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RdF-News
23.11.2016
RdF-News
EU-Kommission: Reform des EU-Bankensektors

Die Europäische Kommission hat am 23.11.2016 eine umfassende Reform der Bankenregulierung auf den Weg gebracht. Mit der Überarbeitung der EU-Bankenvorschriften werden die unmittelbar nach der Finanzkrise verabschiedeten Reformen ergänzt und genauer auf Größe und Geschäftsprofil der Banken abgestimmt. „Europa braucht einen starken, diversifizierten Bankensektor, der unsere Wirtschaft finanziert. Wir brauchen Bankenkredite, damit Unternehmen investieren, wettbewerbsfähig bleiben und auf größeren Märkten aktiv werden können“, sagte für Finanzstabilität, Finanzdienstleistungen und die Kapitalmarktunion zuständige Vizepräsident der Kommission , Valdis Dombrovskis, vor Journalisten in Brüssel. In die Reform flossen auch die Ergebnisse einer öffentlichen Konsultation ein, bei der die kumulative Wirkung die seit der Krise eingeführten Vorschriften auf den Finanzsektor untersucht wurde.

 
Banken spielen eine zentrale Rolle bei der Finanzierung der Wirtschaft und der Förderung von Wachstum und Beschäftigung. Sie sind eine der wichtigsten Finanzierungsquellen von Haushalten und Unternehmen. Die EU hat im Zuge der Finanzkrise eine ehrgeizige Reform des Finanzregulierungssystems in Angriff genommen, um für Finanzstabilität zu sorgen und das Vertrauen in den Markt wiederherzustellen.

Die Vorschläge sollen diese Reformagenda ergänzen und die Umsetzung einiger noch offenstehender Elemente voranbringen, die von wesentlicher Bedeutung für die weitere Stärkung der Widerstandsfähigkeit der Banken gegen mögliche Schocks sind. Einige Aspekte des neuen Regulierungsrahmens werden einer Feinabstimmung unterzogen, um diesen wachstumsfreundlicher zu gestalten und besser auf Komplexität, Größe und Geschäftsprofil der Banken abzustimmen. Ferner werden Maßnahmen zur Förderung von KMU und Investitionen in die Infrastruktur eingeführt.

Die vorgeschlagenen Maßnahmen sind auch Teil der laufenden Arbeiten der Kommission zur Verringerung der Risiken im Bankensektor, die in der Mitteilung „Auf dem Weg zur Vollendung der Bankenunion“ (November 2015) angekündigt wurden, und stehen im Einklang mit den Schlussfolgerungen des Rates „Wirtschaft und Finanzen“ vom Juni, in denen die Kommission aufgefordert wurde, bis spätestens Ende 2016 entsprechende Vorschläge vorzulegen.

Die Vorschläge ändern folgende Rechtsakte:

Die heutigen Maßnahmen setzen internationale Standards in EU-Recht um, tragen europäischen Besonderheiten Rechnung und sorgen dafür, dass unangemessene Auswirkungen auf die Finanzierung der Realwirtschaft vermieden werden.

Berücksichtigt wurden auch die Ergebnisse der öffentlichen Sondierung zu EU-Finanzdienstleistungen. Dabei wurde untersucht, welche kumulative Wirkung die neuen, seit der Krise eingeführten Vorschriften auf den Finanzsektor haben. Die EU hat in Reaktion auf die Finanzkrise seit 2009 über 40 Rechtsakte erlassen. Die Reformen haben die Märkte stabilisiert, für eine bessere Kapitalisierung der Banken gesorgt, neues Vertrauen geschaffen und das Finanzsystem der EU stärker und widerstandsfähiger gemacht. Nun ist es wichtig zu prüfen, ob die neuen Regeln wie geplant funktionieren und entsprechende Änderungen vorzuschlagen, falls dies nicht der Fall sein sollte. Die Europäische Kommission hat in ihrer Sondierung ihr Augenmerk auf Interaktionen zwischen den einzelnen Vorschriften und auf die kombinierten Auswirkungen auf die Wirtschaft gerichtet und Fragen zu ungewollten Folgewirkungen, Widersprüchlichkeiten und Lücken im Rechtsrahmen gestellt.

