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RdF-News
13.02.2023
RdF-News
FG Köln: Einlagenrückgewähr bei französischem FPCI

FG Köln, Urteil vom 22.6.2022 – 2 K 2607/19, rkr.

ECLI: DE:FGK:2022:0622.2K2607.19.00

Volltext des Urteils: RdFL2023-75-1

Nicht Amtlicher Leitsatz

Bei einem französischen Fonds Professionnel de Capital Investissement (FPCI) ist die gesonderte Feststellung der Einlagenrückgewähr gem. § 27 Abs. 8 KStG mangels unbeschränkter Steuerpflicht des FPCI in einem anderen EU-Mitgliedstaat unzulässig. Die Anleger sind dann allerdings berechtigt, die Einlagenrückgewähr im Veranlagungsverfahren geltend zu machen.

 

Sachverhalt

Die Beteiligten streiten über die Frage, ob der Kläger einen Antrag auf gesonderte Feststellung der Einlagenrückgewähr für den Veranlagungszeitraum 2014 gemäß § 27 Abs. 8 KStG stellen konnte.

Am 23.12.2015 stellte der Kläger einen Antrag auf gesonderte Feststellung der Einlagenrückgewähr i.H.v. ... €. Im weiteren Verlauf des Antragsverfahrens erläuterte der Kläger, dass es sich bei seiner Rechtsform FPCI (Fonds Professionnel de Capital Investissement) um einen französischen Investmentfonds handele. Dieser sei nach französischem Recht ein transparentes Vehikel ohne eigene Rechtspersönlichkeit und unterliege in Frankreich keiner Besteuerung (Bl. 46 der Verwaltungsakte -VA-). Insbesondere stelle die Rechtsform nach französischem Recht keine Körperschaft dar. Daher existiere keine Bescheinigung der französischen Steuerbehörden über eine unbeschränkte Steuerpflicht. Des Weiteren sei deshalb keine Eintragung im Handelsregister erfolgt.

Der Beklagte lehnte die Feststellung der Einlagenrückgewähr mit Bescheid vom 01.10.2018 ab und führte aus, dass ein Rechtstypenvergleich ergeben habe, dass es sich bei dem Kläger nach deutschem Recht um eine Kapital-Investitionsgesellschaft im Sinne von § 19 InvStG in der bis zum 31.12.2017 gültigen Fassung in der Rechtsform eines Sondervermögens handele. Nach § 19 Abs. 1 S. 3 InvStG a. F. gelte eine ausländische Kapital-Investitionsgesellschaft, die keine Kapitalgesellschaft sei, als Vermögensmasse im Sinne von § 2 Nr. 1 KStG. Nach § 27 Abs. 8 KStG seien allerdings nur Körperschaften und Personenvereinigungen antragsberechtigt. Vermögensmassen seien von der Norm nicht erfasst. Des Weiteren mangele es an der Voraussetzung einer unbeschränkten Körperschaftsteuerpflicht des Klägers in einem anderen Mitgliedstaat.

Hiergegen wandte sich der Kläger mit Einspruch vom 31.10.2018, den der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 19.09.2019 (eingegangen beim Prozessbevollmächtigten des Klägers am 24.09.2019) als unbegründet zurückwies.

