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RdF-News
14.01.2011
RdF-News
FG Münster: Finale Klärung zur „voraussichtlich dauernden Wertminderung" börsennotierter Wertpapiere in Sicht?

FG Münster, Urteil vom 31.8.2010 - 9 K 3466/09 K, G, Rev. eingelegt (Az. BFH I R 89/10)

Sachverhalt

Streitig ist, unter welchen Voraussetzungen bei Aktien eine „voraussichtlich dauernde Wertminderung" im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 EStG anzunehmen ist.

Die Klägerin, eine Aktiengesellschaft, ist am 14.3.2000 (Eintragung ins Handelsregister am 3.5.2000) durch Umwandlung der am 8.10.1987 gegründeten X..... Kunststofftechnik GmbH entstanden. Ihr Gegenstand ist die Herstellung und der Vertrieb von Kunststoffschläuchen.

Die Klägerin hatte zum 31.12.2001 u. a. die folgenden Aktienpositionen ihrem Anlagevermögen zugeordnet:

A. Wirtschafts- B...... Corp. C...... AG

beratung AG

Kaufdatum 29.5.2001 30.5.2001 1.3.2001

Stückzahl 15.000 20.000 6.000

Kurs beim Erwerb 14,55 35,27 83,50

Kurswert beim Erwerb 218 250,00 Euro 705 400,00 Euro 501 000,00 Euro

Anschaffungskosten 219 104,28 Euro 708 002,97 Euro 502 706,15 Euro

davon Anschaffungsnebenkosten 854,28 Euro 2 602,97 Euro 1 706,15 Euro

Quote Anschaffungsnebenkosten 0,39 % 0,37 % 0,34 %

Kurs am 31.12.2001 9,50 28,81 74,35

Kursminderung Erwerb/31.12.2001 ./. 34,71% ./. 18,32 % ./. 10,96 %

Kurswert am 31.12.2001 142 500,00 Euro 576 200,00 Euro 446 100,00 Euro

Teilwertabschreibung Klägerin ./. 68.517,15 Euro ./. 114 754,86 Euro ./. 34 918,51 Euro

Kurs am 14.3.2002 (Bl. 176 FG-Akte) 13,35 24,96 74,10

Kursminderung Erwerb/14.3.2002 ./. 8,25 % ./. 29,23 % ./. 11,26 %

Kurs am 16.6.2003 6,00 14,71 42,65

Kursminderung Erwerb/16.6.2003 ./. 58,76 % ./. 58,29 % ./. 48,92 %

Die von der Klägerin tatsächlich vorgenommenen Teilwertabschreibungen weichen der Höhe nach geringfügig von den Werten ab, die sich bei Zugrundelegung der obigen Zahlen ergeben würden, weil die Beteiligten sich im Klageverfahren - im Hinblick auf die unterschiedlichen Kursfeststellungen an den einzelnen Börsenplätzen - auf den Ansatz leicht abweichender Kurswerte zum 31.12.2001 verständigt haben. Insgesamt nahm die Klägerin zum 31.12.2001 - unter Einbeziehung weiterer, im Laufe des Verfahrens unstreitig gewordener Positionen - Teilwertabschreibungen in Höhe von 224 438,42 Euro vor.

Der handelsrechtliche Jahresabschluss der Klägerin für das Streitjahr 2001 ist unter dem 14.3.2002 sowohl durch den Vorstand der Klägerin als auch durch deren Steuerberater unterzeichnet worden. Dort heißt es zu den eingetretenen Wertminderungen (S. 3 und 12 des Anhangs zum Jahresabschluss): „Der Vorstand geht jedoch davon aus, dass die Kursentwicklungen bei den vorhandenen Wertpapieren künftig positiver verlaufen und damit keine weiteren Abschreibungen hervorrufen werden."

Eine gesonderte Steuerbilanz stellte die Klägerin nicht auf. Sie reichte ihre Steuererklärungen für 2001 am 16.6.2003 beim FA ein. Darin erklärte sie einen handelsrechtlichen Jahresüberschuss i. H. v. 5 359 305 DM und eine Korrektur nach § 60 Abs. 2 S. 1 EStDV zur Anpassung der Handelsbilanz an die steuerlich maßgebenden Wertansätze i. H. v. ./. 1.447 322 DM. Der letztgenannte Betrag steht nicht in Zusammenhang mit der Bewertung der Aktienbestände, sondern beruht ausschließlich auf dem Ansatz von Einkünften aus einer Ergänzungsbilanz, die für die Klägerin bei einer Personengesellschaft geführt wird.

Im Rahmen einer Betriebsprüfung vertrat der Prüfer die Auffassung, die Teilwertabschreibung sei zu versagen, weil die zum Bilanzstichtag eingetretene Wertminderung nicht als „voraussichtlich dauernd" anzusehen sei. Das FA folgte dem Prüfer und erließ entsprechend geänderte Bescheide über Körperschaftsteuer (KSt) und den Gewerbesteuer-(GewSt-)Messbetrag 2001.

