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RdF-News
07.06.2016
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EU-Kommission: Kapitalmarktunion: Wichtige Fortschritte für Europa

Die von der Europäischen Kommission angestrebte Kapitalmarktunion soll der Wirtschaft der EU helfen, schneller wieder auf die Beine zu kommen. Reformen und gemeinsame Regeln sollen den Kapitalmarkt jenseits des traditionellen Bankensektors stärken. Auf einer transatlantischen Konferenz der Europäischen Kommission in Berlin mit dem German Marshall Fund of the United States kamen am 6.6.2016 Vertreter der EU-Institutionen, der US-Regierung und des Bundestages sowie des Finanzsektors sowie Wissenschaftler zusammen, um über die bisherigen Fortschritte zu diskutieren.

32 Maßnahmen, geordnet nach sechs Schwerpunkten, umfasst die Kapitalmarktunion. Im Zentrum steht das Bestreben, die Finanzierungsbedingungen vor allem für kleinere und mittlere Unternehmen (KMU) zu verbessern. Zum Beispiel soll der Markt für einfache, standardisierte und transparente Verbriefungen von Krediten („Securitisation“) gestärkt werden. Weitere Maßnahmen: Die Regeln für Börsengänge für kleinere Unternehmen werden vereinfacht. Risikokapital-Geber werden gestärkt. Die Einführung einer neuen Anlageklasse wird Investitionen in Infrastruktur vor allem für institutionelle Investoren erleichtern. Außerdem ist die Stabilität des Finanzmarktes ein Kernziel des Aktionsplans.

Die Bundesregierung unterstützt die Kapitalmarktunion. Von den USA, wo der Kapitalmarkt jenseits eine sehr viel wichtigere Rolle bei der Finanzierung von Unternehmen und Investitionen spielt und Bankkredite weniger im Fokus stehen, könne die EU in dieser Hinsicht lernen. Ein Allheilmittel seien reformierte Kapitalmärkte aber nicht, es müssten auch die Investitionsbedingungen in Europa verbessert werden – durch Strukturreformen. In den USA haben Investitionen und Kreditvergabe nach der Krise schneller wieder zugelegt. Dies wird auch auf den besseren direkten Zugang zum Kapitalmarkt für Unternehmen zurückgeführt.

Zur Sprache kam allerdings auch die Frage, ob die Kapitalmarktunion möglicherweise zu früh kommt oder keine große Wirkung entfaltet, solange grundsätzliche Probleme im europäischen Finanzsystem nicht beseitigt sind. Zum Beispiel die Gefahr, dass die Investoren wieder die Zahlungsfähigkeit hoch verschuldeter Mitgliedsstaaten anzweifeln - und die faulen Kredite, mit denen vor allem Banken in südeuropäischen Ländern noch belastet sind. Die EU-Kommission betont, dass diese Probleme ernst genommen werden, aber man könne nicht darauf warten, bis alle Bedingungen erfüllt sind, sondern müsse die unterschiedlichen Herausforderungen gleichzeitig angehen, um schließlich auch eine mittel- bis langfristige Verbesserung des Investitionsklimas durch die Kapitalmarktunion zu erreichen.

Ein vieldiskutierter Teil der Kapitalmarktunion ist die Verbriefung von Krediten, deren öffentliches Image durch die Finanzkrise stark gelitten hat, als sog. Asset-Backed-Securities des US-Immobilienmarkts reihenweise ausfielen und Banken auch in Europa schwer belasteten. Die EU-Kommission will den Verbriefungsmarkt, der im Augenblick in Europa darniederliegt, zwar wieder stärken, hat aber gleichzeitig strenge Regeln für Finanzinstitutionen vorgeschrieben.

Bankenvertreter sorgen sich dagegen darum, dass sie möglicherweise einen Teil ihres Geschäfts verlieren könnten, wenn zum Beispiel weniger Kredite an Unternehmen vergeben können, weil diese sich nun leichter direkt am Kapitalmarkt bedienen können. Die Europäische Kommission betont jedoch, dass die Expertise der Banken weiterhin sehr gefragt sei. Ein Hauptziel der Kapitalmarktunion ist eine Diversifizierung der Finanzierungsmöglichkeiten über die bisher domnierenden „Bankprodukte“ hinaus, um die Stabilität des Finanzmarktes auf zu erhöhen und den Zugang zu adäquater Finanzierung zu verbessern.

Weitere Informationen über die Kapitalmarktunion auf der Website der Europäischen Kommission.

(EU aktuell vom 7.6.2016)

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