Hiergegen richtet sich die Klage vom 24.10.2019, die der Kläger wie folgt begründet: Nach dem Gesetzeswortlaut von § 27 Abs. 8 S. 1 KStG sei ein Antrag möglich für Körperschaften oder Personenvereinigungen, die in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union der unbeschränkten Steuerpflicht unterlägen, wenn sie Leistungen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 oder 9 EStG gewähren könnten. Insofern entspreche die Regelung im Hinblick auf die Rechtsformen, für die die Gewährung einer Einlagenrückgewähr als zulässig erachtet werde, den Regelungen zur Einlagenrückgewähr bei Vorliegen einer unbeschränkten Steuerpflicht im Inland gemäß § 27 Abs. 1 bis 7 KStG. Abs. 7 ergänze Abs. 1, der nur Kapitalgesellschaften aufführe, dahingehend, dass er klarstelle, dass die vorstehenden Absätze des § 27 KStG sinngemäß für andere unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaften und Personenvereinigungen gelten würden, die Leistungen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1, 9 oder 10 EStG gewähren könnten. Nach einhelliger Literaturauffassung sei die Formulierung des § 27 Abs. 7 KStG so auszulegen, dass auch für Körperschaftsteuersubjekte, die keine Personenvereinigungen seien, also auch für Vermögensmassen, eine Einlagenrückgewähr grundsätzlich möglich sei. Dies werde durch die Gesetzesbegründung zum SEStEG (BT-Drucks. 16/2710) gestützt, in welcher ausgeführt werde, dass es sich bei § 27 Abs. 7 KStG nur um eine Klarstellung handele, wonach die Abs. 1 bis 6 auch für andere unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaften gälten. Zwar fielen inländische Zweckvermögen, Stiftungen und Anstalten typischerweise nicht unter § 27 Abs. 7 KStG, da sie regelmäßig keine Anteilseigner hätten, die Gesellschaftern gleichstünden und keine Leistungen in der Form von Ausschüttungen erbracht würden. Etwas anderes gelte jedoch explizit für Stiftungen, bei denen die Destinatäre Leistungen erhielten, die einer Gewinnausschüttung vergleichbar seien. Hier habe der BFH entschieden, dass Zahlungen einer Familienstiftung an die Destinatäre als Leistungen im Sinne von § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG zu behandeln sein könnten (vgl. BFH v. 14. Juli 2010, X R 62/08, DStRE 2011, 65; BFH v. 3. November 2010, I R 98/09, BStBl. II 2011, 403). Eine Einlagenrückgewähr sei somit für inländische Zweckvermögen/Vermögensmassen möglich. Aufgrund des Gleichklangs von § 27 Abs. 7 und § 27 Abs. 8 KStG im Hinblick auf § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG müsse Entsprechendes auch für ausländische Zweckvermögen/Vermögensmassen gelten, sodass auch für diese eine Einlagenrückgewähr möglich sein müsse, wenn sie über Anteilseigner verfügten, die Gesellschaftern gleichstünden und Leistungen in Form von Ausschüttungen erbrächten. Bei dem Kläger handele es sich um ein solches ausländisches Zweckvermögen bzw. eine Vermögensmasse. Die Gesellschafter hätten die üblichen Gesellschafterverpflichtungen, insbesondere eine Einlageverpflichtung und auch die üblichen Gesellschafterrechte. Der Kläger erbringe für die Anleger Leistungen, die im Verhältnis zum eingezahlten Kapital stünden. Die Anteilseigner des Klägers hätten wirtschaftlich die Stellung eines Anteilseigners entsprechend § 27 Abs. 7 KStG, da der Kläger zu Ausschüttungen verpflichtet sei. Bei den Ausschüttungen handele es sich letztlich um Gewinnausschüttungen im Sinne von § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG. Selbst wenn man dieser Rechtsauffassung nicht folgen wolle, könne aus der Fiktion der Zweckvermögen gemäß § 19 Abs. 1 S. 3 InvStG a. F. nicht gefolgert werden, dass der Gesetzgeber ausländische Vehikel, die keine Kapitalgesellschaften seien, generell von einer Einlagenrückgewähr ausschließen haben wollen. Die Vorschrift sei insofern lediglich eine Rechtsfolgen- und keine Rechtsgrundverweisung.

Darüber hinaus sei dem Vortrag des Beklagten, dem Kläger fehle eine unbeschränkte Steuerpflicht in Frankreich, weshalb kein Antragsrecht nach § 27 Abs. 8 KStG bestehe, nicht zu folgen. Eine solche am Wortlaut der Norm orientierte Auslegung führe zu einer Beschränkung der europarechtlichen Kapitalverkehrsfreiheit, für die keine Rechtfertigungsgründe vorlägen. § 27 Abs. 8 KStG sei daher europarechtskonform dahingehend auszulegen, dass auch französische Sondervermögen in der Rechtsform des FPCI antragsberechtigt seien. Der BFH habe bereits festgestellt, dass eine pauschale Aberkennung der Möglichkeit einer steuerlich neutralen Einlagenrückgewähr in Bezug auf Ausschüttungen von in einem Drittstaat ansässigen Rechtssubjekten gegen die unionsrechtliche Kapitalverkehrsfreiheit verstoße (vgl. BFH v. 13. Juli 2016, VIII R 47/13, BFHE 254, 390). Dementsprechend stelle auch die pauschale Beschränkung der Antragsmöglichkeit des Klägers einen Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit dar, wenn dieser Ausschluss allein an die fehlende unbeschränkte Körperschaftsteuerpflicht im Ansässigkeitsstaat anknüpfe. Ein solcher Ausschluss würde Investitionen in FPCIs behindern und die Beteiligten an einem solchen Fonds im Vergleich zu anderen Rechtsformen, die einer unbeschränkten Körperschaftsteuerpflicht unterlägen, benachteiligen. Eine Rechtfertigung hierfür gebe es nicht, da es nach dem Konzept der Einlagenrückgewähr gerade möglich sein solle, geleistete Einlagen steuerneutral zurück zu gewähren. Dass der BFH in der zitierten Entscheidung keine Antragsberechtigung angenommen habe, habe an der Drittstaatenkonstellation gelegen.

