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RdF-News
02.03.2012
RdF-News
BGH: Anlageberater muss über in strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen Fondsverantwortliche aufklären









BGH, Urteil  vom 10.11.2011 - Aktenzeichen III ZR 81/11
(Vorinstanz: LG München I vom
06.05.2010 - Aktenzeichen 35 O 20783/09; ) (Vorinstanz: OLG München
vom 16.03.2011 - Aktenzeichen 20 U
3799/10; )


Amtliche Leitsätze:
Zur Aufklärungspflicht des Anlageberaters über ein ihm
bekanntes strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen
Fondsverantwortliche.

Amtliche Normenkette: BGB
§ 675;

Redaktionelle Normenkette: BGB
§ 675;


DB 2011, 2769
MDR 2012, 24
ZIP 2012, 85








Tatbestand
 






Der Kläger begehrt aus abgetretenem Recht Schadensersatz wegen
verschiedener behaupteter Pflichtverletzungen der Beklagten im Zusammenhang mit
einer Anlageberatung.
RN 1






Der Zedent zeichnete nach Beratung durch die Beklagte am 2.
November 2001 über die A/T/G A. T. - und W. mbH eine mittelbare
Kommanditbeteiligung an der A. GmbH & Co. V. 4 KG (im Folgenden: A. 4 KG)
über 60.000 DM zuzüglich 3.000 DM Agio. Auf die Einlage und das Agio erbrachte
er eine an-
RN 2






fängliche Einmalzahlung von 3.067,75 €, anschließend von
Februar 2002 bis Juli 2009 monatliche Raten zu je 102 €, insgesamt mithin
12.247,75 €.
 






Gegen den Geschäftsführer und Hauptgesellschafter der A. GmbH,
der Komplementärin der KG, den Zeugen P. -K. , sowie gegen die Geschäftsführerin
und Hauptgesellschafterin der A/T/G, der Treuhandgesellschaft und
Mittelverwendungskontrolleurin und laut Prospekt auch Gründungskommanditistin,
führte die Staatsanwaltschaft M. seit Frühjahr 2000 ein Ermittlungsverfahren,
das das Engagement der Beschuldigten für die A. 1 und die A. 3 KG betraf. Im
Zuge der Ermittlungen wurden im April 2000 die Geschäftsräume der A. GmbH wegen
des Verdachts diverser Verstöße gegen das Kreditwesengesetz
durchsucht. Das Ermittlungsverfahren erstreckte sich zusätzlich unter anderem
auch auf den Tatbestand des Kapitalanlagebetrugs. Insoweit ging es um die
Vorwürfe, dass Investitionen durch die A. 1 und 3 KG über längere Zeiträume
nicht getätigt worden seien, ohne Wissen zahlreicher Anleger ein erheblicher
Teil der prospektierten Kosten Gesellschaften der Beschuldigten zu Gute gekommen
war und die Struktur der Beteiligung die Erzielung eines den Anlegern
versprochenen Gewinns am Ende der Laufzeit nicht erlaubte. Unter dem 30. Januar
2002 erhob die Staatsanwaltschaft Anklage wegen gemeinschaftlicher Untreue in 4
Fällen sowie 79 beziehungsweise 66 vorsätzlichen Verstößen gegen das Kreditwesengesetz.
Gleichzeitig sah die Staatsanwaltschaft gemäß § 154
Abs. 1
StPO
von der Verfolgung unter anderem des Kapitalanlagebetrugs ab, weil die insoweit
zu erwartende Strafe angesichts der angeklagten Taten nicht erheblich ins
Gewicht falle. Am 2. Oktober 2002 wurden die Beschuldigten wegen Verstoßes gegen
das Kreditwesengesetz
rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von acht beziehungsweise sechs Monaten
auf Bewährung verurteilt.
RN 3






Der Kläger, der über das Ermittlungsverfahren bei seiner
Anlageentscheidung nicht informiert war, hat die Beklagte auf Rückzahlung von
12.247,75 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Abtretung der Rechte aus der
KG-Beteiligung in Anspruch genommen. Die Klage hat in erster Instanz keinen
Erfolg gehabt. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht unter
Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung die Beklagte antragsgemäß
verurteilt. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision
der Beklagten.
RN 4








Entscheidungsgründe
 






Die zulässige Revision hat in der Sache keinen
Erfolg.
RN 5






I.
 