Im Einspruchsverfahren vertrat die Klägerin die Auffassung, die Kurseinbrüche seien nicht auf übliche Wertschwankungen zurückzuführen, sondern hätten auf dem etwa zur Jahresmitte 2001 eingetretenen „Platzen einer spekulativen Blase" beruht. Damit hätten sich die fundamentalen Daten für die Bewertung am Aktienmarkt geändert. Im Übrigen verwies sie auf das Urteil des BFH vom 26.9.2007 - I R 58/06 (BFHE 219, 100, BStBl II 2009, 294). Danach sei bei Aktien des Anlagevermögens von einer voraussichtlich dauernden Wertminderung auszugehen, wenn der Kurswert zum Bilanzstichtag unter die Anschaffungskosten gesunken sei und zum Zeitpunkt der Bilanzaufstellung keine Anhaltspunkte für ein alsbaldiges Ansteigen des Kurses vorlägen.

In den Einspruchsentscheidungen vom 17. August 2009 setzte das FA die KSt und den GewSt-Messbetrag 2001 geringfügig auf 1.128.873 DM bzw. 311.230 DM herab. Dies beruhte darauf, dass der Kurs einer weiteren Aktienposition zum Bilanzstichtag um mehr als 50% gesunken war, was das FA auf der Grundlage der geltenden Verwaltungsanweisungen als hinreichend für die Annahme einer voraussichtlich dauernden Wertminderung ansah.

Im Übrigen wies das FA den Einspruch zurück. Hierfür berief es sich auf das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 26. März 2009 (BStBl I 2009, 514). Danach sei von einer voraussichtlich dauernden Wertminderung nur auszugehen, wenn der Börsenkurs zum jeweiligen Bilanzstichtag um mehr als 40% oder an zwei aufeinander folgenden Bilanzstichtagen um jeweils mehr als 25% unter die Anschaffungskosten gesunken sei. Daran fehle es zum 31. Dezember 2001.

Hingegen erkannte das FA im Folgejahr (zum 31. Dezember 2002) Teilwertabschreibungen auch auf die verbleibenden - oben angeführten - drei Aktienpositionen an, weil die Wertminderungen sich zu diesem Zeitpunkt auf mehr als 40% im Vergleich zum Zeitpunkt der jeweiligen Erwerbe beliefen. Für die Klägerin blieb dies steuerlich allerdings ohne Auswirkungen, weil zum Bilanzstichtag 31. Dezember 2002 erstmals die Vorschrift des § 8b Abs. 3 des Körperschaftsteuergesetzes in der ab 2002 geltenden Fassung (KStG 2002) zu berücksichtigen war.

Im Klageverfahren verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter, auch für die verbleibenden drei Aktienpositionen bereits zum 31. Dezember 2001 Teilwertabschreibungen vorzunehmen. Sie ist der Auffassung, das vom FA angeführte BMF-Schreiben sei als faktischer Nichtanwendungserlass in Bezug auf das BFH-Urteil vom 26. September 2007 I R 58/06 (BFHE 219, 100, BStBl II 2009, 294) anzusehen. Das Gesetz lasse eine voraussichtlich dauernde Wertminderung ausreichen, fordere aber nicht, dass die Wertminderung zusätzlich "wesentlich" sein müsse. Daher gebe es keine Rechtsgrundlage für die Festlegung bestimmter Schwellenwerte.

Ferner bringt sie vor, im Rahmen der Wertaufhellung sei zu berücksichtigen, dass die Kurse im Zeitpunkt der Abgabe der Steuererklärung um jeweils sogar mehr als 50% unter den Erwerbskursen gelegen hätten. Die Abgabe der Steuererklärung stehe der Aufstellung einer eigenständigen Steuerbilanz gleich. Die Aufstellung der Handelsbilanz könne insoweit schon deshalb nicht maßgeblich sein, weil sich die Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 EStG mit dem Erfordernis einer voraussichtlich dauernden Wertminderung gerade von der Handelsbilanz löse.

Während des Klageverfahrens hat das FA die KSt 2001 mit Bescheid vom 11. Februar 2010 aus Gründen, die zwischen den Beteiligten nicht umstritten sind, auf 849.217 DM herabgesetzt.

Die Klägerin beantragt,

den Körperschaftsteuerbescheid 2001 vom 11. Februar 2010 und den Gewerbesteuermessbescheid 2001 vom 30. November 2007, Letzteren in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17. August 2009, dahingehend zu ändern, dass - unter gegenläufiger Minderung des Gewerbesteueraufwands - eine weitere Teilwertabschreibung auf die Aktien des Anlagevermögens in Höhe von 218.190,52 EUR zugelassen wird,

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Es verweist ergänzend auf den vom Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V. (IdW) für die Bilanzierung in der Versicherungswirtschaft (§ 341b i.V.m. § 253 des Handelsgesetzbuchs - HGB -) erarbeiteten Standard IDW RS VFA 2 (Die Wirtschaftsprüfung - WPg - 2002, 475, Rn. 19). Darin werden u.a. die folgenden Indizien für die Dauerhaftigkeit einer bei Wertpapieren eingetretenen Wertminderung genannt:

Höhe der Differenz zwischen den historischen Anschaffungskosten bzw. dem Buchwert einerseits und dem Zeitwert der Wertpapiere am Bilanzstichtag andererseits: Je größer der Differenzbetrag, desto eher müsse eine voraussichtlich dauernde Wertminderung angenommen werden;

bisherige Dauer einer bereits eingetretenen Wertminderung;

Verschlechterungen der Zukunftsaussichten des Unternehmens bzw. der Branche, in der das Unternehmen tätig ist;

hohe Wahrscheinlichkeit einer Insolvenz oder sonstiger Sanierungsbedarf des Emittenten.

