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RdF-News
30.10.2015
RdF-News
FG Köln: Besteuerung von Einkünften aus US-amerikanischen S-Corporations in Deutschland

FG Köln, Urteil vom 20.5.2015 – 5 K 3362/12

Sachverhalt

Der Kläger, der die US-amerikanische Staatsbürgerschaft besitzt, ist verheiratet und hat zwei Kinder. Für das Streitjahr 2005 hatte der Beklagte für den in Deutschland nichtselbständig tätigen Kläger im Wege der getrennten Veranlagung durch Bescheid vom 14.08.2009 die Einkommensteuer 2005 auf 261.752 € festgesetzt. Hierbei hatte er Einkünfte des Klägers aus Kapitalvermögen i.H.v. 516.979 € berücksichtigt. Soweit der Kläger Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.H.v. 501.230 € und aus Kapitalvermögen i.H.v. 10.900 € als steuerfrei nach dem Doppelbesteuerungsabkommen mit den USA (DBA) erklärt hatte, ließ der Beklagte dies unberücksichtigt. Insoweit verwies er in den Erläuterungen zum Bescheid auf die Festsetzung der Einkommensteuer 2004 vom 28.03.2006. In diesen Erläuterungen war ausgeführt, Deutschland sei Ansässigkeitsstaat, der Arbeitslohn USA werde dem Progressionsvorbehalt unterworfen und US-Ausschüttungen der C würden als steuerpflichtige Kapitalerträge behandelt.

Dagegen erhob der Kläger Einspruch unter Hinweis auf das seinerzeit beim Finanzgericht Köln (FG) unter Az. 5 K 4480/07 anhängige Klageverfahren.

In diesem Verfahren betreffend Einkommensteuer 2004 war unter anderem streitig, ob Einkünfte des Klägers aus US-amerikanischen S-Corporations (W und T) - bei denen der Kläger Alleingesellschafter, Präsident und Vizepräsident war bzw. ist -, nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) der inländischen Besteuerung zu unterwerfen waren.

Das FG ging bei seinem Urteil in diesem Verfahren vom 28.09.2011 davon aus, dass der Kläger in 2004 unbeschränkt steuerpflichtig war, da er im Inland einen Wohnsitz hatte, unabhängig davon, dass der bisherige Wohnsitz des Klägers in den USA nach dessen Vorbringen beibehalten wurde. Zudem ging das Gericht davon aus, dass es sich bei den beiden S-Corporations nach deutschem Recht jeweils um eine Körperschaft im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr.1 EStG handele und dementsprechend die Einkünfte des Klägers hieraus solche aus Kapitalvermögen seien. Gleichwohl verneinte das FG das Recht des Beklagten, Gewinnanteile zu besteuern, da es an den Voraussetzungen des Zuflusses im Sinne des § 11 EStG mangele.

Am 15.10.2012 erließ der Beklagte einen nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO) geänderten, nach § 165 AO vorläufigen, Einkommensteuerbescheid 2005, in dem er die Kapitaleinkünfte des Klägers nunmehr mit 266.708 € ansetzte. In den Erläuterungen wurde darauf hingewiesen, dass der Kläger zu den Gewinnen der S-Corporations nicht die nötigen Angaben gemacht habe und daher der in der US-amerikanischen Steuererklärung 2004 ausgewiesene Betrag i.H.v. umgerechnet 250.959 € übernommen worden sei.

Am 16.10.2012 erließ der Beklagte eine den Einspruch abweisende Entscheidung. Zur Begründung führte er wie folgt aus: Nach dem Urteil des FG Köln zur Einkommensteuer 2004 sei der Kläger unbeschränkt steuerpflichtig. Er unterliege damit grundsätzlich mit seinem Welteinkommen der inländischen Besteuerung, wozu auch Ausschüttungen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG gehörten. Der volle Gewinn einer S-Corporation stehe nach Abzug von Körperschaftsteuer für eine Ausschüttung zur Verfügung und müsse im Inland als Einkünfte aus Kapitalvermögen versteuert werden. Da der Kläger bisher Unterlagen nur unvollständig vorgelegt habe, sei davon auszugehen, dass der Jahresabschluss 2004 bei beiden Gesellschaften in 2005 festgestellt worden sei. Bei einem Alleingesellschafter reiche der Gewinnverwendungsbeschluss um einen Zufluss anzunehmen. Dementsprechend seien die Gewinnanteile 2004 i.H.v. 250.959 € im Streitjahr 2005 der Besteuerung zu unterwerfen.

