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RdF-News
31.07.2014
RdF-News
Dr. Jochen Eichhorn: BGH kündigt neue Rechtssprechungsgrundsätze zur Offenlegung von Innenprovisionen an

Der BGH hat am 3.6.2014 ein Urteil gesprochen (Az. XI ZR 147/12), das für das Anlageberatungsgeschäft von erheblicher  Bedeutung ist.

 

Der BGH kündigt darin seine Rechtssprechungsgrundsätze zur Offenlegung von Innenprovisionen für das zukünftige Beratungsgeschäft an. Danach muss bei der Anlageberatung ab dem 1.8.2014 über den Empfang versteckter Vertriebsprovisionen von Seiten Dritter aufgeklärt werden. Anders als nach der bisherigen Rechtsprechung zu „kick-backs“ kommt es nicht mehr darauf an, dass das Empfangene aus Provisionen stammt, die offen ausgewiesen sind (BGH, 9.3.2011 – XI ZR 191/10).

 

Es muss damit gerechnet werden, dass davon alle Anbieter von Anlageberatung betroffen sind, die einen Anlageberatungsvertrag mit Kunden schließen, also Kreditinstitute, Finanzdienstleistungsinstitute und Finanzanlagenvermittler. Zwar spricht der BGH in dem Urteil nur von Banken. Er leitet seine Vorgabe allerdings aus den aufsichtsrechtlichen Vorgaben zur Offenlegung von Zuwendungen ab, die auch für die anderen Anbieter von Anlageberatung gelten.

 

Bekanntlich kommt es nach der ständigen BGH-Rechtsprechung schnell zum Abschluss eines Anlageberatungsvertrags (BGH, 6.7.1993 – XI ZR 12/93). Es reicht, wenn ein Anlageinteressent und einer der o. g. Anbieter Kontakt aufnehmen, um den Interessenten über die Anlage eines Geldbetrags zu beraten. Dabei ist es ohne Bedeutung, wer die Initiative ergriffen hat. Allerdings muss das Gespräch dann eine konkrete Anlageentscheidung zum Gegenstand haben. Ein ausdrücklicher Vertragsabschluss ist allerdings nicht notwendig. Vielmehr wird der Beratungsvertrag dann durch schlüssiges Handeln (konkludent) abgeschlossen.

 

Zu beachten ist, dass der BGH für die Tätigkeit der Anlageberatung eine weitere Definition verwendet als das Bankaufsichtsrecht. Denn danach liegt eine Anlageberatung nur dann vor, wenn Kunden persönliche Empfehlungen gegeben werden, die auf eine Prüfung der persönlichen Umstände des Anlegers gestützt sind oder als für ihn geeignet dargestellt werden (§ 1 Abs. 1 a Nr. 1a KWG; § 2 Abs. 3 Nr. 9 WpHG). Diese Einschränkung macht der BGH nicht.

 

Auch was den Gegenstand der Anlageberatung betrifft, ist die Definition des BGH weiter als die des Aufsichtsrechts. Dessen Begriff der Anlageberatung erfasst nur Finanzinstrumente (z. B. Aktien, Renten, offene und geschlossene Fonds). Das BGH-Urteil gilt aber auch für die Anlageberatung zu anderen Produkten, wie z. B. Immobilien, Kunst, Oldtimer.

 

Der BGH ändert damit seine bisherige Rechtsprechung, indem er nun auch die Offenlegung von Innenprovisionen fordert, unabhängig von deren Höhe. Bislang sah der BGH eine Aufklärungspflicht nur bei Innenprovisionen, die 15% und mehr des Anlagebetrages ausmachten (BGH, 12.2.2004 – ZR 355/02). Er weist im Übrigen ausdrücklich darauf hin, dass eine Bank ohne Verschulden handelt, wenn die Aufklärung über Innenprovisionen vor dem 1.8.2014 unterblieben ist.

 

Zwar erfolgten diese Aussagen des BGH nur in Form eines sog. "obiter dictum" (lateinisch: „nebenbei Gesagtes“). Dass heißt, sie betrafen nicht unmittelbar den Sachverhalt, der dem BGH in dem beigefügten Urteil zur Entscheidung vorgelegt wurde. Dennoch haben solche Aussagen erhebliche Verbindlichkeit, da sie die künftige Beurteilung durch den BGH skizzieren. Zudem hat der BGH diese Grundsätze in die Leitsätze seines Urteils aufgenommen.

 

Dr. Jochen Eichhorn, RA, ist Partner bei Lachner Westphalen Spamer in Frankfurt a. M.

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