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RdF-News
09.05.2017
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FG Düsseldorf: Ermittlung der Anschaffungskosten von Aktien bei Ausübung wertgeminderter Optionsrechte

FG Düsseldorf, Urteil vom 29.11.2016 – 6 K 4005/14 K,F

ECLI:DE:FGD:2016:1129.6K4005.14K.F.00

Sachverhalt

Die Klägerin ist ein Unternehmen der A Gruppe. Unternehmensgegenstand der Klägerin ist der Erwerb und die Verwaltung von Beteiligungen an deutschen Unternehmen für Gesellschaften der A Gruppe. Alleinige Gesellschafterin der Klägerin ist die in … ansässige AB.

Die Klägerin war seit 1980 mehrheitlich an dem in Deutschland ansässigen Bankhaus C beteiligt. Die Beteiligung wuchs bis 2013 auf 80,6171 % an. Die Beteiligung ist in den Bilanzen der Klägerin im Anlagevermögen ausgewiesen.

Am 9. Dezember 1986 erwarb die Klägerin von C emittierte Optionsanleihen im Nominalwert von 70.630.000 DM. Die mit den erworbenen Anleihen verknüpften Optionsscheine berechtigten den jeweiligen Inhaber zum Erwerb von insgesamt 210.108 C Aktien zum Preis von 375,50 DM pro Aktie. Am 15. Dezember 1986 veräußerte die Klägerin die Anleihen ohne die Optionsscheine und aktivierte die zurückbehaltenen Optionsscheine im Anlagevermögen zum 31. Dezember 1986 mit den anteiligen Anschaffungskosten i.H.v. 24.289.885,52 DM. Die Optionsscheine schrieb die Klägerin zum 31. Dezember 1987 um 8.531.785,52 DM auf 15.758.100 DM (75 DM pro Optionsscheine) ab. Nach einer Veräußerung im Jahre 1990 verblieben bei der Klägerin 210.000 Stück der Optionsscheine zu einem Buchwert von dann 15.750.000 DM.

In 1996 übte die Klägerin ihr Optionsrecht aus und erwarb 210.000 C Aktien zu dem in den Optionsbedingungen festgelegten Basispreis von insgesamt 78.855.000 DM. Sie aktivierte die Aktien im Anlagevermögen zum 31. Dezember 1996 mit Anschaffungskosten in Höhe des gezahlten Basispreises zuzüglich Buchwert der Optionsscheine.

Der Beklagte veranlagte die Klägerin für das Jahr 1996 zunächst erklärungsgemäß unter Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 Abs. 1 Abgabenordnung.

Aufgrund einer steuerlichen Außenprüfung vertrat das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung … in seinem Prüfungsbericht vom 8. Mai 2013 die Ansicht, dass die erworbenen Aktien mit dem Basispreis zuzüglich der ursprünglichen Anschaffungskosten der Optionsscheine, 78.855.000 DM + 24.277.400 DM gleich 103.132.400 DM, zu aktivieren seien. Die Differenz zwischen dem Buchwert der eingesetzten Optionsscheine und den historischen Anschaffungskosten von 8.527.400 DM sei als steuerpflichtiger Ertrag zu berücksichtigen. Zur Begründung führten die Prüfer an, zu den Anschaffungsnebenkosten gehöre alles, was aufgewendet werden müsse, um den Erwerbsgegenstand im einsatzfähigen Zustand zu erlangen. Für den Erwerb der Aktien sei die volle Optionsprämie aufgewendet worden. Diese sei als Gegenleistung zu aktivieren. Der Erwerb der Optionsscheine sei nicht als bloße Vorbereitungsmaßnahmen zu qualifizieren. Weil Kernaktivität der Klägerin der Ausbau der strategischen Mehrheitsbeteiligung an C gewesen sei, sei ein finaler Zusammenhang zwischen dem Erwerb der Optionsscheine und dem späteren Erwerb der Aktien erkennbar.