Dagegen erhob der Kläger Klage mit dem Ziel, die vom Beklagten mit 250.959 € erfassten Einkünfte aus den S-Corporations von der Regelbesteuerung auszunehmen und stattdessen dem Progressionsvorbehalt zu unterwerfen. Auch die vom Beklagten erfassten amerikanischen Zinseinkünfte i.H.v. 10.900 € seien nur dem Progressionsvorbehalt zu unterwerfen. Sofern das Gericht zu einer Ansässigkeit des Klägers in Deutschland gelange, müsse die US-amerikanische Steuer auf die amerikanischen Zinseinkünfte angerechnet werden. Er, der Kläger, sei auch im Jahr 2005 in den USA ansässig gewesen. Er verfüge sowohl in den USA als auch in Deutschland über eine ständige Wohnstätte. Seine engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen habe er jedoch im Streitjahr noch in den USA gehabt. Soweit der Beklagte behaupte, aufgrund der nichtselbständigen Tätigkeit des Klägers im Inland sei der gewöhnliche Aufenthalt dort, müsse dem entgegengehalten werden, dass der Kläger i.H.v. 125.654 US-$ Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit in den USA erzielt habe. Zudem sei zu berücksichtigen, dass der Kläger die US-amerikanische Staatsangehörigkeit besitze. Im Übrigen verweist der Kläger auf diverse Unterlagen, die für eine Ansässigkeit bzw. einen Wohnsitz des Klägers in den USA sprächen (z.Bsp. Gebührenabrechnungen, Versicherungsbelege, Heizölrechnungen u.a.). Wegen des Inhaltes im Einzelnen wird auf die FG-Akte verwiesen.

Des Weiteren führt der Kläger aus, die rechtliche Qualifizierung von S-Corporations sei problematisch. Unterstelle man, dass S-Corporations nach deutschem Recht Kapitalgesellschaften darstellten und damit mit einer GmbH oder einer AG vergleichbar wären, so gelte im Umkehrschluss, dass nur ausgeschüttete Dividenden bei dem in Deutschland ansässigen Begünstigten steuerbar wären. Solche seien aber weder beschlossen noch erfolgt. Ausweislich der vom Kläger vorgelegten Bilanzen und Steuererklärungen seien die fraglichen Einkünfte des Jahres 2004 ebenso wie die des Jahres 2005 vollständig thesauriert worden, sodass es auch im Jahr 2005 am Zufluss fehle. Maßgeblich sei dabei der Zeitpunkt, zu dem der Steuerpflichtige die wirtschaftliche Verfügungsmacht über seine Einnahmen erlange. Ein Zufluss liege daher nicht vor, wenn die in den US-Steuererklärungen erklärten Gewinne Erträge der Gesellschaften und nicht Ausschüttungen seien. Ein Zufluss ergebe sich auch nicht aus dem Umstand, dass der Kläger alleiniger Anteilseigner sei. Zwar werde ein Zufluss von Gewinnanteilen beim beherrschenden Gesellschafter in der Regel bereits nach Jahresabschlussfeststellung und Gewinnverwendungsbeschluss angenommen. Der Jahresabschluss könne jedoch nicht vor Ablauf des Wirtschaftsjahres erstellt werden. Dies gelte auch für den Gewinnverwendungsbeschluss.

