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RdF-News
29.02.2016
RdF-News
Dr. Alexander Mann: Der Wind dreht sich – InvStRefG-RegE schränkt steuerliches Gestaltungspotential ein

Am 24.2.2016 hat das Kabinett den Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Investmentsteuerreformgesetz (InvStRefG) gebilligt. Die seit 2011 von der Verwaltung vorangetriebene Idee einer grundlegenden Neukonzeption der deutschen Fondsbesteuerung steht trotz erwartungsgemäß starker Beharrungskräfte unmittelbar vor der Ziellinie.

Was ändert sich? Findet die Besteuerung bei Publikumsfonds (zukünftig Investmentfonds) bisher nach dem Transparenzprinzip einzig beim Anleger statt, unterliegen in- und ausländische Fonds ab 1.1.2018 mit bestimmten inländischen Einkünften (insbesondere inländische Dividenden sowie Mieterträge und Immobilienveräußerungsgewinne aus inländischen Grundstücken) grundsätzlich selbst der Körperschaftsteuer. Diese Gleichbehandlung in- und ausländischer Fonds beseitigt europarechtliche Risiken. Auf Anlegerebene vollzieht der Gesetzgeber den Wechsel zu einer Cashflow-Besteuerung. Besteuert werden insbesondere Ausschüttungen und Veräußerungsgewinne. Die Verstetigung des Steueraufkommens sichert eine Vorabpauschale. Ausschüttungsgleiche Erträge entfallen. Die Vereinfachung liegt auf der Hand: Anstelle der aktuellen 33 Besteuerungsgrundlagen sind zukünftig nur noch vier Kennzahlen notwendig. Die Vorbelastung wird auf Anlegerebene durch eine prozentuale Freistellung der Ausschüttung oder Veräußerungsgewinne typisiert nach Aktien-, Immobilien- oder Mischfonds ausgeglichen. Neben der Vereinfachung markiert dies einen neuen Ansatz bei der Bekämpfung von Steuergestaltungen. Statt bisher durch punktuelle Eingriffe nur Symptome zu behandeln, zielt ein typisierter Ansatz durch Abbau tatbestandlicher Differenzierungen auf die Ursache der Gestaltungsanfälligkeit. Es bleibt abzuwarten, ob dies Schule macht. Die im bisherigen Verfahren zunehmende Ausdifferenzierung der Teilfreistellungssätze steht dazu nicht im Widerspruch. Ursache ist die (vorläufige) Zurückstellung der Ausweitung der Streubesitzbesteuerung auf Veräußerungsgewinne. Hervorzuheben ist allerdings, dass der Gesetzgeber selbst (Gesetzesbegründung, S. 158) von einer Umgehung der Streubesitzbesteuerung in der Praxis ausgeht. Die Frage nach einer (sachlich richtigen) Gleichbehandlung von Dividenden und Veräußerungsgewinnen stellt sich weiterhin, zumal die Herausnahme aus dem laufenden Gesetzgebungsverfahren einzig der Sorge nach einer rechtssicheren Ausnahme für die Wagniskapitalbranche geschuldet war. Nach der Pressemittelung des BMF v. 24.2.2016 wird an einer Lösung gearbeitet.

Das System der Spezial-Investmentfonds folgt auf nachhaltigen Wunsch der Wirtschaft dagegen unverändert dem Prinzip der Semi-Transparenz. Die notwendigen gesetzlichen Anpassungen zur Verhinderung von Gestaltungen aus Ausräumung europarechtlicher Risiken tragen unvermeidbar zu einer weiteren Verkomplizierung bei. Hier wird der Gesetzgeber beobachten müssen, ob die dem Transparenzprinzip immanente Gestaltungsanfälligkeit erneut in dem bisherigen Maß für aggressive Gestaltungen genutzt wird und entsprechende Folgerungen ziehen.

Gemessen an den Reaktionen der Praxis sogar noch höhere Wellen schlägt eine erst im Referentenentwurf aufgenommene Regelung zur Verhinderung sog. Cum/Cum-Gestaltungen (hierzu auch Anzinger, RdF 4/2016, Die Erste Seite), die rückwirkend zum 1.1.2016 in Kraft treten soll. Die Vorschrift bekämpft eine verbreitete Gestaltung zur Umgehung der Dividendenbesteuerung. Als typisierende Missbrauchsvermeidungsvorschrift macht sie die Anrechnung erhobener Kapitalertragsteuer davon abhängig, dass der Steuerpflichtige die Aktie für einen Mindestzeitraum von 45 Tage hält und dabei ein wirtschaftliches Risiko von 30 % trägt. Wenngleich in diesem Bereich auf lange Sicht die Lösung in einer Neujustierung der Abkommenspolitik zu suchen ist, legt der Gesetzgeber als zeitnahe Lösung (wohl nicht zum letzten Mal) die Axt an die Wurzel kapitalmarktorientierter Steuerumgehungsgestaltungen. Ein Blick auf die bisherige Dividendensaison 2016 gibt ihm Recht. Für Fälle vor dem 1.1.2016 ist überdies darauf hinzuweisen, dass der BFH (18.8.2015 – I R 88/13; dazu Schwenke, RdF 1/2016, Die Erste Seite) zuletzt mit richtungsweisenden Aussagen den Übergang des wirtschaftlichen Eigentums bei einer Wertpapierleihe über den Dividendenstichtag verneint hat.

Dr. Alexander Mann ist Angehöriger der hessischen Finanzverwaltung. Schwerpunkte seiner Tätigkeit sind Steuerfragen des Finanzsektors sowie die Besteuerung von Finanzprodukten einschließlich Gesetzgebungsverfahren in diesem Bereich.

 

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