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RdF-News
10.01.2020
RdF-News
Prof. Dr. Edgar Löw: Plädoyer gegen originäre Eingriffe in die Bilanzierung durch aufsichtsrechtliche Bewertungen

Die Finanzmarktkrise liegt zehn Jahre zurück. Damals wurde die Bilanzierung teilweise heftig kritisiert, sie wirke als Brandbeschleuniger. Die Bewertung von Finanzinstrumenten wurde für Kursrückgänge von Subprime-Produkten und Staatsanleihen mitverantwortlich gemacht. Der bilanzielle Ausweis gesunkener Werte belaste die Gewinn- und Verlustrechnung, was das bilanzielle Eigenkapital reduziere, sich auf das aufsichtsrechtliche Eigenkapital mindernd auswirke, zu weiteren Verkäufen führe, um die aufsichtsrechtlichen Mindestkapitalanforderungen zu erfüllen, und daher weitere Kursrückgänge induziere. Die Kritik war unangemessen. Sinn und Zweck der Bilanzierung nach den IFRS war und ist die Vermittlung entscheidungsnützlicher Informationen für einen breiten Adressatenkreis unter möglichst verzerrungsfreier Abbildung der realen Geschäftsaktivität im Rahmen geltender Regeln.
 
Die Bilanzierung von Finanzinstrumenten hat sich verändert. Über IFRS 9 wurde ein erweitertes Wertminderungsmodell implementiert. Auch die Aufsicht wartet mit kaum zählbaren neuen Regeln auf. Nach wie vor nutzt die Bankenaufsicht Erkenntnisse der Bilanzierung. Die Verzahnung ist noch enger geworden. Grundsätzlich ist dies sehr zu begrüßen.
 
Allerdings setzt die Aufsicht an verschiedenen Stellen zur Korrektur bilanzieller Werte an und drängt sich implizit in die Bilanzierung. Sie verlangt eine Mindestvorsorge für so genannte Non-Performing Loans, ohne die Wertberichtigungen nach IFRS 9 stets komplett zu übernehmen oder auf eine eigene Definition uneinbringlicher Kredite zu verzichten, gibt aufsichtsrechtliche Anforderungen an Kreditrisikoparameter vor oder hält vorsichtsgeprägte Adjustierungen von Fair Values für erforderlich. Inzwischen beschäftigt sich die European Banking Authority (EBA) mit Modellen zur bilanziellen Ermittlung von Wertberichtigungen nach IFRS 9, zunächst nur, um sie zu verstehen. Es ist eine Frage der Zeit, wann die EBA tiefer eingreift.
 
Vor dem Hintergrund unterschiedlicher Zielsetzungen – der Aufsicht geht es um eine Ausweitung der Risikodeckungsfähigkeit von Banken – ist die Entwicklung sorgsam zu beobachten. So verständlich es ist, dass bilanzierende Banken Zahlen möglichst einheitlich für beide Disziplinen ermitteln und simultan verwenden möchten, so wichtig ist es, die Bilanzierung nach IFRS systemimmanent zu interpretieren und regelkonform anzuwenden. Die Erfüllung aufsichtsrechtlicher Zwecke ist eine Zusatzaufgabe, der im Rahmen der Bilanzierung nur insoweit nachgekommen werden kann, wie die originären Bilanzierungszwecke dem nicht entgegenstehen. Mittelfristig ist der Aufsicht zu empfehlen, das Handlungsspektrum einer Vielzahl von Anpassungen an Werte der Rechnungslegung deutlich zu verringern, Überleitungen auf ein Minimum zu reduzieren und sich auf traditionelle Anpassungen, etwa so genannte Prudential Filter oder Eigenmittelanforderungen, zu beschränken.
 
Prof. Dr. Edgar Löw ist Professor für Rechnungslegung und Programmdirektor für den Studiengang Master in Auditing an der Frankfurt School of Finance and Management, Frankfurt a. M., sowie Honorarprofessor an der Wissenschaftlichen Hochschule für Unternehmensführung, Otto Beisheim School of Management, Vallendar.
 

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