Nach der vom IdW darüber hinaus zu den beiden vorstehend erstgenannten Indizien vertretenen typisierenden Betrachtung sei - in Anknüpfung an die US-amerikanische Bilanzierungs- und Aufsichtspraxis - von einer voraussichtlich dauernden Wertminderung auszugehen, wenn eines der beiden folgenden "Aufgreifkriterien" erfüllt sei (149. Sitzung des IdW-Versicherungsfachausschusses vom 2. Oktober 2002):

der Zeitwert des Wertpapiers lag in den sechs Monaten, die dem Bilanzstichtag vorangegangen sind, ständig um mehr als 20% unter dem Buchwert, oder

der Zeitwert lag über einen längeren Zeitraum als ein Geschäftsjahr unter dem Buchwert und der Durchschnittswert der täglichen Börsenkurse des Wertpapiers lag in den letzten 12 Monaten um mehr als 10% unter dem Buchwert.

Zusätzlich sei nach den Erläuterungen des IdW die Kursentwicklung bis zum Zeitpunkt der Bilanzaufstellung zu berücksichtigen. Danach sei eine am Bilanzstichtag gegebene Wertminderung als lediglich vorübergehend anzusehen, wenn der Zeitwert bei Bilanzaufstellung wieder den Buchwert erreicht habe. Der Vertreter der Finanzministeriums NRW hat hierzu im Erörterungstermin ergänzend erläutert, dass in Fällen, in denen der Zeitwert bei Bilanzaufstellung noch unterhalb des Buchwerts, aber oberhalb des zum Bilanzstichtag gegebenen Zeitwerts liege, eine Abschreibung bis auf den im Bilanzaufstellungszeitpunkt gegebenen Zeitwert vorzunehmen sei.

Wende man diese Kriterien auf den Streitfall an, sei bei keinem der drei Wertpapiere zum 31. Dezember 2001 eine voraussichtlich dauernde Wertminderung gegeben.

Das FA sieht darüber hinaus gerade für den Fall einer großzügigeren Zulassung von Teilwertabschreibungen Probleme hinsichtlich der Sicherstellung eines gleichmäßigen und zutreffenden Gesetzesvollzugs. Denn die Praxis zeige, dass die Steuerpflichtigen die - für den Fall eines späteren Wiederansteigens des Teilwerts - gesetzlich vorgeschriebene Zuschreibung häufig nicht von selbst erklären würden. Für die Finanzverwaltung würden daher viel mehr Fälle entstehen, in denen die Berechtigung zur Beibehaltung früherer Teilwertabschreibungen zu überwachen sei.

Die Beteiligtenvertreter haben erklärt, sie hätten für die Anwendung der IdW-Kriterien auf den Streitfall "45 Minuten" (Finanzministerium NRW) bzw. "zwei bis drei Stunden" (Prozessbevollmächtigte der Klägerin) benötigt.

Der Berichterstatter hat die Sache am 12. Juli 2010 mit den Beteiligten - in Anwesenheit von Vertretern der Oberfinanzdirektion und des Landesfinanzministeriums - erörtert; auf das Protokoll wird Bezug genommen. Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Aus den Gründen

Die Klage ist teilweise begründet. Die angefochtenen Verwaltungsakte sind insoweit rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 S. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -), als das FA die Vornahme einer Teilwertabschreibung auch insoweit versagt hat, als der Kurs der jeweiligen Aktienposition zum Bilanzstichtag um mehr als 20% unter den im Zeitpunkt des Erwerbs maßgebenden Kurs abgesunken war. Im Übrigen ist die Klage unbegründet.

1. In seiner grundlegenden Entscheidung zur voraussichtlichen Dauerhaftigkeit von Wertminderungen bei börsennotierten Aktien des Anlagevermögens (BFH-Urteil vom 26. September 2007 I R 58/06, BFHE 219, 100, BStBl II 2009, 294, unter II.1.b; insoweit übereinstimmend auch der IV. Senat in seiner Entscheidung zu Fremdwährungsverbindlichkeiten, vgl. BFH-Urteil vom 23. April 2009 IV R 62/06, BFHE 224, 564, BStBl II 2009, 778) hat der BFH ausgeführt, eine voraussichtlich dauernde Wertminderung sei gegeben, wenn der Teilwert nachhaltig unter den maßgeblichen Buchwert gesunken sei (ebenso Bericht des Finanzausschusses vom 3. März 1999 zum Entwurf des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002, Bundestags-Drucksache 14/443, 22). Davon sei auszugehen, wenn aus der Sicht des Bilanzstichtags aufgrund objektiver Anzeichen ernstlich mit einem langfristigen Anhalten der Wertminderung gerechnet werden müsse. Allein die Möglichkeit einer Wertsteigerung in der Zukunft, die regelmäßig nie ausgeschlossen werden könne, stehe einer Teilwertabschreibung nicht entgegen, weil § 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 EStG andernfalls leer liefe. Ob eine Wertminderung voraussichtlich andauern werde, richte sich vielmehr danach, ob aus Sicht des Bilanzstichtages mehr Gründe für ein Andauern der Wertminderung sprechen als dagegen. Es könne nicht generell beantwortet werden, welcher Prognosezeitraum hierbei zugrunde zu legen sei. Vielmehr richte sich dies nach den prognostischen Möglichkeiten zum Bilanzstichtag, die je nach Art des Wirtschaftsguts und des auslösenden Moments für die Wertminderung unterschiedlich sein könnten.