Im Hinblick auf die persönliche Antragsberechtigung des Klägers liege eine planwidrige Regelungslücke vor. Der Kläger sei ein alternativer Investmentfonds, der naturgemäß Anteilseigner habe. Bei dem Kläger komme es daher – anders als bei inländischen Vermögensmassen – zu einer Rechtsbeziehung zwischen Körperschaft und Anteilseigner. Daher gehe die Bezugnahme des Beklagten auf inländische Vermögensmassen fehl. Mit der Einführung von § 27 Abs. 8 KStG könne keine Gleichstellung inländischer und ausländischer Vermögensmassen intendiert gewesen sein. Dies werde auch durch die Tatsache belegt, dass vor Einführung von § 19 Abs. 1 InvStG alternative Investmentfonds wie der Kläger als steuerlich transparent angesehen worden seien. Mit Einführung der Vorschrift habe der Gesetzgeber eine besondere steuerliche Behandlung von alternativen Investmentfonds, die nicht in der Rechtsform einer Personengesellschaft errichtet worden seien, festgelegt und gleichzeitig ausländische Kapital-Investitionsgesellschaften, die nicht die Rechtsform einer Kapitalgesellschaft hätten, im Sinne einer ausländischen Vermögensmasse eingeordnet. Erst zu diesem Zeitpunkt habe der Gesetzgeber eine Situation geschaffen, die die hier streitgegenständliche Rechtsfrage ausgelöst habe. Dabei habe der Gesetzgeber die Rechtslage nur lückenhaft beurteilt. Der Gesetzgeber habe in § 19 Abs. 2 InvStG ausdrücklich festgelegt, dass Ausschüttungen Einkünfte im Sinne von § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG seien. Damit habe der Gesetzgeber eine Regelungslücke geschaffen, denn er habe weder § 2 Abs. 3 InvStG für anwendbar erklärt, noch § 27 Abs. 8 KStG erweitert. Die Regelungslücke habe nicht erst seit der Fassung des InvStG des Jahres 2014, sondern bereits seit dem Jahr 2006 bestanden.

Aus der Existenz von § 1 Abs. 3 InvStG könne auch kein Argument gegen eine Regelungslücke in § 27 Abs. 8 KStG hergeleitet werden, denn der Gesetzgeber habe mit der schon vor 2014 bestehenden Regelung gerade keine Regelung für Investitionsgesellschaften getroffen.

Die Kläger beantragt,

den Ablehnungsbescheid vom 01.10.208 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19.09.2019 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, für das Veranlagungsjahr 2014 eine Einlagenrückgewähr i. H. v. ... € gesondert festzustellen.

Der Beklagte beantragt,

              die Klage abzuweisen.

