R&W Abo Buch Datenbank Veranstaltungen Betriebs-Berater
Logo ruw-online
Logo ruw-online
Suchmodus: genau  
RdF-News
13.11.2017
RdF-News
Schleswig-Holsteinisches OLG: Insolvenzverfahren dient nicht dem Interessenausgleich zwischen Fondsanlegern

Schleswig-Holsteinisches OLG, Urteil vom 7.9.2016 – 9 U 9/16, rkr.

Volltext des Urteils: RdFL2017-336-1 unter

www.rdf-online.de

Nicht amtliche Leitsätze

1. Der Insolvenzverwalter einer Fonds-KG ist in Fällen, in denen nicht alle ausstehenden Haftsummen zur Befriedigung der Insolvenzgläubiger benötigt werden, nicht gehalten, den benötigten Betrag anteilig von allen Anlegern einzufordern.

2. Es obliegt dem pflichtgemäßen Ermessen des Insolvenzverwalters, ob und in welchem Umfang er gegenüber einzelnen Anlegern rückständige Haftsummen geltend macht.

Sachverhalt

I.         

Der Kläger, Insolvenzverwalter über das Vermögen der MS „ U1“ Schifffahrtsgesellschaft mbH & Co. KG (im Folgenden: Insolvenzschuldnerin), nimmt die Beklagte als Kommanditistin gemäß §§ 171 Abs. 1, Abs. 2, 172 Abs. 4 HGB unter dem Gesichtspunkt der wiederaufgelebten Kommanditistenhaftung auf Zahlung von 7.500,00 € in Anspruch.

Die Beklagte war als Kommanditistin mit einer Hafteinlage in Höhe von 50.000,00 € an der Insolvenzschuldnerin, über deren Vermögen mit Beschluss des Amtsgerichts Neumünster vom 10. August 2009 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, beteiligt. Die Jahresabschlüsse wiesen in den Jahren 2005 bis 2007 einen nicht durch Vermögenseinlagen gedeckten Verlustanteil der Kommanditisten in jeweils 6-stelliger Höhe aus. In diesen Jahren erhielt die Beklagte eine Ausschüttung von jeweils 2.500,00 €, insgesamt mithin 7.500,00 €.

Der Kläger hat geltend gemacht, die Insolvenzmasse reiche zu einer vollständigen Deckung der Insolvenzforderungen nicht aus. Es seien von 23 Gläubigern Forderungen in Höhe von insgesamt 1.935.790,50 € zur Insolvenztabelle angemeldet worden. Größter Gläubiger sei die  N1 mit einer Insolvenzforderung in Höhe von 1.380.980,28 €. Selbst bei vollständigem Abzug der Forderung der  N1, die eine abschließende Forderungsberechnung noch nicht vorgelegt habe, verblieben Gläubigerforderungen in Höhe von 554.810,22 €. Hinzu kämen voraussichtlich zu zahlende Verwaltervergütungen in Höhe von 201.187,25 €. Unter Berücksichtigung von sonstigen Masseverbindlichkeiten nach § 55 InsO in geschätzter Höhe von rund 20.000,00 €  ergebe sich, dass die Insolvenzmasse nicht zur Befriedigung der Gläubiger ausreiche. Diese betrage 679.877,90 € und beruhe im Wesentlichen auf der Rückzahlung erhaltener Ausschüttungen von Kommanditisten.

Die Beklagte hat geltend gemacht, der klägerische Vortrag sei unschlüssig, weil es an notwendigen Darlegungen zu den an sie seit Übernahme der Kommanditeinlage erfolgten Gewinn- bzw. Verlustzuweisungen mangele. In diesem Zusammenhang hätten die jeweiligen Jahresergebnisse der Schuldnerin angegeben und deren Auswirkungen auf ihr Kapitalkonto  erläutert werden müssen. Zudem seien mehrere angemeldete Forderungen vom Kläger bestritten worden und die Forderung der  N1 sei in der angegebenen Höhe aus dem Verwertungserlös des Schiffes beglichen worden; die Insolvenzmasse werde daher voraussichtlich zu einer vollständigen Deckung der Insolvenzforderungen ausreichen.

