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RdF-News
28.05.2019
RdF-News
Matthias Hensel: Behandlung von Kapitalerträgen im Jahressteuergesetz 2019 – zum Teil eine neue Welt

Das Bundesfinanzministerium hat den Referentenentwurf zum Jahressteuergesetz 2019 – oder wie er offiziell heißt „Entwurf eines Gesetzes zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften“ – veröffentlicht. Für den Bereich der Kapitaleinkünfte sind drei Schwerpunkte auszumachen – jeweils einer im materiellen Recht, bei der Kapitalertragsteuer und bei der Investmentsteuer. 

Im materiellen Recht strebt das BMF eine Klarstellung im § 20 EStG als Reaktion auf die Rechtsprechung zur einkommensteuerrechtlichen Berücksichtigung des Forderungsausfalls sowie des Verfalls von Optionen an. Hier führt der Referentenentwurf – was sich auch nach Auffassung diverser Finanzgerichte und der Finanzverwaltung bereits aus dem geltenden Gesetz ergibt – an, dass derartige Sachverhalte einkommensteuerrechtlich irrelevant sind. Aus meiner Sicht ist das richtig. Warum soll – nach den Erfahrungen der Finanzkrise 2008/2009 – der Fiskus das Risiko aus hochriskanten Geschäften tragen, wenn dies nicht unbedingt notwendig ist? Warum soll der Fiskus den Ausfall der Forderung übernommen, wenn selbst die Rückzahlung des Nennkapitals nie die Leistungsfähigkeit steigert?

Für das Kapitalertragsteuerverfahren enthält der Entwurf eine „Premiere.“ So hält nunmehr auch beim Steuerabzug die digitale Welt Einzug. Im neuen § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 7 Buchst. c S. 1 EStG wird bestimmt, dass die Einkommensteuer auf Zinsen auch dann durch Abzug vom Kapitalertrag erhoben wird, wenn die Zinsen aus einer Forderung stammen, die über eine Internet-Dienstleistungsplattform erworben wurde. Hintergrund für diesen zusätzlichen Kapitalertragsteuertatbestand sind die als Crowdlending bezeichneten Geschäfte. Innovativ ist insoweit, wie in dem neuen § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 7 Buchst. c S. 2 EStG der Begriff Internet-Dienstleistungsplattform definiert wird. Eine Internet-Dienstleistungsplattform ist danach ein webbasiertes Medium, das Kauf- und Verkaufsaufträge in Aktien und anderen Finanzinstrumenten sowie Darlehensnehmer und Darlehensgeber zusammenführt und so einen Vertragsabschluss vermittelt. Bei den Diskussionen im Gesetzgebungsverfahren dürfte sich zeigen, inwieweit die Formulierung praktikabel ist. Aus meiner Sicht scheint der Vorschlag jedoch eine gute Grundlage zu bieten. Zudem ist es an der Zeit, in diesem Bereich die Verifikation voranzubringen. 

Die meisten Änderungen mit Bezug auf die Kapitaleinkünfte beinhaltet wieder das Investmentsteuergesetz. Dies ist nicht verwunderlich, da sich erst seit Beginn des Jahres 2018 zeigt, ob das neue Investmentsteuergesetz in der Praxis handhabbar ist. Hervorzuheben ist die restriktive Handhabe bei der Kapitalbeteiligungsquote bei mittelbar über Personengesellschaften gehaltenen Kapitalbeteiligungen sowie bei Holdinggesellschaften hinsichtlich ihrer Kapitalbeteiligungen. Aber auch die Klarstellung, dass inländische Investmentfonds unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig sind – um die DBA-Berechtigung zu stärken – sticht leicht aus den zwanzig Änderungen heraus. Auch wenn der Eine oder die Andere schon wieder über Änderungen bei der Investmentsteuer stöhnen mag, dürfte jede Klarstellung in diesem – zum Teil neuen – Rechtsgebiet doch der Rechtssicherheit dienen.

Das JStG ist ein gesetzgeberischer Koloss, der seine Größe u. a. dem Umstand zu verdanken hat, dass sich in den letzten Jahren erheblicher Regelungsbedarf aufgestaut hat. Es bleibt abzuwarten, ob bis Ende des Jahres dieser Stau tatsächlich aufgelöst wird. 

MR Matthias Hensel ist seit 2002 im BMF tätig. Seit 2011 ist er als Referatsleiter zuständig u. a. für die Abgeltungsteuer sowie die Investmentsteuer. Der Text ist nicht in dienstlicher Eigenschaft verfasst und gibt die eigene Auffassung des Verfassers wieder.

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