Im Ergebnis hat der BFH im Urteil vom 26. September 2007 I R 58/06 (BFHE 219, 100, BStBl II 2009, 294, unter II.1.g) ausgeführt, dass bei börsennotierten Aktien des Finanzanlagevermögens von einer voraussichtlich dauernden Wertminderung auszugehen sei, wenn deren Kurswert zum Bilanzstichtag unter die Anschaffungskosten gesunken sei und zum Zeitpunkt der Aufstellung der Bilanz keine Anhaltspunkte für ein alsbaldiges Ansteigen des Kurses vorliegen würden.

Diesen allgemeinen Erwägungen zur Auslegung des Merkmals der voraussichtlichen Dauerhaftigkeit der Wertminderung schließt der erkennende Senat sich an.

2. Die vom BFH bisher ausdrücklich offen gelassene Frage, ob jedes Absinken des Kurswerts in der Bilanz nachvollzogen werden müsse oder ob Wertveränderungen innerhalb einer gewissen Bandbreite aus Gründen der Verwaltungsökonomie und der Bilanzstetigkeit als nur vorübergehende Wertschwankungen zu beurteilen seien (vgl. auch dazu BFH-Urteil vom 26. September 2007 I R 58/06, BFHE 219, 100, BStBl II 2009, 294, unter II.1.g), beantwortet der erkennende Senat - für den Regelfall, in dem typisierende Kriterien zur Anwendung kommen müssen - im Sinne der letztgenannten Alternative.

Hierfür spricht in erster Linie der vom BFH selbst angeführte Gesichtspunkt der Verwaltungsökonomie, den er auch an anderer Stelle seiner vorstehend zitierten Entscheidung hervorhebt (vgl. BFH, a.a.O., unter II.1.e: "Steuerverfahren als Massenverfahren"). Wäre auch in Fällen kleinerer Kursschwankungen stets eine Teilwertabschreibung vorzunehmen, würde bei den steuerlichen Beratern und der Finanzverwaltung ein Erklärungs-, Dokumentations- und Prüfungsaufwand erzwungen, der zu den geringfügigen steuerlichen Auswirkungen derartiger Bagatell-Teilwertabschreibungen - die sich bei baldiger Kurserholung und entsprechender Zuschreibung auf einen bloßen Zinsvorteil reduzieren - außer Verhältnis stünde.

Im Übrigen sprechen auch allgemeine Grundsätze der Rechtsmethodik gegen die von der Klägerin vertretene Auffassung, jede Minderung des Kurswerts müsse zu einer Teilwertabschreibung führen. Denn wenn die Meinung der Klägerin zutreffend wäre, wonach der am Bilanzstichtag notierte Börsenkurs stets als voraussichtlich dauerhaft anzusehen sei, dann liefe das Tatbestandsmerkmal "voraussichtlich dauernde Wertminderung" - und damit der Kern der vom Gesetzgeber im Jahr 1999 mit dem Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 in § 6 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG vorgenommenen Gesetzesänderung - jedenfalls in der sehr wesentlichen Fallgruppe der börsennotierten Wirtschaftsgüter leer. Nach allgemeinen rechtsmethodischen Grundsätzen ist aber eine Gesetzesauslegung, die dem Gesetz keinen Anwendungsbereich mehr belässt, nicht vorzunehmen (vgl. BFH-Beschluss vom 1. Februar 2006 X B 166/05, BFHE 212, 242, BStBl II 2006, 420). Gleiches muss gelten, wenn die in Erwägung gezogene Gesetzesauslegung eine Anwendung des Gesetzes in einer sehr wesentlichen und vom Gesetzgeber bedachten Fallgruppe ausschließt.

Hingegen kann der - vom BFH ebenfalls erwogene - Grundsatz der Bilanzstetigkeit allenfalls ergänzend für die vom Senat vertretene Auffassung herangezogen werden. Inhalt dieses Bewertungsgrundsatzes ist im engeren Sinne lediglich, dass die auf den vorhergehenden Jahresabschluss angewandten Bewertungsmethoden beibehalten werden sollen (§ 252 Abs. 1 Nr. 6 HGB in der im Streitjahr 2001 geltenden Fassung; ab Inkrafttreten des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes vom 25. Mai 2009, BGBl. I 2009, 1102, heißt es hingegen: "sind beizubehalten"). Dieser Grundsatz wird in seinem Kerngehalt aber nicht dadurch berührt, dass der Kaufmann - jährlich wiederkehrend und damit für sich genommen unter Beibehaltung der bisher angewandten Bewertungsmethode - seinen Bestand an börsennotierten Aktien des Anlagevermögens daraufhin überprüft, ob Kursrückgänge zu verzeichnen sind, und in einem solchen Fall auch bei geringfügigen Wertminderungen eine sofortige Teilwertabschreibung vornimmt. Nur dann, wenn man stärker auf den Zweck des Grundsatzes der Bilanzstetigkeit abstellt, die Vergleichbarkeit aufeinander folgender Abschlüsse zu verbessern und ein zutreffendes Bild bei der Betrachtung mehrerer Perioden zu ermöglichen (vgl. hierzu Winkeljohann/Büssow, in Beck´scher Bilanz-Kommentar, 7. Auflage 2009, § 252 HGB Rn. 55), kann er dafür fruchtbar gemacht werden, die Annahme einer voraussichtlich dauernden Wertminderung von einem Absinken des Kurses unterhalb eines bestimmten Schwellenwerts abhängig zu machen. Bei Finanzanlagen, die sich über einen längeren Zeitraum im Vermögen des Kaufmanns befinden, trägt es in der Tat zur besseren Vergleichbarkeit der Jahresabschlüsse bei, wenn nicht jede zwischenzeitliche geringfügige Wertschwankung sofort auf das Periodenergebnis durchschlägt.