Die Vorschläge im Einzelnen

Zentrale Elemente der Vorschläge:

1. Stärkung der Widerstandsfähigkeit von EU-Instituten und Förderung der Finanzstabilität

Die Vorschläge setzen die verbleibenden Elemente des unlängst im Basler Ausschuss für Bankenaufsicht und im Finanzstabilitätsrat (FSB) vereinbarten Regulierungsrahmens um. Dazu gehören

  • risikosensiblere Kapitalanforderungen, insbesondere im Hinblick auf Marktrisiko, Gegenparteiausfallrisiko und Risikopositionen gegenüber zentralen Gegenparteien (CCP);
  • Umsetzung der Bestimmungen unter besserer Berücksichtigung der tatsächlichen Risiken, denen die Banken ausgesetzt sind;
  • eine verbindliche Verschuldungsquote zur Vermeidung einer übermäßigen Verschuldung der Institute;
  • eine verbindliche strukturelle Liquiditätsquote zur Überwindung der übermäßigen Abhängigkeit von kurzfristigen Refinanzierungen am Interbankenmarkt und zur Senkung langfristiger Finanzierungsrisiken;
  • Anforderungen an global systemrelevante Institute (G-SRI), die Eigenkapital sowie andere Instrumente, die bei einer Abwicklung Verluste tragen, in einer bestimmten Mindesthöhe halten müssen. Diese sogenannte „Gesamtverlustabsorptionsfähigkeit“ wird in die bereits bestehende und für alle Banken geltende Mindestanforderung an Eigenmittel und berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten (MREL) eingebunden und wird die EU besser in die Lage versetzen, ausfallende G-SRI ohne Gefahr für die Finanzstabilität und unter minimalen Risiken für die Steuerzahler abzuwickeln. Zu diesem Zweck wird eine Harmonisierung des im nationalen Insolvenzrecht festgelegten Rangs unbesicherter Schuldtitel vorgeschlagen, um den Banken die Ausgabe solcher verlustabsorbierender Schuldtitel einfacher zu machen.

2. Stärkung der Kreditvergabekapazität der Banken zur Förderung der EU-Wirtschaft

Einige spezifische Maßnahmen sollen u. a. dazu beitragen,

  • die Kapazitäten der Banken zur Kreditvergabe an KMU und zur Finanzierung von Infrastrukturprojekten zu verbessern;
  • im Hinblick auf weniger komplexe, kleine Banken den unverhältnismäßig erscheinenden Verwaltungsaufwand infolge einiger Vergütungsvorschriften (z. B. Aufschub und Vergütung in Form von Instrumenten wie Aktien) zu verringern;
  • die Verhältnismäßigkeit von CRD-/CRR-Bestimmungen zu verbessern und dadurch kleinere, weniger komplexe Institute zu entlasten, die derzeit einigen Offenlegungs- und Berichterstattungsvorschriften sowie komplexen Anforderungen bezüglich des Handelsbuchs unterliegen, die aus Aufsichtsanforderungen nicht zu rechtfertigen sind. Die Sondierung und die Analyse der Kommission haben ergeben, dass der aktuelle Rahmen im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit in bestimmten Situationen noch verbessert werden kann.

3. Weitere Unterstützung der Banken in ihrer Rolle bei der Schaffung tieferer, liquiderer EU-Kapitalmärkte für die Kapitalmarktunion

An den vorgeschlagenen Maßnahmen sind einige spezifische Anpassungen geplant, um

  • unverhältnismäßige Eigenkapitalanforderungen für Handelsbuchpositionen, einschließlich Positionen aus Market-Making-Tätigkeiten, zu vermeiden;
  • die Kosten für das Begeben/Halten bestimmter Instrumente (gedeckte Schuldverschreibungen, Verbriefungsinstrumente hoher Qualität, öffentliche Schuldtitel, Derivate zu Sicherungszwecken) zu verringern;
  • mögliche Negativanreize für Institute zu vermeiden, die bei Transaktionen, die von zentralen Gegenparteien gecleart werden, als Mittler für Kunden auftreten.

Diese Legislativvorschläge werden nun dem Europäischen Parlament und dem Rat zur Prüfung und Annahme übermittelt.

(PM EU-Kommission vom 23.11.2016)

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