Nach Auffassung des Oberlandesgerichts hat die Beklagte ihre
Pflichten aus dem Beratervertrag jedenfalls dadurch verletzt, dass sie es
unterlassen hat, den Zedenten über das im Zeitpunkt der Zeichnung anhängige und
ihr bekannte Ermittlungsverfahren aufzuklären. Als für eine Anlageentscheidung
wesentlich und damit aufklärungspflichtig müssten alle Umstände angesehen
werden, die geeignet seien, die Vertrauenswürdigkeit der Fondsverantwortlichen
ernsthaft in Frage zu stellen. Hierzu zähle nicht nur eine (rechtskräftige)
Verurteilung wegen einer im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit
begangenen Straftat. Auch dass ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts
solcher Straftaten anhängig sei, könne aus der Sicht eines vernünftigen Anlegers
die Vertrauenswürdigkeit der Fondsverantwortlichen erschüttern, und sei deshalb
offenzulegen. Denn die Anhängigkeit eines solchen Verfahrens bedeute, dass die
Staatsanwaltschaft sich veranlasst sehe, wegen zureichender tatsächlicher
Anhaltspunkte tätig zu werden und den Sachverhalt zu erforschen (§ 152
Abs. 2,
§ 160
Abs. 1
StPO).
Es bestehe also ein konkreter Anfangsverdacht, was einen durchschnittlich
vorsichtigen Interessenten bereits davon abhalten könne, eine Beteiligung zu
zeichnen, solange sich dieser Verdacht nicht als haltlos erweise. Bereits der
Umstand, dass hier wegen des Verdachts des Verstoßes gegen das Kreditwesengesetz
ermittelt worden sei, hätte aufgeklärt werden müssen. Zwar habe das Verfahren
andere Gesellschaften und andere Vertragsgestaltungen betroffen. Die Frage aber,
ob sich die hinter einer Beteiligung stehenden verantwortlichen Personen im
Rahmen ihrer Geschäftstätigkeit - sei es auch im Zusammenhang mit anderen
Finanzgeschäften - an Recht und Gesetz zu halten pflegten oder in strafrechtlich
relevanter Weise hiergegen verstießen, sei ein ihre Zuverlässigkeit ernsthaft in
Frage stellender Umstand. Jedenfalls aber die Anhängigkeit eines Verfahrens
wegen des Verdachts, einen Betrug zum Nachteil von Anlegern - wenn auch im
Zusammenhang mit anderen Beteiligungsgesellschaften - begangen zu haben, sei
geeignet, einen vernünftig denkenden Interessenten davon abzuhalten, denselben
Personen seine Gelder anzuvertrauen oder diesen Personen entsprechende
Anlageentscheidungen zu überlassen. Der durchschnittlich vorsichtige Kunde werde
zumindest die Klärung des Verdachts abwarten wollen.
RN 6






Auf Verjährung könne sich die Beklagte nicht berufen. Dass auf
der Gesellschafterversammlung am 14. Juli 2002, an der der Kläger teilgenommen
habe, über die Ermittlungen gesprochen wurde, sei nicht bewiesen. Gleiches gelte
für den streitigen Zugang des an "Anleger und Interessenten" gerichteten
Schreibens der Fondsgesellschaft vom 14. Januar 2004 beim Zedenten, in dem über
das Ermittlungsverfahren berichtet worden sei. Schließlich lasse auch der
Umstand, dass der Zedent über einen privaten Log-In auf das A/T/G-Infocenter
habe zugreifen können und darauf nach eigener Aussage auch zugegriffen habe,
nicht darauf schließen, dass er von dem dort unter anderem eingestellten
Schreiben vom 14. Januar 2004 Kenntnis genommen habe. Selbst wenn es sich dabei
aus Sicht der Beklagten um die einzig interessante Information im Infocenter
gehandelt haben möge, beweise dies weder eine positive Kenntnis seitens des
Zedenten noch begründe der Umstand, dass dieser das Dokument nicht zum Zwecke
der Kenntnisnahme aufgerufen habe, den Vorwurf grob fahrlässiger
Unkenntnis.
RN 7






II.
 