Hinsichtlich der näheren Einzelheiten und des weiteren Parteivortrages erster Instanz sowie der erstinstanzlichen Anträge wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung einschließlich dort enthaltener Verweisungen und Bezugnahmen verwiesen.

Das Landgericht hat die Klage vollumfänglich abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass der Kläger gegenüber einzelnen Kommanditisten rückständige Haftsummen nur dann geltend machen könne, wenn unter Berücksichtigung der von anderen Kommanditisten bereits erfolgreich beigetriebenen Rückzahlungen die Insolvenzmasse voraussichtlich nicht zu einer vollständigen Deckung der Insolvenzforderungen ausreichen werde. Dies lasse der klägerische Vortrag nicht erkennen.

Dagegen richtet sich die form- und fristgerechte Berufung des Klägers, mit der dieser geltend macht, das Landgericht verkenne, dass die Beweislast dafür, dass das Gesellschaftsvermögen für eine vollständige Gläubigerbefriedigung ausreiche, bei der Beklagten liege.

Soweit die angefochtene Entscheidung auf unzureichenden klägerischen Vortrag zu den Voraussetzungen des § 3 InsVV abstelle, setze sie sich in Widerspruch zum Hinweisbeschluss vom 17. März 2015, dem zufolge eine großzügige Schätzung insoweit ausreichend sei. Auf den somit gebotenen Hinweis nach § 139 ZPO hätte zur Zusammensetzung der einschließlich des Schiffswertes auf 2,6 Millionen € geschätzten Insolvenzmasse sowie zu einem erheblichen Mehraufwand des Insolvenzverwalters und einer damit einhergehenden Massemehrung durch Inanspruchnahme zahlreicher Kommanditisten vorgetragen werden können.

Im Weiteren stelle sich die landgerichtliche Entscheidung insoweit als Überraschungsentscheidung dar, als entgegen der im Hinweisbeschluss vom 17. März 2015 geäußerten vorläufigen Rechtsauffassung bei der Bestimmung der Insolvenzmasse die Rückzahlungsleistung anderer in Anspruch genommener Kommanditisten Berücksichtigung gefunden habe.

Zudem lasse die angefochtene Entscheidung außer Acht, dass bei der Berechnung der Verwaltervergütung die bereits erhaltenen Vorschüsse schon in Abzug gebracht seien. Anhand des Parallelfalles „Schwesterschiff  H1“ sei absehbar, dass die zu erwartende Vergütung über 100 % liegen werde mit der Folge, dass noch eine Vergütung in Höhe von 180.947,25 € zuzüglich Umsatzsteuer und Auslagen zu erwarten stehe.

Schließlich lasse das Landgericht die Verteilungsregelung des § 199 S. 2 InsO unberücksichtigt. Tragender Gedanke dieser Vorschrift sei die Gleichbehandlung der Kommanditisten; dieser werde unterlaufen, wenn diejenigen Kommanditisten, die sich am längsten einer Inanspruchnahme durch den Insolvenzverwalter widersetzten, am Ende von ihrer Zahlungspflicht frei werden würden.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des am 15. Dezember 2015  verkündeten Urteils des Landgerichts Kiel, Az. 3 O 112/13, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 7.500,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Sie macht geltend, dass die eingeklagte Haftsumme zu Befriedigung der zur Tabelle festgestellten Insolvenzforderungen nicht benötigt werde. Sie vertritt die Auffassung, dass nach Entnahme der festgesetzten Vergütungsvorschüsse der Kläger hinsichtlich geltend gemachter weiterer Verfahrenskosten darlegungsbelastet und insbesondere hinsichtlich der Höhe der Insolvenzmasse als Berechnungsgrundlage der Vergütung wie auch der begehrten Zuschläge darlegungsfällig sei.