Die streitgegenständlichen ausländischen Zinseinkünfte seien Zinsen auf Darlehen, die der Kläger seinen S-Corporations gewährt habe. Gemäß Art. 11 Abs. 1 DBA könnten Zinsen, die eine ansässige Person als Nutzungsberechtigter beziehe, nur im Ansässigkeitsstaat besteuert werden. Dies seien nach den vorangegangenen Rechtsausführungen des Klägers die USA. Im Übrigen seien die Zinsen bereits in den USA versteuert worden, so dass sie gemäß Art. 23 Abs. 2 a) DBA dem Progressionsvorbehalt unterlägen.

Mit Schriftsatz vom 21.06.2013 legte der Kläger US-Steuererklärungen der S-Corporations (W und T) für das Jahr 2005 vor. Hieraus ergebe sich, dass aus den thesaurierten Gewinnen des Streitjahres keine Dividenden an den Kläger ausgeschüttet worden seien. Zum weiteren Nachweis legte der Kläger - in Dateiform - das komplette Hauptbuch 2005 der T (800 Seiten) vor, eine Zusammenfassung T US-Steuerbilanz und die Steuererklärung 2005 sowie das Hauptbuch W 2005. Zusätzlich legte der Kläger schriftliche Erläuterungen seitens des US-Steuerberaters des Klägers zur Verbuchung eines Betrages i.H.v. 28.000 US-$, sowie dessen Darstellung hierzu vor. - Wegen des Inhaltes im Einzelnen wird auf den Inhalt der FG-Akten verwiesen. -

Aus den vorgelegten Unterlagen könne zwar entnommen werden, dass die T28.000 US-$ an den Kläger geleistet habe; mit diesem Betrag seien jedoch aufgelaufene Zinsen für das Gesellschafterdarlehen des Klägers und Rückzahlungen auf das Gesellschafterdarlehen verrechnet worden. Im Ergebnis sei hierdurch eine Reduzierung des Darlehens erreicht worden, was ertragsteuerlich irrelevant sei. Die aus den Gesellschafterdarlehen angefallenen Zinsen seien in den USA jeweils gesondert im Jahr 2005 mit 4.000 US-$ und im Jahr 2006 mit 2.883 US-$ versteuert worden. Aus den Seiten der Hauptbuchkonten für die Jahre 2004 und 2005 sei ersichtlich, dass das Hauptbuch mit der Bilanz und der Steuererklärung übereinstimme. Das Gesamtergebnis 2005 sei dem Gewinnvortrag zugewiesen worden. Aus der vorgelegten Buchhaltung sei klar erkennbar, dass keinerlei Ausschüttungen stattgefunden hätten. Rechtlich relevante Ausschüttungen seien „Distributions“ und als solche aus den Unterlagen nachvollziehbar. Entnahmen seien steuerlich irrelevant. Soweit der Beklagte behaupte, es fehle an konkreten Buchungsunterlagen zum „retained earning account“, sei auch dies unzutreffend.