Mit ihrem gegen die entsprechend – unter Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung - geänderten Bescheide gerichteten Einspruch begehrte die Klägerin, die Optionsprämie insgesamt ergebnismindernd zu berücksichtigen, zumindest aber lediglich den Buchwert der Aktienoption als Teil der Anschaffungskosten anzusetzen. Der Beklagte wies den Einspruch als unbegründet zurück.

Mit ihrer Klage macht die Klägerin geltend, die bei Erwerb der Optionsanleihen für die Optionsscheine gezahlte Prämie sei lediglich in Höhe der im Zeitpunkt der Optionsausübung noch aktivierten Beträge nicht aber der historischen Anschaffungskosten der Optionsscheine den Anschaffungskosten der Aktien als Anschaffungsnebenkosten hinzuzurechnen.

Die Höhe der Anschaffungskosten nach § 255 Abs. 1 S. 1 Handelsgesetzbuch – HGB - würde durch die Gegenleistung des Erwerbers bestimmt (Prinzip der Maßgeblichkeit der Gegenleistung). Aufwendungen im Zusammenhang mit bloß noch unbestimmten Erwerbsvorbereitungsmaßnahmen gehörten nicht zu den Anschaffungskosten. Im Zeitpunkt des Erwerbs der Optionsscheine sei die Entscheidung zum Erwerb der Aktien noch nicht unbedingt gefallen. Die Entscheidung über den Erwerb der Aktien falle rechtlich und wirtschaftlich erst mit Ausübung der Option. Im Streitfall lägen zwischen dem Erwerb der Optionsscheine in 1986 und Ausübung der Option 1996 10 Jahre, in denen die Klägerin frühere Ausübungstermine mehrmals habe verstreichen lassen, ohne die Optionen auszuüben. Dieser ungewöhnlich lange Zeitraum spreche dagegen, die Zahlung der Optionsprämie in 1986 als zielgerichtete Aufwendung zum Erwerb der Aktien einzuordnen. Dagegen spreche auch, dass die Optionsprämie zunächst als selbstständiges Wirtschaftsgut und nicht als vorweggenommene Anschaffungskosten zu aktivieren gewesen sei.

Die Auffassung, dass nur der bei Optionsausübung verbliebene Buchwert der Optionsscheine als Anschaffungsnebenkosten der Aktien zu aktivieren sei, werde durch die Zweivertragstheorie (Bundesfinanzhof – BFH – Urteil vom 28. November 1990 X R 197/87, BFHE 163, 175, BStBl II 1991, 300) bestätigt. Das Optionsgeschäft sei weder rechtlicher Bestandteil des auf den Erwerb der Wertpapiere gerichteten Anschaffungsgeschäfts noch ein bedingtes Anschaffungsgeschäft, weil bei Erwerb einer Kaufoption das Kaufgeschäft nicht notwendigerweise nachfolge.

Die bislang vom BFH getroffenen Entscheidungen beträfen jeweils Aufwendungen, bei denen die Abgrenzung von Anschaffungskosten zu sofort abziehbaren Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben streitig gewesen sei. Gezahlte Optionsprämien seien indessen keine sofort abzugsfähigen Betriebsausgaben. Die gezahlten Optionsprämien gingen in die Anschaffungskosten für das Wirtschaftsgut „Optionsschein“ ein. Weil die Optionsprämie somit Bestandteil der Anschaffungskosten eines unmittelbar entstehenden selbstständig aktivierungsfähigen Wirtschaftsgutes sei, bedürfe es keiner Vorverlagerung des für die Beurteilung von Anschaffungskosten maßgeblichen Zeitpunktes, um die Aufwendungen – überhaupt -als Anschaffungskosten zu erfassen.

Es läge ein mehrstufiger Anschaffungsvorgang vor, bei dem das Wirtschaftsgut „Optionsschein“ verbraucht werde, um das andere Wirtschaftsgut „Aktien“ zu erwerben. Daher seien lediglich die bei Optionsausübung aktuellen Buchwerte als Anschaffungsnebenkosten der Aktien zu aktivieren.