Dies hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
RN 8






1. Ein Anlageberater hat die Pflicht, seinen Kunden über alle
Eigenschaften und Risiken richtig und vollständig zu informieren, die für die
jeweilige Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben können (vgl.
nur Senat, Versäumnisurteil vom 18. Januar 2007 - III
ZR 44/06
, NJW-RR 2007, 621
Rn. 10; Urteil vom 19. November 2009 - III
ZR 169/08
, BKR 2010, 118 Rn. 19). Dies betrifft nicht nur Umstände, die sich
auf das Anlageobjekt selbst beziehen, sondern auch solche, die für die
Seriosität und Zuverlässigkeit der Fondsverantwortlichen wichtig sind oder sein
können. Hierzu gehört ein strafbares Verhalten jedenfalls dann, wenn es um Taten
geht, die aus der Sicht eines vernünftigen Anlegers geeignet sind, die
Vertrauenswürdigkeit der Fondsverantwortlichen in Frage zu stellen. Die
Aufklärungspflicht des Beraters setzt dabei nicht erst ein, wenn es zu einer
(rechtskräftigen) Verurteilung oder auch nur zur Erhebung der öffentlichen Klage
gekommen ist. Vielmehr kann ein Berater, dem der Kunde weitreichendes
persönliches Vertrauen entgegenbringt (Senat aaO), bereits verpflichtet sein,
darüber aufzuklären, dass gegen Fondsverantwortliche ein Ermittlungsverfahren in
Bezug auf diesbezügliche Straftaten anhängig ist, um auf diese Weise dem Kunden
die Entscheidung zu ermöglichen, ob er ungeachtet dessen das Risiko einer
Kapitalanlage in diesem Fonds eingehen oder die Anlageentscheidung bis zum
Abschluss des Ermittlungs- beziehungsweise Strafverfahrens zurückstellen oder
ganz davon Abstand nehmen und sein Geld anderweitig investieren will.
RN 9






Ob eine solche Pflicht im Einzelfall besteht, es also um einen
Sachverhalt geht, der aus der Sicht eines vernünftigen Anlegers geeignet ist,
die Vertrauenswürdigkeit der Fondsverantwortlichen in Frage zu stellen, obliegt
grundsätzlich der revisionsrechtlich nur eingeschränkt nachprüfbaren Beurteilung
des Tatrichters. Diesbezügliche Rechtsfehler zeigt die Revision nicht auf. Die
Rüge, die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft müssten zumindest sachlich mit der
konkreten Kapitalanlage im Zusammenhang stehen, was hier nicht der Fall sei, da
die Ermittlungen andere Gesellschaften und andere Vertragsgestaltungen betroffen
hätten, greift nicht durch. Zweifel an der Vertrauenswürdigkeit können sich auch
aus Umständen ergeben, die nicht die streitgegenständliche Anlage und nicht den
gleichen Vertragstyp betreffen. Dies gilt vor allem dann, wenn - wie hier - die
betroffenen (Fonds-)Gesellschaften (A. 1 KG und A. 3 KG) mit der in Rede
stehenden Anlagegesellschaft wirtschaftlich und personell in der Weise
verflochten sind, dass die Initiatoren beziehungsweise die für die Geschicke der
Gesellschaften Verantwortlichen, gegen die sich das Ermittlungsverfahren
gerichtet hat, personenidentisch sind.
RN 10






