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RdF-News
08.01.2019
RdF-News
Europäischer Rat: Festlegung eines Standpunkts zu neuem Regelungs- und Aufsichtsrahmen für Wertpapierfirmen

Der Rat will die Regelungen für Wertpapierfirmen verhältnismäßiger gestalten und stärker an den Risikograd ihrer Tätigkeit anpassen.

Die EU-Botschafter haben am 7.1.2019 den Standpunkt des Rates zu einem Maßnahmenpaket mit einem neuen Regelungsrahmen für Wertpapierfirmen gebilligt, das eine Verordnung und eine Richtlinie umfasst. Die Texte enthalten Aufsichtsanforderungen und -regelungen, die – unter Gewährleistung der Finanzstabilität – auf das Risikoprofil und Geschäftsmodell der Firmen abgestimmt sind.

Wertpapierfirmen sind Finanzinstitute, die in erster Linie Wertpapiere und Derivate zu Investitionszwecken für ihre Kunden halten und verwalten. Sie bieten eine Vielzahl von Fonds und Wertpapierdienstleistungen wie etwa Anlageberatung, Portfoliomanagement oder Handel an den Finanzmärkten an. Anders als Banken nehmen sie jedoch keine Einlagen entgegen und gewähren auch nicht in großem Umfang Darlehen.

Im Europäischen Wirtschaftsraum gibt es derzeit etwa 6 000 Wertpapierfirmen. Die meisten davon sind relativ klein. Allerdings halten einige wenige Firmen einen erheblichen Anteil an allen Vermögenswerten und bieten ein breit gefächertes Spektrum von Dienstleistungen an.

Bislang galten für alle Wertpapierfirmen dieselben Kapital-, Liquiditäts- und Risikomanagementvorschriften wie für Banken. Die Eigenmittelverordnung und die Eigenmittelrichtlinie (CRR bzw. CRD IV) basieren auf internationalen Standards, die für Banken entwickelt wurden. Sie tragen den Besonderheiten von Wertpapierfirmen daher nicht in vollem Umfang Rechnung.

Nach dem am 7.1.2019 vereinbarten Text sollen Wertpapierfirmen weiterhin denselben zentralen Maßnahmen unterliegen, insbes. im Hinblick auf Kapitalanforderungen, Berichtspflichten, Unternehmensführung und Vergütung, doch soll dabei nach Größe, Art und Komplexität der Firmen differenziert werden.

Die größten Firmen ("Klasse 1") würden weiterhin vollständig den für Banken geltenden aufsichtsrechtlichen Anforderungen unterliegen und wie Kreditinstitute überwacht werden:

  • Wertpapierfirmen, die "bankähnliche" Dienstleistungen erbringen, etwa indem sie für eigene Rechnung handeln oder Finanzinstrumente emittieren, und deren Vermögenswerte auf konsolidierter Basis mehr als 15 Mrd. Euro betragen, würden automatisch der Eigenmittelverordnung und ‑richtlinie (CRR/CRD IV) unterliegen.
  • Den Wertpapierfirmen mit konsolidierten Vermögenswerten zwischen 5 und 15 Mrd. Euro, die "bankähnliche" Dienstleistungen anbieten, kann von ihrer Aufsichtsbehörde vorgeschrieben werden, die CRR/CRD IV anzuwenden, insbesondere wenn aufgrund ihrer Größe oder ihrer Tätigkeiten Risiken für die Finanzstabilität bestehen.

Für kleinere Firmen, die nicht als systemrelevant betrachtet werden, würde ein neues, maßgeschneidertes System mit speziellen Aufsichtsanforderungen gelten. Diese würden sich generell von denen für die Banken unterscheiden, wobei die zuständigen Behörden jedoch entscheiden könnten, für bestimmte Firmen – auf Einzelfallbasis – weiterhin die Bankenanforderungen anzuwenden, um Störungen ihrer Geschäftsmodelle zu vermeiden. Ferner ist eine fünfjährige Übergangsfrist vorgesehen, um den Unternehmen genug Zeit zu geben, sich an die Neuregelung anzupassen.

In dem Text des Rates wird auch die Regelung zur Anerkennung der Gleichwertigkeit von Firmen aus Drittländern, wie sie in der Richtlinie bzw. der Verordnung über Märkte für Finanzinstrumente (MIFID II/MIFIR) festgelegt ist, weiter ausgestaltet. Einige der Anforderungen für den Zugang dieser Firmen zum Binnenmarkt werden detaillierter festgelegt, und die Kommission soll zusätzliche Befugnisse erhalten. Falls diese etwa davon ausgeht, dass Tätigkeiten von Drittlandsfirmen systemrelevant sind, kann sie konkrete operative Bedingungen an einen Beschluss über die Gleichwertigkeit knüpfen. Damit soll sichergestellt werden, dass die Europäische Wertpapier- und Börsenaufsichtsbehörde (ESMA) und die zuständigen nationalen Behörden über die erforderlichen Instrumente verfügen, um Aufsichtsarbitrage zu verhindern und die Tätigkeiten von Drittlandsfirmen zu überwachen.

Das Parlament hat am 24.9.2018 seinen Standpunkt zu diesem Dossier festgelegt. Daher können nunmehr Verhandlungen zwischen dem Rat und dem Parlament aufgenommen werden.



(PM des Europäischen Rates vom 7.1.2019)

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