Diese Auffassung verstoße nicht gegen das Prinzip der Maßgeblichkeit der Gegenleistung. Die Optionsprämien seien in voller Höhe in die Anschaffungskosten des Wirtschaftsgutes Optionsschein eingeflossen. Infolge der Teilwertabschreibung hätte bei Optionsausübung nur derjenige Wert in die Anschaffungskosten der Basisaktien eingehen können, der zu diesem Zeitpunkt nicht bereits anderweitig (durch wirtschaftliche Abwertung) substantiell verbraucht gewesen sei.

Die Auffassung des Beklagten verstoße zudem gegen den Grundsatz der Erfolgsneutralität von Anschaffungsvorgängen.

Die Klägerin beantragt,

die angefochtenen Bescheide dahingehend zu ändern, dass die Einkünfte der Klägerin um 4.359.990,39 € (8.527.400 DM) gemindert und der gesondert festgestellte Verlust entsprechend erhöht werden,

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Ansicht, die Anschaffungskosten der Aktien seien um die historischen Anschaffungskosten der Optionsscheine zu erhöhen. Nur so sei gewährleistet, dass entsprechend dem Prinzip der Maßgeblichkeit der Gegenleistung alles bei den Anschaffungskosten berücksichtigt werde, was tatsächlich zum Erwerb der Aktien aufgewendet worden sei. Anschaffungskosten könnten bereits vor Erwerb der Aktien anfallen, wenn sie unmittelbar der nachfolgenden Anschaffung zugerechnet werden könnten. Der für die Beurteilung von Anschaffungskosten relevante Zeitpunkt sei auf den Zeitpunkt der grundsätzlichen Erwerbsentscheidung vorverlagert. Diese falle im Streitfall bereits auf den Zeitpunkt des Erwerbs der Optionsscheine. Bereits dann habe der Optionsinhaber die Möglichkeit, die Anteile durch einseitige Erklärung zu erwerben. Die Optionsprämie sei letztlich nur eine Geldzahlung, mit der die Einräumung des Rechts zum Erwerb von Aktien nach festgelegten Bedingungen erworben werde. Geldzahlungen und deren Gegenleistungen stünden grundsätzlich in einem Verwendungszusammenhang. Dies schließe aber nicht aus, dass ein weiterer Erwerbsvorgang eine Folgeanschaffung darstelle, die im Hinblick auf einen neuen Verwendungszusammenhang steuerlich zu beurteilen sei. Für diesen neuen Verwendungszusammenhang sei die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs bezüglich einer Vorverlagerung des maßgeblichen Zeitpunkts für die Beurteilung von Anschaffungskosten zum Zeitpunkt der grundsätzlichen Erwerbsentscheidung von Bedeutung. Bereits die konkrete Geschäftsaktivität der Klägerin spreche dafür, dass bei Erwerb der Aktienoption deren Ausübung beabsichtigt gewesen sei. Dies werde durch die Zugehörigkeit der Klägerin zum Konzernverbund der A Unternehmensgruppe gestützt. Kernaktivität der Klägerin sei der Ausbau der strategischen Mehrheitsbeteiligung an C gewesen. Dementsprechend sei der Erwerb der Optionsscheine final darauf gerichtet, weitere C Aktien zu erwerben. Dadurch werde der geforderte unmittelbare wirtschaftliche Zusammenhang zwischen dem Erwerb der Optionen und der Anschaffung der Aktie hergestellt. Die Aktivierung in Höhe der historischen Anschaffungskosten der Optionsscheine verstoße nicht gegen das Realisationsprinzip bzw. die erfolgsneutrale Behandlung von Anschaffungsvorgängen. Es finde weder eine Zuschreibung im Rechtssinne noch eine Wertaufholung statt. Vielmehr entspreche die Sichtweise des Beklagten der Anschaffungskostenermittlung nach § 255 Abs. 1 HGB, weil die Anschaffungskosten der Aktien den Wert der Gegenleistung gerade nicht überschritten.