Auch geht die Rüge der Revision fehl, das Berufungsgericht
habe bezüglich der Aufklärungspflicht über Ermittlungsverfahren nicht
hinreichend nach der - aus damaliger Sicht - "Stichhaltigkeit" der Vorwürfe und
der "Intensität" der Ermittlungen differenziert. Der diesbezügliche Hinweis, es
gehöre zum Alltag von Finanzdienstleistungsunternehmen und ihren Repräsentanten,
mit zahlreichen - zumeist substanzlosen - Strafanzeigen und dadurch in Gang
gesetzten Ermittlungen konfrontiert zu werden, trifft auf den konkreten Fall
nicht zu. Zwar mag keine Aufklärungspflicht bestehen, wenn es sich um von
vorneherein erkennbar substanzlose Vorwürfe handelt. Aber abgesehen davon, dass
dies der Anlageberater mangels Fachkompetenz und ausreichender Tatsachenkenntnis
regelmäßig nicht hinreichend sicher wird beurteilen können, geht es nach den
rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts nicht um einen solchen
Sachverhalt. So belegt etwa der Umstand, dass die Geschäftsräume der A. GmbH
durchsucht worden sind, hinreichend, dass gegen die beiden Geschäftsführer der
Komplementär-GmbH und der Treuhandgesellschaft ein über bloße Vermutungen
hinausreichender, auf bestimmte tatsächliche Anhaltspunkte gestützter konkreter
Verdacht einer Straftat bestand (vgl. BGH, Beschlüsse vom 12. Dezember 2008 - 2
StR 479/08
, NStZ-RR 2009, 142,
143 und vom 13. Oktober 1999 - StB 7, 8/99, NJW 2000, 84, 85; siehe auch BVerfG,
NJW 1999, 2176).
Auch wurden die Ermittlungen nicht nach § 170
Abs. 2
StPO
eingestellt, sondern Anklage erhoben und im Übrigen von der Verfolgung nach § 154
StPO
abgesehen.
RN 11






2. Soweit die Revision beanstandet, die Würdigung des
Berufungsgerichts, auch Gesichtspunkte des Datenschutzes stünden einer
Aufklärungspflicht nicht entgegen, beruhe auf einem Verstoß gegen den
Beibringungsgrundsatz, wird schon nicht erkennbar - und ist auch sonst nicht
ersichtlich -, warum es der Beklagten überhaupt aus Gründen des Datenschutzes
verwehrt gewesen sein sollte, auf das laufende staatsanwaltschaftliche
Ermittlungsverfahren hinzuweisen. Gleiches gilt für den in der mündlichen
Verhandlung erhobenen Einwand, bei Vornahme einer Güterabwägung - entsprechend
den Grundsätzen zur sogenannten Verdachtsberichterstattung - überwiege das
Persönlichkeitsrecht der Beschuldigten gegenüber dem Informationsinteresse der
Anleger. Denn es geht hier nicht um einen presserechtlichen Vorgang, sondern um
die Pflichten eines Anlageberaters gegenüber seinem Kunden, dem er ein
bestimmtes Anlageobjekt empfiehlt und den er insoweit über alle wesentlichen
Umstände zu informieren hat. Im Übrigen wurde nach den Feststellungen des
Berufungsgerichts über das Ermittlungsverfahren im Sommer 2000 zweimal in der
Presse berichtet, sodass von einem - nach Auffassung der Revision als
schützenswert einzustufenden - Bedürfnis nach Geheimhaltung ohnehin nicht
gesprochen werden kann.
RN 12






3. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die
Klageforderung nicht verjährt.
RN 13






Nach § 199
Abs. 1
Nr. 2
BGB
beginnt die regelmäßige Verjährungsfrist mit dem Schluss des Jahres, in dem der
Anspruch entstanden ist und in dem der Gläubiger von den Umständen, die den
Anspruch begründen, und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat oder ohne
grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen. Für diese subjektiven
Voraussetzungen trägt die Beklagte als Schuldner die Darlegungs- und Beweislast
(vgl. nur Senat, Urteil vom 8. Juli 2010 - III
ZR 249/09, BGHZ 186, 152 Rn. 25 mwN).
RN 14






a) Es ist nicht zu beanstanden, dass das Oberlandesgericht
nach durchgeführter Beweisaufnahme die Behauptung der Beklagten, auf der
Gesellschafterversammlung am 24. Juli 2002 sei in Gegenwart des Klägers über die
Ermittlungen berichtet worden, nicht als bewiesen angesehen hat.
RN 15






