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RdF-News
05.10.2015
RdF-News
Dr. Marcus Helios: § 1 Abs. 4 Nr. 1 Buchst. b AStG i.d.F des Zollkodex-Anpassungsgesetzes – endlich Ruhe bei Patronaten im Konzern?

Finanzierungsleistungen sind bei grenzüberschreitend tätigen Konzernen tägliche Praxis. Kreditsicherheiten in Form von (harten) Patronatserklärungen waren in den letzten 15 Jahren immer wieder Gegenstand kontroverser Auseinandersetzungen zwischen Finanzverwaltung und Steuerpflichtigen. Aufgrund der Rechtsprechung des BFH musste die Finanzverwaltung sowohl mit Nichtanwendungserlassen als auch mit entsprechenden Korrekturgesetzen reagieren. Steuerlich stellt sich in diesem Zusammenhang stets die Frage, ob und in welcher Höhe eine Vergütung für eine Patronatserklärung zu vereinbaren ist und welche Folge die Inanspruchnahme aus einer Sicherheit hat.

Um weitere Diskussionen „ein für alle mal“ zu verhindern, ist mit dem Zollkodex-Anpassungsgesetz § 1 Abs. 4 Nr. 1 Buchst. b AStG um eine konkrete Definition der „gesellschaftsvertraglichen Vereinbarung“ ergänzt worden. Danach ist eine „gesellschaftsvertragliche Vereinbarung (...) eine Vereinbarung, die unmittelbar zu einer rechtlichen Änderung der Gesellschafterstellung führt.“

Die Erweiterung des § 1 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 lit. b AStG soll nach der Gesetzesbegründung zur Folge haben, dass künftig ausschließlich Vereinbarungen zwischen Gesellschaft und Gesellschafter, die die Gesellschafterstellung rechtlich beeinflussen, nicht als „Geschäftsbeziehung“ i. S. d. § 1 Abs. 4 AStG n. F. qualifizieren. Der Gesetzgeber versteht hierunter v. a. die Veränderung der Beteiligungshöhe oder der Beteiligungsrechte. Im Schriftum wird hieraus (bislang) gefolgert, dass durch die Gesetzesänderung nicht nur eigenkapitalersetzende Darlehen, sondern auch harte und weiche Patronatserklärungen, Garantien und Bürgschaften eine Geschäftsbeziehung i. S. eines „wirtschaftlichen Vorgangs“ darstellen.

M. E. bleibt jedoch zweifelhaft, ob überhaupt – was § 1 Abs. 1 S. 1 AStG tatbestandlich ebenfalls voraussetzt – „andere Bedingungen“ der Höhe nach aufgrund der Nichtvergütung der Patronatserklärung vereinbart worden sind. Mit anderen Worten sollte zu fragen sein, ob der fremdvergleichskonforme Wert der Patronatserklärung nicht mit Null anzusetzen ist. Hierfür könnte u. a. der Rückhalt im Konzern sprechen. Bei dem „Rückhalt im Konzern“ handelt es sich um die Summe aller nichtrechtlich erstarkten Vorteile aus der finanziellen, rechtlichen und organisatorischen Konzerneinbindung, die nicht selbständig bewertbar und entsprechend auch nicht verrechenbar ist. Nicht abschließend geklärt ist insoweit, ob eine Patronatserklärung nicht als nach außen erkennbarer (aktiver) Rückhalt im Konzern angesehen werden kann. Zudem: Wenn die Patronatserklärung erteilt wird, um eine unzureichende Eigenkapitalausstattung zu kompensieren, kommt dies einem nicht dem Fremdvergleich (mit fremden Dritten) zugänglichen Gesellschafterbeitrag gleich. Unabhängig davon, ob eine Geschäftsbeziehung besteht, würde ein fremder Dritter einer unterfinanzierten Gesellschaft ohne Besicherung kein Fremdkapital zuführen. Sofern der Gesellschafter dies dennoch tut, ist von einer gesellschaftsrechtlich veranlassten Kapitalzuführung auszugehen, für die denknotwendig kein Fremdvergleichsgrundsatz anwendbar sein kann. Entsprechendes sollte gelten, wenn die unmittelbare Zuführung von Eigenkapital durch die Zusage einer konzerninternen Patronatserklärung substituiert wird. Hinzu kommt: Wenn schon die unmittelbare Zuführung von Eigenkapital als Gesellschafterbeitrag nicht vergütet werden würde, dann würde selbst bei unterstellter Anwendbarkeit der Fremdvergleichsgrundsätze auch eine – die unmittelbare Zuführung von Eigenkapital lediglich umgehende – Zusage einer konzerninternen Patronatserklärung nicht von der Tochter vergütet werden. Denn andernfalls würde eine Vergütungspflicht einzig von der Handhabung der Mutter abhängen, die der Tochter eine Patronatserklärung (und mithin auch eine Vergütungsverpflichtung) „aufdrängen“ könnte. Für eine derartige „aufgedrängte“ Patronatserklärung würde aber ein fremder Dritter keine Vergütung zahlen.

Die vorstehenden Überlegungen zeigen, dass der Gesetzgeber sein gewünschtes Ziel möglicherweise doch (noch) nicht erreicht hat. Jedenfalls sollten betroffene Steuerpflichtige im Rahmen von Betriebsprüfungen die Nichtvergütung von Patronatserklärungen nach wie vor zu verteidigen versuchen. Im Worst-case sollten auch gerichtliche Schritte geprüft werden.

Dr. Marcus Helios, RA/StB, ist als Partner bei Allen & Overy LLP, Düsseldorf, tätig. Er ist auf die steuerrechtliche Beratung bei Unternehmenskäufen und -umstrukturierungen, konzernsteuerrechtliche Fragen, Immobilieninvestments und die Strukturierung von Kapitalanlagen spezialisiert.

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