Mit Ladungsverfügung vom 29. März 2016 hat der Senat darauf hingewiesen, dass bisher unberücksichtigt sei, dass Insolvenzgläubiger nachrangig Zuteilungen auf die in § 39 Abs. 1 Nr. 1 und 2 InsO bezeichneten Zinsen und Kosten beanspruchen können. Nach Erteilung weiterer Hinweise in der mündlichen Verhandlung am 11. Mai 2016  hat der Senat mit Zustimmung der Parteien das schriftliche Verfahren gemäß § 128 Abs. 2 ZPO mit Schriftsatzfrist bis zum 20. Juli 2016 angeordnet.

Der Kläger macht nunmehr ergänzend bis zum 29. Juni 2016 aufgelaufene Zinsforderungen i.S.v. § 39 Abs. 1 Nr. 1 InsO geltend. Zudem stützt er sich auf zur Tabelle angemeldete Ansprüche auf Rückgewähr von Gesellschafterdarlehen i.S.v. § 39 Abs. 1 Nr.  5, Abs. 4, Abs. 5 InsO in Höhe von insgesamt 29.000,00 € zzgl. Zinsen ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens bis zum 29. Juni 2016 in Höhe von insgesamt weiteren 17.561,85 €. Schließlich verweist er auf zwei nachträgliche Forderungsanmeldungen über 1.765,83 € und 18.589,46 €.

Die Beklagte nimmt die den Berechnungen des Klägers zugrunde liegenden Zinssätze und, soweit Zinsen auf nicht zur Tabelle anerkannte, nachrangige Gesellschafterdarlehen in Frage stehen, auch die Zinspflicht dem Grunde nach in Abrede.

Hinsichtlich der näheren Einzelheiten und des weiteren Parteivortrages zweiter Instanz wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Aus den Gründen

II.         Die zulässige, so insbesondere fristgerechte Berufung bleibt ohne Erfolg.

Der Kläger kann von der Beklagten nicht nach  §§ 171 Abs. 1, Abs. 2, 172 Abs. 4 S. 2 HGB Zahlung von 7500,-- € verlangen.

Zwar hat die Beklagte unstreitig in den Jahren 2005, 2006 und 2007 Ausschüttungen in Höhe von insgesamt 7.500,00 € erhalten. Auch hat sie den ihr obliegenden Nachweis (vgl. etwa Staub-Thiessen, HGB, § 172 Rn. 192 m.w.N.), dass diese nicht zu einem Zeitpunkt erfolgten, als ihr Kapitalanteil durch Verluste unter den Betrag der geleisteten Einlage herabgemindert war, bzw. dass ihr Kapitalanteil durch die Ausschüttungen nicht unter den bezeichneten Betrag herabgemindert wurde, nicht geführt. Es ist aber nicht festzustellen, dass es des geltend gemachten Betrages zur Befriedigung der Gläubiger bedarf.

1.         Der Insolvenzverwalter ist nur insoweit berechtigt, die Haftung des Kommanditisten nach § 171 Abs. 2 HGB einzufordern, als die Inanspruchnahme des Kommanditisten für die Befriedigung von Insolvenzgläubigern benötigt wird (BGH, Urteil vom 22. März  2011 - II ZR 215/09, Juris, Rn. 20 m.w.N.). Er hat darzulegen und zu beweisen, dass Gläubigerforderungen bestehen, für welche der Kommanditist haftet (Staub-Thiessen, HGB, § 171 Rn. 226; MüKo HGB-Karsten Schmidt, §§ 171,172 Rn.114). Dies können bei verständiger Betrachtung nur zur Insolvenztabelle anerkannte oder sonst rechtskräftig festgestellte, nicht aber vom Insolvenzverwalter bestrittene Gläubigerforderungen sein.