Entspreche der Buchwert der Aktienoption deren Anschaffungskosten sei unstreitig, dass dieser Wert den Anschaffungskosten der Aktien zuzurechnen sei. Sofern eine außerplanmäßige Abschreibung auf das aktivierte Optionsrecht vorgenommen worden sei, entspreche der Buchwert der Option jedoch nicht mehr den Anschaffungskosten. Es stehe aber außer Zweifel, dass die gezahlte Optionsprämie Anschaffungsnebenkosten der durch Optionsausübung angeschafften Aktien darstelle. Schließlich sei die Optionsprämie aufgewendet worden, um das Optionsrecht zu erwerben, mit dessen Ausübung die Aktien angeschafft werden sollten. Die vor Ausübung erfolgte außerplanmäßige Abschreibung auf das Optionsrecht sei allein das Ergebnis einer vorsichtigen Bilanzierung, habe jedoch keinen Einfluss darauf, dass die Anschaffungskosten aufgewendet werden mussten, um die Option, die ausgeübt worden sei, anzuschaffen. Die Anschaffungskosten der Kaufoptionen gingen in die Anschaffungskosten des Basisobjektes ein. Bei dieser Vorgehensweise sei entsprechend dem Prinzip der Maßgeblichkeit der Gegenleistung all das im Rahmen der Ermittlung der Anschaffungskosten der beschafften Vermögensgegenstände berücksichtigt worden, was der Erwerber hingegeben habe.

Zur weiteren Begründung stützt sich der Beklagte auf eine Reihe von im einzelnen dargestellten Literaturstellen, auf die wegen der Einzelheiten verwiesen wird.

Aus den Gründen

25        Die zulässige Klage ist begründet. Die Klägerin ist durch die Erhöhung der Anschaffungskosten der 1996 durch Ausübung der in 1986 erworbenen Option angeschafften 210.000 Aktien der C AG um 8.527.400 DM in ihren Rechten verletzt. Die Anschaffungskosten dieser Aktien sind anhand des Basispreises sowie des Buchwertes und nicht der Anschaffungskosten der für den Erwerb eingesetzten Option zu ermitteln.

26        Anschaffungskosten sind nach § 255 Abs. 1 HGB die Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben und ihn in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen. Zu den Anschaffungskosten rechnen auch Nebenkosten und nachträgliche Anschaffungskosten Der handelsrechtliche Anschaffungskostenbegriff gilt mangels einer eigenen Definition auch für das Steuerrecht (Stobbe in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, Stand: 09/2010, § 6 EStG Rn. 271). Die Anschaffungskosten beinhalten - unter Ausschluss der Gemeinkosten - alle mit dem Anschaffungsvorgang verbundenen Kosten, somit neben der Entrichtung des Kaufpreises alle sonstigen Aufwendungen des Erwerbers, die in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Anschaffung stehen, insbes. zwangsläufig im Gefolge der Anschaffung anfallen (Schindler in: Kirchhof, Einkommensteuergesetz, 15. Aufl. 2016, § 6 EStG, Rn. 37 mN).

