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RdF-News
04.06.2014
RdF-News
Prof. Dr. Olaf Müller-Michaels: Scalping soll schon im Ansatz bestraft werden

Durch sein Urteil 1 StR 106/13 vom 4.12.2013 verschärft der BGH die Auslegung des Straftatbestands der Marktmanipulation. Nachvollziehbar und richtig schneidet das Gericht Mittätern, die arbeitsteilig handeln (einer empfiehlt, der andere verkauft), das Argument ab, sie seien nicht strafbar, da jeder einzelne von ihnen nicht alle Tatbestandsmerkmale erfüllt habe. Unabhängig davon folgt schon aus dem Wortlaut der Vorschriften, dass neben der Täuschungshandlung und der Einwirkung auf den Börsenkurs keine weiteren Tatbestandsmerkmale für eine strafbare Marktmanipulation vorliegen müssen. Es ist also für den Straftatbestand der Marktmanipulation anders als beim Betrug keine Bereicherungsabsicht und auch kein Vermögensvorteil erforderlich. Der unter Ausnutzung der Marktmanipulation erzielte Gewinn ist allerdings bei der Strafzumessung zu berücksichtigen. Der Angeklagte O. kam bei einem Gewinn von 3,5 Mio. Euro noch mit einer Bewährungsstrafe davon, während M. mit 25 Mio. Euro zu einer Haftstrafe von drei Jahren und zwei Monaten verurteilt wurde. Zum Thema Täuschungshandlung bestätigte der BGH seine bisherige Rechtsprechung. Insbesondere hält das Gericht daran fest, dass beim Scalping das Nichtoffenlegen des Interessenkonflikts eine Täuschung durch aktives Tun und nicht durch Unterlassen darstellt. Die Kaufempfehlungen beinhalteten die stillschweigende Erklärung, dass ihnen nicht der Makel des sachfremden Ziels der Kursbeeinflussung zu eigennützigen Zwecken anhaftete (Tz. 45; BGH, 6.11.2003 – 1 StR 24/03, BB 2004, 11, 13; kritisch: Pananis, in: MünchKomm StGB, 2010, § 38 WpHG, Rn. 214). Daher kommt es auch nicht darauf an, ob die Geschädigten bei richtiger Aufklärung über die Bestände des Täters vom Kauf Abstand genommen hätten oder sich der Kurs anders entwickelt hätte. Die Täuschungshandlung liegt nicht in falschen oder irreführenden Empfehlungen, sondern in der Nichtaufklärung über den Interessenkonflikt. Mit anderen Worten macht sich ein Börsenjournalist selbst dann wegen Scalping strafbar, wenn er eine sachlich richtige Empfehlung gibt, die Einfluss auf den Börsenkurs hat, sofern er eigene Bestände nicht offenlegt. Das gilt sogar unabhängig von der Höhe der eigenen Bestände, da der BGH die Anwendung der 5 % Schwelle für Finanzanalysen auf das Scalping ablehnt. Offen lässt der BGH, ob es für die Aufklärung ausreicht, die eigene Position offen zu legen oder auch die Absicht, diese alsbald wieder aufzulösen, mitgeteilt werden muss. Pauschal gehaltene Hinweise genügen den Anforderungen jedenfalls nicht. Zur Beurteilung der Frage, ob durch die marktmanipulative Handlung eine Einwirkung auf den Börsenkurs eingetreten ist, reichen nach Ansicht des BGH Vergleiche zwischen Kursverlauf und Umsatz vorher und nachher aus. Dabei kann auch eine Gesamtbetrachtung aller Veröffentlichungen in einem bestimmten Zeitraum angestellt werden, wenn es sich um eine koordinierte Vermarktungskampagne handelt. Insgesamt ist das Bemühen des BGH erkennbar, Scalping schon im Ansatz zu bestrafen. Das sollte Börsenjournalisten bewusst sein.

Prof. Dr. Olaf Müller-Michaels, ist Rechtsanwalt im Düsseldorfer Büro der Kanzlei Orrick, Herrington & Sutcliffe LLP.

Den kompletten Kommentar von Müller-Michaels finden Sie in BB 2014, 1358.

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