Bereinigt man die Insolvenztabelle (Anlage K 5, Bl. 80 d. A.) um zurückgenommene und bestrittene Forderungen sowie die zwischenzeitlich aus dem Schiffserlös in angemeldeter Höhe befriedigte Forderung der  N1 (laufende Nummer 20), so ergeben sich Forderungen in Höhe von insgesamt 495.420,07 € (laufende Nummern 1 in Höhe von 87,18 €, 4 in Höhe von 259,50 €, 5 in Höhe von 881,62 €, 6 in mit Schriftsatz vom 29. Juni 2016 noch geltend gemachter Höhe von 5.681,23 €, 9 ohne Zinsanteil in Höhe von 6.956,06 €, 12 in Höhe des zur Tabelle festgestellten Teilbetrags von 1.599,80 €, 13 in Höhe 1.878,62 €, 16 in Höhe von 30.134,52 €, 18 in mit Schriftsatz vom 29. Juni 2016 noch geltend gemachter Höhe von 5.260,84 €, 19 ohne Zinsanteil in Höhe von 440.000,00 €, 22 ohne Zinsanteil in Höhe von 86,50 € und 23 in Höhe von 2.594,20 €). Dem hinzuzusetzen sind die zwei nachträglichen Forderungsanmeldungen über 1.765,83 € (laufende Nummer 24) und 18.589,46 € (laufende Nummer 25) sowie die titulierte Forderung ohne Zinsanteil über 2.000,00 € (laufende Nummer 7), so dass sich der Gesamtbetrag auf 517.775,36 € stellt.

Weiter hinzuzusetzen sind nachrangige Insolvenzforderungen nach § 39 Abs. 1 Nr. 1 InsO. Legt man zu Gunsten des Klägers die von ihm insoweit mit Schriftsatz vom 29. Juni 2016 vorgetragenen, wenn auch bestrittenen Zinshöhen und Zinsläufe zu Grunde, so errechnen sich bezogen auf die vorstehend genannten Forderungen Zinsforderungen in Höhe von insgesamt 53.775,15 €.

Nicht zu berücksichtigen sind hingegen die vom Kläger zusätzlich geltend gemachten nachrangigen Insolvenzforderungen nach § 39 Abs. 1 Nr.  5, Abs. 4, Abs. 5 InsO (Forderungen auf Rückgewähr von Gesellschafterdarlehen) in Höhe von insgesamt 29.000,00 € zzgl. Zinsen. Ausweislich der Insolvenztabelle handelt es sich insoweit ausnahmslos um vom Kläger bestrittene Forderungen, die dieser mithin zu erfüllen nicht gewillt ist. Dann aber bedarf es auch nicht der Inanspruchnahme der Kommanditisten für die Befriedigung dieser Insolvenzgläubiger.

Insgesamt ergeben sich damit zu befriedigende Forderungen der Insolvenzgläubiger in Höhe von 571.550,51 € ( 517.775,36 € + 53.775,15 €).

2.         Zur Befriedigung dieser Forderungen der Insolvenzgläubiger in Höhe von 571.550,51 €  bedarf es der Inanspruchnahme der Beklagten nicht.

Macht der Kommanditist geltend, das Gesellschaftsvermögen reiche trotz der Insolvenzverfahrenseröffnung für die Gläubigerbefriedigung aus, so trägt er die Darlegungs- und Beweislast; gleichwohl hat der Insolvenzverwalter die für die Befriedigung der Gläubiger bedeutsamen Verhältnisse der Gesellschaft darzulegen, soweit er wegen seiner Stellung allein dazu in der Lage ist (BGH, Urteil vom 5. November 1979 – II ZR 145/78, Rn. 14 bei Juris; vgl. auch Staub-Thiessen, HGB, § 171, Rn. 226; MüKo HGB-Karsten Schmidt, §§ 171, 172, Rn. 114).

Ausweislich des Zwischenberichts des Klägers über den Fortgang des Insolvenzverfahrens vom 25. Januar 2016 (Bl. 221 d. A., Anlage zum Schriftsatz der Beklagten vom 2. Mai 2016) beläuft sich der Massebestand - nach Entnahme des Vergütungsvorschusses - per 11. Januar 2016 auf 741.983,10 €. Soweit der Kläger seinen Ausführungen im Schriftsatz vom 29. Juni 2016 demgegenüber weiterhin einen Massebestand von 679.877,90 € zugrunde legt, handelt es sich um den überholten und damit unbeachtlichen Massebestand vom 28. Juli 2014 (vgl. Zwischenbericht des Klägers über den Fortgang des Insolvenzverfahrens vom 31. Juli 2014, Anlage K 7, Bl. 138 d. A.). Dabei beläuft sich die Insolvenzmasse - nach Entnahme des Vergütungsvorschusses - ohne Inanspruchnahme der Kommanditisten nach Vortrag des Klägers auf 218.259,33 €; der Inanspruchnahme anderer Kommanditisten durch den Kläger entspringen mithin 523.723,77 €.