Im Übrigen sei auf ein aktuelles Urteil des Bundesfinanzhofs -BFH- hinzuweisen. Im Urteil Az. I R 48/12 habe der BFH zur Abkommensberechtigung der S-Corporation nach dem alten und neuen DBA Stellung genommen und ausgeführt, dass sich auch unter dem neuen DBA diesbezüglich keine Änderungen ergäben. Fingiert werde danach die abkommensrechtliche Zuordnung der Einkünfte oder Gewinne zur ansässigen Person. Zusätzlich erstrecke sich die Rechtsfolge darauf, dass diese von einer in den USA ansässigen Person erzielt werden. Weiter führe der BFH aus, dass hinsichtlich der Frage, ob eine Gesellschaft vorliege, dies nach dem Recht des Quellenstaates zu bestimmen sei. Im entschiedenen Fall sei dies die Bundesrepublik gewesen, im Streitfalle sei aber die USA Quellenstaat, da die Gewinne der dort ansässigen S-Corporation dem alleinigen Gesellschafter qua Fiktion zugerechnet werden. So habe im Ergebnis der BFH auch schon entschieden im Urteil Az. I R 34/08. Hiernach werde dem in den USA besteuerten Gesellschafter durch die Gesellschaft eine Betriebsstätte vermittelt, soweit er als Gesellschafter wie eine in den USA ansässige Person besteuert werde. Dies sei beim Kläger unstreitig der Fall. Dieses Ergebnis stimme auch mit Art. 3 Abs. 1 b) DBA überein. Danach bedeute der Ausdruck „Gesellschaft“ juristische Person oder Rechtsträger, die für die Besteuerung wie juristische Personen behandelt werden. Eben dies sei hier nicht der Fall. Die Einkünfte aus der S-Corporation unterlägen nicht der Körperschaftsteuer, so dass für Rechtsformvergleiche kein Raum sei. Bei der zur persönlichen Steuerpflicht optierenden S-Corporation handele es sich um ein Personenunternehmen im Sinne des Art. 3 Abs. 1 f) DBA und nicht um eine Körperschaft oder einen Rechtsträger. Da es gemäß Rechtsprechung des BFH keine betriebsstättenlosen Einkünfte gebe, seien die Einkünfte des Klägers als Betriebsstätteneinkünfte auch solche im Sinne des Art. 7 DBA. Die in den USA ansässige Person habe also Einkünfte nach Art. 7 DBA im Ansässigkeitsstaat USA, da sie dort wie ein Ansässiger besteuert werde. Für einen Qualifikationskonflikt und die Anwendung des Art. 21 DBA sei daher kein Raum.

Am 01.10.2014 fand bei Gericht ein Erörterungstermin statt. Wegen des Ergebnisses wird auf Bl. 188 ff der FG-Akte verwiesen.

Der Kläger führte zum Inhalt des Erörterungstermines aus, dass es sicherlich unstrittig sei, dass ein Betrag von 28.000 US-$ zugeflossen sei. Dies sei ausweislich der Stellungnahme des amerikanischen Wirtschaftsprüfers als Rückzahlung eines Gesellschafterdarlehens geflossen. Insoweit sei es nicht nachvollziehbar, weshalb eine Darlehensrückzahlung zu irgendeinem steuerlich relevanten Zufluss führen sollte. Die vorgeschlagene Billigkeitsregelung (Abschlag von 35 %) könne keine Anwendung finden, da es sich bei den S-Corporations nicht um Körperschaften, sondern um Personengesellschaften handele.

Nach der Rechtsauffassung des Beklagten wäre der dem Kläger angeblich zugeflossene Betrag mit insgesamt 16.066,44 € (US-Einkommensteuer 9.232,20 € + deutsche Einkommensteuer 6.834,16 €) zu besteuern, ohne dass das Halbeinkünfteverfahren berücksichtigt werde. Dieses führe zu einer Belastung von 3.417,08 €, also insgesamt 12.649,36 €.

Wolle man, so wie vom Gericht bzw. dem Beklagten vorgeschlagen, verfahren, stelle sich zudem die Frage, ob vor dem Hintergrund, dass eine gesellschaftsrechtliche Ausschüttung in den USA nicht vorgenommen worden sei, bei Ausschüttung dieses Betrages im Folgejahr dieser Betrag erneut der Besteuerung unterworfen werde. Es sei zu klären, wie bei einem gänzlich fehlenden Feststellungsverfahren eine Besteuerung erfolgen und nachvollzogen werden könne.

Auf Hinweis des Gerichts erließ der Beklagte im Anschluss an den Erörterungstermin am 20.03.2015 einen Änderungsbescheid, wobei er als Einkünfte aus Kapitalvermögen 36.269 € (statt bisher 266.708 €) berücksichtigte. In diesem Betrag sind 28.000 US-$ enthalten, reduziert unter Berücksichtigung einer in der Finanzverwaltung angewandten pauschalierenden Billigkeitsmaßnahme (vgl. nur Erlasse der Oberfinanzdirektion -OFD- Berlin vom 21.01.2003 St 127-S 1301 -USA- 4/97, NWB EN 339/2003 und der OFD Chemnitz vom 31.03.2003 S 1301-222/2-St22) und dem Halbeinkünfteverfahren nach§ 3 Nr. 40 d) EStG (65 % von 28.000 US-$ = 14.613,78 €, davon ½ = 7.306,89 €).