3. Nach Auffassung des erkennenden Senats ist die - dem Grunde nach erforderliche - Bandbreite, innerhalb der ein Absinken des Börsenkurses bei Aktien des Anlagevermögens für den Regelfall noch als Ausdruck einer vorübergehenden Wertschwankung anzusehen ist, in typisierender Weise dahingehend festzulegen, dass eine Teilwertabschreibung nur dann allein auf die Entwicklung der Börsenkurse ohne Heranziehung weiterer Kriterien gestützt werden kann, wenn

entweder der Börsenkurs am Bilanzstichtag um mehr als 20% unter dem Kurs beim Erwerb des Wertpapiers liegt,

oder der Börsenkurs an zwei aufeinander folgenden Bilanzstichtagen jeweils um mehr als 10% unter dem Kurs beim Erwerb des Wertpapiers liegt.

a) Grundsätzlich für das Abstellen auf prozentuale Schwankungsbreiten spricht die - auch dem IdW-Standard RS VFA 2 zugrunde liegende - Erfahrung des Wirtschaftslebens, wonach die Wahrscheinlichkeit, dass eine bereits eingetretene Wertminderung sich als voraussichtlich dauernd erweisen wird, um so höher ist, je größer der Umfang dieser Wertminderung ist.

Hinzu kommt, dass die Qualität der Prognose, die für eine voraussichtliche Dauerhaftigkeit der Wertminderung spricht, mit der bisherigen Dauer einer bereits eingetretenen und anhand einer Vergangenheitsbetrachtung beobachtbaren Wertminderung steigt. Dies legt es nahe, die maßgebende Bandbreite zu verringern, wenn ein Kursrückgang nicht nur punktuell auftritt, sondern schon über einen gewissen Zeitraum zu beobachten ist.

Von diesen allgemeinen Grundsätzen gehen im Ausgangspunkt sowohl die Finanzverwaltung (BMF-Schreiben vom 26. März 2009, BStBl I 2009, 514) als auch das IdW aus. Die von beiden Institutionen aufgestellten - voneinander abweichenden - typisierenden Kriterien beruhen jeweils auf der Festlegung eines bestimmten Mindestwerts für die Annahme einer voraussichtlich dauernden Wertminderung, der in Fällen, in denen eine langfristigere Betrachtung möglich ist, abgesenkt wird.

b) Der Senat kann der Finanzverwaltung hinsichtlich der Höhe des anzusetzenden Mindestwerts jedoch nicht folgen.

Wie bereits ausgeführt (oben 2.), rechtfertigt sich der Ausschluss geringfügiger Wertschwankungen von der Möglichkeit der Teilwertabschreibung aus einer Abwägung zwischen der - relativen - Bedeutungslosigkeit der steuerlichen Auswirkungen einerseits und dem Umfang des für die Beteiligten des Besteuerungsverfahrens entstehenden Verwaltungsaufwands andererseits. Bei den vom BMF aufgestellten Schwellenwerten von 40% (für die sofortige Teilwertabschreibung) bzw. 25% (für die Teilwertabschreibung bei Wertminderungen an zwei aufeinander folgenden Bilanzstichtagen) lässt sich aber nicht mehr von relativ bedeutungslosen steuerlichen Auswirkungen sprechen. Vielmehr hinterlassen derartige Teilwertabschreibungen erhebliche Spuren in der Gewinn- und Verlustrechnung. Auch ist dem Senat kein Erfahrungssatz des Inhalts bekannt, wonach ein Rückgang des Börsenkurses um 40% üblicherweise kurz- bis mittelfristig wieder aufgeholt werde. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass frühere Teilwertabschreibungen rückgängig zu machen sind, soweit der Börsenkurs zu späteren Bilanzstichtagen tatsächlich wieder ansteigt (vgl. § 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 3 i.V.m. Nr. 1 S. 4 EStG).

Die vom erkennenden Senat stattdessen herangezogenen Grenzen von 20% bzw. 10% führen nach Auffassung des Senats hingegen zu einem sachgerechten Ausgleich zwischen den gegenläufigen Rechtsgütern. Sie entsprechen jedenfalls im Ausgangspunkt auch den Vorschlägen des IdW.

c) Umgekehrt kann der Senat aber auch den vom IdW vorgeschlagenen - und vom FA im vorliegenden Verfahren als "Auffanglinie" herangezogenen - Kriterien nicht in vollem Umfang folgen.

