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RdF-News
12.05.2011
RdF-News
FG Sachsen: Steuerpflichtige Einnahmen aus Swaps

FG Sachsen , Urteil  vom 20.10.2010 - Aktenzeichen 2 K 684/09
Redaktionelle Leitsätze: 1. Beinhalten Zinssatz- und Währungsswap-Verträge mit einer Laufzeit von fünf Jahren alle drei Monate eine nach gesonderter Zinssatzermittlung durchgeführte Verzinsungsabrechnung, sind die aus dem Differenzausgleich erlangten Zahlungen im Veranlagungszeitraum 2005 nicht gem. § 22 Nr. 2 i. V. m. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 EStG zu versteuern. Die Verrechnung der Zinsentwicklung alle drei Monate während der Laufzeit ist nicht als Veräußerungsvorgang i. S. d. Vorschrift anzusehen. 2. Differenzausgleichszahlungen aus Termingeschäften unterliegen ab dem 1.1.2009 gem. § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 EStG der Abgeltungssteuer.
  Redaktionelle Normenkette: EStG 2009 § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 3; EStG 2002 § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 4; EStG 2002 § 22 Nr. 2; EStG 2009 § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 3;
Tatbestand: 
Die Beteiligten streiten um die Steuerbarkeit von Veräußerungsgeschäften. 
Der Kläger schloss mit der X-Bank folgende von den Vertragsparteien als Zinssatz- und Währungsswap-Vertrag bezeichnete Vereinbarungen: 
- Vertrag Nummer 2..., Laufzeit 10. Oktober 2004 bis 14. Oktober 2009 
- Vertrag Nummer 3..., Laufzeit 29. Oktober 2004 bis 29. Oktober 2009 
- Vertrag Nummer 4..., Laufzeit 14. Dezember 2004 bis 14. Dezember 2009 und 
- Vertrag Nummer 5..., Laufzeit 11. April 2005 bis 11. April 2010. 
Die Verträge beinhalteten zwei Verpflichtungen der Parteien. Zunächst tauschten diese die genannten Währungsbeträge aus, verbunden mit der Verpflichtung, am Ende der Laufzeit diese wieder zurückzutauschen. Dabei stellte die jeweilige Vertragspartei nicht tatsächlich die Valuta zur Verfügung, sondern es handelte sich bei den Beträgen um eine Rechengröße. Außerdem wurde alle drei Monate nach genau benannten Vorgaben ein Zinssatz für jede Vertragspartei gesondert ermittelt, die sie wegen der Zurverfügungstellung der Valuta der anderen Partei zu zahlen hatte. Die Abrechnung dieser Verzinsung erfolgte bis zum Ende der Vertragslaufzeit alle drei Monate, Guthaben waren nach der Abrechnung auszukehren. 
Für das Jahr 2005 ergab sich zugunsten des Klägers nach Auffassung der Beteiligten aus diesen Verträgen ein Überschuss von EUR 203.359. 
Mit Bescheid vom 29. November 2006 setzte der Beklagte die Einkommensteuer für die zusammen veranlagten Kläger auf EUR 0 fest, da die negativen Einkünfte die positiven überstiegen. Außerdem stellte er mit gesondertem Bescheid unter dem Vorbehalt der Nachprüfung einen verbleibenden Verlustvortrag zum 31. Dezember 2005 für die Klägerin von EUR 3.469.660 fest. Am 5. Januar 2007 stellte der Beklagte einen vortragsfähigen Verlust von EUR 18.723 für den Kläger, der bereits zum 31. Dezember 2004 bestand, und von EUR 3.537.907 für die Klägerin fest. In der Zeit vom 17. Juli bis 31. Juli 2007 führte der Beklagte bei den Klägern eine Betriebsprüfung durch. Die Prüferin vertrat die Auffassung, dass der vom Kläger erlangte Differenzausgleich von EUR 203.359 nach §§ 22 Nr. 2, 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG im Jahr 2005 zu versteuern sei. Der Beklagte folgte diesen Feststellungen und berücksichtigte beim Kläger um diesen Betrag erhöhte Einkünfte aus Veräußerungsgeschäften. Aufgrund der sich dadurch geänderten negativen Einkünfte der Kläger im Jahr 2005 setzte er mit Bescheid vom 7. August 2008 den Verlustvortrag für den Kläger auf EUR 6.935 und für die Klägerin auf EUR 3.347.736 fest. Hiergegen legten die Kläger Einspruch ein, den der Beklagte am 1. April 2009 als unbegründet zurückwies. 