Entgegen der Auffassung des Klägers sind diese von anderen Kommanditisten geleisteten Rückzahlungen auf Ausschüttungen bei der Prüfung, ob es zur Befriedigung der Forderungen der Insolvenzgläubiger der Inanspruchnahme der Beklagten bedarf, zu berücksichtigen. Aus § 199 InsO folgt nicht, dass diese Rückzahlungen außer Ansatz zu bleiben hätten, weil der Insolvenzverwalter stets alle zur Rückerstattung verpflichteten Kommanditisten in voller Höhe ihrer Haftsumme nach §§ 171 Abs. 2, 172 Abs. 4 HGB in Anspruch zu nehmen hätte. Das Handeln des Insolvenzverwalters dient der weitestmöglichen Befriedigung der Gläubiger, nicht aber der Liquidation der Gesellschaft und dem Interessenausgleich der Gesellschafter untereinander.  Der Insolvenzverwalter ist in Fällen, in denen nicht alle ausstehenden Haftsummen zur Befriedigung der Insolvenzgläubiger benötigt werden, nicht gehalten, den benötigten Betrag anteilig von allen rückständigen Kommanditisten einzufordern (BGH, Urteil vom 11. Dezember 1989 - II ZR 78/89, BGHZ 109, 334, Rn. 16 bei Juris). Daraus kann jedoch nicht darauf gefolgert werden, dass dann alle rückständigen Kommanditisten in voller Höhe ihrer Haftsumme in Anspruch zu nehmen wären. Es obliegt vielmehr dem pflichtgemäßen Ermessen des Insolvenzverwalters, ob und in welchem Umfange er gegenüber einzelnen Gesellschaftern rückständige Haftsummen geltend macht. Dabei ist - auch mit Blick auf Haftungsrisiken durch unnötig verursachte Prozesskosten zu Lasten der Masse - zu vermeiden, dass mehr eingefordert wird, als zur gemeinschaftlichen Befriedigung der Gläubiger im Sinne von § 1 S. 1 InsO erforderlich ist (Staub-Thiessen, HGB, § 171, Rn. 191). Nur für den Fall eines Überschusses bei der Schlussverteilung überträgt das Gesetz dem Insolvenzverwalter dessen Verteilung auf die Gesellschafter.

Die von anderen Kommanditisten geleisteten Rückzahlungen auf Ausschüttungen in Höhe von 523.723,77 € sind uneingeschränkt zur Befriedigung der Gläubiger der Gesellschaft zu verwenden. Die Kommanditisten haften nicht nach §§ 171, 172 Abs. 4 S. 2 HGB für Masseschulden und für Massekosten (Staub-Thiessen, HGB, § 171, Rn. 196; MüKo HGB-Karsten Schmidt, §§ 171, 172, Rn. 109; Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Strohn, HGB, § 171 Rn. 94). Der Zweckbindung des § 171 Abs. 2 HGB Rechnung tragend sind die von den Kommanditisten beigetriebenen Rückerstattungen auf Ausschüttungen als vorweg abzuwickelnde „Sondermasse“ zu behandeln (MüKo HGB-Karsten Schmidt, §§ 171, 172, Rn. 112). Abzusetzenden konkreten Aufwand aus Anlass der Geltendmachung der Haftung nach §§ 171, 172 HGB macht der insoweit darlegungspflichtige Kläger - auch auf die entsprechenden Erörterungen im Termin vom 11. Mai 2016 hin - nicht geltend. Die Sondermasse deckt daher die zu befriedigende Forderungen der Insolvenzgläubiger von 571.550,51 € bis auf einen Restbetrag von 47.826,74 €.