Der Beklagte erklärte nach Ergehen des Änderungsbescheides die Hauptsache für erledigt.

Der Kläger lehnte eine außergerichtliche Erledigung ab. Die Ermittlung des der Besteuerung neu zugrunde gelegten Betrages wurde nicht beanstandet.

Der Kläger beantragt,

      unter Änderung des Einkommensteuerbescheides 2005 in Gestalt des Änderungs-

      bescheides vom 20.03.2015 und Aufhebung der hierzu ergangenen Einspruchsent-

      scheidung die vom Beklagten erfassten 28.000 US-$ als steuerfrei zu behandeln,

      hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

       die Klage abzuweisen.

Der Beklagte bleibt dabei, dass der Kläger im Streitjahr in Deutschland ansässig gewesen sei. Seine gesamte Familie habe - bis heute - ihren alleinigen Wohnsitz in K/Deutschland gemeldet. Die Kinder des Klägers besuchten auch dort die Schule.

Hinsichtlich der vorgelegten Bilanzunterlagen der beiden amerikanischen Gesellschaften sehe er in Anbetracht seiner Feststellungslast keine Möglichkeit mehr, an den von ihm angesetzten Einkünften aus Kapitalvermögen festzuhalten. Er schließe sich daher hinsichtlich der Höhe der zu erfassenden Einkünfte der Auffassung des Gerichts an.

Aus den Gründen

31        Die Klage gegen den Einkommensteueränderungsbescheid 2005 vom 20.03.2015 ist unbegründet.

32        Bei dieser Entscheidung musste das Gericht unter Berücksichtigung des in der mündlichen Verhandlung gestellten Klageantrages nur noch darüber befinden, ob die an den Kläger geflossenen 28.000 US-$ zu Recht als Einkünfte aus Kapitalvermögen erfasst wurden.

33        Der Beklagte hat zu Recht die an die Kläger geflossenen 28.000 US-$ gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG der inländischen Besteuerung unterworfen. Der Kläger war im Streitjahr nach § 1 Absatz 1 Satz 1 EStG unbeschränkt steuerpflichtig, da er unstreitig im Streitjahr im Inland einen Wohnsitz im Sinne des § 8 AO innehatte. Dass der Kläger nach seinem Vorbringen auch in den USA einen Wohnsitz haben soll, hindert die Möglichkeit der Zuordnung eines inländischen Wohnsitzes nicht (vgl. nur Urteil des BFH vom 28.01.2004 I R 56/02, BFH/NV 2004,917 m.w.N.).

34        Als unbeschränkt Einkommensteuerpflichtiger unterlag der Kläger mit seinen vom Gericht mit 28.000 US-$ festgestellten Einkünften aus der US-amerikanischen S-Corporation T der Besteuerung gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG, da es sich bei diesen Einkünften um Zahlungen einer Gesellschaft handelt, die nach der deutschen Rechtsordnung als Kapitalgesellschaft anzusehen ist.

35        Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ist für die rechtliche Einordnung einer ausländischen Gesellschaft für deren steuerliche Behandlung ein sogenannter Typenvergleich vorzunehmen. Erfüllt die Gesellschaft dem Typ nach die Voraussetzungen einer unter§ 1 Abs. 1 Nr. 1 bzw. 6 des Körperschaftsteuergesetzes fallenden Kapitalgesellschaft oder sonstigen juristischen Person des privaten Rechts, ist sie für steuerliche Zwecke im Inland als Körperschaft einzuordnen und entsprechend zu behandeln. Für die im Rahmen des Vergleiches vorzunehmende Gesamtwürdigung ist in ständiger finanzgerichtlicher Spruchpraxis eine Reihe von maßgeblichen Beurteilungsmerkmalen entwickelt worden (vgl. nur Urteil des BFH vom 20.08.2008 I R 34/08, BStBl II 2009, 263 m.w.N.). - Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die T eine Kapitalgesellschaft US-amerikanischen Rechts mit Sitz in den USA ist, die nach Subchapter S (§§ 1361-1378) des Internal Revenue Code (IRC) für die Besteuerung als S-Corporation optiert hat mit der Folge, dass sie in den USA nicht körperschaftsteuerpflichtig ist, ihre Einkünfte vielmehr unmittelbar bei dem Kläger besteuert werden. Diese in den USA ausgeübte Option zur S-Corporation ist aus deutscher Sicht für deren Behandlung hier als Kapitalgesellschaft unbeachtlich (vgl. Urteil des BFH vom 20.08.2008 I R 39/07, BStBl II 2009, 234 m.w.N.).

