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RdF-News
15.01.2016
RdF-News
Dr. Jochen Eichhorn: Keine Überdehnung des Zuwendungsbegriffs

Nicht wenige sehen die BGH-Rechtsprechung zur Offenlegung von Zuwendungen bei Wertpapiergeschäften kritisch. Nicht, weil damit deutlich gemacht wurde, dass Banken und Finanzdienstleistungsinstitute ihre Kunden aufklären müssen, wenn sie von Dritten Zuwendungen in Zusammenhang mit Wertpapiergeschäften erhalten. Kritisch gesehen wird vielmehr die Rechtsfolge, dass im Falle einer unterlassenen Aufklärung nicht nur die Zuwendungen an den Kunden zu zahlen sind, über die der Kunde nicht informiert wurde, sondern das gesamte Wertpapiergeschäft rückabzuwickeln ist. So können Kunden ihre marktinduzierten Verluste auf die Banken abwälzen, obwohl diese mit den Zuwendungen eigentlich wenig zu tun haben.

Da wir mit dieser BGH-Rechtsprechung leben müssen, gilt es wachsam zu sein, wenn es um deren Anwendung geht. So muss darauf geachtet werden, dass der Begriff der Zuwendung nicht überdehnt wird. Diese Gefahr besteht in dem nicht seltenen Fall, dass ein Kredit oder Finanzdienstleistungsinstitut im Rahmen der Vermögensverwaltung Fondsanteile kauft oder deren Erwerb bei der Anlageberatung empfiehlt und die den Fonds verwaltende Kapitalverwaltungsgesellschaft (KVG) von eben diesem Institut durch Verwaltung oder Beratung gegen Vergütung unterstützt wird.

Hier könnte sich die Frage stellen, ob diese Vergütung eine „Zuwendung“ im Sinne von § 31d WpHG ist. Denn dann müsste das Institut seine Kunden, denen es den Fonds empfiehlt, zudem darüber unterrichten, dass es eine Vergütung für seine Beratung oder Verwaltung von der Kapitalverwaltungsgesellschaft (KVG) erhält. Die Frage, ob hier eine Zuwendung vorliegt erlangt zusätzlich Bedeutung in Hinblick auf die EU-Richtlinie MiFID II, die über kurz oder lang (allerdings wohl nicht, wie geplant, mit dem Finanzmarktnovellierungsgesetz) in deutsches Recht umgesetzt werden soll. Diese untersagt einem Vermögensverwalter, eine solche Zuwendung zu behalten.

Hier muss deutlich gesagt werden, dass es sich bei diesen Vergütungen nicht um „Zuwendungen“ im Sinne von § 31 d WpHG handelt. Die notwendige Offenlegung dieser Zahlungen wird zudem bereits dadurch sichergestellt, dass im Verkaufsprospekt des Fonds über die Vergütung informiert werden muss (§ 165 Abs. 2 Nr. 34 KAGB).

Das ergibt sich aus dem Folgenden: Die an die Bank oder an das Finanzdienstleistungsinstitut gezahlte Beratungs- oder Verwaltungsvergütung ist nach der gesetzlichen Definition in § 31d WpHG keine „Zuwendung“. Dies sind nur solche Provisionen, Gebühren oder sonstige Geldleistungen, die in Zusammenhang mit der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen von Dritten angenommen werden, die nicht Kunden dieser Dienstleistung sind. An einem solchen Zusammenhang zwischen der Zahlung der Vergütung durch die KVG an das Institut und deren Einsatz der Fondsanteile bei der Anlageberatung oder Vermögensverwaltung für ihre Kunden fehlt es hier jedoch. Die KVG vergütet lediglich die davon unabhängige Beratungs- oder Verwaltungsleistung, die das Institut für die KVG erbringt.

Hierbei muss auch gesehen werden, dass die KVG eine Vergütung für ihre Verwaltung aus dem Fondsvermögen erhält, was im Investmentgesetz geregelt ist und auch im Verkaufsprospekt und in den Vertragsbedingungen stehen muss. Wenn die KVG sich bei der Verwaltung durch ein Institut unterstützen lässt, indem dieses berät oder als Verwalter untermandatiert ist, muss dem Institut dafür üblicherweise auch eine Vergütung gezahlt werden.

Es handelt sich bei dieser Zahlung auch nicht um eine „Rückvergütung“ im Sinne der höchstrichterlichen „Kick-Back"-Rechtsprechung des BGH. Darunter versteht der BGH Provisionen, die regelmäßig umsatzabhängig berechnet werden und die nicht aus dem Anlagevermögen, sondern aus offen ausgewiesenen Provisionen wie zum Beispiel Ausgabeaufschlägen oder Verwaltungsvergütungen gezahlt werden. Deren Rückfluss an das Institut erfolgt hinter dem Rücken des Kunden, dem das Institut den Fonds empfiehlt (BGH-Urteil vom 26.2.2012 – IX ZR 316/11, Rn. 36, BGH- Urteil vom 20.1.2009 –XI ZR 510/07, BGH-Urteil vom 9.3.2011 – XI ZR 191/10). Die von der Bank oder dem Finanzdienstleistungsinstitut vereinnahmte Beratungs- oder Verwaltungsvergütung erfüllt die oben ausgeführten Kriterien der BGH-Rechtsprechung nicht. Denn diese Vergütung wird nicht aus dem Fondsvermögen gezahlt, sondern aus den Mitteln der den Fonds verwaltenden KVG bestritten. Es ist die Gegenleistung für deren Unterstützung der KVG durch Beratung- oder Verwaltung. Zudem wird die Zahlung nicht „hinter dem Rücken des Anlegers“ geleistet. Sie steht vielmehr unmissverständlich im Verkaufsprospekt.

Da es sich somit bei diesen Vergütungen weder um eine aufklärungspflichtige Rückvergütung noch um eine Zuwendung handelt, muss der Kunde auch nicht gesondert über diese Zahlung informiert werden.

Die Bank oder das Finanzdienstleistungsinstitut muss allerdings in seiner sog. „Interessenkonflikts-Policy“ über den Interessenkonflikt informieren, der bei dieser Konstellation auftreten kann (§ 33 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 WpHG, § 13 Abs. 2 WpDVerOV). Denn das Fondsvolumen wird größer, wenn mehr Anleger den Fonds kaufen oder der Fonds stärker bei der Vermögensverwaltung berücksichtigt wird. Damit wächst auch die Bemessungsgrundlage für die Beratungs- bzw. Verwaltungsvergütung. Deshalb hat die Bank, bzw. das Finanzdienstleistungsinstitut ein Interesse daran, dass möglichst viele der Anteile verkauft und nicht zurückgegeben werden, wenn sie die den jeweiligen Fonds verwaltende KVG entgeltlich durch Beratung oder Verwaltung unterstützt.

Dr. Jochen Eichhorn, RA, ist Partner bei Lachner Westphalen Spamer in Frankfurt a. M.

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