Vom übrigen Massebestand in Höhe von 218.259,33 € sind vorab die Verfahrenskosten und sonstigen Masseverbindlichkeiten in Abzug zu bringen (§ 53 InsO). Die danach verbleibende Masse übersteigt die noch ungedeckten Gläubigerforderungen von 47.856,34 € selbst dann deutlich, wenn man mit dem Kläger die sonstigen Masseverbindlichkeiten (§ 55 InsO) auf 20.000,00 € und die Verfahrenskosten (§ 54 InsO) in Form von Kosten des Insolvenzgerichts auf 20.000,00 € schätzt. Dies ergibt sich daraus, dass die geltend gemachte Verwaltervergütung von - nach Anrechnung bereits entnommener Vorschüsse - weiteren 201.187,25 € offensichtlich übersetzt ist.

Die Ausführungen des insoweit darlegungspflichtigen Klägers tragen den Ansatz von Zuschlägen in geltend gemachter Höhe von 150 % nicht. Dahingestellt bleiben kann, ob der Kläger auf den Hinweisbeschluss des Landgerichts vom 17. März 2015 hin sich auf die Berechnung der Verwaltervergütung in Form der Anlage K 8 (Bl. 164) beschränken und auf eine Unterfütterung der Berechnung mit Tatsachenstoff verzichten durfte. Jedenfalls mit der Berufung wäre auf die entsprechenden Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung hin entsprechender Sachvortrag zu leisten gewesen. Dem genügt die Berufungsbegründung in verschiedener Hinsicht nicht bzw. nur eingeschränkt.

a.) Schon die vom Kläger der Berechnung seiner Vergütung zugrunde gelegte Insolvenzmasse von 2.690.750,20 € ist weiterhin nicht nachvollziehbar dargelegt (§ 8 Abs. 2 InsVV). Zu kurz greift der Hinweis der Berufung darauf, dass insoweit der Schiffswert zu berücksichtigen sei. Selbst wenn man den Verkaufserlös von 1.690.000,00 € - ohne gebotene Prüfung nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 S. 3 InsVV - vollständig in Ansatz bringen wollte, ergäbe sich unter Hinzurechnung des entnommenen Vorschusses von 61.489,57 € und des Massebestands per 11. Januar 2016 von 741.983,40 € ein rund 200.000,00 € niedrigerer Betrag. Damit fehlt es auch weiterhin an einer tragfähigen Bezugsgröße sowohl für die Regelvergütung nach § 2 InsVV als auch für die nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Rahmen der Bemessung etwaiger Zuschläge nach § 3 InsVV gebotenen Vergleichsberechnungen.

b.) Selbst dann, wenn man die vom Kläger angeführte Insolvenzmasse von 2.690.750,20 € zugrunde legen wollte, ergäbe sich im Weiteren keine Vergütung in geltend gemachter Höhe. Zur Überzeugung des Senats wäre ein Zuschlag von 50 % auf die Regelvergütung angemessen und ausreichend bemessen.

Der Insolvenzverwalter hat im Vergütungsantrag sämtliche Erhöhungs- und Kürzungstatbestände darzulegen und zu begründen. Damit bedarf es im vorliegenden Zusammenhang, wie vom Landgericht zutreffend erkannt, zumindest der Darlegung der Voraussetzungen einzelner Erhöhungstatbestände nach § 3 Abs. 1 InsVV ihren groben Umrissen nach. Auch dem genügt die Berufungsbegründung nicht bzw. nur in Ansätzen.

aa.) Soweit eine Erhöhung nach § 3 Abs. 1  Buchst. a InsVV in Frage steht, verweist der Kläger lediglich auf das Recht der  N1 auf abgesonderte Befriedigung und die erfolgte Verwertung des Schiffes. Vortrag zu dem mit der Prüfung des Bestehens eines Absonderungsrechtes - die Verwertung von Absonderungsgut wird über § 1 Abs. 2 Nr. 1 InsVV abgegolten - verbundenen Aufwand findet sich nicht. Auch anderweitig ist nicht ersichtlich, aus welchem Grunde heraus die Prüfung einer Schiffshypothek besonderen Aufwand bedeutet haben sollte. Ein Erhöhungstatbestand ist insoweit mithin nicht erfüllt.