Der Beklagte trägt vor, im Streitfall seien die Voraussetzungen von § 27 Abs. 8 S. 1 KStG nicht erfüllt. Bei dem Kläger handele es sich weder um eine Körperschaft noch um eine Personenvereinigung, sondern um eine Vermögensmasse. Des Weiteren unterliege der Kläger in Frankreich nicht der unbeschränkten Steuerpflicht. Die Einordnung des Klägers als Kapital-Investitionsgesellschaft in Form einer Vermögensmasse erfolge nach dem Investmentsteuergesetz in der bis zum 31.12.2017 gültigen Fassung. Da der Kläger weder ein Investmentfonds gemäß § 1 Abs. 1b InvStG noch eine Personen-Investitionsgesellschaft im Sinne von § 18 InvStG sei, sei er gemäß § 19 Abs. 1 S. 1 InvStG als Kapital-Investitionsgesellschaft einzuordnen. Mangels Einordnung als Kapitalgesellschaft gelte der Kläger als Vermögensmasse im Sinne von § 2 Abs. 1 KStG. Antragsberechtigt nach § 27 Abs. 8 KStG seien nach dem eindeutigen Wortlaut jedoch nur Personenvereinigungen und Körperschaften. Es liege keine planwidrige Regelungslücke im Hinblick auf Vermögensmassen vor. Das Körperschaftsteuergesetz unterscheide eindeutig zwischen Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber die Vermögensmassen bei Normierung von § 27 Abs. 8 KStG übersehen habe. Auch aus der Systematik folge nichts anderes. Im Inlandsfall sei für Vermögensmassen mangels gesellschafterähnlicher Anteilseigner der Anwendungsbereich des § 27 Abs. 7 KStG nicht eröffnet. Das Ziel der Einführung von § 27 Abs. 8 KStG sei gewesen, eine Gleichstellung von inländischen Beteiligten an ausländischen Gesellschaften zu erreichen. Wenn bereits der Anwendungsbereich des § 27 Abs. 7 KStG für Vermögensmassen nicht eröffnet sei, sei es im Hinblick auf die Gleichbehandlung nur systemgerecht, ausländische Vermögensmassen ebenfalls vom Anwendungsbereich des § 27 Abs. 8 KStG auszuschließen. Auch der von dem Kläger angeführte Vergleich mit Familienstiftungen führe zu keinem anderen Ergebnis, da die Sachverhalte nicht vergleichbar seien. Insbesondere fehle es den Anteilseignern des Klägers an einer vergleichbaren Gesellschafterstellung. Ein ausreichender Einfluss auf das Ausschüttungsverhalten des Zweckvermögens sei nicht erkennbar. Die Anteilseigner seien nur qualifizierte Anleger, die von der Verwaltungsgesellschaft bestimmt würden. Des Weiteren sei die Rückgabe von Aktien laut Satzung erst nach zehnjähriger Sperrfrist möglich.

Auch das Unionsrecht gebiete keinen Anspruch auf eine gesonderte Feststellung der Einlagenrückgewähr. Selbst bei einer unterstellten Antragsberechtigung als Vermögensmasse stünde der Feststellung die fehlende unbeschränkte Steuerpflicht in einem anderen Mitgliedstaat entgegen. Eine unbeschränkte Körperschaftsteuerpflicht des Klägers liege nach französischem Recht nicht vor. Dies habe der Kläger im Verwaltungsverfahren selbst vorgetragen (Bl. 48 VA). Der Ansicht, eine vergleichbare Körperschaftsteuerpflicht nach inländischem Recht reiche für die Anwendung von § 27 Abs. 8 KStG aus, stehe der ausdrückliche Wortlaut der Vorschrift entgegen. Diese Auffassung verstoße auch nicht gegen die Kapitalverkehrsfreiheit. Der BFH habe in seiner Entscheidung vom 13. Juli 2016 in der Sache VIII R 47/13 im Hinblick auf Drittstaaten gerade keine Antragsberechtigung für das Verfahren nach § 27 Abs. 8 KStG angenommen, sondern ein solches Antragsrecht abgelehnt. Im Übrigen sei darauf hinzuweisen, dass eine Antragsberechtigung nach § 27 Abs. 7 KStG auch dann nicht vorliegen würde, wenn der Kläger eine inländische Vermögensmasse wäre. Inländische Vermögensmassen seien nach § 11 Absatz 1 S. 2 InvStG nämlich steuerbefreit. Bereits vor diesem Hintergrund sei eine Ungleichbehandlung nicht erkennbar.

Eine planwidrige Regelungslücke liege ebenfalls nicht vor. Der Gesetzgeber habe im Jahr 2013 die AIFM-Richtlinie (EU 1095/2010) umgesetzt und sich hierbei mit dem europäischen Recht zu Investmentfonds auseinandergesetzt. Dies gehe bereits aus der ausführlichen Begründung des AIFM- Steueranpassungsgesetzes (BT-Drucks. 18/68, S. 33 ff.) hervor. Ein weiteres Indiz dafür, dass keine planwidrige Regelungslücke vorhanden sei, sei die bewusste Entscheidung des Gesetzgebers, den ausländischen Vermögensmassen eine beschränkte Körperschaftsteuerpflicht aufzuerlegen, damit vorhandene inländische Erträge der Besteuerung zugeführt werden könnten.

Der Kläger könne auch nicht als sog. Alternativer Investmentfonds (AIF) im Sinne des InvStG angesehen werden. Hierfür müssten die zusätzlichen Voraussetzungen nach § 1 Abs. 1b und Abs. 1f InvStG erfüllt sein. Dies sei jedoch nicht der Fall. Bei dem Kläger handele es sich vielmehr um eine Investitionsgesellschaft nach § 1 Abs. 1c S. 1 InvStG. Dies bedeute, dass es einer Prüfung der § 18 ff. InvStG bedürfe. Diese Prüfung führe zur Einordnung des Klägers als Vermögensmasse.