Die Kläger tragen vor, die Regelung des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG finde auf den vorliegenden Swap-Vertrag keine Anwendung. Eine Anwendung würde voraussetzen, dass der Zeitraum zwischen Erwerb und Beendigung des Rechts nicht mehr als ein Jahr betrage. Hier sei der Kläger aber über fünf Jahre gebunden. Erst nach Ablauf dieser Zeit könne überhaupt festgestellt werden, ob aus der Anlage ein Verlust oder Gewinn erzielt worden sei. Auch läge in einer solchen Handhabung, bei der nur das erste Jahr des Vertrages betrachtet werde, eine Ungleichbehandlung vor. Sofern im ersten Jahr Verluste erzielt würden, aber auf die Gesamtvertragslaufzeit Gewinne, entfiele eine Besteuerung, ergäben sich im ersten Jahr Gewinne und in den folgenden diesen übersteigende Verluste, verbliebe es dennoch bei der Versteuerung. 
Die Kläger beantragen, 
den Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrages zur Einkommensteuer zum 31. Dezember 2005 vom 7. August 2008, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 1. April 2009, dahingehend zu ändern, dass bei der Klägerin ein weiterer Verlust von EUR 203.359 festgestellt wird. 
Der Beklagte beantragt, 
die Klage abzuweisen. 
Der Beklagte trägt vor, dass alle Gewinne und Verluste aufgrund der Differenzausgleichung, die innerhalb eines Jahres nach Abschluss des Verpflichtungsvertrages anfallen, nach § 22 Nr. 2 i.V.m. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG in die Besteuerung einzubeziehen seien. Maßgebend für die Berechnung der Einjahresfrist sei die jeweilige Fälligkeit des Termingeschäfts bzw. die Zahlung des Differenzausgleichs. Die vertragliche Gesamtlaufzeit des Swap-Vertrages sei unbeachtlich. 
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die vorbereitenden Schriftsätze, die dem Gericht übersandten Steuerakten sowie das Protokoll vom 20. Oktober 2010 Bezug genommen. 
Entscheidungsgründe: 
Die zulässige Klage ist begründet. 
I. 
Der Beklagte hat rechtswidrig die Zahlungen der X-Bank in Höhe von EUR 203.359 der Besteuerung unterworfen. 
Durch die Regelung der § 22 Nr. 2 i.V.m. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG sollen zumindest seit dem Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 (BGBl I 1999, 401) allgemein Veräußerungsgeschäfte und bestimmte Termingeschäfte, bei denen das Tatbestandsmerkmal der Veräußerung innerhalb einer bestimmten Frist nach Anschaffung liegt, der Besteuerung unterworfen werden. Mit der Neufassung des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG wollte der Gesetzgeber Geschäfte erfassen, die ein Recht auf Zahlung eines Geldbetrages oder eines sonstigen Vorteils einräumen, der sich nach anderen Bezugsgrößen (z.B. Wertentwicklung von Wertpapieren, Indices, Futures, Zinssätzen) bestimmt (BT-Drucksache 14/443, Seite 28f.). Für diese Geschäfte sollte eine Befristung von einem Jahr gelten. 