bb.) Im Wesentlichen macht der Kläger geltend, dass es durch die Inanspruchnahme zahlreicher Kommanditisten zu einer Massemehrung in Höhe von 523.723,77 € gekommen sei (§ 3 Abs. 1 Buchst. c InsVV). Dabei bleibt der ergänzende Verweis auf ein ein Schwesterschiff betreffendes Insolvenzverfahren inhaltlich ohne jede Substanz.

Ein solcher Zuschlag zum Degressionsausgleich kommt nach herrschender Meinung ab einer - vorliegend überschrittenen - Berechnungsgrundlage von 250.000,00 € in Betracht (BGH, Beschluss vom 8. November 2012 - IX ZB 139/10, ZIP 2012,2407, Rn. 17 bei Juris m.w.N. aus der Literatur). § 3 Abs. 1 Buchst. c InsVV setzt jedoch im Weiteren voraus, dass die fragliche Massemehrung, für die oberhalb von 250.000,00 € ein Degressionsausgleich in Betracht kommt, vom Verwalter mit erheblichem Arbeitsaufwand erzielt wurde. Dieser muss den Arbeitsaufwand eines Normalverfahrens erheblich übersteigen (BGH, ebd., Rn. 20).

Die diesbezüglichen Ausführungen des Klägers beschränken sich darauf, dass insgesamt 113 Kommanditisten auf Rückzahlung erhaltener Ausschüttungen in Anspruch genommen worden seien, davon 75 % freiwillig Zahlungen geleistet hätten und ein geringer Teil des Forderungsbestands wegen Vermögenslosigkeit der jeweiligen Kommanditisten ausgebucht worden sei. Dem lässt sich noch hinreichend bestimmt ein erheblicher Mehraufwand entnehmen.

cc.) Wurde der Insolvenzverwalter in vorstehendem Umfang stärker als in entsprechenden Normalverfahren in Anspruch genommen, ist damit zugleich der Zuschlagstatbestand vermehrten Verwalteraufwands erfüllt. Bei der Bemessung der Höhe der Zuschläge für Tätigkeiten, die die Masse gemehrt haben, ist stets die durch die hiermit verbundene Erhöhung der Berechnungsgrundlage eingetretene Erhöhung der Regelvergütung zu berücksichtigen. Die Gewährung und die Höhe eines Zuschlags hängen davon ab, dass die bewirkte Erhöhung der Regelvergütung keine angemessene Vergütung der (zusätzlichen) Tätigkeit darstellt (BGH, Beschluss vom 8. März 2012 - IX ZB 162/11, ZIP 2012, 682, Rn. 15 bei Juris).

Ausgehend von der vom Kläger der Berechnung seiner Vergütung zugrunde gelegten Insolvenzmasse von 2.690.750,20 € ergibt sich eine Regelvergütung von 81.494,73 € netto. Ohne Berücksichtigung der durch die Inanspruchnahme der Kommanditisten begründeten Mehrung der Insolvenzmasse um 523.723,77 € errechnet sich ausgehend von einer Insolvenzmasse von dann 2.167.026, 50 € eine Regelvergütung von 71.090,53 € netto. Zur Überzeugung des Senats gleicht der durch die Erhöhung der Berechnungsgrundlage bedingte Differenzbetrag von rund 10.400,00 € den mit der Inanspruchnahme der Kommanditisten verbundenen Mehraufwand nicht angemessen aus.