36        Erfolgt ein Zufluss im Sinne des § 11 Abs. 1 EStG von Gewinnanteilen aus einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft - hier der T -, so ist dieser nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG bei der Einkommensbesteuerung zu erfassen.

37        Einkünfte im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG sind sowohl Dividenden, als auch Bezüge aus verdeckten Gewinnausschüttungen. Gewinnanteile im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG, das heißt so genannte Dividenden, sind offene Gewinnausschüttungen aufgrund handelsrechtlicher Gewinnverwendungsbeschlüsse (u.a. nach §§ 29, 46 Nr. 1 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung). Verdeckte Gewinnausschüttungen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG sind dagegen nach ständiger Rechtsprechung bewusste Zuwendungen eines Vermögensvorteils durch die Kapitalgesellschaft an einen Gesellschafter (vgl. nur Weber-Grellet in Schmidt, Kommentar zum EStG, 34. Aufl., § 20 Rn. 42 m.w.N.).

38        Im Streitfalle sind ausweislich der Buchführungsunterlagen der T im Streitjahr 2005 an den Kläger 28.000 US-$ ausgezahlt worden, ohne dass hierzu der Erlass eines Gewinnverteilungsbeschlusses feststellbar ist. Der Betrag von 28.000 US-$ stellt allerdings eine bewusste Zuwendung seitens der T an den Kläger dar, das heißt eine verdeckte Gewinnausschüttung im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG.

39        Ausweislich der in das Gerichtsverfahren eingeführten E-Mail seitens der steuerlichen Beraterin des Klägers, vom 14.11.2013 zahlte die T 28.000 US-$ „to NYS Income Tax…for …personal taxes …coded as a shareholder distribution“. Es erfolgte daher seitens der T eine Zahlung für persönliche Steuern des Klägers, bezeichnet als Ausschüttung an den Anteilseigner. Dementsprechend äußerte sich der Kläger in einer E-Mail vom 15.11.2013 an den Prozessvertreter dahingehend, dass am 19.12.2005 an ihn seitens der T eine Auszahlung von 28.000 US-$ erfolgt ist. Dem Kläger wurden daher seitens der T 28.000 US-$ ausgezahlt bzw. dieser Betrag wurde für ihn durch die T an die US-Steuerbehörde zwecks Tilgung der persönlichen Steuerschuld des Klägers weitergeleitet. Diese Aussagen decken sich mit dem General Ledger Detail Report für die T, wonach unter dem 19.12.2005 ein Abfluss von 28.000 US-$ verbucht wurde.