Diese machen eine - handelsrechtliche - "außerplanmäßige Abschreibung" davon abhängig, dass

entweder der Zeitwert des Wertpapiers in den letzten sechs Monaten vor dem Bilanzstichtag ständig um mehr als 20% unter dem Buchwert lag,

oder der Zeitraum länger als ein Geschäftsjahr (ebenfalls ständig) unter dem Buchwert lag und der Durchschnittswert aller täglichen Börsenkurse des Wertpapiers aus den letzten 12 Monaten um mehr als 10% unter dem Buchwert lag.

Es ist zuzugeben, dass diese Kriterien aufgrund des langen Beobachtungszeitraums in besonderer Weise geeignet sind, Rückschlüsse auf die voraussichtliche Dauerhaftigkeit einer Wertminderung zu ziehen. Sie würden in der täglichen Bilanzierungspraxis jedoch wegen der Notwendigkeit einer zusammenfassenden Betrachtung zahlreicher Tages-Börsenkurse der Vergangenheit einen erheblichen Aufwand hervorrufen. Die - bereits mehrfach hervorgehobene - möglichst weitgehende Vermeidung unnötigen Verwaltungsaufwands bei allen Beteiligten des Besteuerungsverfahrens wiegt hier um so stärker, als es sich bei der Bewertung von Wertpapieren in der jährlichen Bilanz um ein Massengeschäft handelt, das nach Kriterien verlangt, die möglichst einfach und ohne größere Recherchen umsetzbar sind. Diesem Erfordernis entspricht die vom Senat vertretene reine Stichtagsbetrachtung besser als die Betrachtung zahlreicher Tageskurse der Vergangenheit - zudem für jede einzelne Wertpapierposition gesondert - und die Abarbeitung der vom IdW aufgestellten Alternativkriterien, die einerseits auf ständige Unterschreitung von Schwellenwerten, andererseits auf die Ermittlung von Durchschnittswerten abstellen, und sowohl Betrachtungen eines Sechs-Monats-Zeitraums, eines 12-Monats-Zeitraums und eines Geschäftsjahres verlangen. Diese Würdigung würde selbst dann gelten, wenn das im zweiten Spiegelstrich des vorigen Absatzes aufgeführte IdW-Kriterium dahingehend zu verstehen wäre, dass es lediglich auf den Durchschnittswert aller täglichen Börsenkurse aus den letzten 12 Monaten ankommt, nicht aber zusätzlich auf das ständige Unterschreiten des Buchwerts während des letzten Geschäftsjahres (so z.B. die Interpretation von Kozikowski/Gutike, in Beck´scher Bilanz-Kommentar, 7. Auflage 2010, § 253 HGB Rn. 352).

Der mit einer Prüfung jedes Einzelfalls anhand der IdW-Kriterien verbundene erhebliche Aufwand wird im Streitfall besonders daraus deutlich, dass bereits die Ermittlung der maßgebenden Werte für lediglich drei Aktienpositionen einen Zeitaufwand von zwei bis drei Stunden (bei der Klägerin) bzw. von 45 Minuten (bei der Finanzverwaltung) erfordert hat. Einen derartigen Zeitaufwand hält der Senat auch in Anbetracht dessen, dass die IdW-Kriterien zur Prüfung der Frage, ob eine Wertminderung als "voraussichtlich dauernd" zu würdigen ist, grundsätzlich gut geeignet sein dürften, in einem jährlich wiederkehrenden Massenverfahren für nicht mehr vertretbar. Dies würde auch dann gelten, wenn sich der Zeitaufwand - wie von beiden Beteiligten erklärt - mit zunehmender Erfahrung verringern würde.

Dass die IdW-Kriterien nicht den Erfordernissen eines ökonomischen Verwaltungsvollzugs genügen, zeigt auch der Umfang der von den Beteiligten - für lediglich drei Aktienpositionen - im Klageverfahren zur Prüfung einer voraussichtlich dauernden Wertminderung vorgelegten Kurslisten. Denn diese umfassen insgesamt 50 überwiegend engzeilig bedruckte Seiten (Bl. 167 - 216 FG-Akte).

Zwar hat sich in diesem Verfahren gerade die Finanzverwaltung auf die IdW-Kriterien berufen. Letztlich käme es aber auch ihren eigenen Vorstellungen nicht entgegen, wenn eine Vielzahl von Einzel-Kurswerten in die vergleichende Betrachtung einzubeziehen wäre, wie der Vertreter des Landesfinanzministeriums im Erörterungstermin dargelegt hat. Zwar liegt es - wovon auch die Beteiligten übereinstimmend ausgehen - nahe, dass die depotführenden Banken Schwellen-, Durchschnitts- und Höchstwerte, die die höchstrichterliche Rechtsprechung möglicherweise künftig in den Rang typisierender Kriterien erheben könnte, in Zukunft bereits in ihren jährlichen Depotauszügen ausweisen würden, so dass sich der eigene Rechercheaufwand des Steuerpflichtigen vermindern würde. Zumindest für die Vergangenheit - der vorliegende Fall betrifft den Stichtag 31. Dezember 2001 - kann diese Erwägung aber nicht herangezogen werden. Gleiches gilt für die - in der Praxis nicht seltenen - Fälle, in denen die Jahresabschlüsse für ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr aufgestellt werden.