Auf die in den Verwaltungsakten enthaltenen, vom Kläger vorgelegten Dokumente (... Memorandum May 2017, A sowie die Ausschüttungsmitteilungen vom ... und die Jahresabschlüsse 2013 und 2014) wird Bezug genommen.

Aus den Gründen

Die Klage ist unbegründet.

1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung einer Einlagenrückgewähr. Es fehlt für die Antragsberechtigung an einer unbeschränkten Steuerpflicht des Klägers in Frankreich.

Gemäß § 27 Abs. 8 KStG können auch Körperschaften oder Personenvereinigungen, die in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union der unbeschränkten Steuerpflicht unterliegen, eine Einlagenrückgewähr erbringen, wenn sie Leistungen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 oder 9 EStG gewähren können. Die Einlagenrückgewähr ist in entsprechender Anwendung der Absätze 1 bis 6 und der §§ 28 und 29 KStG zu ermitteln. Der als Leistung im Sinne des Satzes 1 zu berücksichtigende Betrag wird auf Antrag der Körperschaft oder Personenvereinigung für den jeweiligen Veranlagungszeitraum gesondert festgestellt. Der Antrag ist nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck bis zum Ende des Kalenderjahrs zu stellen, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Leistung erfolgt ist. Soweit Leistungen nach § 27 Abs. 8 S. 1 KStG nicht gesondert festgestellt worden sind, gelten sie als Gewinnausschüttung, die beim Anteilseigner zu Einnahmen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 oder 9 EStG führen.

Gemäß § 56 Abs. 1 S. 2 InvStG ist für die Zeit vor dem 01.01.2018 und für Unterschiedsbeträge nach § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 und § 13 Abs. 4 InvStG in der am 31.12.2017 geltenden Fassung, die für vor dem 01.01.2018 endende Geschäftsjahre veröffentlicht werden, weiterhin das Investmentsteuergesetz in der am 31.12.2017 geltenden Fassung anzuwenden.

Gemäß § 19 Abs. 1 InvStG 2017 sind Kapital-Investitionsgesellschaften alle Investitionsgesellschaften, die keine Personen-Investitionsgesellschaften sind. Kapital-Investitionsgesellschaften in der Rechtsform eines Sondervermögens gelten als Zweckvermögen im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG und als sonstige juristische Personen des privaten Rechts im Sinne des § 2 Abs. 3 GewStG. Ausländische Kapital-Investitionsgesellschaften, die keine Kapitalgesellschaften sind, gelten als Vermögensmassen im Sinne des § 2 Nr. 1 KStG und als sonstige juristische Person des privaten Rechts im Sinne des § 2 Abs. 3 GewStG.

Das Gericht kann offenlassen, ob der Kläger danach als Vermögensmasse in den Anwendungsbereich von § 27 Abs. 8 KStG fällt, der nach seinem Wortlaut zwar nur für Körperschaften oder Personenvereinigungen greift, aber bei Zugrundelegung der in der Literatur vertretenen Auffassung, dass der Begriff der Körperschaften und Personenvereinigungen inhaltsgleich mit § 27 Abs. 7 KStG auszulegen sei (vgl. Pohl in BeckOK, § 27 Abs. 8 KStG, Rn. 437) und vom Anwendungsbereich von § 27 Abs. 7 KStG auch Anstalten, Stiftungen und andere Zweckvermögen erfasst seien (vgl. Pohl in BeckOK, § 27 Abs. 7 KStG, Rn. 425), grundsätzlich anwendbar sein könnte.

Denn jedenfalls fehlt es bereits nach dem eigenen Vortrag des Klägers an einer unbeschränkten Steuerpflicht in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union.

Systematisch dient die Feststellung einer Einlagenrückgewähr dazu, zu verhindern, dass Ausschüttungen von Körperschaften auf der Ebene des Gesellschafters besteuert werden, wenn diese Ausschüttungen zuvor geleistete Einlagen beinhalten, da zurückgewährte Einlagen nicht der Besteuerung unterliegen sollen. § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG bestimmt insoweit: „Die Bezüge gehören nicht zu den Einnahmen, soweit sie aus Ausschüttungen einer Körperschaft stammen, für die Beträge aus dem steuerlichen Einlagekonto im Sinne des § 27 KStG als verwendet gelten“.