40        Entgegen der Auffassung des Klägers können die nachträglichen Buchungen in Bezug auf einen Betrag von insgesamt 28.000 US-$ (aufgeteilt in Buchungen zu 20.000 US-$ und zweimal 4.000 US-$) nicht dazu führen, die - nicht nur gebuchte, sondern tatsächlich erfolgte - Auszahlung an den Kläger als nicht erfolgt zu behandeln. Entgegen der Auffassung des Klägers liegt insoweit keine unbeachtliche, auf einem Versehen beruhende Fehlbuchung vor (vgl. hierzu Beschluss des BFH vom 18.03.2014 V B 33/13, BFH/NV 2014, 907 m.w.N.). Die Buchungen bei T zum 31.12.2005 können daher nicht als bilanzielle Neutralisierung der Buchung in Bezug auf die 28.000 US-$ vom 19.12.2005 behandelt werden. Bei der T wurde nicht eine Auszahlung an den Kläger i.H.v. 28.000 US-$ in einem einheitlichen Vorgang rückgängig gemacht. Vielmehr wurden zum 31.12.2005 drei neue, unterschiedlich begründete Vorgänge gebucht. Die Buchung in Bezug auf einen Betrag von 20.000 US-$ führte zur Reduzierung einer Darlehensforderung seitens des Klägers gegen die T. Daneben erfolgte eine Buchung über 4.000 US-$ als Reduzierung einer Zinsforderung seitens des Klägers gegen die T. Im Übrigen hat der Kläger 4.000 US-$ in die Gesellschaft eingezahlt.

41        Der Zufluss an den Kläger im Jahr 2005 seitens der T i.H.v. 28.000 US-$ wurde daher zu Recht vom Beklagten gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG der Besteuerung unterworfen.

42        Der Besteuerung stehen Vorschriften des DBA nicht entgegen.

43        Dieses Abkommen gilt gemäß Art. 1 Abs. 1 DBA für Personen, die in einem der Vertragsstaaten, also in Deutschland oder den USA, ansässig sind. „Person“ in diesem Sinne umfasst nach Art. 3 Abs. 1 d) DBA eine natürliche Person und Gesellschaften. Ansässig ist gemäß Art. 4 Abs. 1 Satz 1 DBA eine Person, die nach dem Recht eines Staates dort aufgrund ihres Wohnsitzes ihren ständigen Aufenthalt hat. Ist eine natürliche Person in beiden Vertragsstaaten ansässig, weil sie in jedem Staat über eine ständige Wohnstätte verfügt, so gilt die Person nach Art. 4 Abs. 2 a) DBA als in dem Staat ansässig, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen, das heißt den Mittelpunkt der Lebensinteressen hat.

44        Unabhängig davon, ob der Kläger im Jahr 2005 im Sinne des DBA auch in den USA einen Wohnsitz hatte, ist er nach Art. 4 Abs. 2 a) DBA für die deutsche Besteuerung als in Deutschland ansässig zu behandeln, da er in 2005 hier den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen hatte. Er hatte im Streitjahr wesentliche wirtschaftliche Beziehungen in Deutschland, da er hier aus nichtselbständiger Tätigkeit im Unternehmen der L GmbH und der L-P GmbH nicht unerhebliche Einkünfte von mehr als 130.000 € erzielte, woran sich auch in den Folgejahren nichts geändert hat. Zwar bezog der Kläger nach seinem Vortrag auch in den USA Gehälter in ähnlicher Höhe. Gleichwohl hatte er nach Auffassung des erkennenden Senats den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen in Deutschland, weil er seine persönlichen Beziehungen im Wesentlichen hier hatte. Dafür spricht der Umstand, dass er im Streitjahr mit seiner Familie, das heißt mit seiner Ehefrau und seinen zwei Kindern, in Deutschland lebte. Seine Kinder besuchten in Deutschland die Schule, was auch heute noch der Fall ist. Diesen persönlichen Umständen, die nach Aktenlage nicht nur vorübergehender Natur waren, sondern bis heute fortbestehen, kommt nach Auffassung des Gerichts bei gleichzeitiger nichtselbständiger Tätigkeit hier und in den USA größere Bedeutung zu bei der Beantwortung der Frage, wo ein Steuerpflichtiger seinen Lebensmittelpunkt hat.