27        Bestandteil der Anschaffungskosten der Aktien ist unstreitig der sog. Basispreis.

28        Zu den Anschaffungsnebenkosten von durch Ausübung einer Option erworbenen Aktien gehören, jedenfalls nicht ohne weiteres, nicht die Anschaffungskosten der Option. Zwar hat der BFH mit Urteil vom 21. September 2004 entschieden, dass zu den Anschaffungskosten eines Vermögensgegenstandes auch Anschaffungskosten eines anderen Vermögensgegenstandes gehören können, soweit sie sich in dem neu erworbenen Vermögensgegenstand fortsetzen (IX R 36/01, BFHE 207, 543, BStBl II 2006, 12, Rn. 17), so dass auch der Wert des Bezugsrechts auf die neuen Anteile bei deren Anschaffungskosten anzusetzen seien. Bei der Entscheidung des BFH ging es jedoch, anders als im Streitfall, um einen Sachverhalt, bei dem sich nach Vorstellung des BFHs die Ausübung des Bezugsrechts als Tauschvorgang darstellte. Bei Tausch von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens entsprechen steuerrechtlich die Anschaffungskosten des erhaltenen dem gemeinen Wert des hingegebenen Wirtschaftsguts. Der Tausch von Wirtschaftsgütern ist somit ein Realisierungstatbestand (Schindler in: Kirchhof, Einkommensteuergesetz, 15. Aufl. 2016, § 6 EStG). Die Ausübung einer Aktienoption stellt sich indessen nicht als Tauschvorgang (Option gegen Aktien) dar, wovon auch die Beteiligten übereinstimmend ausgehen (Einspruchsentscheidung vom 26. November 2014, S. 12 und Klagebegründung vom 24. Februar 2015, S. 20; vgl. auch RFH-Urteil vom 24. August 1944, Slg. Bd. 54 S. 128) Insbesondere wird die Option nicht auf den Stillhalter übertragen. Das Wirtschaftsgut Option wandelt sich bei Abgabe der Optionserklärung vielmehr in einen Lieferanspruch gegen den Verpflichteten (Stillhalter), der durch Lieferung gegen zusätzliche Zahlung des Basispreises erfüllt wird.

29        Neben dem Basispreis wird folglich das Wirtschaftsgut „Option“ zur Anschaffung der Aktien aufgewendet. Mit der Ausübung entfällt das bislang bilanzierte Wirtschaftsgut „Option“, es entsteht ein Aufwand in Höhe des wegfallenden Wirtschaftsgutes. Bei Optionsausübung kann somit nur derjenige Wert in die Anschaffungskosten der Basisaktien eingehen, der zu diesem Zeitpunkt nicht bereits anderweitig (durch wirtschaftliche Abwertung) substantiell verbraucht gewesen ist. Unstreitig sind zwischen den Beteiligten die teilwertgeminderten Bilanzansätze der Optionen, wobei die Beteiligten zutreffend davon ausgehen, dass es sich bei einem Optionsrecht um ein nicht abnutzbares immaterielles Wirtschaftsgut handelt, für das eine Teilwertabschreibung in Betracht kommt, wenn z.B. der Börsenwert der Option gesunken ist (vgl. auch Schmidt/Kulosa EStG, 32. Aufl. 2013, § 6 Rz. 140 „Optionen“). Es ist allerdings (jedenfalls für das Streitjahr) keine Vorschrift ersichtlich, die, wie beispielsweise § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 4 EStG i.d.F. des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 (BGBl. I S. 402, BStBl I S. 304) mit Wirkung ab dem ersten nach dem 31. Dezember 1998 endenden Wirtschaftsjahr, zuvor eine Höherbewertung bzw. Teilwertaufholung der Optionen anordnete. Daraus folgt, dass die Option mit ihrem letzten Buchwert in die Anschaffungskosten der Aktien eingeht.