Körperschaften, die in Drittstaaten ansässig sind, werden von § 27 Abs. 8 KStG nicht erfasst, d. h. solche Körperschaften können nach dem KStG keine Einlagenrückgewähr feststellen lassen. Dies würde im Falle der Ausschüttung zuvor geleisteter Einlagen jedoch zu einer systemwidrigen Besteuerung der Einlagen führen, weshalb der BFH entschieden hat, dass unabhängig von der Möglichkeit, eine Einlagenrückgewähr nach § 27 Abs. 8 KStG feststellen zu lassen, es einem Gesellschafter im Rahmen seiner Steuererklärung möglich sein muss, eine Einlagenrückgewähr im Zusammenhang mit erhaltenen Zuflüssen von einer im Drittstaat ansässigen Körperschaft geltend zu machen. Der BFH sieht in dem Ausschluss von dem Einlagenrückgewährfeststellungsverfahren von Körperschaften, die in Drittstaaten ansässig sind, einen Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit gemäß Art. 63 AEUV, weshalb § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG unionsrechtskonform dahingehend auszulegen sei, dass eine Einlagenrückgewähr auch von einer Gesellschaft getätigt werden könne, die in einem Drittstaat ansässig sei und für die kein steuerliches Einlagenkonto im Sinne von § 27 KStG geführt werde bzw. für die ein formelles Bestimmungsverfahren nach § 27 Abs. 8 KStG fehle (vgl. BFH v. 13. Juli 2016, VIII R 47/13, BFHE 254, 390). Sind Körperschaften und Personenvereinigungen aus Drittstaaten betroffen, die nicht vom persönlichen Anwendungsbereich von § 27 Abs. 8 KStG umfasst sind, bleibt es also bei den „allgemeinen“ Regelungen, wonach unabhängig von den Antrags- und Nachweispflichten gem. § 27 Abs. 8 KStG und unter Heranziehung der Maßgaben des einschlägigen ausländischen Handels- und Gesellschaftsrechts geltend gemacht werden kann, dass eine Einlagenrückgewähr und keine Gewinnausschüttung vorliegt (vgl. Bauschatz in Gosch, § 27 KStG, Rn. 28).

Diese Erwägungen überträgt das Gericht auf den vorliegenden Streitfall. Der Kläger kann mangels der von § 27 Abs. 8 KStG ausdrücklich geforderten unbeschränkten Steuerpflicht in Frankreich an dem besonderen Feststellungsverfahren hinsichtlich der Einlagenrückgewähr nicht teilnehmen. Soweit hierdurch zurückgewährte Einlagen bei in Deutschland steuerpflichtigen Anlegern der Besteuerung unterworfen würden, würde dies entsprechend der zitierten Rechtsprechung des BFH einen Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit darstellen, da die zurückgewähren Einlagen systemwidrig besteuert würden und eine Rechtfertigung für eine derartige Benachteiligung eines Anlegers gegenüber Anlegern anderer Kapitalgesellschaften, deren Einlagenrückgewährungen steuerfrei gestellt werden, nicht ersichtlich ist. Dieser Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit könnte in Anwendung der Rechtsprechung des BFH allerdings dergestalt zu lösen sein, dass die jeweiligen Anleger im Rahmen ihres in Deutschland durchgeführten Besteuerungsverfahrens in unionsrechtskonformer Anwendung von § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG in die Lage versetzt würden, eine Einlagenrückgewähr seitens des Klägers geltend zu machen. Auf diese Weise könnte der jeweiligen Anleger eine ansonsten systemwidrige Besteuerung von zurückgewährten Einlagen vermeiden. Für die Durchführung des besonderen Feststellungsverfahrens im Sinne von § 27 Abs. 8 KStG verbleibt insoweit keine zwingende Notwendigkeit. Der reine Praktikabilitätsaspekt, wonach die zentrale Feststellung einer Einlagenrückgewähr durch den Beklagten für alle in Deutschland der Besteuerung unterliegenden Anteilseigner des Klägers einen organisatorischen Vorteil hätte, führt nicht dazu, dass für den Kläger entgegen der ausdrücklichen Anforderungen des Wortlauts von § 27 Abs. 8 KStG ein Feststellungsverfahren durchzuführen wäre. Eine entsprechende Änderung des Anwendungsbereichs der Vorschrift für vergleichbare Sachverhaltskonstellationen kann nur der Gesetzgeber herbeiführen.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

3. Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).

 

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