45        Der Kläger war daher im Streitjahr in Deutschland ansässig im Sinne des Art. 1 Abs. 1 DBA.

46        Für den in Deutschland ansässigen Kläger gilt in Bezug auf die Zahlungen seitens der T i.H.v. 28.000 US-$ Folgendes:

47        Entgegen der Auffassung des Klägers greift für ihn nicht Art. 7 Abs. 1 DBA. Danach können gewerbliche Gewinne „eines Unternehmens eines Vertragsstaates“ nur in diesem Staat besteuert werden, es sei denn, das Unternehmen übt seine Tätigkeit im anderen Vertragsstaat durch eine belegene Betriebsstätte aus. Der Ausdruck „Unternehmen eines Vertragsstaates “ bedeutet nach Art. 3 Abs. 1 f) DBA ein Unternehmen, das von einer in einem Vertragsstaat ansässigen Person betrieben wird. Der Begriff „gewerbliche Gewinne“ richtet sich nach dem Recht des Anwenderstaates, das heißt im Streitfalle nach innerstaatlichem Recht, also in Bezug auf den Kläger nach § 15 EStG (vgl. hierzu nur Wolff in Wassermeyer, Kommentar zum DBA USA, Art. 7 Anm. 7, 73 m.w.N.). -

48        Die dem Kläger von der US-amerikanischen T gezahlten, hier streitgegenständlichen Beträge i.H.v. 28.000 US-$ sind keine gewerblichen Gewinne des Klägers i.S.d. Art. 7 DBA i.V.m. § 15 EStG. Sie sind vielmehr Teil der von der T in den USA erwirtschafteten gewerblichen Gewinne (vgl. Wolff a.a.O., Art. 7 Anm. 77). Beim Kläger sind die an ihn hieraus zugeflossenen 28.000 US-$ Einkünfte aus der Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft i.S.d. § 20 EStG. Insoweit kann auf die vorangegangenen Ausführungen zur rechtlichen Einordnung einer S-Corporation für innersteuerliche Zwecke verwiesen werden. Die Ausübung des Wahlrechts, wonach nicht die S-Corporation, sondern der Kläger persönlich die Gewinne der Gesellschaft versteuert, ändert hieran nichts. Art. 7 Abs. 1 DBA greift daher in Bezug auf den Kläger nicht.

49        Unter Berücksichtigung der vorangegangenen Ausführungen, wonach die Zahlung der 28.000 US-$ seitens der T an den Kläger keine Dividendenzahlung darstellt, kommt auch die Anwendung des Art. 10 DBA nicht in Betracht. Selbst wenn man Dividenden im Sinne der Vorschrift annähme, hinderte dies keine Besteuerung der Zahlungen an den Kläger in Deutschland. Denn nach Art. 10 Abs. 1 DBA können Dividenden, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Gesellschaft (gemäß Art. 3 Abs. 1 e) DBA eine juristische Person oder eine als solche behandelte) an eine im anderen Vertragsstaat ansässige Person zahlt, im anderen Staat besteuert werden. Bezogen auf den Streitfall bedeutet dies, dass Dividenden, die die T, die in Bezug auf Zahlungen an den Kläger als in den USA ansässig gilt (vgl. hierzu Urteil des BFH vom 20.08.2008 I R 39/07, BStBl II 2009, 234), an den in Deutschland ansässigen Kläger gezahlt hat, in Deutschland besteuert werden, unabhängig davon, dass Dividenden grundsätzlich auch in den USA als „dem anderen Staat“ besteuert werden können (Art. 10 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 DBA).

50        Dementsprechend steht keine Vorschrift des DBA einer Besteuerung der 28.000 US-$ im Inland gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG entgegen. Vielmehr ergibt sich aus Art. 21 Abs. 1 DBA, dass Einkünfte einer in einem Vertragsstaat ansässigen Person, die in den vorstehenden Artikeln des DBA nicht behandelt werden, ohne Rücksicht auf ihre Herkunft nur in diesem Staat (dem Ansässigkeitsstaat) besteuert werden. Die Zahlungen an den Kläger als in Deutschland ansässige Person sind daher unabhängig von ihrer Herkunft aus den USA im Inland zu besteuern.

51        Die Klage war daher abzuweisen.

52        Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 FGO.

53        Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 151 Abs. 3, 155 i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.

54        Die Revision wurde gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zugelassen. Der BFH hat über eine Sachverhaltskonstellation wie im Streitfalle noch nicht entschieden.

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