30        Anders als der Beklagte meint, wurden nicht die zum Erwerb der Aktienoption gezahlten Beträge von der Klägerin aufgewendet, um die Aktien, zu deren Erwerb die Option berechtigte, zu erwerben. Eine derartige Auffassung widerspricht der sogenannten Zweivertragstheorie (BFH Urteil vom 28. November 1990 X R 197/87, BFHE 163, 175, BStBl II 1991, 300) und der Tatsache, dass Aktienoptionen zu einem eigenen unabhängigen Investment verselbständigt sind, deren Erwerb nicht typischerweise zum Erwerb der Aktien, zu deren Erwerb die Option berechtigt, führt. Es lässt sich nicht grundsätzlich feststellen, dass eine Aktienoption regelmäßig zum Erwerb der Aktien genutzt wird. Aktienoptionen werden vielmehr, was gerichtsbekannt ist, als eigenständiges Investment und Spekulationsobjekt genutzt. Es kann dahinstehen, ob in Fällen, in denen bereits bei Erwerb der Option eine Absicht bestand, die Aktien durch Ausübung der Option zu erwerben, die Anschaffungskosten der Option gewissermaßen als vorweggenommene Anschaffungskosten der Aktien bei deren Aktivierung zu berücksichtigen sind. Denn im Streitfall lässt sich nicht zur Gewissheit des Senates erkennen, dass die Klägerin bei Erwerb der Option die Absicht hatte, diese zum Erwerb der Aktien zu nutzen. Der Annahme einer solchen Absicht steht vielmehr die ungewöhnlich lange Haltezeit der Option von 10 Jahren und auch der unwidersprochene Vortrag der Klägerin entgegen, wonach sie eine solche Absicht nicht hatte, was sich darin zeigt, dass sie mehrmalig Ausübungsmöglichkeiten ungenutzt hat verstreichen lassen. Soweit der Beklagte dem entgegenhält, Kernaktivität der Klägerin sei der Ausbau der strategischen Mehrheitsbeteiligung an C gewesen, der Erwerb der Optionsscheine sei final darauf gerichtet, weitere C Aktien zu erwerben, ist dieser Vortrag ohne Beleg geblieben.

31        Das Ergebnis wird auch nicht durch die vom Beklagten zur Begründung seiner Auffassung herangezogenen Judikate, wonach der Optionspreis in die Anschaffungskosten des Optionsgutes eingeht, in Frage gestellt. Denn diese betreffen lediglich die Abgrenzung von Werbungskosten respektive Betriebsausgaben zu Anschaffungskosten, treffen keine Aussage zur Höhe der Anschaffungskosten bei teilwertreduzierten Optionen und sind daher für den Streitfall nicht ergiebig (BFH, Urteile vom 27. März 2007 – VIII R 62/05 –, BFHE 217, 491, BStBl II 2010, 159; vom 28. Oktober 2009 – VIII R 22/07 –, BFHE 228, 28, BStBl II 2010, 469 oder auch Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 30. Juni 1993 – 12 K 188/90 –, juris).

32        Auch die vom Beklagten angeführten Literaturstellen, die sich für den Ansatz des Optionspreises als Teil der Anschaffungskosten des aufgrund der Option angeschafften Wirtschaftsgutes aussprechen, sind für die Streitfrage entweder unergiebig, weil sie nicht erkennen lassen, ob sie eine zuvor durchgeführte Teilwertabschreibung auf die aktivierte Option berücksichtigen (Hoffmann in Littmann/Bitz/Pust, Einkommensteuerrecht, §§ 4, 5 EStG, RN 1323, Stand 11/2007; Söhn in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 4 EStG, RN E 1200 Stichwort Optionsgeschäft/Optionsrecht“, Neumann in Lademann, EStG- Kommentar, § 5 EStG, Anm. 991; Weber-Grellet in Schmidt Einkommensteuergesetz, § 5 EStG, Rz 144) oder es fehlt eine Begründung der vertretenen Ansicht (Windmöller/Brecker, Bilanzierung von Optionsgeschäften, WPg 1995, 389/394; Fleischmann, Bilanzrechtliche Behandlung von erworbenen Kauf- und Verkaufsoptionen, NWB Nr. 42 vom 13.10.1997, Fach 17 S 1535 (1538); Lutz in Bilanzrecht für die Praxis, Abschnitt 3: Sonderfragen zum Jahresabschluss, Kap. 2: Derivative Finanzinstrumente, Nr. 23.103; Knop/Küting in Küting/Pfitzer/Weber, Handbuch der Rechnungslegung – Einzelabschluss, Bd. 2, § 255 HGB, RN 121; Kirsch in Hofbauer/Kupsch, Bonner Handbuch Rechnungslegung, § 255 HGB, RN 84, Wohlgemuth in Schulze-Osterloh/Hennrichs/Wüstemann, Handbuch des Jahresabschlusses - Bilanzrecht nach HGB, EStG, IFRS (C. Sonderprobleme bei der Festlegung der Anschaffungskosten), Rz. 96; Schmitz in Federmann/Kußmaul/Müller, Handbuch der Bilanzierung online, Fachbeitrag „Wertpapiere in Handels- und Steuerbilanz“, „5.3 Optionsgeschäfte“ Rz. 156, 157; Kahle in Baetge/Kirsch/Thiele, Kommentar zum Bilanzrecht, § 255 HGB, Rz. 93 und 94) oder es wird - ohne Begründung - unterstellt, dass die Anschaffung der Option mit Blickrichtung auf den Erwerb des Wirtschaftsgutes getätigt worden ist (Tonner in Bordewin/Brandt, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 5 EStG Rz. 340, ABC der aktiven Wirtschaftsgüter Stichwort „Ankaufsrecht“), was der Senat für unzutreffend hält.

