 14/7084) vielmehr, dass eine solche dem Zweck des GewStG und dem erklärten Ziel der Vermeidung einer gewerbesteuerlichen Doppelbelastung von Streubesitzdividenden zuwiderlaufende Asymmetrie gerade nicht beabsichtigt gewesen ist. Es ist somit aus Sicht des erkennenden Senats davon auszugehen, dass die aus dem Gesetzeswortlaut folgende Konsequenz einer Substanzbesteuerung das Ergebnis einer mangelnden Abstimmung im Detail gewesen ist.

67        Ausweislich der parlamentarischen Dokumente hat der Gesetzgeber keinerlei Begründung dafür abgegeben, dass es infolge der in § 8 Nr. 5 GewStG getroffenen Regelung unter Verstoß gegen das auch im Bereich der Gewerbesteuer geltende Leistungsfähigkeitsprinzip letztlich zu der Besteuerung eines Dividendenertrags aus der Ausschüttung der Unternehmenssubstanz einer Tochtergesellschaft ohne gleichzeitige Berücksichtigung einer korrespondierenden ausschüttungsbedingten Teilwertabschreibung kommt. Es handelt sich daher um ein willkürliches, mit verfassungsrechtlichen Grundsätzen und der Zielrichtung des GewStG nicht zu vereinbarendes sowie über den eigentlichen Gesetzeszweck hinausschießendes Ergebnis, welches im Wege der richterlichen Rechtsfortbildung zu korrigieren ist.

68        5. Nach alledem muss bei der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung nach § 8 Nr. 5 GewStG in Fällen wie dem vorliegenden Streitfall somit im Wege der verfassungskonformen telelogischen Extension des § 8 Nr. 5 Satz 1, 3. und 4. Halbsatz GewStG der Wert einer nach § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG unberücksichtigt gebliebenen substanzgespeisten ausschüttungsbedingten Teilwertabschreibung bei der Bemessung des Hinzurechnungsbetrags mindernd in Abzug gebracht werden. Das vom Beklagten angeführte Urteil des BFH vom 28.01.2007 (I R 76/06, BFH/NV 2008, 247) steht dem aus Sicht des erkennenden Senats nicht entgegen. Der BFH hat sich in seinem vorgenannten Urteil mit der vorliegend aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Problematik nicht auseinander gesetzt. Ob dies – wie der Beklagte meint – darauf zurückzuführen ist, dass er ohne verfassungsrechtliche Bedenken jegliche substanzbezogenen Gewinnminderungen bei der Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags der Muttergesellschaft unberücksichtigt lassen will, auch soweit diese aus einer Teilwertabschreibung resultiert, welche durch die Ausschüttung eines wesentlichen Teils der Vermögenssubstanz der Tochtergesellschaft bedingt ist, oder ob der dem BFH-Urteil zugrunde liegende Fall – wie die Klägerin mutmaßt – schlichtweg keinen Anlass bot, sich mit den vorliegend aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Fragen zu beschäftigen, kann nicht mit Sicherheit beantwortet werden. Für den vorliegenden Streitfall bringt das genannte BFH-Urteil aus Sicht des Gerichts jedenfalls lediglich insoweit Erkenntnisse, als der BFH darin zutreffend klarstellt, dass eine Teilwertabschreibung unter die Regelung des § 8b Abs. 3 KStG fällt, der vom Wortlaut des § 8 Nr. 5 GewStG nicht erfasst wird.

69        II. Die Übertragung der Berechnung der festzusetzenden Steuer auf den Beklagten beruht auf § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO.

70        III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus den §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.

71        IV. Der Senat lässt gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung und zur Fortbildung des Rechts zu.

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