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RdF-News
10.09.2014
RdF-News
Dr. Marcus Helios: IDW ERS BFA 1 n. F.: Wie geht es weiter bei Credit Linked Notes?

Das Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) nach plant eine Überarbeitung der IDW-Stellungnahme zur handelsrechtlichen Bilanzierung von Kreditderivaten im Nichthandelsbestand (IDW ERS BFA 1 n.F.). Die Funktion von Kreditderivaten besteht darin, Bonitätsrisiken (in verbriefter Form) zu "vermarkten", indem der Gläubiger des Referenzgeschäfts (Sicherungsnehmer) diese an einen Dritten (Sicherungsgeber) verkauft. I.d.R. erfolgt dies dadurch, dass Sicherungsnehmer und Sicherungsgeber vereinbaren, dass der Sicherungsgeber für den Fall des Eintritts eines Risikos aus einem Referenzaktivum ("Kreditereignis") entweder eine Zahlung zu leisten hat oder bereits gezahlte Gelder nicht zurückerhält. Zu den in der Praxis bedeutsamen Kreditderivaten zählen Credit Linked Notes (CLN). Hier tritt der Sicherungsgeber in Vorleistung, indem er die CLN als anleiheähnliche Schuldverschreibung vom Sicherungsnehmer zum Nennwert erwirbt. Der Sicherungsnehmer vereinnahmt also vorab einen Emissionserlös, den er nach den Grundsätzen zur Bilanzierung auflösend bedingter Verbindlichkeiten in Höhe des Erfüllungsbetrags gem. § 253 Abs. 1 S. 2 HGB (i. V. m. § 5 Abs. 1 S. 1 EStG) passiviert. Das Risiko des Sicherungsgebers besteht darin, dass die CLN am Laufzeitende nur dann zum Nennwert zurückgezahlt wird, wenn kein Kreditereignis eintritt. Kommt es hingegen zum Kreditereignis, wird der Rückzahlungsbetrag um einen vereinbarten Ausgleichsbetrag gekürzt, sodass der Sicherungsgeber neben der vereinbarten risikoadäquaten Verzinsung (Kupon) i. d. R. nur den Restwert des Referenzaktivums zurückerhält. Wirtschaftlich stellt die CLN die Kombination einer Anleihe des Emittenten und dem gleichzeitigen Eingehen eines Credit Default Swap hinsichtlich des Referenzaktivums dar. Die Prämie für den Credit Default Swap ist in den Zinskupon der CLN integriert, was diese zu einem strukturierten Produkt macht. Für handelsbilanzielle Zwecke vertritt das IDW (RS BFA 1, WPg 2002, 195, 197) bisher die Ansicht, dass eine CLN als Kombination einer Anleihe mit einem Credit Default Swap bilanziell separat zu behandeln sei. Diese Ansicht ist abzulehnen. Angesichts der untrennbaren Kombination von Anleihe und Credit Default Swap ist es jedenfalls für Zwecke der Steuerbilanz nicht gerechtfertigt, zwei Vermögensgegenstände zu aktivieren. Die Aufspaltung in zwei Vermögensgegenstände kann nachteilige steuerliche Folgen im Hinblick auf Zinsschranke, die Bildung von Drohverlustrückstellungen oder auch die Anwendung von Verlustverrechnungsbeschränkungen  (§ 15 Abs. 4 S. 3 ff. EStG) nach sich ziehen. Der BFH (16.12.1958 – I 286/56, BStBl. III 1959, 77) hat für verbundene Objekte entschieden, dass diese dann einheitliche Wirtschaftsgüter sind, wenn sie als einheitliches Ganzes in Erscheinung treten. Dies sei der Fall, wenn zwischen den einzelnen Objekten ein Nutzungs- und Funktionszusammenhang bestehe. Anhaltspunkte für einen solchen Zusammenhang sind insbes. die rechtliche Abgrenzung und die Verkehrsanschauung.  Für die Untrennbarkeit von echten strukturierten Produkten spricht danach bereits die Verkehrsanschauung, die beim Handel von CLN unter einer International Securities Identification Number (ISIN) / Wertpapierkennnummer (WKN) zum Ausdruck kommt. Auch bei CLN existiert nur eine ISIN bzw. eine WKN. Es besteht zwischen den einzelnen Bausteinen daher ein Nutzungs- und Funktionszusammenhang, sodass CLN als einheitliche Vermögensgegenstände anzusehen sind. Dementsprechend ist die CLN beim Emittenten als auflösend bedingte Verbindlichkeit nach § 253 Abs. 1 S. 2 HGB zu passivieren. Es ist zu hoffen, dass das IDW seine bisherige Ansicht überdenkt. Jedenfalls wird der BFH (anhängig beim BFH: I R 83/13) schon bald Gelegenheit finden, grundsätzliche Regeln zur steuerbilanziellen Behandlung von CLN aufzustellen.

Dr. Marcus Helios, RA/StB, ist Partner im Bereich Financial Services Tax bei der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in Düsseldorf und Frankfurt a. M. sowie Mitherausgeber der RdF.

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