Nach § 286
Abs. 1
ZPO
hat das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlung und
des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu
entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung wahr oder nicht wahr ist. Diese
Würdigung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters, an dessen Feststellungen das
Revisionsgericht gemäß § 559
Abs. 2
ZPO
gebunden ist. Dieses kann lediglich überprüfen, ob das Berufungsgericht die
Voraussetzungen und die Grenzen des § 286
ZPO
gewahrt hat. Damit unterliegt der Nachprüfung nur, ob sich der Tatrichter mit
dem Prozessstoff und den etwaigen Beweisergebnissen umfassend und
widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Würdigung also vollständig und
rechtlich möglich ist und nicht gegen Denk- und Erfahrungssätze verstößt (vgl.
nur Senat, Urteile vom 19. Juni 2008 - III
ZR 46/06
, NJW-RR 2008, 1484
Rn. 22 und 5. November 2009 - III
ZR 6/09
, NJW 2010, 1456
Rn. 8, jeweils mwN).
RN 16






Gemessen an diesem Maßstab erweist sich die Wertung des
Oberlandesgerichts als fehlerfrei.
RN 17






Die beiden von der Beklagten benannten Zeugen A. und W. haben
nach den gerichtlichen Feststellungen, gegen die sich die Revision auch nicht
wendet, keine sicheren Angaben zum Beweisthema machen können. Konkrete - und
gegensätzliche - Aussagen haben lediglich der Zedent und der Zeuge P. -K.
getätigt. Das Berufungsgericht hat sich insoweit keine Überzeugung dahingehend
bilden können, dass letzterer die Wahrheit und ersterer die Unwahrheit gesagt
hat; wessen Aussage stimme, lasse sich nicht mit der erforderlichen Gewissheit
klären.
RN 18






Dafür, dass das Berufungsgericht, wie die Revision mutmaßt,
bei seiner Beweiswürdigung unter Verstoß gegen § 286
ZPO
(siehe dazu Senat, Urteil vom 8. Januar 1976 - III ZR 148/73, WM
1976, 424; BGH, Urteil vom 14. Dezember 2000 - IX
ZR 332/99
, NJW 2001, 826,
827) übersehen hat, dass der Zedent ein unmittelbares Interesse am Ausgang des
Rechtsstreits gehabt habe, besteht kein hinreichender Anhalt. Im Übrigen ist
nicht ersichtlich, weshalb das Gericht dem vorbestraften Fondsverantwortlichen
P. -K. , der ebenfalls nicht als unbeteiligter, neutraler Zeuge bezeichnet
werden kann, eher hätte glauben und aufgrund seiner Aussage den der Beklagten
obliegenden Beweis als geführt hätte ansehen müssen, zumal auch das über die
Gesellschafterversammlung aufgenommene, sehr ausführliche Protokoll hierzu
keinerlei Hinweise gibt.
RN 19






Auch die weitere Rüge der Revision, die Beweiswürdigung sei
deshalb widersprüchlich, weil das Berufungsgericht den Angaben des Zeugen P. -K.
nicht gefolgt sei, obwohl es an anderer Stelle - im Rahmen der Erörterung, ob
datenschutzrechtliche Bedenken einer Aufklärung durch die Beklagte
entgegenstünden - seinen Ausführungen die Aussage dieses Zeugen zugrunde gelegt
habe, greift nicht durch. Denn für das Berufungsgericht war in letzterem
Zusammenhang, wie die diesbezügliche Passage in den Entscheidungsgründen zeigt
("Wenn also schon ab Mai 2000 die Anleger informiert wurden, so bestand keine
Rechtfertigung, aus Gründen des Datenschutzes Anlageinteressenten Ende 2001 über
diese wesentlichen Gesichtspunkte im Unklaren zu lassen."), ersichtlich nur die
Zeit bis zum Beitritt des Zedenten im Jahr 2001 von Bedeutung. Hieraus kann aber
nicht abgeleitet werden, dass das Berufungsgericht dem Zeugen seine Darstellung,
wonach auch auf allen Gesellschafterversammlungen seit dem Beitritt des Zedenten
bis 2005 die Ermittlungen thematisiert worden seien, einmal geglaubt und dann
wiederum nicht geglaubt hat.
RN 20