dd.) Kommt ein Zuschlag nach § 3 Abs. 1 Buchst. c InsVV in Betracht und liegt ein weiterer, sich in den Voraussetzungen überschneidender, massemehrender Zuschlagstatbestand vor, können die Zuschläge nicht isoliert voneinander festgesetzt werden (BGH, Beschluss vom 8. November 2012 - IX ZB 139/10, ebd., Rn. 22 bei Juris). Dabei ist es nicht notwendig, die Zu- und Abschläge zunächst der Höhe nach einzeln zu bewerten. Es genügt die vorstehende Prüfung dem Grunde nach, auf deren Grundlage im Wege einer Gesamtschau unter Berücksichtigung von Überschneidungen und einer auf das Ganze bezogenen Angemessenheitsbetrachtung der Gesamtzuschlag zu bestimmen ist (BGH, Beschluss vom 20. Mai 2010 - IX ZB 11/07, BGHZ 185, 353, Rn. 9 bei Juris).

In Anwendung vorstehender Grundsätze erachtet der Senat einen Gesamtzuschlag von 50 % auf die Regelvergütung von 81.494,73 € netto für ausreichend. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es sich einerseits zwar um eine große Zahl von Kommanditisten, andererseits aber um gleichgelagerte Sachverhalte und gleichförmige Vorgänge handelt. Diese fanden zum ganz überwiegenden Teil ihre Erledigung im Wege freiwilliger Zahlungen der Kommanditisten. Ausgehend davon, dass die klagweise Inanspruchnahme auch der weiteren Kommanditisten auf Prozessbevollmächtigte delegiert wurde, ist ein besonderer Aufwand des Insolvenzverwalters für die Prozessführung nicht anzusetzen. Konkreten Vortrag zu einem tatsächlichen personellen und zeitmäßigen Mehraufwand, der einen Zuschlag von mehr als 50 % rechtfertigen würde, ist der Kläger schuldig geblieben.

Die Vergütung inklusive eines Zuschlags von 50 % bemisst sich auf 122.242,09 € netto und übersteigt die ohne Berücksichtigung der durch die Inanspruchnahme der Kommanditisten begründeten Mehrung der Insolvenzmasse sich errechnende Regelvergütung von 71.090,53 € um 51.151,56 € netto.  Mit diesem Betrag sind die Degression und der nach Lage des Falles ersichtliche Mehraufwand angemessen ausgeglichen.

Zuzüglich Umsatzsteuer (23.225,99 €) und abzüglich entnommener Vorschüsse (61.489,57 €) ergibt sich eine anzusetzende weitere Insolvenzverwaltervergütung von 83.978,51 €.

Dieser aufzuschlagen ist die gedeckelte Auslagenpauschale gemäß § 8 Abs. 3 InsVV. Der Senat hat insoweit zugrundegelegt, dass das Insolvenzverfahren binnen Jahresfrist abgeschlossen werden kann und für das letzte Jahr der Verwaltung der Pauschalsatz für das angefangene Jahr voll anfällt. Anzusetzen ist damit ein Betrag  von 24.000,00 € netto bzw. 28.560,00 € brutto.

Insgesamt ist damit für die (weitere) Insolvenzverwaltervergütung einschließlich Auslagenpauschale ein Gesamtbetrag von 112.538,51 € einzustellen.

Bringt man vom übrigen Massebestand in Höhe von 218.259,33 € gemäß § 53 InsO die (weitere) Insolvenzverwaltervergütung einschließlich Auslagenpauschale in Höhe von 112.538,51 €, die vom Kläger auf 20.000,00 € geschätzten sonstigen Masseverbindlichkeiten (§ 55 InsO) und Verfahrenskosten (§ 54 InsO) in Form von Kosten des Insolvenzgerichts in Höhe von 20.000,00 € in Abzug, so verbleibt ein freier Betrag von 65.720,82 € Dieser übersteigt die noch ungedeckten Gläubigerforderungen von 47.826,74 € um 17.894,08 €. Dieser Differenzbetrag deckt den weiteren Zinslauf ab dem 29. Juni 2016 bis zum Verteilungstermin ab, der nach Auffassung des Senats kurzfristig erfolgen kann. Der Inanspruchnahme der Beklagten zur Befriedigung der Insolvenzgläubiger bedarf es daher nicht.

III.         Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

stats