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RdF-News
11.02.2020
RdF-News
Markus Miederhoff: Kapitalverwaltungsgesellschaften dürfen sich nicht durch eine aufkommende Klageindustrie instrumentalisieren lassen

Warum beteiligen sich Kapitalverwaltungsgesellschaften ausgerechnet an einem rechtlich derart offenen Kapitalanleger-Musterverfahren wie dem gegen die Volkswagen AG, und warum klagen sie nicht generell in vergleichbaren Situationen bei anderen Investments?

Der wesentliche Grund dürfte an dem einzig Beteiligten mit unmittelbar einsichtigem ökonomischen Eigeninteresse liegen: dem auf hoher Erfolgshonorarbasis abrechnenden Klägeranwalt. Gerade die Kostenfreiheit für die Kapitalverwaltungsgesellschaften soll diese sogar nach immer öfter zu hörender Meinung zwingen, sich an entsprechenden Klagen zu beteiligen. Dies soll sich aus der Pflicht nach § 26 KAGB ergeben, bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben ausschließlich im Interesse der Anleger zu handeln. Dass sich hieraus im Einzelfall die Pflicht und nicht nur das Recht ergeben kann, Ersatzansprüche im Interesse der Anleger gerichtlich geltend zu machen, ist fraglos richtig. Fraglich ist aber, wann genau ein solcher Fall vorliegt. Weder das Gesetz noch die Rechtsprechung oder – soweit ersichtlich – die Literatur haben hierzu bereits irgendwelche Kriterien entwickelt. Allein die Kosten- und Gebührenfreiheit des Gerichtsverfahrens kann es aber nicht sein. Die Erfolgsaussichten müssen ein gewichtiges Kriterium sein, und dabei sollte man sich nicht allein auf die interessegeleiteten Einschätzungen von Klägeranwälten verlassen, ohne deren pro-aktives „Einwerben“ von Klägern diese häufig gar nicht auf die Idee kommen würden, Klage zu erheben.

Kaum beleuchtet wird dabei zudem, ob es aus Sicht der Anleger wirklich in ihrem Interesse ist, entsprechende Gebührenvereinbarungen zu treffen, statt von der im KapMUG vorgesehenen, kostengünstigen Registrierungsmöglichkeit Gebrauch zu machen. Selbst hierfür dürfte von der Kapitalverwaltungsgesellschaft aber zu verlangen sein, dass sie dies in Anbetracht der von ihr ebenfalls zu berücksichtigenden Interessen als Aktionär des beklagten Unternehmens und vor allem ihrer ggf. nachteilig betroffenen sonstigen Kunden nur dann unternimmt, wenn sie eine eigene Einschätzung der Erfolgsaussichten der Klage vorgenommen hat. Eine naheliegende Kontrollfrage ist, ob sie hierfür auch bereit wäre, die üblichen Verfahrenskosten selbst zu tragen bzw. ihren Kunden zu belasten. Ohne ein solches Korrektiv droht hier eine Klageindustrie zu gedeihen, zum Schaden deutscher Unternehmen und heruntergebrochen auf den einzelnen Anleger zumeist ohne relevanten Nutzen. Doch bis es soweit kommt, müsste erst einmal ein relevanter Fall gewonnen werden. Zumindest dürfte der Volkswagen-Fall helfen, wesentliche Rechtsfragen zu klären, so dass künftig erst recht kein Grund mehr besteht, blindlings zu klagen, weil es ja vermeintlich nichts kostet.

Markus Miederhoff, RA, ist General Counsel bei UBS Global Asset Management (UBS AG). Er leitet den Rechtsbereich der Division Asset Management in der UBS-Gruppe.

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