33        Soweit Schindler (in: Kirchhof, Einkommensteuergesetz, 15. Aufl. 2016, § 6 EStG, Rn. 36) das anrechenbare Entgelt für eine Kaufoption den Anschaffungskosten zurechnet, wird dies nicht durch das dort als Beleg aufgeführte BFH-Urteil vom 26. April 1977 gestützt (VIII R 2/75 –, BFHE 122, 271-275, BStBl II 1977, 631-633). Denn dort wurde entschieden, dass das Entgelt, das ein Grundstückseigentümer dafür erhält, dass er ein für eine gewisse Zeit bindendes Kaufangebot über ein Grundstück abgibt, eine Einnahme im Sinne von § 22 Nr 3 EStG ist. Eine Aussage zur steuerrechtlichen Einordnung beim Erwerber, insbesondere hinsichtlich der Anschaffungskosten, fehlt.

34        Vielmehr ist nach Auffassung des Senats die Anschaffung durch Ausübung eines Bezugsrechts durch Ansatz des Basispreises zuzüglich des Buchwertes des eingesetzten Optionsgutes als Anschaffungskosten als erfolgsneutral zu behandeln (vgl. auch Stadler in: Bürgers/Körber, Aktiengesetz, 4. Aufl. 2017, § 221, Rn. 79 unter Hinweis auf RFHE 54, 128; BFH BStBl 2000 II 262 für den Umtausch von Floating Rate Notes in festverzinsliche Bonds; OFD Düsseldorf DB 2001, 1337, Ziff 1d für Optionsanleihen; OFD Frankfurt BB 1995, 1345; MünchKomm AktG/Habersack Rn 344; Blümich EStG § 5 Rn 920 Stichwort „Wandelschuldverschreibungen“; OFD Frankfurt a. M. 29.03.1995, S 2150 A - 6 - St II 21, BB 1995, 1345 im Einvernehmen mit dem Bundesminister der Finanzen und den obersten Finanzbehörden der anderen Länder). Nur diese Auffassung entspricht dem Prinzip der Ergebnisneutralität von Anschaffungsvorgängen (der Zugang eines Vermögensgegenstandes zum Anlage- oder Umlaufvermögen wird als bloße Vermögensumschichtung abgebildet, die weder eine Vermögensmehrung noch eine Vermögensminderung auslöst, vgl. Drüen in: Staub, HGB, 5. Aufl. 2014, § 255, Rn. 2; BFH v. 21.10.1993 - IV R 87/92, BStBl. II 1994, 176).

35        Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

36        Die Übertragung der Berechnung der geänderten Steuer- und Feststellungsbeträge auf den Beklagten erfolgt nach § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO.

37        Die Revision wird nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO zugelassen.

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