Im Übrigen hat der BFH bereits ausdrücklich entschieden, dass die IdW-Kriterien wegen ihrer besonderen Kompliziertheit für das Besteuerungsverfahren nicht geeignet sind (BFH-Urteil vom 26. September 2007 I R 58/06, BFHE 219, 100, BStBl II 2009, 294, unter II.1.e). Er hat sich dabei zwar ausdrücklich nur auf die Veröffentlichung in WPg 2002, 475 bezogen, wo das IdW noch keine zahlenmäßige Konkretisierung vorgenommen hat. Der Vertreter des Finanzministeriums hat im vorliegenden Verfahren jedoch vorgetragen, dass er auch die zahlenmäßig konkretisierten IdW-Kriterien in die seinerzeitige mündliche Verhandlung vor dem BFH eingeführt hat. Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass der BFH auch die dargestellte typisierende Ermittlungsmethodik des IdW in seine Überlegungen einbezogen und letztlich als zu kompliziert verworfen hat.

Der Senat lässt damit Teilwertabschreibungen zwar in größerem Umfang zu als das IdW selbst. Dies hält der Senat aber vor dem Hintergrund der Entstehungsgeschichte dieses IdW-Standards für vertretbar. Denn diese Kriterien sind - ausgehend von Verlautbarungen der US-amerikanischen Börsenaufsicht - zu Zeiten einer schweren Finanzmarktkrise nach dem Platzen der sogenannten "New-Economy-Blase" entwickelt worden. Angesichts der damals geführten Diskussion um die Solvenz insbesondere von Versicherungsunternehmen ging es in erster Linie darum, einen Zwang zur sofortigen Teilwertabschreibung umfangreicher Wertpapierbestände zu vermeiden. Die vom IdW genannten Kriterien verfolgen daher auch die Zielrichtung, Teilwertabschreibungen auf das als unumgänglich angesehene Maß zu reduzieren und sind vor diesem Hintergrund eher als Mindestwerte anzusehen.

Soweit das FA auf den Aufwand verweist, den eine Zunahme der Zahl der zu überwachenden Zuschreibungsfälle für die Finanzverwaltung im Fall einer großzügigerer Zulassung von Teilwertabschreibungen bedeuten würde, teilt der Senat diesen Befund zwar grundsätzlich. Im Rahmen der im Vorfeld der Entscheidung für bestimmte Typisierungskriterien vorzunehmenden Abwägung zwischen der Verwaltungsökonomie einerseits und den steuerlichen Auswirkungen einer - dem Steuerpflichtigen ggf. vorenthaltenen - Teilwertabschreibung andererseits hält der Senat die hier gefundenen Kriterien von 20% bzw. 10% aber für vertretbar und ausgewogen. Es bleibt der Finanzverwaltung unbenommen, den Steuerpflichtigen - z.B. durch die entsprechende Gestaltung von Steuererklärungsvordrucken oder im Rahmen der Einführung der elektronischen Bilanz (§ 5b EStG) - ihre gesetzliche Pflicht zur unaufgeforderten Erklärung von Wertzuschreibungen stärker zu verdeutlichen.

Weil der Senat die Kriterien des IdW-Standards RS VFA 2 damit im Ergebnis nicht übernimmt, kann offen bleiben, ob diese überhaupt auf Unternehmen außerhalb der Versicherungswirtschaft anwendbar sind. Unmittelbar handelt es sich lediglich um eine Stellungnahme zur "Auslegung des § 341b HGB (neu)". Soweit in Teilen der Literatur vertreten wird, aus Rn. 1 dieses IdW-Standards folge, dass er Geltung für alle Kaufleute haben solle (Kozikowski/Gutike, in Beck´scher Bilanz-Kommentar, 7. Auflage 2010, § 253 HGB Rn. 352), hält der Senat dies jedenfalls nicht für zwingend. Denn in jener Nr. 1 ist lediglich ausgeführt, dass mit der Änderung des § 341b HGB durch das Gesetz vom 26. März 2002 eine Anpassung der Bewertungsvorschriften für Wertpapiere bei Versicherungsunternehmen an die allgemeinen Bewertungsvorschriften erfolgt sei. Gleichwohl bleiben auch weiterhin gewisse Unterschiede in den Bewertungsregelungen bestehen.

d) Eine weitergehende Verringerung der Schwellenwerte - etwa auf 10% für den einzelnen Bilanzstichtag und 5% für zwei aufeinander folgende Bilanzstichtage - hält der Senat hingegen nicht für angezeigt. Dies würde zum einen die Zahl der Fälle, in denen eine Teilwertabschreibung vorgenommen, geprüft und an zukünftigen Bilanzstichtagen überwacht werden müsste, deutlich erhöhen, was wiederum mit der erforderlichen Verwaltungsvereinfachung nicht vereinbar wäre und auch nicht durch eine Abwägung mit der Größe der steuerlichen Auswirkungen erzwungen würde. Zum anderen deutet nach Auffassung des Senats ein einmaliges Absinken des Börsenkurses um 10% oder ein an zwei Stichtagen - noch dazu ohne Betrachtung der dazwischen liegenden Zeit - festgestelltes Absinken um 5% gerade angesichts der immer volatiler werdenden Finanzmärkte noch nicht auf die voraussichtliche Dauerhaftigkeit einer solchen Kursfeststellung hin. Zudem wäre dann denkbar, dass bereits solche Schwankungen des Börsenkurses, die allein auf den regelmäßigen Gewinnausschüttungen beruhen, zu Teilwertabschreibungen führen könnten, was nach Auffassung des Senats mit der Ergänzung des § 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 EStG um das Merkmal "voraussichtlich dauernd" jedenfalls ausgeschlossen werden sollte.

