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RdF-News
19.09.2017
RdF-News
Jens Berger: Was Sie Ihren Prüfer schon immer zu IFRS 9 fragen wollten…

Wenn sich die größten sechs Wirtschaftsprüfungsnetzwerke (BDO, Deloitte, EY, Grant Thornton, KPMG, PwC) über ihr globales Sprachrohr, das Global Public Policy Committee (GPPC), zu Wort melden, sollte man hellhörig werden. Nur selten gibt es eine offizielle Kommunikation aus diesem Gremium. Im Juli war es wieder soweit. Das GPPC hat ein Papier mit dem etwas sperrigen Titel „The Auditor’s Response to the Risk of Material Misstatement Posed by Estimates of Expected Credit Losses under IFRS 9” veröffentlicht. Dabei handelt es sich um die (implizite) Fortsetzung eines weiteren, im Juni 2016 veröffentlichten GPPC-Papiers („The implementation of IFRS 9 impairment requirements by banks“), welches sich mit IFRS 9 aus Sicht der Kommunikation zwischen Geschäftsleitung und Prüfungsausschuss beschäftigte. IFRS 9 wirft also weiterhin seinen langen Schatten voraus.

Im Kern wird die Frage behandelt, wie ein Aufsichtsrat bzw. spezifischer: der Prüfungsausschuss eines Kreditinstituts die Arbeit des Abschlussprüfers im Rahmen der Prüfung der neuen Wertminderungsvorschriften nach IFRS 9 hinterfragen und beurteilen soll. In erster Linie geht es dabei um die prüferische Würdigung der Schätzungsunsicherheiten und die Ermessensausübung der Geschäftsleitung im Rahmen der Ermittlung von Wertminderungen nach dem zukunftsgerichteten Expected-Credit-Loss-Modell (ECL). Für das Prüfungsausschussmitglied werden die passenden Fragen an den Abschlussprüfer sogar mitgeliefert, beispielsweise ob Vereinfachungen angemessen angewendet wurden, wie der Abschlussprüfer die wesentlichen Quellen an Schätzunsicherheit ermittelt hat und ob er eine abschließende Gesamtwürdigung mit der nötigen Distanz vorgenommen hat.

Wer jetzt angesichts der Fragen und vielleicht beim Lesen des gesamten Papiers nervös wird, der kann beruhigt sein. Eigentlich sind es nur die internationalen Vorgaben für Abschlussprüfer zur Prüfung von geschätzten Werten nebst der inhärenten Schätzunsicherheiten (Stichwort für (Ex-) Prüfer: ISA 540), die spezifisch auf die Impairmentvorschriften angepasst und ergänzt wurden. Überspitzt gesagt wird extern dokumentiert, was der Prüfer intern ohnehin machen muss, wobei natürlich Überlegungen zur Wesentlichkeit und Proportionalität einfließen. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Warum? Weil es für die Mitglieder des Prüfungsausschusses – allen voran den notwendigen Finanzexperten nach AktG/HGB sowie KWG – hilfreich ist, zu verstehen, was der Abschlussprüfer eigentlich hinsichtlich der neuen Materie „ECL“ prüft (und indirekt auch, was nicht), damit man dessen Ergebnisse kritisch hinterfragen kann. Zudem wird anhand der Anforderungen deutlich, dass nicht nur der Abschlussprüfer im Vorfeld Überlegungen zur Prüfung anstellen muss, sondern dass auch das geprüfte Unternehmen zunächst die Grundlagen dafür schaffen muss, das im Rahmen der ECL-Ermittlung zugrunde gelegte Ermessen für Dritte (also nicht nur für den Abschlussprüfer, sondern ggf. später auch für die Aufsicht) nachvollziehbar zu machen.

Das zweite GPPC-Papier ist dafür sicherlich ein sinnvoller Leitfaden. Wenige Monate vor der Erstanwendung von IFRS 9 bietet sich eine gute Gelegenheit, das eigene Wissen zu IFRS 9 aufzufrischen und in die Kommunikation mit dem Prüfer einzusteigen. Wer noch ein paar Tage im Urlaub hat und sich berufsbedingt mit der Materie beschäftigen muss, dem sei dies als Strand-, Pool- oder Zimmerlektüre ans Herz gelegt. Happy reading!

 

Dipl.-Kfm. Jens Berger, CPA, ist Partner beim Prüfungs- und Beratungsunternehmen Deloitte in Frankfurt a. M. und Leiter des deutschen IFRS Centre of Excellence. 

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