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RdF-News
31.07.2015
RdF-News
Dr. Thomas A. Jesch: Fondsvertrieb – USA in der Warteschleife beim AIF(M)-Drittstaatenpass

Die European Securities and Markets Authority (ESMA) hat am 30.7.2015 ihren lange erwarteten (i) Advice zur Anwendung des AIF(M)-Passes auf Nicht-EU-AIF(M) und (ii) ihre Opinion zum Funktionieren des Passes für EU-AIFM und der Nationalen Private Placement Regimes veröffentlicht.

Es ist nun an Europäischer Kommission, Europäischem Parlament und Europäischem Rat, die beiden Dokumente zu bewerten, ob die entsprechende Regelung der AIFM-Richtlinie aktiviert wird, wonach per delegiertem Rechtsakt der AIF(M)-Pass auf Drittstaaten ausgeweitet wird.

Der Advice beruht auf einer Einzelländeranalyse regulatorischer Rahmenbedingungen, insbesondere im Hinblick auf Anlegerschutz, Marktverwerfungen, Wettbewerbshindernisse und dem Monitoring systematischer Risiken.

Das Kriterium Anlegerschutz berücksichtigt z. B. die Behandlung von Anlegerbeschwerden durch die nationale Aufsichtsbehörde, den Schutz von Vermögensgegenständen, die Spiegelung der einschlägigen IOSCO-Prinzipien zu Regulierungs- und Aufsichtsniveau sowie den Umfang der Aufsichtszuständigkeit der Behörde vor Ort.

Unter dem Kriterium Marktverwerfungen wird bewertet, ob die Zubilligung des Passes einer Regulierungsarbitrage Vorschub leistet und ob sie kurz- oder langfristig zu einer Ausweitung des Angebotes aus Anlegersicht führt.

Wettbewerbshindernisse sieht ESMA letztlich dort, wo eine Ungleichbehandlung von EU-AIF(M) und Non-EU-AIF(M) im Hinblick auf Zulassung/Registrierung und Vertriebserlaubnis zu besorgen ist.

Das Monitoring systematischer Risiken schließlich fragt danach, ob im Drittstaat eine dahingehende Marktbeobachtung stattfindet und spezifisch wie das regulatorische Regime sich am IOSCO-Prinzip 6 (Das Monitoring systematischer Risiken schließlich fragt danach, ob im Drittstaat eine dahingehende Marktbeobachtung stattfindet und spezifisch wie das regulatorische Regime sich am IOSCO-Prinzip 6 (The Regulator should have or contribute to a process to monitor, mitigate and manage systemic risk, appropriate to its mandate) misst.

Analysiert wurden Guernsey, Hongkong, Jersey, Singapur, die Schweiz und die USA. ESMA kommt zum Ergebnis, dass der Einbeziehung von Guernsey und Jersey in den AIF(M)-Pass keine Hindernisse entgegenstehen. Die Schweiz müsse lediglich noch laufende Gesetzgebungsverfahren abschließen. Keine abschließende Meinung hat sich ESMA bisher zu Hongkong, Singapur und den USA gebildet.

Es ist zu erwarten, dass vor Entscheidung der o. a. erwähnten EU-Institutionen eine weitere Anzahl von Drittstaaten von ESMA analysiert und „freigegeben“ wird. Der Advice listet insoweit auf: Australien, Bahamas, Bermudas, Brasilien, Britische Jungferninseln, Kanada, Kaimaninseln, Curacao, Insel Man, Japan, Mexiko, Mauritius, Südafrika, Südkorea, Thailand und die Amerikanischen Jungferninseln.

Die Opinion lässt sich in gebotener Kürze dahingehend zusammenfassen, dass ESMA den Zeitraum zwischen der AIFM-Richtlinie in den Mitgliedstaaten und der Veröffentlichung dieser Opinion als zu kurz erachtet, um eine belastbare Aussage zum Funktionieren von EU-AIFM und den Nationalen Private Placement Regimes (wo noch vorhanden) zu treffen. ESMA empfiehlt einen zweiten Report nach Ablauf eines längeren Beobachtungszeitraums. Dies bedeutet freilich nicht, dass die Opinion nicht eine Fundgrube für den europäischen Gesetzgeber darstellt, was die noch ausstehende Durchsetzung eines europäischen Fondsbinnenmarkts anbelangt.

Im Ergebnis bleibt festzuhalten, dass der Bedarf für den AIF(M)-Drittstaatenpass groß ist. Insbesondere hinsichtlich Fondsstrukturen aus den USA, Kanada und den Kaimaninseln werden derzeit institutionelle Gelder „liegen gelassen“, da z. B. das Notifizierungsverfahren des § 330 KAGB den Weg nur den Vertriebskanal im Einzelland Deutschland öffnet. Auch das viel diskutierte und spärlich eingesetzte Wundermittel Reverse Solicitation ist tatsächlich in Deutschland eine Ausnahmeerscheinung, die definitiv keinen normalen Vertrieb ersetzen kann.

Insofern ist zu hoffen, aber durchaus auch zu erwarten, dass die USA aus der Warteschleife heraus baldigst ebenfalls für den AIF(M)-Drittstaatenpass qualifizieren. Eine ganz andere Frage ist auf zweiter Stufe, ob Deutschland dann eine Chance hat, Fund Hub für US-Anbieter und deren europäische Aktivitäten zu werden. Auf der einen Seite hat man als größte Volkswirtschaft Europas per se eine gute Ausgangsposition. Auf der anderen Seite bedarf es noch gemeinsamer Anstrengungen von Politik, BMF und Verbänden, um das aufsichts- und steuerrechtliche Umfeld zu optimieren, damit die Sache mit dem Pass passt.

Dr. Thomas A. Jesch, LL.M. (Georgetown), RA/FAStR, ist Senior Manager im Bereich Asset Management von PricewaterhouseCoopers, Frankfurt a. M.

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