Ebenso wenig ist der von der Revision angesprochene Umstand,
dass das Landgericht im Rahmen seiner Beweiswürdigung zur -in der Darlegungsund
Beweislast des Klägers liegenden - Frage der Prospektübergabe an den Zedenten
nicht der als unglaubhaft empfundenen Darstellung des Zedenten zu folgen
vermochte, geeignet, die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts zu einem anderen
Beweisthema mit entgegengesetzter Verteilung der Darlegungsund Beweislast
entscheidend in Frage zu stellen. Gleiches gilt für die in diesem Zusammenhang
von der Revision als "befremdlich" bezeichnete Nichtkenntnisnahme des Zedenten
von dem im A/T/G-Infocenter eingestellten Schreiben vom 24. Januar
2004.
RN 21






b) Fehl geht auch die Rüge der Beklagten, das Berufungsgericht
habe verfahrensfehlerhaft keinen Beweis über den Zugang des Schreibens vom 14.
Januar 2004 erhoben. Die Beklagte hat in dem in der Revision insoweit in Bezug
genommenen Schriftsatz vom 18. November 2010 lediglich behauptet, das Schreiben
sei an den Zedenten mit einfacher Post versandt worden. Dieser Vortrag - als
richtig unterstellt - besagt aber nichts über den Zugang beim
Zedenten.
RN 22






c) Mit der Revision rügt die Beklagte zuletzt, das
Berufungsgericht habe nach der Beweisaufnahme verfahrensfehlerhaft unterlassen,
sie auf die beabsichtigte Beweiswürdigung hinzuweisen und ihr im Rahmen des § 356
ZPO
Gelegenheit zu geben, die ladungsfähigen Anschriften weiterer bereits im
Schriftsatz vom 10. November 2010 erwähnter Zeugen nachzureichen.
RN 23






Auch dieser Einwand ist unbegründet. Die Beklagte hat selbst
verschuldet, dass keine weiteren Zeugen vernommen worden sind. In dem von der
Revision in Bezug genommenen Schriftsatz vom 10. November 2010 hat die Beklagte
vorgetragen, der Zedent habe an der Gesellschafterversammlung vom 24. Juli 2002
teilgenommen (hierzu hat sie auf die dem Schriftsatz als Anlagen beigefügte
Anmeldung des Zedenten und das Teilnehmerverzeichnis verwiesen) und auf dieser
seien die Anwesenden über die Ermittlungen informiert worden (Beweis im
Bestreitensfalle: "Teilnehmer der ordentlichen Gesellschafterversammlung der A.
4 KG am 24.07.2002, ladungsfähige Anschriften werden im Bestreitensfalle
nachgereicht"). Nach Bestreiten der Darstellung der Beklagten über die
Erörterung des Ermittlungsverfahrens durch den Kläger hat sich die Beklagte
lediglich auf die Zeugen A. , P. -K. und W. unter Mitteilung der ladungsfähigen
Anschriften berufen. Folgerichtig sind nur diese drei Zeugen - neben dem
klägerseits benannten Zedenten - vernommen worden. Angesichts dieses
Verfahrensablaufs musste das Berufungsgericht nicht davon ausgehen, dass die
Beklagte noch weitere bei der Gesellschafterversammlung anwesende Personen als
Zeugen benennen wollte, und ihr für die Ermittlung sowie Mitteilung der
diesbezüglichen Anschriften eine zusätzliche Frist nach § 356
ZPO
geben. Hierfür bestand auch nach der Beweisaufnahme keine Veranlassung, nachdem
sich der Prozessbevollmächtigte der Beklagten im Rahmen seiner Stellungnahme zum
Ergebnis der Beweisaufnahme darauf beschränkt hat, die Glaubwürdigkeit des
Zedenten in Frage zu stellen.
RN 24






Die Revision war daher auf Kosten der Beklagten
zurückzuweisen.
RN 25
 

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