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RdF-News
13.08.2019
RdF-News
Felix Hufeld: Kein Bonus für grüne Investments

Der Klimawandel hat die Finanzmärkte erreicht. Die Signale waren auch kaum mehr zu übersehen. So fielen die 18 heißesten Jahre seit Beginn der Wetteraufzeichnung in die letzten beiden Dekaden. Seit den 1980er-Jahren sind die jährlichen globalen, unwetterbedingten gedeckten Versicherungsschäden von durchschnittlich 10 Mrd. US-Dollar auf 50 Mrd. gestiegen. Tatsächlich sind Klimarisiken immer auch Finanzrisiken – egal, ob für Staaten, Branchen, Banken oder Versicherer. Finanzaufseher diskutieren Klimawandel und Nachhaltigkeit daher umfassend und legen den Fokus auf die zu beaufsichtigenden Unternehmen wie auch die Finanzstabilität in ihrer Gesamtheit.

Beobachten lässt sich, dass mehr am Bedarf orientierte neue Finanzprodukte und -instrumente gehandelt werden, die Nachhaltigkeit i. S. e. langfristigen, ökologischen und sozialen Ausrichtung als Kriterium berücksichtigen. Treiber dieser Marktveränderungen waren erst die Anleger, nun ziehen die Finanzunternehmen nach. Darauf müssen Aufsicht und Regulierung genauso vorbereitet sein wie auf neue Risiken. Da sich mögliche Folgen des Klimawandels mit unseren Risikokategorien erfassen lassen, müssen wir das aufsichtliche Rad nicht neu erfinden. Physische und transitorische Nachhaltigkeitsrisiken schlagen sich am Ende in Kredit-, Markt-, operationellen oder Versicherungsrisiken nieder. Um den Marktteilnehmern zu verdeutlichen, wie die BaFin Nachhaltigkeit in ihren risikobasierten Aufsichtsansatz einbezieht, wird nach Konsultation Ende des Jahres ein Merkblatt zum Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken veröffentlicht.

Die Finanzindustrie ist bereit, Nachhaltigkeit in ihr wirtschaftliches Handeln einzubeziehen. Sie benötigt aber dringend eine Taxonomie, um Finanzprodukte und Finanzdienstleistungen sachgerecht i. S. d. genannten ESG-Kriterien (Environmental, Social and Governance) klassifizieren zu können. Eine solche Taxonomie muss nicht nur belastbar sein, sondern auch international Akzeptanz finden. Die Europäische Kommission treibt deshalb die Arbeit an einer Taxonomie mit Hochdruck voran. Die Herausforderung: Eine einzelfall- oder aktivitätsorientierte Taxonomie muss immer wieder an ein sich veränderndes Umfeld angepasst werden. Sie muss daher in Form von Prinzipien formuliert werden. Nur so lässt sich kurzfristig neuen Erkenntnissen Rechnung tragen, ohne das Regelwerk anpassen zu müssen. Solche Anpassungsprozesse brauchen viel Zeit. Gefragt ist eine Balance von prinzipien- und regelbasierter Regulierung: Ein prinzipienbasierter Ansatz ermöglicht es, flexibel auf neue Entwicklungen zu reagieren. Dies zeigt sich etwa bei den Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk), an die Geschäftsorganisation von Versicherungsunternehmen (MaGo) und Kapitalverwaltungsgesellschaften (KAMaRisk) der BaFin.

Finanzaufseher und -regulierer müssen aber dort Widerspruch leisten, wo das Schutzinteresse der Finanzstabilität hinter politischen Lenkungsinteressen zurücktreten soll, etwa wenn grüne Anlageformen privilegiert werden sollen. Einen Green Supporting Factor oder gar einen aufsichtlichen Bonus darf es nicht geben. Ob und wie viel Eigenkapital Banken und Versicherer für Kredite oder Investitionen hinterlegen müssen, darf nur von den Risiken abhängen und nicht davon, ob Aufseher die Mittelverwendung ökologisch gut oder schlecht finden. Grün bedeutet nicht automatisch risikofrei. Gerade weil nachhaltige Investitionen wichtig sind, gilt es, zwei Fallstricke zu vermeiden: Zum einen sollten Fehlanreize und damit makroökonomisch unerwünschte Fehlallokationen von Kapital vermieden werden. Zum anderen ist auch aus Sicht des Verbraucherschutzes darauf zu achten, dass unterschiedliche Investitionsmotive nicht miteinander vermischt werden – etwa das der Sicherheit und das Bedürfnis, etwas Gutes tun zu wollen.

Finanzinstrumente müssen halten, was sie versprechen. Entsprechende Regeln gibt es bereits. Die Europäische Union (EU) hat sie vor kurzem um Aspekte der Nachhaltigkeit ergänzt. Auch der Schutz der Emittenten ist wichtig. Um das Auflegen nachhaltiger Finanzinstrumente zu fördern, benötigt der Markt einen Haftungsausschluss bzw. ein Grandfathering für alle vor Einführung einer EU-weiten Taxonomie emittierten Finanzprodukte. Sollte die Industrie beim Versuch, eigene nachhaltige Schwerpunkte zu setzen, von der EU-weiten Taxonomie abweichen, darf sie dafür nicht zwangsläufig bestraft werden. Andererseits dürfen wir auch keine Freibriefe für Green Washing erteilen. Nachhaltige Finanzwirtschaft zu begleiten, ist ein Auftrag an die Finanzaufsicht, dem sich die BaFin stellt.

Felix Hufeld ist Präsident der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht.

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