4. In Übereinstimmung mit dem IdW - und der im vorliegenden Verfahren vorgetragenen Auffassung der Finanzverwaltung - ist der Betrag einer Teilwertabschreibung zu begrenzen, wenn zwar der Börsenkurs am Bilanzstichtag unter den unteren Rand der maßgebenden Bandbreite abgesunken ist, der Kurs am Tag der Bilanzaufstellung aber wieder höher notiert. Zur näheren Begründung verweist der Senat auf sein Urteil vom 9. Juli 2010 9 K 75/09 (zur Veröffentlichung bestimmt; ein neutralisierter Abdruck ist für die Beteiligten beigefügt).

Jedenfalls im Streitfall ist für diese Betrachtung der nach dem Bilanzstichtag eintretenden Kursentwicklung auf den Tag der Aufstellung der Handelsbilanz (14. März 2002) abzustellen. Ob etwas anderes gelten könnte, wenn der Steuerpflichtige eine gesonderte Steuerbilanz aufstellt, und ob möglicherweise eine Überleitungsrechnung unter Anpassung der Wertansätze der Aufstellung einer Steuerbilanz gleich steht, kann vorliegend offen bleiben. Denn jedenfalls das Einreichen der Steuererklärung unter Beifügung der Handelsbilanz steht der Aufstellung einer eigenständigen Steuerbilanz nicht gleich. Gleiches gilt für den von der Klägerin aufgenommenen Korrekturposten nach § 60 Abs. 2 S. 1 EStDV zumindest dann, wenn er sich - wie hier - auf die Übernahme des Ergebnisses aus einer Mitunternehmerschaft beschränkt.

5. Zwischen den Beteiligten ist zu Recht nicht streitig, dass auch ein gesunkener Teilwert im Regelfall um die bei einer Wiederbeschaffung anfallenden Anschaffungsnebenkosten über dem Börsenwert liegt (vgl. zu Wertpapieren BFH-Urteil vom 15. Juli 1966 VI 226/64, BFHE 86, 699, BStBl III 1966, 643; zustimmend BFH-Urteil vom 29. April 1999 IV R 63/97, BFHE 188, 386, BStBl II 2004, 639, unter 2.b). Denn ein gedachter Erwerber (vgl. § 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG) wäre bereit, dem Verkäufer die bei einem Kauf an der Börse üblicherweise anfallenden - und vom Erwerber im Falle eines Direkterwerbs ersparten - Anschaffungsnebenkosten zu vergüten.

6. Nach diesen Grundsätzen kommt im Streitfall eine Teilwertabschreibung auf die Aktien an der B...... Corp. und der C...... AG nicht in Betracht, weil der Börsenkurs zum maßgebenden Bilanzstichtag 31. Dezember 2001 insoweit nicht um mehr als 20% unter den im Zeitpunkt des Erwerbs geltenden Kurs gesunken war. Darauf, dass der Schwellenwert im Zeitpunkt der Abgabe der Steuererklärung unterschritten worden ist, kommt es nach dem Vorstehenden (oben 4.) nicht an.

Hingegen ist für die Aktien der A. Wirtschaftsberatung AG eine Teilwertabschreibung vorzunehmen, weil zum Bilanzstichtag ein Kursrückgang um 34,71% (von 14,55 EUR auf 9,50 EUR) eingetreten ist. Allerdings hatte sich der Kurs am Tag der Bilanzaufstellung wieder bis auf 13,35 EUR erhöht, so dass die Teilwertabschreibung entsprechend zu begrenzen ist. Unter Berücksichtigung der Anschaffungsnebenkosten ergibt sich die folgende Ermittlung des Betrages der Teilwertabschreibung:

Kurswert bei Bilanzaufstellung (13,35 EUR x 15.000 Stück) 200.250,00 EUR

zzgl. Anschaffungsnebenkosten (0,39%) 780,97 EUR

Teilwert 201.030,97 EUR

abzgl. Buchwert 219.104,28 EUR

Teilwertabschreibung 18.073,31 EUR

Die Entscheidung des Senats führt zu einer Minderung des Gewerbesteueraufwands der Klägerin. Dies ist bei der Ermittlung der geänderten Festsetzungen der KSt und der GewSt-Messbeträge gegenläufig zu berücksichtigen. Die Berechnung der Höhe der Steuer- und Messbetragsfestsetzungen wird dem FA übertragen (§ 100 Abs. 2 S. 2 FGO).

7. Die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung beruht auf § 90 Abs. 2 FGO, die Kostenentscheidung nach dem Verhältnis des jeweiligen Unterliegens und Obsiegens auf § 136 Abs. 1 S. 1 FGO und die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 151 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 FGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 der Zivilprozessordnung.

Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) zugelassen. Bisher fehlt es an allgemein anerkannten typisierenden Kriterien für die als Teil eines "Massenverfahrens" anzusehende jährlich wiederkehrende Prüfung, ob eine Teilwertabschreibung auf Aktien des Anlagevermögens vorzunehmen ist.

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