Die vom Kläger mit der X-Bank geschlossenen Zinssatz- und Währungsswap-Verträge stellen ein Termingeschäft im Sinn des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG dar. Der Anspruch der Vertragspartner auf Zahlung alle drei Monate richtet sich danach, wie sich die angenommenen Zinssätze entwickeln. So z.B. im Vertrag Nummer 2... ist der jeweils gültige Basissatz für den Kläger der 3-Monats-HUF-BUBOR-Reuters und für die X-Bank 3-Monats-EUR-EURIBOR-Telerate, dessen Bestimmung im Vertrag näher geregelt ist. Der Anspruch auf Zahlung ergibt sich daher aus der Entwicklung dieser Zinssätze. Dabei stellen die Vertragspartner die Bezugsbeträge nicht dem anderen als Darlehen oder in einer anderen Form zur Verfügung, so dass es sich nicht um Einkünfte aus Kapitalvermögen handelt (s.a. Herbst, Besteuerung von Swapgeschäften, DStZ 2003, 148 und Haisch, Steuerliche Behandlung von Swapgeschäften, DStZ 2004, 511 jeweils m.w.N.). Der "Rückkauf" der Valuta am Ende der Vertragslaufzeit bewirkt beim Kläger einen Gewinn - oder Verlust -, je nachdem wie die Devisenkurse an diesem Stichtag stehen. 
Die Besteuerung solcher Termingeschäfte erfordert es aber, dass die Anschaffung und Veräußerung innerhalb von einem Jahr erfolgt. Gemeint ist damit, dass der Terminkontrakt insgesamt nicht länger als ein Jahr laufen darf (Kirchhof, EStG-Kompaktkommentar, 4. Auflage, § 23 Rdnr. 10, BT-Drucksache 14/443 a.a.O.). Dabei kann nicht isoliert aus einem Vertrag der Zeitraum von einem Jahr - wie vom Beklagten vorgetragen - herausgelöst werden. Der vom Kläger geschlossene Vertrag gibt ihm über fünf Jahre das Recht und die Verpflichtung, mit seinem Vertragspartner die Zinsentwicklungen zu verrechnen. Damit ist in den zu den genannten Fälligkeitstagen während der Laufzeit erfolgten Zahlungen gerade kein Veräußerungsvorgang im Sinn des § 23 Abs. 1 Satz Nr. 4 EStG zu sehen. Gerade auch die Änderung der Regelung des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG zum 1. Januar 2009 dahingehend, dass Geschäfte der vorliegenden Art. nunmehr nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 EStG zu besteuern sind, zeigt, dass die Vertragslaufzeit nicht unbeachtlich ist. Diese Gesetzesänderung war erforderlich, weil nach der bisherigen Regelung der Wertzuwachs lediglich dann steuerbar war, wenn der Zeitraum zwischen Erwerb und der Beendigung des Rechts zwölf Monate betrug. Die Neuregelung soll bewirken, dass die entsprechenden Wertzuwächse zukünftig unabhängig von dem Zeitpunkt der Beendigung des Rechts steuerbar sind (BT-Drucksache 16/4841, Seite 55). Die Beendigung der Rechte und Pflichten des Klägers tritt aber erst mit dem jeweiligen Enddatum ein, was sich auch aus der am Enddatum erforderlichen "Glattstellung" der Differenzen aus den dann aktuellen Devisenkursen für die als Rechengröße gewählte Währung ergibt. 
Auf die Frage, ob in der vorliegenden Handhabung möglicherweise ein Verstoß gegen Art. 3 GG liegt, kommt es daher nicht an. Für die Auffassung des Beklagten bzw. der Oberfinanzdirektion gibt es weder im Gesetzestext noch in den Gesetzesmaterialien eine Grundlage. 
II. 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 150, 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Entscheidung über die Hinzuziehung im Vorverfahren erging gemäß § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO. 
Die Revision war u.a. auch wegen der Frage zuzulassen, ob aus der Verzinsung von virtuellen Rechengrößen steuerbare Kapitalerträge gezogen werden. 
 

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